Verfahrensgang
Sächsisches OVG (Urteil vom 07.02.2012; Aktenzeichen 2 A 735/11) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 7. Februar 2012 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 5 000 € festgesetzt.
Gründe
Rz. 1
Die auf alle Zulassungsgründe gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 VwGO gestützte Nichtzulassungsbeschwerde hat keinen Erfolg.
Rz. 2
1. Der Kläger, ein Diplomkaufmann, wendet sich gegen seine Regelbeurteilung für den Beurteilungszeitraum 1. Juli 2004 bis 31. Mai 2007. Im Beurteilungszeitraum war er Justizamtmann (Besoldungsgruppe A 11) und als Wirtschaftsreferent bei der Staatsanwaltschaft … tätig. Widerspruch, Klage und Berufung gegen die Regelbeurteilung hatten nur zu einem geringen Teil Erfolg.
Rz. 3
Das Oberverwaltungsgericht hat darauf abgestellt, dass der Kläger nach den Anforderungen des Statusamtes der Besoldungsgruppe A 11 – und nicht nach einem höheren Statusamt – zu beurteilen sei und auch beurteilt worden sei. Die Beklagte habe eine ordnungsgemäße Vergleichsgruppe gebildet und die Besonderheiten der Tätigkeit des Klägers ausweislich der Aufgabenbeschreibung und der Ausführungen in den einzelnen Bewertungsfeldern einbezogen. Zwar sei die Beurteilung des Klägers aufgrund seiner spezifischen Tätigkeit schwierig, aber auch die Tätigkeit der Rechtspfleger in der Besoldungsgruppe A 11 sei vielfältig.
Rz. 4
2. Der geltend gemachte Revisionsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) liegt nicht vor.
Rz. 5
Der Revisionszulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO setzt voraus, dass die Rechtssache eine konkrete, in dem zu entscheidenden Fall erhebliche Frage des revisiblen Rechts aufwirft, die bislang höchstrichterlich nicht geklärt ist und im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Rechtsfortbildung der Klärung in einem Revisionsverfahren bedarf (stRspr; vgl. Beschlüsse vom 2. Oktober 1961 – BVerwG 8 B 78.61 – BVerwGE 13, 90 ≪91≫ = Buchholz 310 § 132 VwGO Nr. 18 und vom 2. Februar 2011 – BVerwG 6 B 37.10 – juris Rn. 2 = NVwZ 2011, 507).
Rz. 6
Die aufgeworfenen Fragen,
ob für den Wirtschaftsreferenten bei einer Staatsanwaltschaft der Beurteilungsmaßstab aus der Vergleichsgruppe des gehobenen Dienstes entnommen werden kann,
und
ob eine Zuordnung des Wirtschaftsreferenten einer Staatsanwaltschaft zum gehobenen Justizdienst zulässig ist,
rechtfertigen die Zulassung der Revision nicht. Welcher Beurteilungsmaßstab anzulegen ist, bestimmt sich nach den jeweils für den Beamten geltenden Bestimmungen des Beurteilungsrechts und kann nicht allgemeingültig beantwortet werden. Ebenso wenig kann allgemeingültig beantwortet werden, welcher Laufbahngruppe und welchen Statusämtern der Wirtschaftsreferent einer Staatsanwaltschaft zuzuordnen ist. Je nach Aufgabenstellung und Zuschnitt kann ein solcher Dienstposten unterschiedlich eingestuft sein. Abgesehen davon ergibt sich der Beurteilungsmaßstab aus dem Statusamt, das der zu beurteilende Beamte innehat; an dessen Anforderungen sind die auf dem konkreten Dienstposten erbrachten Leistungen zu messen. Nur eine dienstliche Beurteilung, die dies berücksichtigt, kann ihre Zweckbestimmung erfüllen, Grundlage für eine Bewerberauswahl bei einem höheren Statusamt zu sein (vgl. zu dieser Funktion der dienstlichen Beurteilung und den sich daraus ergebenden Anforderungen nur: stRspr; Urteil vom 4. November 2010 – BVerwG 2 C 16.09 – BVerwGE 138, 102 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 47 ≪jeweils Rn. 46 f.≫). Es kommt also weder auf die Wertigkeit des Dienstpostens an, den der Beamte im Beurteilungszeitraum bekleidet, noch darauf, ob er “an sich” ein höheres Statusamt haben müsste als er tatsächlich hat. Im Übrigen hat das Oberverwaltungsgericht auf seine rechtskräftige Entscheidung hingewiesen, dass der Kläger keinen Anspruch darauf habe, einer anderen Laufbahn oder Besoldungsgruppe zugewiesen zu werden oder eine andere Bewertung seines Dienstpostens zu erhalten. Der Kläger ist Justizamtmann (Besoldungsgruppe A 11) und damit nach den für einen Justizamtmann geltenden Maßstäben zu beurteilen.
