Entscheidungsstichwort (Thema)
Umsetzung, Zustimmungsverweigerung des Personalrats bei –. Zustimmungsverweigerungsgründe, Beachtlichkeit der – bei Umsetzungen. Funktionentrennung, – bei der Mitbestimmung zwischen Personalräten der aufnehmenden und der abgebenden Dienststelle
Leitsatz (amtlich)
1. Auch in personellen Angelegenheiten der Beamten ist der Personalrat nicht darauf beschränkt, seine Zustimmungsverweigerung ausschließlich auf Gründe zu stützen, welche die Rechtmäßigkeit der beabsichtigten Maßnahme in Frage stellen. Er kann auch tatsächliche Nachteile, die nach dem Schutzzweck des Mitbestimmungstatbestandes erheblich sein können, geltend machen.
2. Bei Versetzungen, Abordnungen oder Umsetzungen kann der Personalrat der aufnehmenden Dienststelle seine Zustimmungsverweigerung auch mit individuellen Belangen des umzusetzenden Beschäftigten begründen, wenn und soweit er damit geltend macht, daß mit ihnen auch tatsächliche Nachteile nicht unerheblichen Gewichts für die von ihm vertretenen Beschäftigten, etwa in der Form von Mehrbelastungen, verbunden sein können.
Normenkette
BlnPersVG § 79 Abs. 2 S. 4, § 86 Abs. 3 S. 1 Nr. 1; BPersVG § 77 Abs. 2
Verfahrensgang
Tenor
Die Rechtsbeschwerde des Beteiligten gegen den Beschluß des Oberverwaltungsgerichts Berlin – Fachsenat für Personalvertretungssachen Berlin – vom 4. September 1991 wird zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert wird für das Rechtsbeschwerdeverfahren auf 6.000 DM festgesetzt.
Tatbestand
I.
Die Verfahrensbeteiligten streiten um die Beachtlichkeit von Zustimmungsverweigerungsgründen und den Umfang der landesrechtlich geregelten Mitbestimmung bei der Umsetzung von Beamten.
Der Polizeipräsident in Berlin bemühte sich 1987 auf Wunsch des Senats von Berlin um eine Verstärkung des Kontaktbereichsdienstes in den örtlichen Polizeidirektionen. Zu diesem Zweck sollten Beamte des gehobenen Dienstes in besonderer Verwendung dorthin umgesetzt werden, unter anderem auch 15 Beamte aus dem Bereich der Landespolizeidirektion. So waren auch der seinerzeit 56 Jahre alte Polizeihauptkommissar Ha. und der damals 49 Jahre alte Polizeioberkommissar Hi. für eine Umsetzung zur Direktion 4 vorgesehen.
Im Oktober 1987 beantragte der Landespolizeidirektor, der Beteiligte, beim Personalrat der Direktion 4, dem Antragsteller, die Zustimmung zu den beabsichtigten Umsetzungen. Dies lehnte der Antragsteller durch Schreiben vom 2. November 1987 ab. Soweit es POK Hi. betraf, verwies er in seiner Begründung darauf, daß dieser im 50. Lebensjahr stehe, als Spezialist auf dem Gebiet des Kraftfahrzeugwesens anzusehen sei und ausschließlich in diesem Bereich Verwendung gefunden habe. Soweit es PHK Ha. betraf, machte er ebenfalls dessen Lebensalter, dessen bisherige besondere Verwendung sowie den Umstand geltend, daß dieser seit 1969 nicht mehr im Außendienst tätig gewesen sei. In beiden Fällen stünden fürsorgerische Erwägungen einer Umsetzung entgegen; außerdem müßten beide Beamte erst noch umgeschult werden, was andere Kräfte der neuen Dienststelle binden würde.
Soweit die beabsichtigte Maßnahme den PHK Ha. betraf, leitete der Beteiligte das Einigungsverfahren ein, in dessen Verlauf er später von der Umsetzung Abstand genommen hat. Hinsichtlich der Umsetzung des POK Hi. teilte er hingegen dem Antragsteller in einem Schreiben vom 21. Januar 1988 mit, daß er diese Maßnahme als gebilligt ansehe. Die vorgebrachten Gründe seien nicht tragfähig, so daß eine rechtlich wirksame Ablehnung nicht gegeben sei. Diese Umsetzung wurde alsbald vollzogen.
