Verfahrensgang
OVG des Landes Sachsen-Anhalt (Urteil vom 18.02.2015; Aktenzeichen 2 L 175/13) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts des Landes Sachsen-Anhalt vom 18. Februar 2015 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Außergerichtliche Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 100 000 EUR festgesetzt.
Gründe
Rz. 1
Die auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 3 VwGO gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.
Rz. 2
1. Das Oberverwaltungsgericht hat den mit dem Hauptantrag verfolgten Anspruch des Klägers auf Erteilung einer Abbruchgenehmigung für das unter Denkmalschutz stehende Gebäude B.-straße … in H. verneint und seine Entscheidung auf zwei jeweils selbständig tragende Versagungsgründe gestützt. Zum einen könne der Abriss nicht genehmigt werden, weil die unveränderte Erhaltung des Denkmals den Kläger nicht unzumutbar belaste (UA S. 26). Auf die Belastung durch erhöhte Erhaltungskosten wegen des maroden Zustands des Denkmals könne sich der Kläger nicht berufen, weil sie ihre Ursache darin hätten, dass Erhaltungsmaßnahmen dem öffentlichen Recht zuwider unterblieben seien. Der Einwand einer Belastung durch erhöhte Erhaltungskosten sei nicht nur ausgeschlossen, wenn der Verpflichtete im Laufe der Lebenszeit eines Denkmals als dessen Eigentümer Unterhaltungsmaßnahmen unterlassen habe, sondern auch dann, wenn – wie hier – der Verpflichtete „sehenden Auges” ein sanierungsbedürftiges Denkmal erwerbe, die Denkmaleigenschaft bekannt und die Sanierungsbedürftigkeit offensichtlich sei (UA S. 28 f.). Der Erteilung der Abrissgenehmigung stehe zum anderen entgegen, dass der Kläger nicht alle Möglichkeiten einer Erhaltung des Denkmals ausgeschöpft habe (UA S. 30). Er könne das Denkmal der A. … GmbH verkaufen, die bereit sei, einen angemessenen Preis zu zahlen, und willens und imstande sei, das Denkmal fachgerecht zu sanieren.
Rz. 3
Ist die vorinstanzliche Entscheidung auf mehrere selbständig tragende Begründungen gestützt, so kann die Revision nur zugelassen werden, wenn hinsichtlich jeder dieser Begründungen ein Revisionszulassungsgrund aufgezeigt wird und vorliegt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 9. Dezember 1994 – 11 PKH 28.94 – Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 1 VwGO Nr. 4 S. 4; stRspr). Wenn nur bezüglich einer Begründung ein Zulassungsgrund gegeben ist, kann diese Begründung nämlich hinweggedacht werden, ohne dass sich der Ausgang des Verfahrens ändert.
Rz. 4
a) Der Kläger wirft zum ersten Begründungselement folgende als grundsätzlich bedeutsam bezeichnete Frage auf:
Kann im Lichte von Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG in Verbindung mit den Grundsätzen von Treu und Glauben und der Folgenbeseitigung behördlichen Unrechts ein privater Denkmaleigentümer darauf verwiesen werden, die Unzumutbarkeit der Erhaltung könne er nicht geltend machen, weil
- er sich nicht auf die Belastung durch erhöhte Erhaltungsmaßnahmen berufen könne, die dadurch verursacht werden, dass Erhaltungsmaßnahmen in der Vergangenheit öffentlichem Recht zuwider unterblieben sind;
- er „sehenden Auges” ein sanierungsbedürftiges Denkmal erworben habe und ihm die Denkmaleigenschaft sowie die Sanierungsbedürftigkeit bekannt waren,
wenn die öffentliche Hand zuvor selbst Verfügungsberechtigte und Eigentümerin des Denkmals war, so dass entweder nicht öffentlichem Recht zuwider Erhaltungsmaßnahmen unterblieben sind oder sie selbst öffentlichem Recht zuwider Erhaltungsmaßnahmen unterlassen hat?
Rz. 5
Die Frage führt nicht zur Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.
Rz. 6
Anknüpfungspunkt für die Frage ist § 10 Abs. 5 Satz 3 Denkmalschutzgesetz des Landes Sachsen-Anhalt (DenkmSchG ST). Danach kann der Verpflichtete sich nicht auf die Belastung durch erhöhte Erhaltungskosten berufen, die dadurch verursacht werden, dass Erhaltungsmaßnahmen diesem Gesetz oder sonstigem öffentlichen Recht zuwider unterblieben sind. Das Denkmalschutzgesetz des Landes Sachsen-Anhalt gehört nicht zum Recht, das nach § 137 Abs. 1 VwGO revisibel ist. Fragen zu seiner Auslegung und Anwendung wären daher in einem Revisionsverfahren nicht klärungsfähig.
Rz. 7
Die vom Kläger formulierte Frage wird nicht deshalb zu einer Frage des revisiblen Rechts, weil der Kläger einen Bezug zu den Grundsätzen von Treu und Glauben und der Beseitigung der Folgen behördlichen Unrechts herstellt. Der Grundsatz von Treu und Glauben ist ein allgemeiner Rechtsgrundsatz, und allgemeine Rechtsgrundsätze gehören, soweit sie zur Ergänzung oder Korrektur von Landesrecht herangezogen werden, ebenfalls dem Landesrecht an (BVerwG, Urteil vom 17. Februar 1984 – 7 C 67.82 – BVerwGE 69, 46 ≪48≫; stRspr). Gleiches gilt hier für den Folgenbeseitigungsanspruch. Er dient der Ergänzung des jeweiligen Fachrechts und ist Bestandteil des Landesrechts, wenn die hoheitliche Maßnahme, deren Folgen beseitigt werden sollen, auf Landesrecht beruht (Neumann, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 137 Rn. 65).
