Entscheidungsstichwort (Thema)
Forstwirtschaft. Holz. Holzeinschlag. Verarbeitung
Leitsatz (amtlich)
Zur forstwirtschaftlichen Betätigung können auch Arbeiten gehören, die sich an den Holzeinschlag anschließen.
Leitsatz (redaktionell)
Das Ablängen geschlagenen Stammholzes auf 1 m und das Aufspalten zum Absetzen des Rohholzes als Raummeter in “Bänken” ist noch der forstwirtschaftlichen Urproduktion zuzurechnen, nicht aber die weiteren Aufarbeitungsmaßnahmen wie z.B. die Herstellung von Pfählen oder die Herstellung von Scheitholz durch Schneiden auf die jeweilige Ofenlänge zwischen 20 und 35 cm, die Lagerung zum Trocknen über mehrere Jahre, das Verpacken des Holzes auf Paletten bzw. in Säcken und die spätere Verladung des Holzes auf Kleintransporter zur Auslieferung an die jeweiligen Endkunden.
Normenkette
BauGB § 35 Abs. 1 Nr. 1; EStG § 13
Verfahrensgang
OVG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 06.07.2006; Aktenzeichen 1 A 11628/05) |
VG Koblenz (Entscheidung vom 19.07.2005; Aktenzeichen 7 K 3139/04) |
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 6. Juli 2006 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 20 000 EUR festgesetzt.
Gründe
Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
1. Die Revision ist nicht nach § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zuzulassen. Das Berufungsurteil weicht weder vom Urteil des Senats vom 4. März 1983 – BVerwG 4 C 69.79 – (BauR 1983, 343) noch von den Entscheidungen des Senats vom 30. November 1984 – BVerwG 4 C 27.81 – (NVwZ 1986, 203) und 28. August 1998 – BVerwG 4 B 66.98 – (NVwZ-RR 1999, 106) ab. Die Vorinstanz hat sich nicht in Anwendung derselben Rechtsvorschrift mit einem ihre Entscheidung tragenden Rechtssatz zu einem ebensolchen Rechtssatz in den genannten Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts in Widerspruch gesetzt.
Das Berufungsgericht hat das Ablängen geschlagenen Stammholzes auf 1 m und das Aufspalten zum Absetzen des Rohholzes als Raummeter in „Bänken” noch der forstwirtschaftlichen Urproduktion zugerechnet, nicht aber die weiteren Aufarbeitungsmaßnahmen wie z.B. die Herstellung von Pfählen oder die Herstellung von Scheitholz durch Schneiden auf die jeweilige Ofenlänge zwischen 20 und 35 cm, die Lagerung zum Trocknen über mehrere Jahre, das Verpacken des Holzes auf Paletten bzw. in Säcken und die spätere Verladung des Holzes auf Kleintransporter zur Auslieferung an die jeweiligen Endkunden. Damit hat es dem Bundesverwaltungsgericht nicht die Gefolgschaft verweigert; denn der beschließende Senat hat sich im Urteil vom 4. März 1983 auf den Rechtssatz beschränkt, forstwirtschaftliche Holzwirtschaft sei die Bewirtschaftung, die planmäßig Anbau, Pflege und Abschlag von (Hoch-, Mittel- oder Nieder-)Wald zum Zwecke der Holzgewinnung umfasse. Zu der Frage, ob und inwieweit Arbeitsvorgänge, die sich an den Abschlag anschließen, noch zur forstwirtschaftlichen Betätigung gehören, hat er sich nicht geäußert.
Die Frage, ob die forstwirtschaftsfremden Betätigungen der Klägerin nach den Grundsätzen über den „mitgezogenen” Betriebsteil an der Privilegierung des § 35 Abs. 1 Satz 1 BauGB teilhaben, hat das Berufungsgericht danach beurteilt, ob die Tätigkeiten bei konkret betriebsbezogener Betrachtungsweise eine bodenrechtliche Nebensache von untergeordneter Bedeutung darstellen, denen in Bezug auf den nach wie vor gegebenen forstwirtschaftlichen Betrieb eine bloße Hilfsfunktion zukommt. Es hat die Frage verneint, weil die forstwirtschaftsfremden Betätigungen der Klägerin, am Umsatz gemessen, für ihren (Gesamt-)Betrieb von größerer Bedeutung sind als der forstwirtschaftliche Zweig. Die Beschwerde kritisiert die allein wirtschaftliche Betrachtungsweise, behauptet aber selbst nicht, dass die von ihr zitierten Entscheidungen des Senats vom 30. November 1984 und 28. August 1998 diese Betrachtungsweise verbieten. Das ist auch nicht der Fall. Der Senat hat im Urteil vom 30. November 1984 vielmehr dargelegt, dass sich nicht allgemein sagen lasse, welche Kriterien für ein Überwiegen der privilegierten Nutzung maßgebend seien; bedeutsam könnten die Umsatzanteile, die Wertschöpfung und der damit verbundene Betriebsgewinn oder der Arbeitseinsatz „an Ort und Stelle” sein.
