Entscheidungsstichwort (Thema)
Beanstandung des Landesdatenschutzbeauftragten gegenüber einer Gemeinde. Rechtsnatur der Beanstandung. Legaldefinition des Verwaltungsakts. irrevisibles Landesrecht. allgemeine Leistungsklage. Klagebefugnis. Ausschaltung von Popularklagen. allgemeines Persönlichkeitsrecht. kommunales. Selbstverwaltungsrecht. Landesmeldegesetz. staatliche Aufgabe zur Erfüllung nach Weisung
Normenkette
VwGO § 42 Abs. 2, § 132 Abs. 2 Nr. 1; VwVfG § 35 S. 1; GG Art. 28 Abs. 2
Verfahrensgang
Schleswig-Holsteinisches OVG (Urteil vom 16.09.1991; Aktenzeichen 1 L 18/91) |
VG Schleswig-Holstein (Entscheidung vom 03.05.1990; Aktenzeichen 1 A 36/90) |
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts vom 16. September 1991 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf DM 6 000 festgesetzt.
Gründe
Die Klägerin wendet sich gegen eine Beanstandung, die der Beklagte auf der Grundlage des schleswig-holsteinischen Landesdatenschutzgesetzes (LDSG) ihr gegenüber bezüglich der Wahrnehmung von Aufgaben nach dem Landesmeldegesetz ausgesprochen hat. Klage und Berufung waren erfolglos. Auch die Beschwerde, mit der die Klägerin die Entscheidung des Berufungsgerichts über die Nichtzulassung der Revision angreift, hat keinen Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe liegen nicht vor.
Die Frage nach der Rechtsnatur von Beanstandungen gemäß § 21 Abs. 2 LDSG ist eine Frage des irrevisiblen Landesrechts. Dieses kann vom Bundesverwaltungsgericht lediglich darauf überprüft werden, ob seine Anwendung und Auslegung mit dem Bundesrecht in Einklang steht. Aus der Sicht des Bundesrechts ist die von der Klägerin kritisierte Auffassung des Berufungsgerichts, die Beanstandung nach § 21 Abs. 2 LDSG sei kein Verwaltungsakt, indes nicht zu beanstanden. Insbesondere liegt ihr kein fehlerhaftes Verständnis vom Begriff des Verwaltungsakts zugrunde. Das Berufungsgericht ist vielmehr zutreffend von der Legaldefinition des Verwaltungsakts in § 35 Satz 1 VwVfG ausgegangen und hat danach in Anwendung der Vorschrift des § 42 Abs. 2 VwGO zu Recht auf das Erfordernis einer rechtlichen Regelung abgestellt. Soweit das Berufungsgericht das Vorliegen einer solchen Regelung im Falle des § 21 Abs. 2 LDSG verneint hat, ist es zu diesem Ergebnis allein durch Auslegung der einschlägigen Vorschriften des irrevisiblen Landesdatenschutzgesetzes gelangt. Unter diesen Umständen liegt auch der behauptete Verfahrensmangel nicht vor.
Die ferner aufgeworfene Frage nach einer entsprechenden Anwendung des § 42 Abs. 2 VwGO auf die allgemeine Leistungsklage bedarf keiner revisionsgerichtlichen Klärung. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist anerkannt, daß auch die Zulässigkeit der allgemeinen Leistungsklage zur Ausschaltung von Popularklagen eine mögliche Rechtsbeeinträchtigung voraussetzt (vgl. Urteil vom 28. Oktober 1970 – BVerwG 6 C 48.68 – BVerwGE 36, 192 ≪199≫; Beschluß vom 1. September 1976 – BVerwG 7 B 101.75 – NJW 1977, 118; Urteil vom 17. Januar 1980 – BVerwG 7 C 42.78 – BVerwGE 59, 319 ≪326≫). Von der Notwendigkeit einer entsprechenden Klagebefugnis ist das Berufungsgericht verfahrensfehlerfrei ausgegangen.
Keine grundsätzliche Bedeutung hat auch die von der Klägerin aufgeworfene Frage, ob eine Gemeinde angesichts ihres von Art. 28 GG anerkannten besonderen Rechtsstatus den Vorwurf erheblicher Verstöße gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen klaglos hinnehmen muß. Das Berufungsgericht hat festgestellt, daß die streitbefangene Beanstandung des Beklagten Selbstverwaltungsangelegenheiten der Klägerin im Sinne von Art. 28 Abs. 2 GG nicht berührt, weil es sich bei den hier maßgeblichen Aufgaben der Klägerin nach dem Landesmeldegesetz um staatliche Aufgaben zur Erfüllung nach Weisung handelt. Vor diesem Hintergrund ist die Feststellung des Berufungsgerichts, es fehle an einer die Klagebefugnis der Klägerin begründenden möglichen Rechtsverletzung, bundesrechtlich nicht zu beanstanden. Soweit die Klägerin die Auffassung vertritt, sie besitze als Gemeinde “nach Art eines allgemeinen Persönlichkeitsrechts” einen “Ruf”, dem Rechtsqualität zukomme, kann offenbleiben, ob und inwieweit ein solches Recht als Ausfluß von Art. 28 Abs. 2 GG bundesrechtlich anzuerkennen wäre. Jedenfalls ist es offensichtlich nicht verletzt und führt daher auch nicht zu einer Klagebefugnis, wenn lediglich geltend gemacht wird, daß eine Landesbehörde in bezug auf den übertragenen Wirkungskreis von einer ihr gesetzlich eingeräumten Kompetenz Gebrauch gemacht habe, ohne daß die dafür erforderlichen Voraussetzungen vorgelegen hätten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 14 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 13 Abs. 1 Satz 2 GKG.
Unterschriften
Dr. Franßen, Dr. Bardenhewer, Dr. Bertrams
Fundstellen