Verfahrensgang
VG Potsdam (Aktenzeichen 6 K 4645/96) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 14. März 2001 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 249 600 DM festgesetzt.
Gründe
Die Beschwerde ist unbegründet. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Grundsätzlich bedeutsam ist eine Rechtssache nur dann, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung einer bisher höchstrichterlich ungeklärten, in ihrer Bedeutung über den der Beschwerde zugrunde liegenden Einzelfall hinausgehenden klärungsbedürftigen Rechtsfrage des revisiblen Rechts (§ 137 Abs. 1 VwGO) zu erwarten ist. Daran fehlt es hier.
Die Beschwerde hält sinngemäß für klärungsbedürftig die Frage,
ob die Rückübertragung eines Grundstücks gemäß § 4 Abs. 2 Satz 1 VermG ausgeschlossen ist, wenn natürliche Personen vor In-Kraft-Treten des Vermögensgesetzes in redlicher Weise ein Anwartschaftsrecht auf Erwerb des Eigentums an dem Grundstück erworben haben.
Diese Frage lässt sich anhand der vorliegenden Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts verneinen, ohne dass es hierzu der Durchführung eines Revisionsverfahrens bedarf. Der redliche Erwerb von Grundstücken und Gebäuden im Sinne von § 4 Abs. 2 VermG setzt die Vollendung des Rechtserwerbs vor In-Kraft-Treten des Vermögensgesetzes durch Eintragung in das Grundbuch voraus (vgl. Beschluss vom 23. Januar 1995 – BVerwG 7 B 192.94 – Buchholz 428 § 4 VermG Nr. 13 S. 29). Dem kann nicht entgegengehalten werden, bereits vor der Eintragung in das Grundbuch sei ein Anwartschaftsrecht auf Erwerb des Eigentums entstanden und damit ein Recht erworben worden, das – im Falle der Redlichkeit – die Rückübertragung des Grundstücks ausschließe. Dabei kann es dahinstehen, ob nach dem hier anwendbaren Zivilgesetzbuch der DDR vor der Eintragung in das Grundbuch überhaupt ein solches Anwartschaftsrecht entstehen konnte. Jedenfalls kann der Erwerb eines Anwartschaftsrechtes auf Erwerb des Eigentums an einem Grundstück die Rückübertragung des Grundstücks nicht nach § 4 Abs. 2 VermG ausschließen. Nach dem eindeutigen Wortlaut von § 4 Abs. 2 Satz 1 VermG ist die Rückübertragung eines Grundstücks nur ausgeschlossen, wenn an diesem Eigentum oder dingliche Nutzungsrechte erworben wurden. Dass das – unter Geltung des BGB entstandene – Anwartschaftsrecht eines Auflassungsempfängers ein dingliches Recht im Sinne des § 2 Abs. 2 Satz 1 VermG und daher restitutionsfähig ist (vgl. Urteil vom 15. November 2000 – BVerwG 8 C 26.99 – ZOV 2001, 125), ändert daran nichts. Vermögenswerte im Sinne des Gesetzes sind nämlich nicht nur Grundstücke (bzw. das Eigentum an diesen) und dingliche Nutzungsrechte, sondern u.a. alle dinglichen Rechte an Grundstücken oder Gebäuden (vgl. § 2 Abs. 2 Satz 1 VermG). Der Begriff des (restitutionsfähigen) „Vermögenswerts” ist also weiter als die (die Rückübertragung ausschließenden) Begriffe „Eigentum” und „dingliche Nutzungsrechte”.
Die Beschwerde hält weiter für klärungsbedürftig die Frage,
wann eine Enteignung nach dem Baulandgesetz mit Anordnung einer angemessenen Entschädigung manipulativen Charakter im Sinne des § 1 Abs. 3 VermG hat.
