Verfahrensgang
VG Köln (Urteil vom 10.08.2005; Aktenzeichen 21 K 7123/03) |
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 10. August 2005 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 50 000 € festgesetzt.
Gründe
Die allein auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.
1. Die Voraussetzungen der Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO liegen nicht vor.
Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache nur zu, wenn sie eine für die erstrebte Revisionsentscheidung erhebliche Rechtsfrage des revisiblen Rechts aufwirft, die im Interesse der Einheit und der Fortbildung des Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf. Das Darlegungserfordernis des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO setzt insoweit die Formulierung einer bestimmten, höchstrichterlich noch ungeklärten und für die Revisionsentscheidung erheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts und außerdem die Angabe voraus, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung bestehen soll (vgl. Beschluss vom 19. August 1997 – BVerwG 7 B 261.97 – Buchholz 310 § 133 VwGO ≪n.F.≫ Nr. 26 S. 14 m.w.N.). Daran gemessen kommt die Zulassung der Revision nicht in Betracht.
a) Die Klägerin möchte geklärt wissen, “ob das regulierte Unternehmen im verwaltungsgerichtlichen Verfahren die Darlegungs- und Beweislast dafür trägt, dass die mit einem Genehmigungsantrag geltend gemachten Kosten dem Maßstab des § 24 Abs. 1 Satz 1 TKG 1996 i.V.m. § 3 Abs. 2 TEntGV genügen, wenn die Regulierungsbehörde nach den Gegebenheiten des Einzelfalls entsprechend der Prüfung substantiiert darlegt, dass die geltend gemachten Kosten nicht in vollem Umfang notwendig für die Leistungsbereitstellung sind und damit letztlich nicht dem Maßstab der effizienten Leistungsbereitstellung entsprechen”. Diese Frage rechtfertigt nicht die Zulassung der Revision.
Sie betrifft die Darlegungs- und Beweislast im Verfahren der Entgeltgenehmigung nach dem Telekommunikationsgesetz vom 25. Juli 1996 (BGBl I S. 1120) – TKG 1996 – und der Telekommunikations-Entgeltregulierungsverordnung (TEntgV) vom 1. Oktober 1996 (BGBl I S. 1492). Beide Regelungswerke sind gemäß § 152 Abs. 2 des Telekommunikationsgesetzes vom 22. Juni 2004 (BGBl I S. 1190) – TKG 2004 –, zuletzt geändert durch Gesetz vom 7. Juli 2005 (BGBl I S. 1970), am 26. Juni 2004 außer Kraft getreten. Es kann dahinstehen, ob die Revisionszulassung bereits deshalb ausscheidet, weil Rechtsfragen des ausgelaufenen Rechts regelmäßig keine grundsätzliche Bedeutung zukommt und eine Ausnahme von diesem Grundsatz hier nicht vorliegt (vgl. Beschluss vom 20. Dezember 1995 – BVerwG 6 B 35.95 – Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziffer 1 VwGO Nr. 9 S. 11 m.w.N.). Die Zulassung der Revision scheidet jedenfalls deshalb aus, weil die Frage ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens beantwortet werden kann.
Nach § 24 Abs. 1 Satz 1 TKG 1996 hatten sich die für Telekommunikationsdienstleistungen erhobenen Entgelte u.a. an den Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung zu orientieren. Die Genehmigungsbehörde genehmigte der Regulierung unterliegende Entgelte auf der Grundlage der auf die einzelne Dienstleistung entfallenden Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung (§ 27 Abs. 1 Nr. 1 TKG 1996). Mit einem Entgeltantrag hatte das beantragende Unternehmen die in § 2 Abs. 1 und 2 TEntgV aufgeführten Kostennachweise vorzulegen. Die Regulierungsbehörde hatte die von dem beantragenden Unternehmen vorgelegten Nachweise dahingehend zu prüfen, ob und inwieweit die beantragten Entgelte sich an den Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung orientierten (§ 3 Abs. 1 TEntgV). Nach § 3 Abs. 2 TEntgV ergaben sich die Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung aus den langfristigen zusätzlichen Kosten der Leistungsbereitstellung und einem angemessenen Zuschlag für leistungsmengenneutrale Gemeinkosten, jeweils einschließlich einer angemessenen Verzinsung des eingesetzten Kapitals, soweit diese Kosten jeweils für die Leistungsbereitstellung notwendig waren. Das Verwaltungsgericht hat angenommen, dass das die Genehmigung eines Entgeltes beantragende Unternehmen die Darlegungs- und Beweislast auch dafür trägt, dass die Kosten dem Maßstab der effizienten Leistungsbereitstellung entsprechen, wenn die Beklagte nach den Gegebenheiten des Einzelfalls entsprechend der gebotenen Prüfung substantiiert darlegt, dass die geltend gemachten Kosten nicht in vollem Umfang notwendig für die Leistungsbereitstellung sind und damit nicht dem Maßstab der effizienten Leistungsbereitstellung entsprechen. Das Verwaltungsgericht ist in diesem Zusammenhang davon ausgegangen, dass die Beklagte zu Recht angezweifelt habe, dass die geltend gemachten Kosten nicht in vollem Umfang notwendig für die Leistungsbereitstellung seien und der Klägerin der ihr deshalb obliegende Nachweis der Notwendigkeit der Kosten nicht gelungen sei. Das Verwaltungsgericht hat diesen Standpunkt geteilt und auf das verwaltungsgerichtliche Verfahren übertragen. Darauf zielt die von der Klägerin als rechtsgrundsätzlich aufgeworfene Frage, die zu bejahen ist.
