Verfahrensgang
Bayerischer VGH (Urteil vom 30.10.2007; Aktenzeichen 8 A 06.40023) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 30. Oktober 2007 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstands wird für das Beschwerdeverfahren auf 30 000 € festgesetzt.
Gründe
Die auf grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.
1. Die Frage,
“Ist es zutreffend, dass raumordnerisch festgestellte Belange im Rahmen der Fachplanung widerstreitenden Belangen der betroffenen Gemeinden immer vorgehen, dass derartige Belange im Rahmen der Abwägung gerichtlich nicht überprüfbar sind und dass sie auch dann als der maßgebliche Abwägungsgesichtspunkt herangezogen werden können, wenn sie gemeindliche Belange betreffen (namentlich Verkehrserschließung), welche seitens der betroffenen Gemeinden anders bewertet werden?”
rechtfertigt nicht die Zulassung der Revision.
Die Formulierung “raumordnerisch festgestellte Belange” deutet darauf hin, dass es der Beschwerde um die Klärung der Frage geht, ob und in welchem Umfang die straßenrechtliche Fachplanung und die Gerichte an die zielförmige landesplanerische Festlegung einer Straßentrasse – hier nach den Feststellungen der Vorinstanz durch die Verordnungen über das Landesentwicklungsprogramm Bayern i.d.F. vom 25. April 2000 bzw. vom 8. August 2006 (UA S. 17 f. Rn. 51 f.) – insbesondere auch mit Blick auf gegenläufige gemeindliche Belange gebunden sind. Mit dieser Zielrichtung ist die Frage jedoch nicht entscheidungserheblich. Die Vorinstanz hat die Frage einer Bindungswirkung raumplanerischer Trassenfestlegungen gegenüber der straßenrechtlichen Fachplanung ausdrücklich offen gelassen, weil die Planfeststellungsbehörde beim Vergleich der planfestgestellten Straßentrasse Dorfen mit der Variante Haag den landesplanerisch als Raumordnungsziel ausgewiesenen raumstrukturellen Belang einer Verbesserung der straßenmäßigen Erschließung und Anbindung des Raumes Dorfen an das Straßenverkehrsnetz eigenständig und ergebnisoffen gewichtet und abgewogen habe (UA S. 17 f. und 22 f. Rn. 51 ff. und 63). Nach den Feststellungen der Vorinstanz weicht das Ergebnis dieser fachplanerischen Abwägung nicht von der landesplanerischen Zielsetzung ab. Daher ist im vorliegenden Verfahren auch nicht zu klären, ob die straßenrechtliche Fachplanung befugt ist, eine ergebnisoffene Variantenprüfung nach § 17 Satz 2 FStrG vorzunehmen, obwohl die Landesplanung eine bestimmte Führung der Straßentrasse bereits zielförmig festgelegt hat (ablehnend Urteil vom 16. März 2006 – BVerwG 4 A 1075.04 – BVerwGE 125, 116 ≪137 f., Rn. 72 f.≫ für die luftverkehrsrechtliche Fachplanung; zustimmend Bayerischer VGH, Beschluss vom 19. April 2005 – 8 AS 02.40041 – NuR 2006, S. 653 ≪655≫ für die straßenrechtliche Fachplanung; vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 15. Juli 2005 – BVerwG 9 VR 43.04 – Buchholz 406.14 § 4 ROG 1998 Nr. 1 S. 6). Im Übrigen ist, was die Frage der gerichtlichen Kontrolle der zielförmigen Standort- bzw. Trassenentscheidungen der Landesplanung angeht, in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bereits geklärt, dass diese Festlegungen bei Anfechtung des Planfeststellungsbeschlusses der gerichtlichen Inzidentkontrolle unterliegen (Urteil vom 16. März 2006 a.a.O. S. 141 ff.).
Auch soweit die von der Beschwerde aufgeworfene Frage die Berücksichtigung “raumordnerischer Belange” im Rahmen der planerischen Abwägung nach § 17 Satz 2 FStrG unabhängig von einer landesplanerischen Zielbindung betreffen sollte, kommt eine Zulassung der Revision nicht in Betracht.
