Verfahrensgang
OVG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 28.02.2008; Aktenzeichen 1 C 10759/07) |
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 28. Februar 2008 wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 7 500 € festgesetzt.
Gründe
Die auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 VwGO gestützte Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision bleibt ohne Erfolg.
1. Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung, die ihr der Antragsteller beimisst.
1.1 Die von der Beschwerde aufgeworfene Frage, ob ein von den Einwirkungen eines Bebauungsplans betroffener “Plannachbar” im Rahmen eines Normenkontrollverfahrens antragsbefugt ist, ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt. In der planerischen Abwägung sind – neben dem Grundeigentum im Plangebiet – auch die Rechtspositionen und privaten Belange Dritter zu berücksichtigen, deren Grundeigentum zwar außerhalb der Plangrenzen, jedoch in der Nachbarschaft des Plangebiets liegt und mehr als geringfügigen belastenden Einwirkungen der durch den Plan ermöglichten Nutzungen ausgesetzt sein wird (Urteil vom 21. März 2002 – BVerwG 4 CN 14.00 – BVerwGE 116, 144 ≪149≫ m.w.N.). Das in § 1 Abs. 7 BauGB enthaltene Abwägungsgebot hat nachbarschützenden Charakter auch hinsichtlich planexterner privater Belange, die für die Abwägung erheblich sind (Urteil vom 24. September 1998 – BVerwG 4 CN 2.98 – BVerwGE 107, 215 ≪217 ff.≫). Auch dem “Plannachbarn” steht unter den genannten Voraussetzungen gegenüber der planenden Gemeinde ein Anspruch auf gerechte Abwägung seiner privaten Belange zu.
1.2 Die Beschwerde greift die Auffassung des Normenkontrollgerichts an, die Befürchtung des Antragstellers, durch die zugelassene Bebauung auf der Fläche WA 2 werde sein Wohngrundstück in nicht hinnehmbarer Weise verschattet, begründe seine Antragsbefugnis gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO nicht, weil sich seine Situation durch den angegriffenen Bebauungsplan offensichtlich nicht verschlechtere; denn der Bebauungsplan lasse eine Bebauung auf der Fläche WA 2 nur in dem schon vor Inkrafttreten des Bebauungsplans nach § 34 BauGB erlaubten Umfang zu. Die Beschwerde wirft hierzu sinngemäß die Frage auf, ob ein “Plannachbar” auch dann durch die Ausweisungen eines Bebauungsplans in eigenen Rechten betroffen und antragsbefugt sei, wenn der Bebauungsplan sich auf sein Grundstück nachteilig auswirken könne und durch seine Festsetzungen diese nachteiligen Wirkungen gegenüber dem Zustand ohne Plan zumindest rechtlich verfestige.
Die aufgeworfene Frage zeigt keinen revisionsgerichtlichen Klärungsbedarf auf. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Zulässigkeit des Normenkontrollantrags ist geklärt, dass dem Antragsteller das Rechtsschutzbedürfnis für seinen Antrag fehlt, wenn er durch die von ihm angestrebte Unwirksamkeitserklärung (Nichtigerklärung) des Bebauungsplans seine Rechtsstellung nicht verbessern kann (Beschlüsse vom 28. August 1987 – BVerwG 4 N 3.86 – BVerwGE 78, 85 ≪91≫ und vom 18. Juli 1989 – BVerwG 4 N 3.87 – BVerwGE 82, 225 ≪231 f.≫; Urteil vom 23. April 2002 – BVerwG 4 CN 3.01 – BRS 65 Nr. 50 S. 259). Ein Antragsteller steht z.B. dann nicht besser, wenn er ein von ihm befürchtetes konkretes Bauvorhaben, das der angegriffene Bebauungsplan zuließe, auch bei Anwendung des § 34 BauGB nicht abwenden könnte (Beschluss vom 8. Februar 1999 – BVerwG 4 BN 55.98 – NVwZ 2000, 194 ≪195≫).
In der Sache – wenn auch unter dem rechtlichen Gesichtspunkt der Antragsbefugnis – folgt das Normenkontrollgericht diesen Grundsätzen. Es ordnet die Grundstücksfläche WA 2 als Innenbereich (§ 34 BauGB) ein und stellt hinsichtlich der im Bebauungsplan auf dieser Fläche ausgewiesenen Wohnnutzung fest: Nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der überbaubaren Grundstücksfläche füge sich ein Gebäude, wie es nach dem angegriffenen Bebauungsplan zulässigerweise errichtet werden könne, ersichtlich in die Eigenart der näheren Umgebung mit ihren freistehenden Wohnhäusern ein. Der Antragsteller habe sich vernünftigerweise schon vor Erlass des Bebauungsplanes auf eine derartige Bebauung einstellen müssen, ohne dass ihm eine Berufung auf die Verletzung des Rücksichtnahmegebots möglich gewesen wäre (UA S. 8 f.). Die Beschwerde legt nicht dar, dass diese Ausführungen in einem Revisionsverfahren Anlass geben könnten, die Voraussetzungen, unter denen einem Antragsteller das Rechtsschutzbedürfnis für einen Normenkontrollantrag fehlt, über die bisherige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts hinaus zu konkretisieren oder zu modifizieren.