Rz. 7
3. Auch der geltend gemachte Revisionszulassungsgrund der Divergenz ist nicht gegeben.
Rz. 8
Eine Divergenz im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO setzt voraus, dass die Entscheidung des Berufungsgerichts auf einem abstrakten Rechtssatz beruht, der im Widerspruch zu einem Rechtssatz steht, den das Bundesverwaltungsgericht in Anwendung derselben Rechtsvorschrift aufgestellt hat. Zwischen den beiden Gerichten muss ein prinzipieller Auffassungsunterschied über den Bedeutungsgehalt einer bestimmten Rechtsvorschrift oder eines bestimmten Rechtsgrundsatzes bestehen. Eine Divergenz liegt nicht vor, wenn das Berufungsgericht den Rechtssatz des Bundesverwaltungsgerichts, ohne ihm inhaltlich zu widersprechen, in dem zu entscheidenden Fall rechtsfehlerhaft angewandt oder daraus nicht die Folgerungen gezogen hat, die für die Sachverhalts- und Beweiswürdigung geboten sind (stRspr; vgl. nur Beschlüsse vom 19. August 1997 – BVerwG 7 B 261.97 – Buchholz 310 § 133 ≪n.F.≫ VwGO Nr. 26 S. 14 und vom 25. Mai 2012 – BVerwG 2 B 133.11 – NVwZ-RR 2012, 607 Rn. 5). So liegt der Fall hier.
Rz. 9
Der Kläger ist der Ansicht, das Oberverwaltungsgericht weiche mit der Billigung der Vergleichsgruppe der Rechtspfleger von der Rechtsprechung ab, dass Vergleichsgruppen nur dann zulässig seien, wenn es um Dienstposten mit im Wesentlichen vergleichbaren Aufgaben und deshalb vergleichbaren Leistungsanforderungen gehe, und zitiert hierfür das Senatsurteil vom 24. November 2005 – BVerwG 2 C 34.04 – und den Beschluss des 1. Wehrdienstsenats vom 25. Oktober 2011 – BVerwG 1 WB 51.10 –.
Rz. 10
Damit ist eine Divergenz nicht dargetan. Unabhängig davon, dass der Kläger keinen Rechtssatz des Oberverwaltungsgerichts benannt hat, der von einem Rechtssatz des Bundesverwaltungsgerichts abweichen könnte, liegt eine solche Abweichung schon deshalb nicht vor, weil die zitierte Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts andere Regelungsgrundlagen und andere Sachverhaltskonstellationen betrifft und deshalb vom Oberverwaltungsgericht seiner Entscheidung in diesem Fall nicht zugrunde gelegt werden musste.
Rz. 11
Das vom Kläger herangezogene Senatsurteil vom 24. November 2005 – BVerwG 2 C 34.04 – (BVerwGE 124, 356 = Buchholz 232.1 § 41a BLV Nr. 1) hat ebenso wie der benannte Beschluss die Vergleichsgruppenbildung bei Richtwerten (Quoten) zum Gegenstand. Für diesen Fall hat das Bundesverwaltungsgericht ausgesprochen, dass die Richtwerte ihre Verdeutlichungsfunktion gegenüber dem einzelnen Beurteiler nur entfalten können, wenn sie auf eine für ihn noch überschaubare Gruppe bezogen sind; diese Gruppe müsse außerdem hinreichend groß und hinreichend homogen sein. Hinreichend homogen seien nach den einschlägigen normativen Grundlagen außer den Beamten derselben Laufbahn und derselben Laufbahngruppe auch diejenigen Beamten derselben Funktionsebene, die Dienstposten mit weitgehend denselben Leistungsanforderungen inne hätten (Urteil vom 24. November 2005 a.a.O. S. 361 f. bzw. Rn. 15 f. sowie Beschluss vom 25. Oktober 2011 – BVerwG 1 WB 51.10 – BVerwGE 141, 113 = Buchholz 449.2 § 2 SLV 2002 Nr. 18 ≪jeweils Rn. 40≫). Demgegenüber geht es im Fall des Klägers nicht um eine Vergleichsgruppenbildung für Richtwerte, sondern allein um den auf das Statusamt bezogenen Beurteilungsmaßstab.