Die Beschwerde macht einen Klärungsbedarf zum einen mit Blick auf die Aussage der Vorinstanz geltend, die Entscheidung über die “ausreichende Erschließung” des Raumes Dorfen gehöre zum Kernbereich des gerichtlich nicht nachprüfbaren Planungsspielraums (UA S. 18 f., Rn. 54). Ein solcher Klärungsbedarf besteht jedoch nicht. Durch die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist bereits hinreichend geklärt, dass die Frage, ob für ein von der Planfeststellungsbehörde angenommenes Planziel ein Bedürfnis besteht, nur eingeschränkter gerichtlicher Kontrolle unterliegt. Hat die Planfeststellungsbehörde einen Ausbaubedarf sachgerecht begründet, ist das Gericht nicht befugt, diese Einschätzung durch eigene Ermittlungen zu ersetzen oder sich gar von Erwägungen einer “besseren” Planung leiten zu lassen (vgl. Urteile vom 8. Juli 1998 – BVerwG 11 A 53.97 – BVerwGE 107, 142 ≪146≫ und vom 5. Dezember 1986 – BVerwG 4 C 13.85 – BVerwGE 75, 214 ≪232 ff.≫ jeweils zur luftverkehrsrechtlichen Planung; Urteil vom 30. Januar 2008 – BVerwG 9 A 27.06 – NuR 2008, 406 ≪408≫ zur begrenzten gerichtlichen Kontrolle der Variantenauswahl). Die Beschwerde zeigt nicht auf, dass der vorliegende Rechtsstreit Gelegenheit zur Fortentwicklung dieser Rechtsprechung bieten könnte. Insbesondere hat die Vorinstanz die Feststellung der Planfeststellungsbehörde, es bestehe Bedarf zur Verbesserung der verkehrsmäßigen Erschließung des Raumes Dorfen, nicht einfach übernommen, sondern insoweit eine konkrete Plausibilitätsprüfung vorgenommen (UA S. 19 Rn. 54). Sie hat sich ferner nicht gehindert gesehen, die Gewichtung dieses raumstrukturellen Belangs im Rahmen des Trassenvergleichs einer – dem fachplanerischen Ermessen Rechnung tragenden – gerichtlichen Prüfung zu unterziehen (UA S. 17 f. und 22 f., Rn. 51 f. und 63). Die Beschwerde legt nicht dar, dass das Planziel einer Verbesserung der verkehrsmäßigen Erschließung des Raumes Dorfen einer weiter gehenden gerichtlichen Prüfung hätte unterzogen werden müssen und welcher grundsätzliche Klärungsbedarf in diesem Zusammenhang bestehen sollte.
Die Beschwerde rügt ferner, die Planfeststellungsbehörde sei nicht befugt, die Auswahl einer Straßentrasse maßgeblich mit einem Bedürfnis nach verbesserter örtlicher Verkehrserschließung zu begründen, wenn die betreffenden Gemeinden dies ablehnten. Dieser Aspekt ist bereits nicht entscheidungserheblich. Denn nach den nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen Feststellungen der Vorinstanz soll mit der Trassenführung der A 94 über den Korridor Dorfen nicht die örtliche Verkehrssituation einzelner dort gelegener Gemeinden verbessert werden, sondern die verkehrsmäßige Erschließung des Raumes Dorfen insgesamt. Die Vorinstanz hat zudem angenommen, dass dieser Belang eingebunden ist in die landesplanerische Festlegung einer großräumigen Entwicklungsachse und daher im Gesamtzusammenhang einer geordneten und nachhaltigen raumstrukturellen Entwicklung Bayerns und seiner Teilräume zu sehen und zu bewerten ist (UA S. 17 f. und 23, Rn. 51 f. und 63). Es kann danach keine Rede davon sein, dass die Planfeststellungsbehörde mit der Erwägung, auch der Gesichtspunkt einer Verbesserung der Verkehrserschließung des Raumes Dorfen rechtfertige die Wahl der Trasse Dorfen, in die Kompetenz einzelner dort gelegener Gemeinden zur Entwicklung einer örtlichen Verkehrspolitik übergegriffen hat (vgl. Beschluss vom 22. April 1997 – BVerwG 4 BN 1.97 – Buchholz 406.11 § 1 BauGB Nr. 91 zur Befugnis der Kommunen, eine gemeindliche “Verkehrspolitik” zu betreiben).
Hinsichtlich der Frage, ob “raumordnerisch festgestellte Belange im Rahmen der Fachplanung widerstreitenden Belangen der betroffenen Gemeinden immer vorgehen”, fehlt es bereits an der Entscheidungserheblichkeit. Entgegen der Auffassung der Beschwerde ist die Vorinstanz nicht von einem uneingeschränkten Vorrang der Bundesfernstraßenplanung gegenüber der gemeindlichen Planungshoheit ausgegangen. Die – zutreffende – Annahme der Vorinstanz, die von einer staatlichen Fachplanung betroffenen Gemeinden könnten deren Planungsziele als solche nicht in Frage stellen (UA S. 23 Rn. 63), besagt nicht, dass gegenläufige kommunale Belange stets nachrangig oder gar von vornherein unerheblich sind. Im Übrigen ist durch die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bereits hinreichend geklärt, unter welchen Voraussetzungen die gemeindliche Planungshoheit eine wehrfähige, in die Abwägung nach § 17 Satz 2 FStrG einzubeziehende Rechtsposition gegen ein Straßenbauvorhaben vermittelt. Dies ist dann der Fall, wenn das Vorhaben eine hinreichend konkrete und verfestigte Planung der Gemeinde nachhaltig stört, wegen seiner Großräumigkeit wesentliche Teile des Gemeindegebietes einer durchsetzbaren gemeindlichen Planung entzieht oder gemeindliche Einrichtungen erheblich beeinträchtigt (stRspr, vgl. Beschluss vom 18. März 2008 – BVerwG 9 VR 5.07 – NuR 2008, 502 ≪503≫ m.w.N.). Die Beschwerde zeigt keinen weitergehenden Klärungsbedarf auf.
