Verfahrensgang
Schleswig-Holsteinisches OVG (Urteil vom 05.09.2013; Aktenzeichen 4 LB 5/13) |
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts vom 5. September 2013 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 120 000 EUR festgesetzt.
Tatbestand
I
Die klagende Bundesrepublik begehrt von dem beklagten Deich- und Sielverband den Ersatz von Aufwendungen für Arbeiten, die sie zur Deichsicherung an einer Teilstrecke der Stör, einer Bundeswasserstraße, vorgenommen hat. An dieser Teilstrecke ist ein Mitteldeich an dem Fluss gelegen. Unterhaltungspflichtig für den Deich ist der Beklagte. Der Deich ist ein sogenannter Schardeich, d.h. ein Deich ohne Vorland. Böschung und Gewässer grenzen unmittelbar aneinander.
Vor Durchführung der Arbeiten wurde bei einem Treffen zwischen Vertretern der Klägerin und Vertretern des zuständigen Landesministeriums erörtert, inwieweit die Klägerin verpflichtet ist, den Gewässerrand in einem Zustand zu erhalten, der die Deichsicherheit nicht gefährdet. Man kam überein, dass die Klägerin akut anstehende Arbeiten durchführen wird und anschließend die Kostenerstattung für diese Arbeiten gerichtlich klären lässt.
Um zu vermeiden, dass die Erosion des Deichfußes voranschreitet, befestigte daraufhin die Klägerin eine Schadensstelle bis zur mittleren Tidehochwasserlinie mit Schüttsteinen.
Nachdem der Beklagte eine Kostenerstattung abgelehnt hatte, erhob sie Klage zum Verwaltungsgericht und beantragte, den Beklagten zu verurteilen, an sie 120 000 EUR zu zahlen.
Das Verwaltungsgericht hat der Klage stattgegeben.
Auf die Berufung des Beklagten hat das Oberverwaltungsgericht das verwaltungsgerichtliche Urteil geändert und die Klage abgewiesen.
Zur Begründung hat es insbesondere ausgeführt: Der Klägerin stehe der geltend gemachte Anspruch weder in entsprechender Anwendung der Bestimmungen über die Geschäftsführung ohne Auftrag noch als allgemeiner öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch zu. Streitig sei dabei allein, ob die von der Klägerin durchgeführten Arbeiten Maßnahmen der Deichunterhaltung oder der Gewässerunterhaltung seien. Es handele sich um Maßnahmen der Gewässerunterhaltung. Dies ergebe sich – wie näher dargelegt wird – aus den einschlägigen Bestimmungen des Landeswassergesetzes.
Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil richtet sich die Beschwerde der Klägerin.
Entscheidungsgründe
II
Die Beschwerde ist unbegründet. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, vgl. 1.) noch beruht das oberverwaltungsgerichtliche Urteil auf einer Abweichung von der in der Beschwerde genannten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO, vgl. 2.) noch liegt ein geltend gemachter Verfahrensmangel vor, auf dem die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts beruhen kann (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO, vgl. 3.).
1. Grundsätzlich bedeutsam im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ist eine Rechtssache nur dann, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung einer bisher höchstrichterlich ungeklärten, in ihrer Bedeutung über den der Beschwerde zugrunde liegenden Einzelfall hinausgehenden klärungsbedürftigen Rechtsfrage des revisiblen Rechts (§ 137 Abs. 1 VwGO) zu erwarten ist. Daran fehlt es hier hinsichtlich beider gestellter Fragen.
a) Die Klägerin hält für grundsätzlich klärungsbedürftig zum einen folgende Frage:
Kann die wasserhaushaltsrechtliche Unterhaltungslast des Bundes als Eigentümer der Bundeswasserstraßen aus § 4 Abs. 1 Satz 2 WHG von der landesrechtlichen Unterhaltungslast der für den Hochwasserschutz zuständigen Stelle für Deiche an Bundeswasserstraßen alleine anhand der Linie des mittleren Tidehochwassers (mThw-Linie) abgegrenzt werden, ohne den funktionalen Zusammenhang einzelner Maßnahmen mit einer der beiden Unterhaltungslasten unabhängig von dem Ort ihrer Ausführung zu berücksichtigen?
Diese Frage lässt sich, soweit sie revisibles Recht (§ 137 Abs. 1 VwGO) betrifft, beantworten, ohne dass es dazu der Durchführung eines Revisionsverfahrens bedarf. Das Eigentum an der Stör, die in dem maßgeblichen Abschnitt eine Bundeswasserstraße ist, steht dem Bund zu (§ 4 Abs. 1 Satz 1 WHG). Soweit sich aus wasserrechtlichen Vorschriften der Länder Verpflichtungen aus dem Gewässereigentum ergeben, treffen diese auch den Bund als Eigentümer der Bundeswasserstraßen (§ 4 Abs. 1 Satz 2 WHG). In Auslegung und Anwendung des irrevisiblen Wasserrechts des Landes ist das Oberverwaltungsgericht hier zu dem Ergebnis gelangt, dass die von der Klägerin durchgeführten Arbeiten der Erfüllung von Verpflichtungen des Eigentümers, die sich aus dem Gewässereigentum ergeben, dienten.