Der Antragsteller hat im März 1988 das Beschlußverfahren eingeleitet. Er hat geltend gemacht, die Begründung seiner Zustimmungsverweigerung sei beachtlich gewesen. Ob die Begründung einer Ablehnung sachlich gerechtfertigt sei, habe die Einigungsstelle zu entscheiden. Der Dienststellenleiter könne sich nur über eine nicht aufgabenbezogene Begründung hinwegsetzen. Dem Personalrat obliege es im Rahmen der Mitbestimmung bei Umsetzungen, darauf zu achten, daß der betroffene Beamte nicht in unzumutbarer Weise belastet werde. Derartige Belastungen habe er geltend gemacht.
Den Antrag des Antragstellers festzustellen, daß bei einer Zustimmungsverweigerung, die sich auf entsprechende Begründungselemente stütze, das Einigungsverfahren durchzuführen sei, hat das Verwaltungsgericht als unbegründet zurückgewiesen. Es hat ausgeführt, die beamtenrechtliche Umsetzung gelte nach § 86 Abs. 3 Satz 3 BlnPersVG als Versetzung und unterliege daher der Mitbestimmung. Der Antragsteller habe jedoch Gründe geltend gemacht, die außerhalb des gegebenen Mitbestimmungsrechts lägen.
Die Beschwerde des Antragstellers hatte Erfolg. Das Oberverwaltungsgericht hat dem im Beschwerdeverfahren geänderten Antrag des Antragstellers stattgegeben und festgestellt, daß die Zustimmungsverweigerung des Personalrats zu der Umsetzung des Polizeioberkommissars Hi. von der Landespolizeidirektion zur Direktion 4 nicht unbeachtlich sei. Es hat ausgeführt: Die Mitbestimmung bei der in Rede stehenden Maßnahme beschränke sich nicht auf eine Rechtskontrolle. Das gelte – trotz der dort vorgesehenen gesetzlichen Beschränkung der Zustimmungsverweigerungsgründe – bereits für das Bundespersonalvertretungsgesetz. Unter Benachteiligungen im Sinne von § 77 Abs. 2 Nr. 2 BPersVG seien auch tatsächliche Verschlechterungen der Position des betroffenen Beamten zu verstehen. Da das Landespersonalvertretungsgesetz keine gesetzlichen Versagungsgründe kenne, sei nicht anzunehmen, daß es insoweit hinter dem Bundespersonalvertretungsgesetz zurückbleibe. Der Antragsteller habe fürsorgerische Gründe geltend gemacht. Dabei habe es sich um für die Ermessensausübung bedeutsame, jedenfalls nicht von vornherein außerhalb des Aufgabenbereichs der Personalvertretung liegende Gesichtspunkte gehandelt. Der Beteiligte selbst habe ähnlich begründete Zustimmungsverweigerungen in Fällen lebensälterer Beamter als beachtlich angesehen. Wenn er nur sieben der ursprünglich vorgesehenen 15 Umsetzungen vollzogen habe, sei dies offensichtlich darauf zurückzuführen, daß er als Grenze für die Beachtlichkeit der Zustimmungsverweigerung das vollendete 50. Lebensjahr angesehen habe. Der Abbruch des Verfahrens durch den Beteiligten im Falle eines bereits im 50. Lebensjahr stehenden Beamten komme daher einer ihm nicht zustehenden Schlüssigkeitsprüfung gleich. Schließlich sei der Antragsteller auch als Personalrat der aufnehmenden Dienststelle befugt, die Interessen des betroffenen Beamten wahrzunehmen, weil er die Anforderungen, die der neue Dienstposten an den Beamten stelle, besser kenne als der Personalrat der abgebenden Stelle.
Hiergegen richtet sich die vom Oberverwaltungsgericht zugelassene Rechtsbeschwerde. Mit ihr rügt der Beteiligte eine unrichtige Auslegung und Anwendung der §§ 79 Abs. 2 Satz 3 und 4, 86 Abs. 3 BlnPersVG und beantragt,
den Beschluß des Oberverwaltungsgerichts Berlin – Fachsenat für Personalvertretungssachen Berlin – vom 4. September 1991 aufzuheben und die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluß des Verwaltungsgerichts Berlin vom 14. November 1988 zurückzuweisen.
