Verfahrensgang

VGH Baden-Württemberg (Urteil vom 15.07.1998; Aktenzeichen 3 S 3136/96)

 

Tenor

Die Beschwerde der Beigeladenen gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 15. Juli 1998 wird zurückgewiesen.

Die Beigeladene trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 8 000 DM festgesetzt.

 

Gründe

Die Beschwerde ist nicht begründet. Das Beschwerdevorbringen ergibt nicht, daß die allein geltend gemachten Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO erfüllt sind. Die erhobene Aufklärungsrüge hat den materiellrechtlichen Standpunkt des Berufungsgerichts zugrunde zu legen.

Das Berufungsgericht legt dar, daß das umstrittene Bauvorhaben nach § 14 Abs. 1 Satz 1 BauNVO zu beurteilen sei. Danach sind untergeordnete Nebenanlagen und Einrichtungen zulässig, die dem Nutzungszweck der im Baugebiet gelegenen Grundstücke oder des Baugebiets selbst dienen und die seiner Eigenart nicht widersprechen. Der Nutzungszweck ergibt sich für das im Jahre 1979 festgesetzte allgemeine Wohngebiet aus § 4 Abs. 1 BauNVO in der Fassung vom 15. September 1977 (BGBl I S. 1763). § 4 Abs. 2 BauNVO 1977 sah Anlagen für sportliche Zwecke nicht als allgemein zulässig an. Auch bei Kleintieren muß es sich um eine dem Hauptzweck untergeordnete Anlage handeln. Maßgebend ist, ob zwischen der Haupt- und der Nebenanlage ein Funktionszusammenhang gegeben ist (vgl. BVerwG, Beschluß vom 21. Juni 1991 – BVerwG 4 B 44.91 – Buchholz 406.12 § 14 BauNVO Nr. 5; Beschluß vom 15. Oktober 1993 – BVerwG 4 B 165.93 – Buchholz 406.12 § 14 BauNVO Nr. 9 = NVwZ-RR 1994, 309). Die Nebenanlage muß gleichsam eine von dem Hauptvorhaben „ausgelagerte” Nutzungsweise bleiben. Ob sich eine Taubenzucht in diesem Sinne noch als Freizeitbetätigung im Rahmen einer Wohnnutzung hält, läßt sich nicht allgemein festlegen (vgl. BVerwG, Beschluß vom 5. März 1984 – BVerwG 4 B 20.84 – Buchholz 406.11 § 34 BBauG Nr. 99 = NVwZ 1984, 647). Dies ist vielmehr auch von der Verkehrsüblichkeit abhängig. Diese kann lokal oder regional unterschiedlich sein. Das Berufungsgericht hält eine kleine Sporttaubenzucht als Freizeitbetätigung im Rahmen der allgemeinen Wohnnutzung noch für möglich. Von diesem rechtlichen Standpunkt prüft das Gericht, ob sich das Vorhaben der Beigeladenen noch funktional der Hauptnutzung, also der Wohnnutzung, unterordnet.

Das Berufungsgericht verneint angesichts des Umfanges der Sporttaubenzucht eine Unterordnung. Die von ihm dabei zugrunde gelegten Tatsachen sind in ihrem Kern nicht umstritten. Das Gericht legt im Rahmen seiner ihm obliegenden tatrichterlichen Würdigung näher dar, daß der Umfang der Taubenzucht das Maß einer hinzunehmenden Freizeitbetätigung übersteige. Was die Beschwerde dem als Aufklärungsmangel entgegenhält, betrifft nicht die Frage, ob es sich bei der Sporttaubenzucht im Streitfall nach der Verkehrsauffassung noch um eine Freizeitbetätigung im Rahmen der zulässigen Hauptnutzung handelt, sondern vielmehr den Anwendungsbereich des § 15 Abs. 1 BauNVO. Auf das in dieser Bestimmung enthaltene Gebot der Rücksichtnahme kommt es jedoch nicht an. Denn die in § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO gebotenen Beschränkungen setzen voraus, daß die Nutzung an sich zulässig ist. Gerade das wird vom Berufungsgerichts indes bereits verneint. Aus diesem Grunde war es aus der maßgebenden materiellrechtlichen Sicht des Berufungsgerichts nicht entscheidungserheblich, ob durch das Vorhaben konkrete zusätzliche Lärmbelästigungen entstanden. Das Berufungsgericht hat – abweichend von der Auffassung des Erstgerichts – § 15 Abs. 1 BauNVO nicht für anwendbar angesehen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus § 14 Abs. 3, § 13 Abs. 1 GKG. Ergänzend wird bemerkt, daß etwaige außergerichtlichen Kosten des Klägers für das Beschwerdeverfahren nicht erstattungsfähig sein dürften (vgl. BVerwG, Beschluß vom 17. Januar 1995 – BVerwG 4 B 1.95 – Buchholz 310 § 162 VwGO Nr. 29).

 

Unterschriften

Gaentzsch, Berkemann, Hien

 

Fundstellen

BauR 1999, 732

NVwZ-RR 1999, 426

NuR 2000, 659

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