Dem vom Amtsermittlungsgrundsatz geprägten Verwaltungsprozess ist eine formelle Beweislast (Beweisführungslast) fremd. Ist eine anspruchsbegründende Tatsache nicht feststellbar, bestimmt sich die Verteilung der Rechtsfolgen nach den Grundsätzen der materiellen Beweislast. Wer diese Beweislast trägt, ergibt sich aus dem materiellen Recht und ist in Auslegung der im Einzelfall einschlägigen Norm zu ermitteln. Enthält diese keine besonderen Regelungen, so greift der allgemeine Rechtsgrundsatz ein, dass die Nichterweislichkeit von Tatsachen, aus denen eine Partei günstige Rechtsfolgen herleitet, zu ihren Lasten geht (stRspr, vgl. z.B. Urteil vom 29. Juni 1999 – BVerwG 9 C 36.98 – BVerwGE 109, 174 ≪190≫ m.w.N.). Es kann hier dahinstehen, ob eine Auslegung des materiellen Rechts, insbesondere der Telekommunikations-Entgeltgenehmigungsverordnung, ergibt, dass das die Genehmigung eines Entgelts beantragende Unternehmen die materielle Beweislast für die Notwendigkeit der von ihm geltend gemachten Kosten für die effiziente Leistungsbereitstellung im Sinne von § 3 Abs. 2 TEntgV traf. Aus dem materiellen Recht folgte jedenfalls nicht, dass der Regulierungsbehörde die materielle Beweislast für die Notwendigkeit dieser Kosten oblag. Dass diese Beweislast das die Genehmigung begehrende Unternehmen traf, ergibt sich jedenfalls aus der allgemeinen Regel, nach der im Fall nicht feststellbarer anspruchsbegründender Tatsachen diejenige Partei die Beweislast trägt, die sich auf ihr günstige anspruchsbegründende Tatsachen beruft. Die Notwendigkeit der geltend gemachten Kosten für die effiziente Leistungsbereitstellung im Sinne von § 3 Abs. 2 TEntgV war Voraussetzung für die Genehmigungserteilung. Nur wenn die geltend gemachten Kosten für die effiziente Leistungsbereitstellung im Sinne von § 3 Abs. 2 TEntgV notwendig waren, konnte geprüft werden, ob das zur Genehmigung gestellte Entgelt sich an den Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung im Sinne von § 24 Abs. 1 TKG 1996 und § 3 Abs. 1 TEntgV orientierte. Da die Orientierung an den Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung anspruchsbegründend war, gilt dies gleichermaßen für die Notwendigkeit der geltend gemachten Kosten für die effiziente Leistungsbereitstellung im Sinne von § 3 Abs. 2 TEntgV. War die Notwendigkeit der Kosten nicht feststellbar, etwa weil das Gericht die insoweit von der Regulierungsbehörde vorgebrachten Bedenken teilte und diese sich auch im gerichtlichen Verfahren nicht ausräumen ließen, ging dies zu Lasten des die Genehmigung begehrenden Unternehmens, weil eine anspruchsbegründende Tatsache nicht festgestellt war.
b) Die Revision ist auch nicht zur Klärung der Frage zuzulassen, “ob die Regulierungsbehörde von der Notwendigkeit einer Begründung ihrer Entscheidung befreit ist, wenn sie trotz – unterstellter – Beweisfälligkeit des regulierten Unternehmens hinsichtlich der Notwendigkeit der von ihm nachgewiesenen tatsächlichen Kosten gleichwohl eine Festsetzung über die Kostenposition trifft”. Auch diese Frage kann – soweit sie einer über den Einzelfall hinausgehenden Klärung zugänglich ist – beantwortet werden, ohne dass es der Durchführung eines Revisionsverfahrens bedarf.
Nach § 39 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 VwVfG ist u.a. ein schriftlicher Verwaltungsakt mit einer Begründung zu versehen, in der die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe mitzuteilen sind, die die Behörde zu ihrer Entscheidung bewogen haben. Einer Begründung bedarf es nicht, wenn die Voraussetzungen von § 39 Abs. 2 VwVfG vorliegen. Eine behördliche Entscheidung über einen Entgeltgenehmigungsantrag muss den Anforderungen von § 39 VwVfG genügen. Es ist eine Frage des Einzelfalls und deshalb keiner grundsätzlichen Klärung zugänglich, ob der hier streitige Bescheid der Regulierungsbehörde den Anforderungen von § 39 VwVfG Rechnung trägt.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Wertes des Streitgegenstandes folgt aus §§ 47, 52 GKG.
Unterschriften
Bardenhewer, Hahn, Vormeier
Fundstellen