Zur Begründung macht er geltend: Das Beschwerdegericht habe zu Unrecht den Versagungsgrund des § 77 Abs. 2 Nr. 2 BPersVG in das Berliner Landesrecht hineininterpretiert, indem es die durch nichts belegte Vermutung aufgestellt habe, das Landesgesetz habe hinsichtlich des Umfangs der Mitbestimmung hinter dem Bundespersonalvertretungsgesetz nicht zurückstehen wollen. Darüber hinaus habe es die in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aufgestellten Voraussetzungen für die Zustimmungsverweigerung bei personellen Maßnahmen von Beamten verkannt, bei denen dem Dienstherrn von Verfassungs wegen ein weiter Ermessens- und Beurteilungsspielraum zustehe, in den der Personalrat nicht eindringen dürfe. Danach könne die Zustimmung nur mit der Begründung verweigert werden, die Dienststelle habe bei der (Eignungs-)Beurteilung den anzuwendenden Begriff oder den gesetzlichen Rahmen, in dem sie sich frei bewegen könne, verkannt, sie sei von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen oder habe allgemeingültige Bewertungsmaßstäbe nicht beachtet oder sachfremde Erwägungen angestellt. Derartiges sei hier vom Antragsteller nicht geltend gemacht worden. Des weiteren habe das Beschwerdegericht aber auch verkannt, daß nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu § 77 Abs. 2 Satz 2 BPersVG eine Benachteiligung nicht schon dann vorliege, wenn lediglich eine tatsächliche Betroffenheit gegeben sei, sondern immer nur dann, wenn in eine Rechtsposition oder eine Anwartschaft eingegriffen werde. Selbst wenn man aber tatsächliche Nachteile genügen lassen wolle und davon ausgehe, daß hier derartige Nachteile vorlägen, müßten diese nach dem Mitbestimmungstatbestand beachtlich sein, was hier ebenfalls nicht der Fall sei. Darüber hinaus müsse es sich um „ungerechtfertigte” Nachteile handeln, wovon bei einer mit dienstlichen Notwendigkeiten begründeten Maßnahme keine Rede sein könne. Schließlich widerspreche es der Funktionsteilung zwischen den Personalräten der abgebenden und der aufnehmenden Dienststelle, wenn § 86 Abs. 3 BlnPersVG so ausgelegt werde, daß auch der Personalrat der aufnehmenden Dienststelle seine Zustimmungsverweigerung mit fürsorgerischen Erwägungen zugunsten des umzusetzenden Beamten begründen könne.
Der Antragsteller verteidigt die angefochtene Entscheidung.
Entscheidungsgründe
II.
Die Rechtsbeschwerde ist nicht begründet. Das Beschwerdegericht hat dem zulässigen Beschwerdeantrag des Antragstellers aus im wesentlichen zutreffenden Gründen und im Ergebnis zu Recht stattgegeben. Die Zustimmungsverweigerung des Antragstellers aus Anlaß der Umsetzung des Polizeioberkommissars Hi. von der Landespolizeidirektion zur Direktion 4 ist wegen der ihr beigefügten Begründung nicht unbeachtlich.
1. Das Oberverwaltungsgericht hat zutreffend angenommen, daß das Rechtsschutzbedürfnis an der Einleitung und Fortführung des Beschlußverfahrens und auch das Feststellungsinteresse aufgrund des Vollzugs der strittigen Umsetzung nicht entfallen sind. Denn die Maßnahme wirkt fort und kann jederzeit geändert oder für die Zukunft rückgängig gemacht werden (vgl. zum Rückgängigmachen von Umsetzungen: Urteil vom 13. November 1986 – BVerwG 2 C 20.84 – BVerwGE 75, 138). Sie hat sich daher mit dem Vorgang der Einführung noch nicht erledigt. Das Mitbestimmungsrecht und die mit ihm begründeten Verfahrensrechte, namentlich dasjenige aus § 79 Abs. 1 BlnPersVG, werden nicht ohne weiteres gegenstandslos, wenn der Dienststellenleiter die Rechte der Personalvertretung nicht beachtet. Dies gilt insbesondere dann, wenn es tatsächlich möglich ist, die Maßnahme rückgängig zu machen, und wenn die Rechtsordnung dies auch zuläßt. Wird gegebenenfalls die Verletzung von Mitbestimmungsrechten gerichtlich festgestellt, so ist der Dienststellenleiter – soweit nicht die fehlende Zustimmung des Personalrats im Einigungsverfahren (§ 83 BlnPersVG) oder aber durch eine Entscheidung des Senats von Berlin gemäß § 81 Abs. 2 BlnPersVG ersetzt wird – in diesen Fällen auch zur Rückgängigmachung verpflichtet. Das ergibt sich – unbeschadet der Frage nach einem damit korrespondierenden Rechtsanspruch des Personalrats, der in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bisher stets verneint worden ist – ohne weiteres aus Art. 20 Abs. 3 GG. Der Dienststellenleiter kann im Rahmen der Dienstaufsicht dazu notfalls gezwungen werden (vgl. Beschluß vom 15. Dezember 1978 – BVerwG 6 P 13.78 – Buchholz 238.3 A § 76 BPersVG Nr. 1; Beschluß vom 23. September 1992 – BVerwG 6 P 26.90 – PersR 1993, 28; Beschluß vom 20. Januar 1993 – BVerwG 6 P 18.90 –).
2. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ist die Verweigerung der Zustimmung des Antragstellers zu der im personalvertretungsrechtlichen Sinne versetzungsgleichen Umsetzung des Polizeioberkommissars Hi. nicht unbeachtlich und daher auch die Maßnahme des Beteiligten nicht als gebilligt anzusehen.
a) Mit Recht ist das Oberverwaltungsgericht davon ausgegangen, daß die strittige Umsetzung der Mitbestimmung des Antragstellers unterlegen hat. Nach § 86 Abs. 3 Satz 3 BlnPersVG gilt als Versetzung im Sinne dieses Gesetzes auch die Änderung der Geschäftsverteilung, wenn die Dienstkraft damit den Zuständigkeitsbereich des Personalrats wechselt. Die Regelung gilt, wie die Verwendung des Begriffs „Dienstkraft” zeigt, auch bei personellen Einzelmaßnahmen. Da das Beschwerdegericht festgestellt hat, daß hier die Umsetzung mit einem entsprechenden Zuständigkeitswechsel verbunden war, greift die gesetzliche Fiktion. Auch ohne einen sonst bei mitbestimmungspflichtigen Umsetzungen gemäß § 86 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BlnPersVG vorausgesetzten Wechsel des Dienstortes handelt es sich daher um eine im personalvertretungsrechtlichen Sinne versetzungsgleiche Umsetzung. Diese unterliegt gemäß § 86 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 in Verbindung mit Satz 3 BlnPersVG als „Versetzung” der Mitbestimmung der Personalräte sowohl der bisherigen als auch der neuen Dienststelle (§ 86 Abs. 3 Satz 2 BlnPersVG), mithin auch derjenigen des Antragstellers.
b) Zu Recht hat das Oberverwaltungsgericht auch entschieden, daß die Maßnahme des Beteiligten nicht etwa deshalb gemäß § 79 Abs. 2 Satz 4 BlnPersVG als gebilligt anzusehen ist, weil die Begründung der Zustimmungsverweigerung des Antragstellers nicht den gesetzlichen Anforderungen entsprochen hätte.
aa) Das Personalvertretungsgesetz Berlin kennt keine gesetzlich festgelegten Gründe für die Verweigerung der Zustimmung des Personalrats zu einer mitbestimmungspflichtigen Maßnahme. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist allerdings die Zustimmungsverweigerung auch ohne gesetzliche Festlegung der Verweigerungsgründe unbeachtlich, wenn die von der Personalvertretung angegebenen Gründe offensichtlich außerhalb der Mitbestimmung liegen. Der Personalvertretung ist es nicht gestattet, von einer Mitbestimmungsbefugnis zwar in der vorgeschriebenen Form, aber ohne inhaltlichen Bezug zu einem gesetzlichen Mitbestimmungstatbestand Gebrauch zu machen. An einem derartigen Bezug fehlt es, wenn die vom Personalrat angeführten Gründe sich dem gesetzlichen Mitbestimmungstatbestand, dessen Inhalt sowie insbesondere dem Sinn und Zweck des gesetzlichen Mitbestimmungserfordernisses nicht mehr zuordnen lassen. Das gilt gleichermaßen für die Ausübung in der Form der Zustimmungsverweigerung wie auch für diejenige in der Form des Initiativantrags. Lassen sich die angeführten Gründe in diesem Sinne einem Mitbestimmungstatbestand offensichtlich nicht zuordnen, so gibt die Personalvertretung zu erkennen, daß sie keine Regelung auf der Grundlage eines Mitbestimmungsrechts anstrebt, sondern die Zustimmung ohne einen vom Gesetz gebilligten Grund verweigert. Dieses Verhalten ist vom Recht nicht geschützt. Es ist mißbräuchlich und löst deshalb keine Rechtsfolgen aus. Eine derart unbeachtliche Zustimmungsverweigerung kann insbesondere nicht die Verpflichtung der Dienststelle begründen, das Einigungsverfahren einzuleiten. Vielmehr gilt die beabsichtigte Maßnahme nach Ablauf der gesetzlichen Äußerungsfrist als gebilligt (Beschluß vom 4. April 1985 – BVerwG 6 P 37.82 – Buchholz 238.3 A § 75 BPersVG Nr. 39; Beschluß vom 18. April 1986 – BVerwG 6 P 31.84 – Buchholz 238.3 A § 69 BPersVG Nr. 8; Beschluß vom 20. Juni 1986 – BVerwG 6 P 4.83 – BVerwGE 74, 273 ≪276≫ = Buchholz 238.3 A § 77 BPersVG Nr. 6; Beschluß vom 6. Oktober 1992 – BVerwG 6 P 25.90 – Buchholz 251.2 § 79 BlnPersVG Nr. 4 = PersR 1993, 77 = ZfPR 1993, 46; Beschluß vom 16. Dezember 1992 – BVerwG 6 P 27.91 – PersR 1993, 217).