2. Die Revision ist auch nicht nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen. Soweit die von der Beschwerde aufgeworfene Frage, wie der Begriff der Forstwirtschaft in § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB zu verstehen ist und ob zur forstwirtschaftlichen Urproduktion auch die von der Klägerin erwähnten Aufarbeitungsmaßnahmen, z.B. die Herstellung von Pfählen und von Scheitholz (Brennholz) gehören, überhaupt einer fallübergreifenden Klärung zugänglich ist, lässt sie sich auf der Grundlage der vorhandenen Rechtsprechung und mit Hilfe der üblichen Regeln sachgerechter Gesetzesinterpretation ohne weiteres auch außerhalb eines Revisionsverfahrens beantworten.
Seit dem Senatsurteil vom 19. April 1985 – BVerwG 4 C 13.82 – (BRS 44 Nr. 79) ist für den Begriff der Landwirtschaft geklärt, dass es das Erfordernis der unmittelbaren Bodenertragsnutzung nicht ausschließt, der Bodenertragsnutzung folgende Produktions- oder Veredelungsstufen ebenfalls der Landwirtschaft zuzurechnen. Für den Begriff der Forstwirtschaft gilt nichts anderes. Der Zuordnung von Verarbeitungs- oder Veredelungsstufen sind freilich dadurch Grenzen gesetzt, dass eine Prägung durch die reine Bodenertragsnutzung gegeben sein muss. Sie setzt eine Nähe der unmittelbar durch Bodennutzung erworbenen Produkte zu der jeweiligen Produktions- und Verarbeitungsstufe voraus; bei entfernteren Stufen fehlt die prägende Wirkung (Söfker, in: Ernst/ Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 35 Rn. 25).
An diesen Maßstab hat sich die Vorinstanz gehalten. Sie hat nicht nur den planmäßigen Anbau, die Pflege und den Abschlag von Holz zum Zwecke der Holzgewinnung als forstwirtschaftliche Tätigkeit gewertet, sondern auch noch die nachfolgenden Arbeiten zur Herstellung des verkaufsfähigen Produkts „Stammholz”, nämlich das Ablängen des Stammholzes auf 1 m und das Aufspalten zum Absetzen des Rohholzes als Raummeter in „Bänken”. Dass sie die weiteren Aufarbeitungsmaßnahmen wie die Anfertigung von Pfählen oder die Herstellung von Brennholz durch Schneiden auf Ofenlänge nebst dessen Trocknung, Verpackung und Verladung zwecks Auslieferung an die jeweiligen Endkunden bis in den Frankfurter Raum hinein nicht mehr zu den Arbeiten in der Urproduktion eines Forstbetriebes gerechnet hat, ist bundesrechtlich nicht zu beanstanden. Diese Tätigkeiten sind, wie im Berufungsurteil festgestellt, typische Arbeitsvorgänge des holzverarbeitenden Gewerbes. Ohne Belang ist, dass offenbar der steuerrechtliche Begriff der Forstwirtschaft – wie auch derjenige der Landwirtschaft (vgl. Kalb, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, a.a.O., § 201 Rn. 12) weiter ist. Eine einheitliche, für alle Regelungswerke geltende Definition des Begriffs der Forstwirtschaft gibt es nicht. Vielmehr orientiert sich die Begriffsbestimmung jeweils an den Zielen und Zwecken der gesetzlichen Regelungen, für die sie gelten soll.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO und die Streitwertentscheidung auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.
Unterschriften
Dr. Paetow, Gatz, Dr. Philipp
Fundstellen
BFH/NV Beilage 2007, 269 |
BauR 2007, 338 |
ZfBR 2007, 152 |
UPR 2007, 66 |
BFH/NV-Beilage 2007, 269 |
BRS-ID 2007, 3 |
FSt 2007, 615 |
FuBW 2007, 922 |