2. Die erhobenen Divergenzrügen bleiben erfolglos.
Eine Divergenz i.S.v. § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO ist nur dann hinreichend bezeichnet (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO), wenn die Beschwerde einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz benennt, mit dem die Vorinstanz einem in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aufgestellten ebensolchen entscheidungstragenden Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat (stRspr). Daran fehlt es hier.
Der im Normenkontrollurteil (UA S. 9) aufgestellte Rechtssatz, das Normenkontrollgericht müsse positiv feststellen, dass ein eigener abwägungserheblicher Belang des Antragstellers bestehe, der von der zur gerichtlichen Prüfung gestellten Norm – möglicherweise – betroffen sei, steht nicht in Widerspruch zu einem der in der Beschwerdebegründung wiedergegebenen Rechtssätze aus der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Antragsbefugnis nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO. Vielmehr hat das Normenkontrollgericht auf S. 9 ff. unter (2) seines Urteils in Einklang mit der angeführten Rechtsprechung geprüft, ob dem Antragsteller die Antragsbefugnis deshalb fehlt, weil – abgesehen von der befürchteten Verschattung – weitere abwägungserhebliche eigene Belange nicht konkret feststellbar sind. Es hat die Antragsbefugnis auch insoweit verneint. Die Vorinstanz hat sich dabei von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts leiten lassen, nicht abwägungsbeachtlich seien insbesondere geringwertige oder solche Interessen, auf deren Fortbestand kein schutzwürdiges Vertrauen bestehe (UA S. 11, vgl. dazu Urteil vom 24. September 1998 – BVerwG 4 CN 2.98 – a.a.O. S. 219). Hinsichtlich der vom Antragsteller befürchteten Verschattung seines Grundstücks hat das Normenkontrollgericht die Antragsbefugnis mit der Begründung verneint, die Situation des Antragstellers werde in Hinblick darauf, dass sich die Zulässigkeit einer Bebauung auf dem Nachbargrundstück (WA 2) sonst nach § 34 BauGB richte, durch den angegriffenen Bebauungsplan offensichtlich nicht verschlechtert.
Die Entscheidungen, welche die Beschwerde im Rahmen ihrer Divergenzrüge anführt, befassen sich nicht mit der Zulässigkeit eines Normenkontrollantrags unter dem Gesichtspunkt einer nach § 34 BauGB in der Nachbarschaft ohnehin zulässigen Bebauung.
Im Übrigen erschöpft sich die Beschwerdebegründung (unter III., S. 6 bis 10) in einer Kritik der vorinstanzlichen Sachverhaltswürdigung und Rechtsanwendung. Dies genügt nicht den Darlegungsanforderungen an eine Divergenzrüge.
3. Die Verfahrensrüge einer Verletzung der richterlichen Aufklärungspflicht (§ 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO) bleibt ebenfalls erfolglos.
Die Beschwerde legt nicht substantiiert dar, dass sich dem Normenkontrollgericht bei der Prüfung der Zulässigkeit des Normenkontrollantrags die Einnahme des Augenscheins im Wege einer Ortsbesichtigung hätte aufdrängen müssen. Mit der Beschwerde hätte insbesondere dargelegt werden müssen, aus welchen Gründen die Planaufstellungsakten der Antragsgegnerin und die Darstellung der bestehenden Bebauung in der näheren Umgebung des als WA 2 ausgewiesenen Wohngebiets in der Planzeichnung nicht ausreichten, um die Zulässigkeit einer Bebauung auf der Fläche WA 2 nach § 34 BauGB beurteilen zu können. Dieser Begründungslast kommt die Beschwerde nicht nach. Sie verweist darauf, dass die Darstellung der Antragsgegnerin über die topografischen Voraussetzungen bzw. die Höhen- und Erschließungssituation östlich der beiden Flurstücke 140/2 und 146/8, d.h. östlich des Unkeler Weges, nicht mit den tatsächlichen Gegebenheiten vor Ort übereinstimmten. Die Beschwerde legt jedoch nicht dar, aus welchen Gründen die topografischen Verhältnisse bzw. die Höhen- und Erschließungssituation östlich des Unkeler Weges für die bauplanungsrechtliche Einordnung der Umgebung der Fläche WA 2 als Innenbereich entscheidungserheblich sein könnten. Ebenso wenig zeigt die Beschwerde auf, dass die tatsächlichen Höhenverhältnisse östlich (unterhalb) des Unkeler Weges zu der vom Antragsteller befürchteten Verschattung seines Wohngrundstücks durch die Wohnbebauung auf der Fläche WA 2, die westlich bzw. nördlich des Unkeler Weges liegt, beitragen könnten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.
Unterschriften
Dr. Paetow, Prof. Dr. Rojahn, Dr. Bumke
Fundstellen
Haufe-Index 2016095 |
BauR 2008, 2031 |
ZfBR 2008, 681 |
BBB 2008, 42 |
FuBW 2009, 372 |
FuB 2008, 239 |
FuNds 2009, 563 |