Von diesem Maßstab ist auch im vorliegenden Falle auszugehen. Zu Unrecht beruft sich der Beteiligte demgegenüber auf die Grundsätze, die in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu dem gesetzlichen Versagungsgrund des § 77 Abs. 2 Nr. 2 BPersVG entwickelt worden sind. Das Personalvertretungsgesetz Berlin sieht eine Bindung des Personalrats an bestimmte Gründe für die Verweigerung der Zustimmung nicht vor. Schon allein deshalb sind diese Grundsätze auf den vorliegenden Fall nicht ohne weiteres anzuwenden. Davon abgesehen wäre dieser Einwand auch bei Zugrundelegung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sachlich nicht gerechtfertigt. Zwar obliegt nach der Rechtsprechung zu § 77 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 BPersVG die Beurteilung der Beschäftigten nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung allein dem Dienststellenleiter, weil den Einstellungsbehörden von Verfassungs wegen ein weiter Beurteilungs- und Ermessensspielraum eingeräumt ist, in den die Personalvertretung mit ihren Einwendungen nicht eindringen kann (vgl. Beschluß vom 20. Juni 1986 – BVerwG 6 P 4.83 – BVerwGE 74, 273 ≪278≫; Beschluß vom 3. März 1987 – BVerwG 6 P 30.84 – Buchholz 250 § 77 BPersVG Nr. 8; Beschluß vom 27. März 1990 – BVerwG 6 P 34.87 – Buchholz 250 § 77 BPersVG Nr. 10; Beschluß vom 23. September 1992 – BVerwG 6 P 24.91 – Buchholz 250 § 77 BPersVG Nr. 12). Aus ihr läßt sich jedoch nicht herleiten, daß es dem Personalrat – unabhängig vom jeweiligen Mitbestimmungstatbestand und von der gesetzlichen Regelung über die zulässigen Weigerungsgründe – bei allen personellen Maßnahmen generell verwehrt sei, Gründe geltend zu machen, die in das behördliche Ermessen hineinreichen.
bb) Die tatsächlichen Feststellungen des Beschwerdegerichts rechtfertigen hier die Annahme, daß die vom Antragsteller angeführten Weigerungsgründe sich noch innerhalb des Schutzzwecks der Mitbestimmung bei versetzungsgleichen Umsetzungen gehalten haben.
(1) Die Schutzzwecke des durch § 86 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 in Verbindung mit Satz 3 BlnPersVG eingeräumten Mitbestimmungsrechts sind vielfältig. Wie die in § 86 Abs. 3 Satz 2 BlnPersVG festgelegte Doppelzuständigkeit der Personalräte sowohl der bisherigen als auch der neuen Dienststelle verdeutlicht, sollen die kollektiven Interessen der übrigen Beschäftigten beider Stellen geschützt sein. Ginge es darum, nur die individuellen Interessen des einzelnen, jeweils unmittelbar von der Versetzung betroffenen Beschäftigten zu schützen, bedürfte es der Zuständigkeit zweier Gremien nicht (vgl. Germelmann, PersVG Berlin, § 86 Rdnr. 56 b; vgl. zum NWPersVG auch Beschluß vom 6. November 1987 – BVerwG 6 P 2.85 – BVerwGE 78, 257 ≪262≫). Darin erschöpft sich der Zweck der Regelung jedoch nicht. Die Regelungen über die Mitbestimmung bei Versetzungen, Abordnungen und – soweit gesetzlich vorgesehen – bei Umsetzungen dienen auch dem Schutz der individuellen Interessen der von der Maßnahme unmittelbar in ihrem privaten und dienstlichen Bereich betroffenen Beschäftigten (Beschluß vom 18. September 1984 – BVerwG 6 P 19.83 – Buchholz 238.36 § 78 NdsPersVG Nr. 5; Fischer/Goeres in Fürst, GKÖD V, K § 75 Rz. 34; Grabendorff/Windscheid/Ilbertz/Widmaier, BPersVG, § 76 Rdnr. 14; Lorenzen/Haas/Schmitt, BPersVG, § 76 Rdnr. 60 und § 77 Rdnr. 46; Dietz/Richardi, BPersVG, 2. Aufl., § 75 Rdnrn. 