Rz. 8
Die Frage betrifft auch nicht deshalb revisibles Recht, weil der Kläger geltend macht, das Oberverwaltungsgericht habe sie unter Verletzung von Bundesrecht – nämlich des Rechts aus Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG – beantwortet. Wird mit der Nichtzulassungsbeschwerde gerügt, die Auslegung und Anwendung von Landesrecht verstoße gegen Bundesrecht, ist näher darzulegen, inwiefern die bundesrechtliche Norm, die gegenüber dem Landesrecht als korrigierender Maßstab angeführt wird, ihrerseits ungeklärte Fragen von grundsätzlicher Bedeutung aufwirft (BVerwG, Beschlüsse vom 21. Dezember 1994 – 4 B 266.94 – NVwZ 1995, 601 = juris Rn. 6 und vom 30. Juni 2003 – 4 B 35.03 – Buchholz 310 § 108 Abs. 1 VwGO Nr. 26 = juris Rn. 4). Dem wird der Kläger nicht gerecht. Er will geklärt wissen, wie § 10 Abs. 5 Satz 3 DenkmSchG ST auszulegen ist, ohne dass die Auslegung gegen Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG verstößt. Damit thematisiert er eine landesrechtliche Fragestellung (vgl. BVerwG, Beschluss vom 23. März 1992 – 5 B 174.91 – Buchholz 310 § 132 VwGO Nr. 306 S. 42).
Rz. 9
b) Die auf das zweite Begründungselement zugeschnittene Grundsatzfrage:
Erfordert eine unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit einer Inhalts- und Schrankenbestimmung von Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG zumutbare Veräußerungsmöglichkeit eines denkmalgeschützten Gebäudes den Nachweis der, ggf. eingeschränkten, Marktfähigkeit des denkmalgeschützten Gebäudes oder reicht ein einziges Kaufangebot – hier eines gemeinnützigen Denkmalvereins – ohne Hinzutreten weiterer kompensatorischer Maßnahmen aus, um eine zumutbare Veräußerungsmöglichkeit zu begründen?
braucht ebenso wie die Verfahrensrügen unter II.2. der Beschwerdebegründung nicht beschieden zu werden, weil die Grundsatzrüge, mit welcher der Kläger die erste Begründung angreift, keinen Erfolg hat.
Rz. 10
2. Die Verfahrensrüge, mit der die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts über den Hilfsantrag des Klägers beanstandet wird, zwingt nicht zur Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO. Zu Unrecht wendet sich der Kläger dagegen, dass das Oberverwaltungsgericht die Klage auch mit dem Hilfsantrag auf Feststellung, dass es sich bei dem Wohn- und Geschäftshaus auf dem Grundstück in H. B.-straße … nicht um ein Kulturdenkmal im Sinne des § 2 DenkmSchG ST handelt, abgewiesen hat. Seine Auffassung, das Oberverwaltungsgericht hätte dem Hilfsantrag teilweise stattgeben und feststellen müssen, dass das nördliche Nebengebäude seine Denkmaleigenschaft verloren hat, trifft nicht zu. Das Oberverwaltungsgericht hat den Feststellungsantrag auf das „strittige” Gebäude bezogen (UA S. 33). Gemeint hat es damit das im Verzeichnis der Kulturdenkmale des Landes Sachsen-Anhalt verzeichnete dreigeschossige Hauptgebäude in straßenbildender Ecklage und nicht auch das nördliche Nebengebäude in der K. S.-straße; denn es folgt der Stellungnahme des Beigeladenen zu 1 vom 5. Dezember 2013, wonach der markante Eckbau über die erforderliche Denkmalfähigkeit verfüge, weil er nach wie vor die Bau- und Nutzungsgeschichte und die Umbaugeschichte des 19. Jahrhunderts vermittle, und es sich bei dem niedrigeren Erweiterungsbau Richtung Norden lediglich um einen Anbau handele, dessen Verlust wegen substantieller Abgängigkeit die Denkmalfähigkeit des Gebäudes B.-straße … nicht in Frage stelle (UA S. 17). Den Hilfsantrag – über dessen Wortlaut hinaus – auch auf das nördliche Nebengebäude zu erstrecken, war nicht veranlasst, weil sowohl der Beklagte als auch der Beigeladene zu 1 übereinstimmend davon ausgegangen sind und es deshalb unstreitig ist, dass dieses Nebengebäude seine Denkmaleigenschaft verloren hat (UA S. 3); es bedurfte daher einer entsprechenden Feststellung nicht.
Rz. 11
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO und die Streitwertfestsetzung auf § 47 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG.
Unterschriften
Prof. Dr. Rubel, Dr. Gatz, Dr. Decker
Fundstellen
Haufe-Index 8383716 |
BBB 2015, 69 |
GuG 2015, 374 |