Verfahrensgang
OVG für das Land NRW (Urteil vom 11.08.1998; Aktenzeichen 24 A 3134/95) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 11. August 1998 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Gründe
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision hat keinen Erfolg. Dem Beschwerdevorbringen ist kein Grund für eine Revisionszulassung (§ 132 Abs. 2 VwGO) zu entnehmen.
1. Die Revision kann nicht wegen vom Kläger geltend gemachter grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zugelassen werden. Grundsätzliche Bedeutung liegt nur vor, wenn zu erwarten ist, daß die Entscheidung im künftigen Revisionsverfahren dazu dienen kann, die Rechtseinheit in ihrem Bestand zu erhalten und/oder die Weiterentwicklung des Rechts zu fördern (vgl. bereits BVerwGE 13, 90 ≪91≫; stRspr). Dazu ist erforderlich, daß die von der Beschwerde darzulegende Rechtsfrage in einem zukünftigen Revisionsverfahren klärungsfähig und klärungsbedürftig ist (vgl. BVerwG, Beschluß vom 22. Oktober 1986 – BVerwG 3 B 43.86 – ≪Buchholz 310 § 132 VwGO Nr. 243≫). Dies ist hier nicht der Fall.
Der Kläger hält die Rechtsfrage für grundsätzlich bedeutsam, ob „Verpflichteter” im Sinne des § 15 BSHG stets der Erbe ist oder ob als Verpflichteter auch ein Bevollmächtigter oder Auftragnehmer in Betracht kommt. Hätte er – wie dies der Begründungszwang aus § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO von ihm erfordert – die Entscheidungserheblichkeit dieser Rechtsfrage dargetan, hätte er dem Umstand Rechnung tragen müssen, daß das Oberverwaltungsgericht diese Frage offengelassen hat, weil aus seiner Sicht die Klage auch dann keinen Erfolg hat, wenn der Kläger als Verpflichteter im Sinne des Gesetzes anzusehen ist (S. 7 oben des Berufungsurteils). Einer Rechtsfrage fehlt aber eine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, wenn es auf sie zur Entscheidung des Rechtsstreits nicht ankommt.
Der Kläger hält ferner die Rechtsfrage für grundsätzlich bedeutsam, ob der Rechtssatz, daß „ein Hilfsbedürftiger (alle) vorhandenen Mittel zunächst zur Deckung seines Lebensunterhalts einzusetzen hat und daß er Schulden nicht begleichen darf, wenn er sich dadurch sozialhilfebedürftig macht, … auch dann (gilt), wenn ein Freibetrag i.S. (des § 88 Abs. 2 Nr. 8 BSHG) vorhanden ist und … durch die (letztwilligen) Aufträge und Weisungen der Verstorbenen nicht überschritten wird”. Diese Rechtsfrage ist nicht in einem Revisionsverfahren klärungsbedürftig, weil die Rechtslage sich insoweit bereits unmittelbar aus dem Gesetz und aus bereits vorliegender Rechtsprechung des Senats ablesen läßt. Nach § 88 Abs. 2 Nr. 8 Halbsatz 1 BSHG darf die Sozialhilfe nicht abhängig gemacht werden vom Einsatz kleinerer Barbeträge oder sonstiger Geldwerte. Diese Regelung ist Bestandteil des Unterabschnitts 3 des Bundessozialhilfegesetzes über den Einsatz des Vermögens und konkretisiert die Abhängigkeit sozialhilferechtlicher Ansprüche von der Bedürftigkeit. Im Rahmen der Sonderregelung des § 15 BSHG stellt das Gesetz hinsichtlich der allgemeinen sozialhilferechtlichen Anspruchsvoraussetzungen dagegen nicht auf die Bedürftigkeit ab, sondern verwendet die eigenständige Leistungsvoraussetzung der Unzumutbarkeit (BVerwGE 105, 51 ≪53≫). Die gesetzlichen Regelungen über das sogenannte Schonvermögen kommen darum den nach § 15 BSHG Anspruchsberechtigten nicht zugute. Daraus folgt unmittelbar, daß zur Deckung der Bestattungskosten der Nachlaß mit seinem vollen, also nicht durch Schonbeträge geminderten Wert einzusetzen ist (vgl. auch den Rechtsgedanken des § 1967 Abs. 2 BGB i.V.m. § 92 c Abs. 2 Satz 2 BSHG über die Begrenzung der Erbenhaftung auf den Wert des im Zeitpunkt des Erbfalles v o r h a n d e n e n Nachlasses; s. dazu BVerwGE 90, 250).
2. Soweit die Beschwerde eine Abweichung von der Entscheidung des Senats in BVerwGE 105, 51 rügt, ist ein Revisionszulassungsgrund (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) schon deswegen nicht ordnungsgemäß bezeichnet (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO), weil nicht angegeben ist, daß das Oberverwaltungsgericht in seiner Entscheidung von einem jenes Urteil tragenden (abstrakten) Rechtssatz abgewichen sei. Eine Abweichung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nur gegeben, wenn das Berufungsgericht in Anwendung derselben Rechtsvorschrift mit einem seine Entscheidung tragenden (abstrakten) Rechtssatz von einem in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aufgestellten ebensolchen Rechtssatz abweicht (vgl. Senatsbeschluß vom 12. Dezember 1991 – BVerwG 5 B 68.91 – ≪Buchholz 310 § 132 VwGO Nr. 302 m.w.N.≫). Einen derartigen rechtlichen Auffassungsunterschied legt die Beschwerde nicht dar. Indem sie etwa geltend macht, „die Würde der Verstorbenen (erfordere) es, daß ihre (bescheidenen) Dankesbezeugungen berücksichtigt und ausgeführt werden”, was sie aus der genannten Entscheidung des Senats meint herleiten zu können, behauptet die Beschwerde lediglich, daß das angegriffene Urteil diesem Erfordernis nicht gerecht werde. Mit Angriffen gegen die berufungsgerichtliche Rechtsanwendung im Einzelfall allein kann jedoch eine Abweichungsrüge nicht begründet werden (vgl. z.B. Beschluß des Senats vom 12. Dezember 1991, a.a.O.).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Gerichtskostenfreiheit folgt aus § 188 Satz 2 VwGO.
Unterschriften
Dr. Säcker, Dr. Rothkegel, Dr. Franke
Fundstellen
FEVS 2000, 5 |
info-also 2000, 92 |