72 und 83). Soweit es das Berliner Landesrecht betrifft, wird das etwa an dem Erfordernis des Ortswechsels für das Eingreifen der Mitbestimmung bei Umsetzungen deutlich (§ 86 Abs. 3 Nr. 2 BlnPersVG). Mit diesem Merkmal wird ausschließlich auf die von der Maßnahme berührten privaten Interessen der Beschäftigten abgestellt. Darüber hinaus sollen schließlich auch noch spezifisch vertretungsrechtliche Belange geschützt werden. Das läßt insbesondere die hier maßgebliche Regelung des § 86 Abs. 3 Satz 3 BlnPersVG über die versetzungsgleiche Umsetzung erkennen. Hier bietet allein schon der Wechsel im Zuständigkeitsbereich einer Personalvertretung Anlaß für das Eingreifen der Mitbestimmung. Änderungen des aktiven und passiven Wahlrechts und überhaupt der vertretungsrechtlichen Integration in den Kreis der Beschäftigten einer Dienststelle sollen offenbar, ähnlich wie dies auch für das Bundesrecht und anderes Landesrecht vertreten wird, nicht im Wege eines mißbräuchlichen Abschiebens herbeigeführt werden können (vgl. Ballerstedt/Schleicher/Faber/Eckinger, Bayerisches Personalvertretungsgesetz, Art. 75 Rdnr. 109; Fischer/Goeres in Fürst, GKÖD V, K § 75 Rz. 34; Grabendorff/Windscheid/Ilbertz/Widmaier, a.a.O., § 76 Rdnr. 14; Molitor, Bundespersonalvertretungsgesetz, 2. Aufl., § 70 Anm. 6 und § 71 Anm. 5).
Unter Berücksichtigung dieses auch individuelle Belange einschließenden Schutzauftrags liegt es nicht außerhalb der Mitbestimmung, wenn der Personalrat bei versetzungsgleichen Umsetzungen zugunsten des unmittelbar betroffenen und mit der Maßnahme nicht einverstandenen Beschäftigten fürsorgerische Belange von nicht unerheblichem Gewicht geltend macht. Denn der Dienststelle obliegt es in derartigen Fällen kraft Dienstrechts, die dienstlichen Belange und die persönlichen Interessen des Betroffenen gegeneinander abzuwägen. Auch wenn ihr insoweit ein weites Ermessen zusteht (vgl. Urteil vom 22. Mai 1980 – BVerwG 2 C 30.78 – BVerwGE 60, 144 ≪151 ff.≫ mit weit. Nachw.), kann es der Personalvertretung, wenn sie bei derartigen Maßnahmen auch zum Schutz der persönlichen Interessen der von ihr vertretenen Beschäftigten berufen ist, nicht verwehrt sein, solche Interessen aufzugreifen und etwa geltend zu machen, daß sie von der Dienststelle nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt worden seien (vgl. Lorenzen/Haas/Schmitt, a.a.O., § 76 Rdnr. 60).
Freilich muß es sich dabei um Belange von nicht unerheblichem Gewicht handeln (vgl. auch BAGE 56, 108 ≪LS 2≫). Denn Umsetzungen ohne Wechsel des Dienstortes und Abordnungen bis zu einer Dauer von drei Monaten sind als Maßnahmen minderen individuellen oder kollektiven Gewichts von der Mitbestimmung ausgenommen (vgl. § 86 Abs. 3 Satz 1 Nrn. 2 und 3 BlnPersVG). Andererseits ist der Personalrat aber auch nicht auf die Geltendmachung von Umständen beschränkt, die eine Maßnahme wegen absoluter Unzumutbarkeit als unverhältnismäßig erscheinen lassen. Eine derartige Beschränkung liefe auf eine unzulässige Einengung der Mitbestimmung auf eine reine Rechtskontrolle hinaus.
(2) Von dieser Zweckbestimmung ausgehend erweist es sich als im Ergebnis zutreffend, daß das Beschwerdegericht die vom Antragsteller geltend gemachten Verweigerungsgründe nicht als unbeachtlich angesehen hat.