Die Klägerin meint, landesrechtliche Unterhaltungslasten seien für Bundeswasserstraßen durch Bundesrecht begrenzt und verstießen – wie hier – gegen Bundesrecht, wenn das Wasserrecht des Landes Unterhaltungslasten des Bundes vorsehe, die mit § 4 Abs. 1 Satz 2 WHG in seiner durch die Gesetzgebungsund Verwaltungskompetenzen des Bundes geprägten Reichweite nicht mehr vereinbar seien. Dabei könne dahinstehen, ob § 4 Abs. 1 Satz 2 WHG überhaupt mit Art. 89 Abs. 2 GG vereinbar sei. Jedenfalls könnten § 4 Abs. 1 Satz 2 WHG und die Landeswassergesetze dem Bund Unterhaltslasten nur in dem Rahmen auferlegen, den die Verwaltungskompetenz des Bundes aus Art. 89 Abs. 2 GG zulasse, was hier nicht der Fall sei.
Die Rechtsauffassung der Klägerin trifft nicht zu. Wie die Beschwerde selbst ausführt, stellt § 4 Abs. 1 Satz 2 WHG – nach Wortlaut und dem eindeutigen Willen des Gesetzgebers (BTDrucks 16/13306 S. 1) – klar, dass der Bund aus seinem Eigentum an den Bundeswasserstraßen – wie jeder andere Gewässereigentümer auch – verpflichtet ist, den wasserrechtlichen Regelungen nachzukommen, die an das Gewässereigentum anknüpfen. Nicht zweifelhaft ist auch, dass das Landesrecht anderen Gewässereigentümern als dem Bund die hier fraglichen Unterhaltslasten auferlegen konnte; denn für die Auslegung des Landeswasserrechts bezüglich dieser Eigentümer sind die Regelungen des Grundgesetzes über Bundeswasserstraßen erkennbar ohne Bedeutung. Die Klägerin meint jedoch, aufgrund der in Art. 89 Abs. 2 GG geregelten Verwaltungskompetenz des Bundes für Bundeswasserstraßen dürften diese Verpflichtungen nicht auch für den Bund als Eigentümer gelten. Sie ist also der Auffassung, der Bund müsse in diesem Fall über eine privilegierte Stellung verfügen. Derartige landesrechtlich geregelte Unterhaltsverpflichtungen träfen zwar den „normalen” Gewässereigentümer, nicht aber den Bund. Die Beschwerde hält also eine Ungleichbehandlung von Eigentümern aufgrund des Grundgesetzes für geboten. Sie meint, das Grundgesetz räume dem Bund zwar das Eigentum an Bundeswasserstraßen und die damit verbundenen materiellen Rechte ein, verschone ihn aber vor den damit verbundenen materiellen Pflichten. Dies trifft nicht zu. Eine Privilegierung des Bundes als Eigentümer der Bundeswasserstraßen gegenüber anderen Gewässereigentümern widerspricht der Intention des § 4 Abs. 1 Satz 2 WHG. Art. 89 Abs. 2 GG kann nichts entnommen werden, was eine derartige Ungleichbehandlung fordern könnte.
b) Weiter hält die Beschwerde für grundsätzlich klärungsbedürftig nachfolgende Frage:
Kann eine Maßnahme der Unterhaltung an einer Bundeswasserstraße, die dem Ziel der naturnahen Bewirtschaftung aus § 6 WHG – in Umsetzung des Art. 1 WRRL – widerspricht und nicht der Nutzung der Bundeswasserstraßen als Verkehrswege, sondern alleine dem Hochwasserschutz durch Deiche dient, eine Maßnahme der allgemeinen, dem Bund als Eigentümer des Gewässers obliegenden Unterhaltung sein, oder muss eine solche Maßnahme der besonderen, funktionalen Unterhaltungslast für Hochwasserschutzeinrichtungen zugeordnet werden?
Das Oberverwaltungsgericht ist nicht zu dem Ergebnis gelangt, dass die hier in Rede stehenden Maßnahmen dem Ziel der naturnahen Bewirtschaftung aus § 6 WHG widersprechen. Es hat auch keine Tatsachen festgestellt, aus denen sich dies ohne Weiteres ergibt. Sind aber Tatsachen, die vorliegen müssten, damit die mit der Nichtzulassungsbeschwerde angesprochene Frage sich in einem Revisionsverfahren stellen könnte, von der Vorinstanz nicht festgestellt worden, kann die Revision im Hinblick auf diese Frage nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen werden (stRspr; vgl. Beschluss vom 17. März 2000 – BVerwG 8 B 287.99 – BVerwGE 111, 61 = Buchholz 428 § 30a VermG Nr. 14).