Rz. 12
4. Schließlich liegt auch der geltend gemachte Zulassungsgrund eines Verfahrensmangels im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO wegen Verstoßes gegen den Überzeugungsgrundsatz des § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO durch Zugrundelegung eines falschen oder unvollständigen Sachverhalts nicht vor.
Rz. 13
§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO, wonach das Gericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung entscheidet, ist verletzt, wenn das Gericht bei seiner rechtlichen Würdigung von einem falschen oder unvollständigen Sachverhalt ausgegangen ist. Dies ist z.B. gegeben, wenn es wesentliche Bekundungen eines Beteiligten nicht berücksichtigt oder ihm Erklärungen unterstellt, die er nicht abgegeben hat (Urteile vom 28. April 1983 – BVerwG 2 C 89.81 – juris Rn. 15, teilweise veröffentlicht in Buchholz 237.6 § 39 LBG Niedersachsen Nr. 1 und vom 23. Januar 1984 – BVerwG 6 C 131.81 – juris Rn. 10; Beschlüsse vom 17. Mai 2011 – BVerwG 8 B 88.10 – juris Rn. 8 m.w.N. und vom 21. März 2012 – BVerwG 2 B 11.11 – juris Rn. 7). Es fehlt an einer tragfähigen Tatsachengrundlage für die innere Überzeugungsbildung des Gerichts, wenn es einzelne Tatsachenfeststellungen oder Beweisergebnisse bei seiner rechtlichen Würdigung außer Acht lässt, deren Entscheidungserheblichkeit sich ihm auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung hätte aufdrängen müssen (vgl. Beschlüsse vom 15. Februar 2010 – BVerwG 2 B 126.09 – juris Rn. 4 = Buchholz 232.0 § 96 BBG 2009 Nr. 1 ≪insoweit in Buchholz nicht veröffentlicht≫ = USK 2010-84 S. 769 f. m.w.N., vom 17. Mai 2011 – BVerwG 8 B 88.10 – juris Rn. 8 m.w.N. und vom 21. März 2012 – BVerwG 2 B 11.11 – juris Rn. 7).
Rz. 14
Ein solcher Verfahrensfehler ist hier nicht festzustellen. Der Kläger rügt, dass das Oberverwaltungsgericht zwar den richtigen Rechtssatz zur Notwendigkeit der Orientierung der dienstlichen Beurteilung an den Anforderungen des Statusamtes gebildet habe, allerdings dann zu der aktenwidrigen Überzeugung gelangt sei, dass der Kläger auch an diesen Anforderungen beurteilt worden sei. Diesen Vorwurf begründet er mit Ausführungen des Beklagten im gerichtlichen Verfahren.
Rz. 15
Das Oberverwaltungsgericht hat seine Feststellung, dass die dienstliche Beurteilung am Maßstab eines Justizamtmannes erstellt worden ist, aus einer – wenn auch knappen – Analyse der dienstlichen Beurteilung selbst gewonnen. Die vom Kläger herangezogenen Ausführungen des Beklagten im gerichtlichen Verfahren sind nicht so zu verstehen, dass die dienstliche Beurteilung auf einem anderen Maßstab beruhe; vielmehr beschreiben sie lediglich die Schwierigkeiten, die sich bei der Erstellung der dienstlichen Beurteilung am Maßstab des Statusamtes aus der Singularität der Aufgabenstellung des Dienstpostens des Klägers ergeben. Das Oberverwaltungsgericht wertet lediglich den Sachverhalt und den Vortrag des Beklagten anders als der Kläger. Eine aktenwidrige Feststellung ist hierin nicht enthalten.
Rz. 16
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 2 GKG.
Unterschriften
Domgörgen, Dr. von der Weiden, Thomsen
Fundstellen