Der Antragsteller hat seine Ablehnung im wesentlichen damit begründet, daß der betroffene Beamte im 50. Lebensjahr stehe, als Spezialist auf dem Gebiet des Kraftfahrzeugwesens anzusehen und niemals im Straßenaufsichtsdienst tätig gewesen sei. Dies sind in der Tat fürsorgerische Gründe nicht unerheblichen Gewichts. Fortgeschrittenes Lebensalter und vollständige Veränderung des Arbeitsgebietes eines Beamten können im Einzelfall durchaus Gesichtspunkte sein, welche die Ermessensausübung bei einer Umsetzung des Dienststellenleiters unter fürsorgerischen Gesichtspunkten beeinflussen können. Das hier in Rede stehende Lebensalter kann dabei noch von Bedeutung sein. In alldem ist dem Oberverwaltungsgericht zuzustimmen, zumal, wie es weiterhin ausgeführt hat, die Altersgrenze für die Verwendung im Polizeivollzugsdienst bei 60 Jahren liegt. Nach den mit der Rechtsbeschwerde nicht angegriffenen Tatsachenfeststellungen des Oberverwaltungsgerichts hat dies der Beteiligte dem Grundsatz nach auch nicht anders gesehen. Denn er hat in 8 von 15 Fällen als Grenze sowohl für die Beachtlichkeit der Zustimmungsverweigerung als auch für ein Absehen von der Umsetzung das vollendete 50. Lebensjahr zugrunde gelegt. Die für die Annahme einer solchen Altersgrenze notwendigen Erwägungen sind nicht nur dienstlicher Art, sondern erfassen auch fürsorgliche Gründe von erheblichem Gewicht. Nach allem kann, wenn geltend gemacht wird, der betroffene Beamte stehe bereits im 50. Lebensjahr, von offensichtlich außerhalb des Schutzzwecks des konkreten Mitbestimmungsrechts liegenden Gründen der Zustimmungsverweigerung keine Rede sein.
Darüber hinaus hat der Antragsteller geltend gemacht, die Notwendigkeit einer Umschulung werde zusätzlich andere Kräfte der Dienststelle binden. Auch insoweit handelt es sich um fürsorgerische Gründe nicht unerheblichen Gewichts. Fortgeschrittenes Lebensalter und vollständige Veränderung des Arbeitsgebietes eines Beamten können bei der Umschulung und der späteren Zusammenarbeit für die übrigen Beschäftigten zu nicht unerheblichen Mehrbelastungen führen.
Es mag zwar sein, daß die vom Antragsteller angeführten Gesichtspunkte, soweit sie die Umsetzung des Polizeioberkommissars Hi. betrafen, bei sachgerechter Würdigung unter Berücksichtigung aller berührten dienstlichen Belange einen Verzicht auf die Umsetzung nicht zu rechtfertigen vermögen. Dafür mag insbesondere sprechen, daß die organisatorische Entscheidung einer Verstärkung des Kontaktbereichsdienstes zu Lasten der Landespolizeidirektion der Mitbestimmung entzogen ist; sie ist daher vom Antragsteller hinzunehmen (vgl. auch Beschluß vom 5. Februar 1971 – BVerwG 7 P 11.70 – BVerwGE 37, 169 ≪173≫), zumal sie vorwiegend die Erfüllung öffentlicher Aufgaben berührt. Auch die Einigungsstelle kann über diese Grundsatzentscheidung nicht hinweggehen. Von ihr zu würdigen bleiben jedoch die den Umsetzungen als Maßnahmen des Vollzugs der Grundsatzentscheidung innewohnenden Auswahlentscheidungen und die damit zusammenhängende Ermessensausübung. Darüber ist aber allein im Einigungsverfahren zu entscheiden. In diesem Verfahren sind sowohl die Stichhaltigkeit als auch das abwägungserhebliche Gewicht der vom Antragsteller vorgebrachten Gründe zu prüfen. In ihm hat aber auch der Beteiligte Gelegenheit, seine eigene Ermessensentscheidung – wenn er an ihr festhält – unter Berücksichtigung der vom Antragsteller aufgezeigten Gesichtspunkte ergänzend zu begründen (vgl. Lorenzen/Haas/Schmitt, a.a.O., § 77 Rdnr. 49). Hingegen berechtigt ihn eine vermeintliche Unschlüssigkeit der vom Antragsteller vorgebrachten Gründe nicht bereits zum Abbruch des Verfahrens (vgl. Beschluß vom 20. Juni 1986 – BVerwG 6 P 4.83 – a.a.O.). Das würde nämlich bedeuten, daß er trotz grundsätzlicher Beachtlichkeit der Zustimmungsverweigerungsgründe das gesetzlich vorgesehene Einigungsverfahren verhindern könnte, nur weil er den Bedenken im Ergebnis seiner Ermessensabwägung nicht folgen mag, er sie also insofern lediglich für unbegründet hält. Der Abbruch des Verfahrens läßt sich aber erst im Falle einer mißbräuchlichen Ausübung des Mitbestimmungsrechts rechtfertigen, wovon hier keine Rede sein kann.
