Verfahrensgang
VG Berlin (Urteil vom 27.02.2007; Aktenzeichen 9 A 243.03) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 27. Februar 2007 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 5 000 € festgesetzt.
Gründe
Der Kläger begehrt über eine bereits anerkannte Verfolgungszeit hinaus seine weitere berufliche Rehabilitierung nach dem Beruflichen Rehabilitierungsgesetz (BerRehaG).
Mit Beschluss vom 14. Januar 1993 hat das Landgericht Halle das wegen Verleitung zur Republikflucht ergangene Urteil des Bezirksgerichts Halle vom 7. Februar 1963 (ebenso wie die in diesem Zusammenhang zuvor ergangenen Urteile des Bezirksgerichts Halle vom 12. Dezember 1961 und des Obersten Gerichts der DDR vom 13. November 1962) aufgehoben und zugleich festgestellt, dass der Kläger im Zeitraum vom 21. September 1961 bis zum 16. Juli 1964 zu Unrecht Freiheitsentziehung erlitten habe. Mit Bescheid vom 25. Mai 2001 stellte das Regierungspräsidium Dessau fest, dass der Kläger als Verfolgter nach § 1 Berufliches Rehabilitierungsgesetz (BerRehaG) anzusehen und der Zeitraum vom 21. September 1961 bis zum 1. November 1964 Verfolgungszeit sei. Der Kläger begehrt die Anerkennung weiterer Verfolgungszeiten vom 1. Februar 1969 bis zum 31. Oktober 1969 und vom 16. Februar 1972 bis zum 8. August 1973. Er habe in diesen Zeiträumen die jeweiligen Arbeitsverhältnisse auf Anraten von Rechtsanwalt Dr. Vogel selbst gekündigt, um nach zahlreichen Bemühungen um Ausreise zwischen 1964 und 1973 seinen Ausreisewillen zu unterstreichen. Mit Bescheid vom 10. Februar 2003 lehnte der Beklagte den Antrag auf Anerkennung der Zeiten der Nichtbeschäftigung als Verfolgungszeiten ab. Die Anerkennung von Verfolgungsmaßnahmen setzte einen Eingriff in eine vorhandene berufliche Position von erheblicher Intensität voraus. Wenn der Betroffene aus freien Stücken seinen Beruf aufgebe, um seinem Ausreiseverlangen Nachdruck zu verleihen, sei dies einer Rehabilitierung nicht zugänglich. Den Widerspruch wies der Beklagte mit Bescheid vom 11. August 2003 im Wesentlichen mit der gleichen Begründung zurück. Das Verwaltungsgericht hat die hiergegen gerichtete Klage abgewiesen, da der Kläger die Voraussetzungen des Beruflichen Rehabilitierungsgesetzes über die anerkannte Zeit hinaus nicht erfülle.
Der Kläger meint, die Sache werfe folgende klärungsbedürftige und klärungsfähige Fragen von grundsätzlicher Bedeutung auf:
“1. Fällt im Rahmen eines Ausreiseverfahrens gegebenenfalls auch die Eigenkündigung durch besonders qualifizierte Arbeitnehmer unter § 1 Abs. 1 Nr. 4 BerRehaG, wenn die Eigenkündigung anlässlich der Ausreiseverweigerung durch die DDR-Behörden erfolgte?
2. Stellt die Versagung der Ausreisegenehmigung eine Maßnahme i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 4 BerRehaG dar, wenn sie der politischen Verfolgung dient und den Betroffenen zwingt, der Aufrechterhaltung des Ausreisverbots durch Eigenkündigung zuvor zu kommen?”
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil bleibt ohne Erfolg. Die Sache hat keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.
Nach der ohne weiteres aus dem Gesetz folgenden Auslegung des § 1 Abs. 1 Nr. 4 BerRehaG, die das Verwaltungsgericht zutreffend zu Grunde gelegt hat, liegt ein rehabilitierungsfähiger Eingriff in den Beruf vor, wenn dem Betroffenen ein beruflicher Nachteil entstanden ist, der auf eine seine berufliche Benachteiligung bezweckende Maßnahme zurückzuführen ist. Bei einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Eigenkündigung liegt ein rehabilitierungsfähiger Eingriff in den Beruf nur vor, wenn der Betroffene damit einer von Arbeitgeberseite drohenden, politisch motivierten Kündigung oder einer sonstigen Maßnahme im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 4 BerRehaG zuvorkommen wollte, die seine politische Benachteiligung bezweckte. Kein rehabilitierungsfähiger Eingriff in den Beruf liegt vor, wenn der Betroffene mit der Kündigung auf eine Benachteiligung auf anderem Gebiet reagiert hat. Nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts konnte oder wollte der Kläger mit seinen beiden Eigenkündigungen keiner Kündigung durch die Arbeitgeber oder etwaigen von Arbeitgeberseite drohenden Repressalien zuvorkommen. Vielmehr sollten diese nach seinem eigenen Vortrag dazu dienen, die Bearbeitung der Ausreiseanträge voranzutreiben. Die Ablehnung der Ausreise hingegen stellt keine Maßnahme dar, die in den Anwendungsbereich des § 1 Abs. 1 Nr. 4 BerRehaG fällt, weil der Betroffene nicht in seinem Recht auf Berufsausübung als solchem beeinträchtigt wird. Es ist nachvollziehbar, dass der Kläger als besonders qualifizierter Arbeitnehmer – bestärkt durch Rechtsanwalt Dr. Vogel – glaubte, durch die Beendigung seiner Arbeitsverhältnisse ein Ausreisehindernis beseitigen zu können. Diese vom Kläger selbst herbeigeführte Verknüpfung von Eigenkündigung und erstrebter Ausreise ändert aber nichts daran, dass kein rehabilitierungsfähiger Eingriff in die Berufsausübung vorlag, weil eben keine seine berufliche Benachteiligung bezweckende Maßnahme gegeben war.
Von einer weiteren Begründung seines Beschlusses sieht der Senat nach § 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO ab.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO; die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 i.V.m. § 52 Abs. 1 und 2 GKG.
Unterschriften
Kley, van Schewick, Dr. Dette
Fundstellen