Die Beantwortung dieser Frage ergibt sich – soweit ihr fallübergreifende Bedeutung zukommt – ohne weiteres aus der vorliegenden Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Urteile vom 27. Juli 1995 – BVerwG 7 C 12.94 – BVerwGE 99, 82 = Buchholz 428 § 1 VermG Nr. 49 und vom 2. Februar 2000 – BVerwG 8 C 29.98 – Buchholz 428 § 1 Abs. 3 VermG Nr. 10 S. 33 ≪36≫). Danach betrifft der Schädigungstatbestand des § 1 Abs. 3 VermG Vorgänge, bei denen im Einzelfall in manipulativer, sittlich vorwerfbarer Weise unter Verstoß gegen die Rechtsordnung der DDR auf bestimmte Vermögenswerte zugegriffen wurde. Ein derartiges qualifiziertes Einzelfallunrecht liegt deshalb nicht vor, wenn bei dem Erwerbsvorgang – gemessen an den in der DDR gültigen Rechtsvorstellungen und den sie tragenden ideologischen Grundsätzen – „alles mit rechten Dingen zugegangen” ist. Die einfache Rechtswidrigkeit eines Eigentumsentzugs unterhalb der Schwelle der Willkürlichkeit reicht demgemäß für die Annahme einer unlauteren Machenschaft nicht aus (vgl. Urteile vom 26. Juni 1997 – BVerwG 7 C 25.96 – Buchholz 428 § 1 VermG Nr. 113 und vom 28. März 2001 – BVerwG 8 C 4.00 – zur Veröffentlichung in Buchholz unter 428 § 1 Abs. 2 VermG vorgesehen). Der Schädigungstatbestand des § 1 Abs. 3 VermG erfordert grundsätzlich eine an den Einzelumständen orientierte Beurteilung (vgl. Urteile vom 28. Oktober 1999 – BVerwG 7 C 38.98 – Buchholz 428 § 1 Abs. 3 VermG Nr. 6 S. 22 ≪24≫ und vom 28. März 2001 – BVerwG 8 C 4.00 –).
Die Anwendung dieser Grundsätze auf Enteignungen ergibt, dass Enteignungen auf der Grundlage des Aufbaugesetzes oder des Baulandgesetzes der DDR in der Regel bei zwei Fallgruppen eine unlautere Machenschaft darstellen: Dies ist zum einen dann der Fall, wenn der geltend gemachte Enteignungszweck nur vorgeschoben war, also die bereits von vornherein beabsichtigte zweckwidrige Verwendung verschleiert werden sollte (vgl. Urteil vom 26. Juni 1997 – BVerwG 7 C 25.96 – a.a.O. S. 344 ≪346≫ und Beschluss vom 11. Mai 2000 – BVerwG 8 B 109.00 – nicht veröffentlicht).
Die zweite Fallgruppe betrifft Enteignungen, bei denen die eine unlautere Machenschaft begründende Manipulation darin liegt, dass der wahrheitsgemäß angegebene Zweck der Inanspruchnahme offenkundig von keiner Rechtsgrundlage gedeckt sein konnte, der Enteignungsbeschluss also nur den äußeren Schein einer gesetzmäßigen Vermögensentziehung begründen sollte (stRspr, vgl. Urteil 28. Juni 1994 – BVerwG 7 C 41.93 – Buchholz 428 § 1 VermG Nr. 28 S. 57 ≪59 f.≫ und Beschluss vom 30. September 1998 – BVerwG 8 B 130.98 – nicht veröffentlicht).
Von dieser Rechtsprechung geht auch das angefochtene Urteil aus.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 und § 162 Abs. 3 VwGO. Zwar entspricht es in der Regel der Billigkeit, die außergerichtlichen Kosten von Beigeladenen, die einen Antrag gestellt haben und damit ein Kostenrisiko eingegangen sind (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO), dem unterlegenen Beschwerdeführer aufzuerlegen (§ 162 Abs. 3 VwGO). Dies gilt aber nicht, wenn sich – wie hier – die Beigeladenen – ohne vom Bundesverwaltungsgericht oder der Vorinstanz um eine Stellungnahme gebeten worden zu sein – gemeldet und einen Antrag angekündigt haben (vgl. Beschluss vom 31. Oktober 2000 – BVerwG 4 KSt 2.00 – DVBl 2001, 318). Die Streitwertfestsetzung folgt aus den §§ 13 und 14 GKG.
Unterschriften
Dr. Müller, Krauß, Golze
Fundstellen