c) Dem Oberverwaltungsgericht ist schließlich auch darin zu folgen, daß der Antragsteller als Personalrat der neuen (aufnehmenden) Dienststelle berechtigt war, die von ihm mit der Zustimmungsverweigerung vorgebrachten Gründe geltend zu machen. Das Oberverwaltungsgericht hat dies damit begründet, soweit es um die Wahrnehmung der Interessen des betroffenen Beamten gehe, werde zwar in der Regel vornehmlich der Personalrat der abgebenden Stelle berufen sein, da er die erforderlichen Kenntnisse über die Person des Beamten habe; gleichwohl gehöre es auch zum Aufgabenbereich des Personalrats der aufnehmenden Dienststelle, einer Benachteiligung des betroffenen Beamten entgegenzuwirken. Dafür spreche insbesondere, daß er die Anforderungen, die der neue Dienstposten an den Beamten stelle, erheblich besser kenne als der abgebende Personalrat; er könne daher besser beurteilen, ob dem betroffenen Beamten aufgrund dieser Anforderungen eine Benachteiligung drohe. Die von der Rechtsbeschwerde dagegen erhobenen Einwände greifen im Ergebnis nicht durch.
Wie der Senat in ähnlichem Zusammenhang zur umgekehrten Konstellation entschieden hat, können zwar die Interessen der aufnehmenden Dienststelle von dem Personalrat der abgebenden Dienststelle nicht wahrgenommen werden, weil dieser lediglich die Beschäftigten seiner Dienststelle repräsentiert (BVerwGE 78, 257 ≪262≫); der Senat geht also in Übereinstimmung mit der Rechtsbeschwerde von einer Funktionenteilung zwischen dem Personalrat der abgebenden und dem der aufnehmenden Dienststelle nach Maßgabe des Repräsentationsprinzips aus. Das bedeutet: Dem Antragsteller als Personalrat der aufnehmenden Dienststelle obliegt es im Rahmen des Beteiligungsverfahrens, nur solche Gesichtspunkte vorzutragen, die einen Bezug zu den von ihm repräsentierten Beschäftigten haben. Eindeutig außerhalb der Repräsentation der Beschäftigten der aufnehmenden Dienststelle liegende Gesichtspunkte sind jedoch im vorliegenden Falle nicht geltend gemacht worden. Zwar hat der Antragsteller vorwiegend auf individuelle Belange des noch umzusetzenden Beamten hingewiesen. Dies ist jedoch auch unter dem Gesichtspunkt geschehen, daß angesichts des fortgeschrittenen Lebensalters und der vollständigen Veränderung des Arbeitsgebietes des betroffenen Beamten bei der nach einer Umsetzung zunächst notwendig werdenden Umschulung und sodann bei der späteren Zusammenarbeit für die übrigen Beschäftigten nicht unerhebliche Mehrbelastungen entstehen werden. Damit hat er Zusammenhänge zwischen den individuellen Nachteilen des umgesetzten Beamten und den zu erwartenden kollektiven Belastungen der Beschäftigten der neuen Dienststelle angesprochen. Letztere stellen sich für ihn als zwangsläufige Folge der Umsetzung dar. Derartige Zusammenhänge lassen sich nicht als offensichtlich neben der Sache liegend abtun. Wie die Rechtsbeschwerde nicht verkennt, spielen außerdem für eine sachgerechte Würdigung die Anforderungen, die der neue Dienstposten an den Beamten stellt, zumindest auch eine gewichtige Rolle. Sie kann der Personalrat der aufnehmenden Dienststelle gleichfalls geltend machen, weil er die zu erwartenden Belastungen zweifellos besser überblicken kann. Bei dieser Sachlage hat das Oberverwaltungsgericht zu Recht entschieden, daß in dieser Hinsicht auch dem Personalrat der aufnehmenden Dienststelle die Aufgabe zusteht, Benachteiligungen des betroffenen Beamten entgegenzuwirken.
Die Festsetzung des Gegenstandswertes beruht auf § 10 Abs. 1 BRAGO i.V.m. § 8 Abs. 2 BRAGO.
Unterschriften
Niehues, Ernst, Seibert, Albers, Vogelgesang
Fundstellen
Haufe-Index 1214306 |
DVBl. 1994, 125 |