Verfahrensgang
Hessischer VGH (Urteil vom 15.11.2007; Aktenzeichen 5 UE 941/07) |
Tenor
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 15. November 2007 wird zurückgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens je zur Hälfte.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 8 895,75 € festgesetzt.
Gründe
Die auf den Revisionszulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) gestützte Beschwerde hat aus mehreren Gründen keinen Erfolg.
1. Die Beschwerde genügt schon nicht den Darlegungserfordernissen (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO). Die Beschwerdebegründung formuliert keine als grundsätzlich klärungsbedürftig bezeichnete Rechtsfrage, sondern erschöpft sich in der Art eines bereits zugelassenen oder zulassungsfreien Rechtsmittels in einer Kritik an dem Urteil des Senats im vorangegangenen Revisionsverfahren. Damit ist eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nicht dargetan.
2. Die Beschwerde meint, das von ihr angestrebte Revisionsverfahren könne dem Bundesverwaltungsgericht Gelegenheit zur Korrektur seines Urteils vom 28. März 2007 (BVerwG 9 C 4.06 – BVerwGE 128, 246) geben, durch das der Senat den Rechtsstreit betreffend denselben streitgegenständlichen Erschließungsbeitragsbescheid an das Berufungsgericht zurückverwiesen hat und gegen dessen erneute Entscheidung sich die (überwiegend unterlegenen) Kläger mit ihrer Beschwerde nun wenden. Dabei übersehen sie, dass diese Zurückverweisung (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO) sich im Umfang der Bindung der Vorinstanz (§ 144 Abs. 6 VwGO) auch als Rückbindung des erneut angerufenen Revisionsgerichts auswirkt. Dieses ist an seine im ersten Revisionsverfahren geäußerte Rechtsauffassung grundsätzlich (ohne Änderung der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse) gebunden mit der Folge, dass dem Senat die von der Beschwerde erwünschte Korrektur des erwähnten Urteils, sofern denn dazu Anlass bestünde, gar nicht möglich wäre (vgl. Urteil vom 22. Februar 1973 – BVerwG 3 C 31.72 – Buchholz 310 § 144 VwGO Nr. 23 S. 17 m.w.N.).
3. Selbst wenn man zugunsten der Beschwerde unterstellt, dass sie sinngemäß als grundsätzlich klärungsbedürftig die Frage aufwerfen will,
ob der Alleineigentümer eines Grundstücks (Anliegergrundstücks) zugunsten eines im Miteigentum desselben Eigentümers und einer anderen Person stehenden anderen Grundstücks (Hinterliegergrundstücks) durch einseitigen Akt und ohne Kontrahierung mit dem anderen Miteigentümer eine persönliche Dienstbarkeit bestellen kann,
würde dies nicht die Zulassung der Revision rechtfertigen. Die Beschwerde verkennt zum einen, dass der Senat in dem zitierten Urteil diese Frage nicht – wie sie meint – im bejahenden Sinne und damit im vermeintlichen Widerspruch zu einer von der Beschwerde angeführten Entscheidung des Reichsgerichts (Beschluss vom 26. Januar 1901 – V.5/01 – RGZ 47, 202 ≪209≫) und weiterer Kommentarliteratur entschieden hat (a); zum anderen wäre die Rechtsfrage in dem angestrebten Revisionsverfahren auch nicht entscheidungserheblich (b).
a) Entgegen der Ansicht der Beschwerde enthält das von ihr kritisierte Urteil des Senats keinen Rechtssatz in dem von ihr angenommenen Sinne. Die Beschwerde verkennt die tragenden Erwägungen der Entscheidung.
Das vorbezeichnete Senatsurteil knüpft an die Aussage im ersten (seinerzeit angegriffenen) Urteil des Berufungsgerichts an, wonach es für die Annahme des Erschlossenseins eines Hinterliegergrundstücks i.S.v. § 133 Abs. 1 BauGB und für die danach erforderliche Erfüllung der bauplanungs- und bauordnungsrechtlichen Anforderungen an die Erreichbarkeit dieses Grundstücks nicht ausreiche, dass “die Klägerin als Alleineigentümerin des Anliegergrundstücks jederzeit etwa eine Baulast für eine Zuwegung zu dem (in ihrem und im Miteigentum ihres Ehemanns stehenden) Hinterliegergrundstück über das Anliegergrundstück begründen” kann (a.a.O. Rn. 12). Der Senat hat dies beanstandet und den Rechtssatz aufgestellt, dass es vielmehr ausreiche, wenn es in der Hand (schon) nur eines von mehreren Miteigentümern des Hinterliegergrundstücks liege, der zugleich Alleineigentümer des Anliegergrundstücks ist, die in Rede stehenden bauplanungs- und bauordnungsrechtlichen Anforderungen zu erfüllen. Denn mit Blick auf die gesetzgeberische Wertung müsse unerheblich sein, ob die Miteigentümer des Hinterliegergrundstücks nur gemeinsam oder einzeln die Hindernisse der Bebaubarkeit ausräumen könnten (Rn. 12 a.E.).