2. Die Revision kann auch nicht wegen Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) zugelassen werden.
Die Beschwerde geht zwar zutreffend davon aus, dass eine Zulassung wegen Divergenz nur möglich ist, wenn die Vorinstanz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift mit einem ihre Entscheidung tragenden Rechtssatz einem ebensolchen Rechtssatz des Bundesverwaltungsgerichts widersprochen hat. Zu Unrecht meint sie aber, das von ihr zitierte Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 5. Dezember 2001 – BVerwG 9 A 13.01 – (BVerwGE 115, 294) sei in Anwendung derselben Rechtsvorschrift ergangen wie das angefochtene Urteil des Oberverwaltungsgerichts.
Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts ist in Auslegung und Anwendung des Bundeswasserstraßengesetzes (WaStrG) ergangen. Es befasst sich insbesondere mit dem Umfang der sich aus § 8 WaStrG ergebenden Unterhaltsverpflichtung des Bundes. Es ist zu dem Ergebnis gelangt, dass Bauarbeiten an einer Bundeswasserstraße, die als Unterhaltung zu qualifizieren sind, stets die Wasserstraße als Verkehrsweg betreffen müssen, wenn sie auf der Grundlage des Bundeswasserstraßengesetzes durchgeführt werden sollen (vgl. Leitsatz 2). Dass dies auch für Unterhaltsmaßnahmen gelten soll, die auf der Grundlage von § 4 Abs. 1 Satz 2 WHG in Verbindung mit den Wassergesetzen der Länder durchgeführt werden sollen, wird in dem Urteil nicht ausgeführt. In dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts dagegen geht es ausschließlich um die Erfüllung von Unterhaltsverpflichtungen, die den Bund als Gewässereigentümer aufgrund von Landesrecht treffen.
3. Es liegt auch kein geltend gemachter Verfahrensmangel vor, auf dem die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts beruhen kann (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).
a) Die geltend gemachte Verletzung der Amtsaufklärungspflicht (§ 86 Abs. 1 VwGO) wird nicht prozessordnungsgemäß dargelegt (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO). Es wird weder dargelegt, welche Tatsachen noch ermittlungsbedürftig gewesen wären, noch welche Beweismittel zu welchen Beweisthemen zur Verfügung gestanden hätten. Vielmehr meint die Beschwerde, das Oberverwaltungsgericht hätte aufgrund der ihm bekannten Tatsachen zu einer anderen Feststellung kommen müssen. Damit wird kein Aufklärungsmangel (§ 86 Abs. 1 VwGO) bezeichnet.
b) Das Berufungsgericht hat auch den Anspruch auf rechtliches Gehör (§ 108 Abs. 2 VwGO) nicht verletzt. Selbst wenn man zugunsten der Beschwerde annimmt, sie wolle insoweit auch eine Verletzung des Überzeugungsgrundsatzes (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) rügen, liegt kein Verfahrensmangel vor.
Die Klägerin meint, ihr Anspruch auf rechtliches Gehör werde dadurch verletzt, dass das Oberverwaltungsgericht – ohne dies in der mündlichen Verhandlung angesprochen zu haben und damit überraschenderweise – zu dem Ergebnis gelangt sei, die von der Klägerin durchgeführten Arbeiten hätten der Befestigung des Gewässerbettes, d.h. der Erhaltung des ordnungsgemäßen Zustandes des Wasserabflusses gedient, damit der Deich nicht durch die Stör gefährdet werde. Insoweit beruhe das Urteil auch auf einer aktenwidrigen Feststellung. Der ordnungsgemäße Wasserabfluss der Stör sei aber – wovon auch die Beteiligten übereinstimmend ausgegangen seien – durch den Uferzustand vor den streitgegenständlichen Maßnahmen zu keinem Zeitpunkt gefährdet, geschweige denn beeinträchtigt gewesen. Vielmehr sei – wie sich aus einem der Beschwerdebegründung beigefügten Schreiben ergebe – „die Erosion des Deichfußes, bedingt durch die mäandrierende Gewässerbewegung”, vorangeschritten gewesen.
Letzteres widerspricht nicht dem vom Oberverwaltungsgericht gefundenen Ergebnis. Fließt Wasser in einem Fluss in „mäandrierenden Gewässerbewegungen” ab, und kommt es dadurch zu Erosionen an Anlagen Dritter, ist es eine Frage der rechtlichen Würdigung, ob dieser Wasserabfluss ordnungsgemäß ist. Dass das Berufungsgericht dies verneint hat, ist deshalb nicht aktenwidrig und konnte die Beteiligten auch nicht überraschen.
c) Soweit die Beschwerde auch eine Verletzung der Begründungspflicht (§ 108 Abs. 1 Satz 2 VwGO) rügt, wird dies lediglich ohne jede Begründung behauptet. Dem Darlegungsgebot (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO) wird damit nicht ansatzweise genügt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG.
Unterschriften
Dr. Nolte, Krauß, Dr. Philipp
Fundstellen