Die dann folgende, von der Beschwerde kritisierte (im Übrigen die Entscheidung nicht tragende) Passage beschränkt sich auf die Aussage, dass dieser auf die Erfüllung öffentlich-rechtlicher Anforderungen bezogene Rechtssatz mit den zivilrechtlichen Bestimmungen über das Miteigentum in Einklang stehe. Soweit sodann § 1009 Abs. 2 Alt. 2 BGB angeführt wird, verweist das Urteil lediglich auf einen dieser Regelung zu entnehmenden Rechtsgedanken. Dieser könne “auf die vom Verwaltungsgerichtshof erörterte Bestellung einer (…) öffentlich-rechtlichen Baulast übertragen werden”. Letztere wird vom Senat mit einem zivilen Recht i.S.v. § 1009 BGB ausdrücklich nicht gleichgesetzt. Ein Gegensatz zu der von der Beschwerde angeführten Entscheidung des Reichsgerichts ist damit nicht ersichtlich. Vielmehr hat auch der Senat – in Übereinstimmung mit dem Reichsgericht und der von der Beschwerde zitierten Kommentarliteratur – die Bedeutung von § 1009 Abs. 2 Alt. 2 BGB in der darin liegenden Ausnahme vom Selbstkontrahierungsverbot des § 181 BGB gesehen (a.a.O. Rn. 13).
b) Aus dem Vorstehenden folgt weiter, dass die oben formulierte Rechtsfrage in dem angestrebten Revisionsverfahren auch nicht entscheidungserheblich wäre. Weder in dem angeführten Urteil des Senats noch im erneuten Urteil des Berufungsgerichts wird der Klägerin angesonnen, sie könne und solle ohne Mitwirkung ihres Ehemanns eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit bestellen. Entscheidend war und ist allein, dass sie ohne Mitwirkung des Miteigentümers des Hinterliegergrundstücks die Erklärung gemäß § 75 Abs. 1 Satz 1 HBO zur Begründung der öffentlich-rechtlichen Baulast abgeben kann, die unbeschadet der Rechte Dritter wirkt (§ 75 Abs. 1 Satz 2 HBO). Zu der Frage, ob die Klägerin auch eine zivilrechtliche Dienstbarkeit alleine begründen kann, verhält sich das Senatsurteil nicht, weil es sich – wie dargelegt – lediglich mit der im ersten Berufungsurteil behandelten Frage der Bestellung einer öffentlich-rechtlichen Baulast zur Erfüllung der bauordnungsrechtlichen Anforderungen an die Bebaubarkeit eines Grundstücks befasst. Soweit weiter erwähnt wird, dass “daneben (…) auch eine Vereinigung der beiden Grundstücke gemäß § 890 Abs. 1 BGB in Betracht” komme, handelt es sich ebenfalls um ein die Entscheidung nicht tragendes obiter dictum und um ein Beispiel für die “auf die eine oder andere Weise mögliche Erfüllung der bauordnungsrechtlichen Erreichbarkeitsanforderungen”, im Übrigen verbunden mit dem ausdrücklichen Hinweis auf die dafür erforderliche Mitwirkung des Miteigentümers (a.a.O. Rn. 20). Ob der Erfüllung der bauordnungsrechtlichen Anforderungen im Streitfall (andere) nicht ausräumbare tatsächliche und rechtliche Hindernisse entgegenstehen, hat der Senat mangels entsprechender Tatsachenfeststellungen nicht beurteilen können. Er hat aber darauf hingewiesen, dass es auf einen fehlenden oder entgegenstehenden Willen des anderen Miteigentümers des Hinterliegergrundstücks zur Erfüllung der bauordnungsrechtlichen Erreichbarkeitsanforderungen nicht ankommt, weil das Erschließungsbeitragsrecht nicht verlangt, dass die in Betracht kommenden Maßnahmen auch tatsächlich umgesetzt werden (a.a.O. Rn. 20 a.E.).
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 159 Satz 1 VwGO, § 100 Abs. 1 ZPO. Die Festsetzung des Werts des Streitgegenstandes beruht auf § 52 Abs. 3, § 47 Abs. 1 und 3 GKG.
Unterschriften
Dr. Storost, Domgörgen, Buchberger
Fundstellen