2. Ebenfalls ohne Erfolg begehrt die Beschwerde die Zulassung der Revision im Hinblick auf folgende Fragen:
“a) Gebietet es der Trennungsgrundsatz des § 50 Satz 1 BImSchG grundsätzlich, lärmverursachende Projekte ausschließlich dem Außenbereich zuzuordnen und ist bei der Prüfung der Auswirkungen auf Wohngebiete gegebenenfalls der Umstand zu berücksichtigen, dass dort bereits eine erhebliche Vorbelastung durch eine vorhandene Verkehrsinfrastruktur besteht?
b) Ist eine Verkehrslärmvorbelastung bei der Trassenwahl zumindest dann zu berücksichtigen, wenn bei Eingriffen in dem bereits vorbelasteten Gebiet andere, bisher noch nicht betroffene Gebiete, die ebenfalls schutzbedürftig im Sinne des § 50 Satz 1 BImSchG sind, von einer Neuverlärmung verschont bleiben?”
Mit der ersten Frage macht die Beschwerde geltend, bei Anwendung des Trennungsgrundsatzes des § 50 Satz 1 BImSchG auf die Entscheidung über die Auswahl von Straßentrassen müsse eine erhebliche Vorbelastung durch Verkehrslärm dann zugunsten einer siedlungsnahen Trassenführung berücksichtigt werden, wenn dadurch Lärmschutzmaßnahmen notwendig werden, die zu einer Entlastung der vorbelasteten Siedlungsgebiete führen (Lärmsanierung). Mit dieser Zielrichtung ist die Frage nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu verneinen, ohne dass es hierfür der Durchführung eines Revisionsverfahrens bedarf.
Nach dem Lärmschutzkonzept des Bundes-Immissionsschutzgesetzes soll § 50 Satz 1 BImSchG “soweit wie möglich” Lärmvorsorge unterhalb der in § 41 BImSchG bezeichneten Lärmschwelle durch räumliche Trennung störungsträchtiger und -empfindlicher Nutzungen herstellen. Die Abwehr schädlicher Lärmeinwirkungen durch technische Maßnahmen des Lärmschutzes nach § 41 BImSchG in Verbindung mit der 16. BImSchV kommt als zweite Stufe erst dann zum Tragen, wenn von einer Lärmvorsorge durch räumliche Trennung abwägungsfehlerfrei abgesehen werden kann (Urteil vom 28. Januar 1999 – BVerwG 4 CN 5.98 – BVerwGE 108, 248 ≪253 f.≫). Mit diesem Lärmschutzkonzept ist die von der Beschwerde vertretene Auslegung des § 50 Satz 1 BImSchG unvereinbar. Danach würde diese Vorschrift als Abwägungsdirektive vorgeben, Straßenbauvorhaben möglichst siedlungsnah durchzuführen, wenn dadurch Lärmschutzmaßnahmen notwendig werden, welche eine bestehende Vorbelastung mindern. Es liegt auf der Hand, dass bei einem solchen Auslegungsergebnis sowohl der in § 50 Satz 1 BImSchG verankerte Trennungsgrundsatz als auch die gesetzlich vorgegebene Stufenfolge von Lärmvorsorge durch räumliche Trennung konfliktträchtiger Nutzungen und Schutz vor erheblichen Lärmbeeinträchtigungen nach § 41 BImSchG durch technische Maßnahmen des Lärmschutzes geradezu auf den Kopf gestellt würden. Auch ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens kann daher festgehalten werden, dass § 50 Satz 1 BImSchG nicht als Abwägungsdirektive vorgibt, die Trasse einer Straße möglichst so zu wählen, dass Verkehrslärmvorbelastungen von Wohngebieten durch im Zuge der Realisierung des Vorhabens notwendig werdende Lärmschutzmaßnahmen verringert werden.
Wenn die Beschwerde meint, eine solche Auslegung des § 50 Satz 1 BImSchG stehe in Widerspruch zum “Bündelungsgebot” und zum Grundsatz des sparsamen Umgangs mit Grund und Boden, verkennt sie, dass der Grundsatz der räumlichen Trennung unverträglicher Nutzungen eine Abwägungsdirektive darstellt, die gegenüber anderen gewichtigen Belangen zurücktreten kann (Urteile vom 28. Januar 1999 a.a.O. S. 253 und vom 22. März 1985 – BVerwG 4 C 73.82 – BVerwGE 71, 163 ≪165≫; Beschluss vom 7. Juli 2004 – BVerwG 4 BN 16.04 – BRS 67 Nr. 33). Maßgebend hierfür sind die Umstände des Einzelfalls. Dementsprechend ist die Vorinstanz auch nicht davon ausgegangen, dass für den Trassenvergleich allein der Trennungsgrundsatz des § 50 Satz 1 BImSchG maßgeblich ist. Vielmehr hat sie die Wahl der Trasse Dorfen im Hinblick auf gewichtige Planziele wie etwa die Verkehrserschließung des Raumes Dorfen, die Erhöhung der Verkehrssicherheit sowie die Erhaltung der B 12 als überregionaler Straßenzug als gerechtfertigt angesehen (UA S. 17 f. Rn. 51 ff.). Auch unter Lärmschutzaspekten geht die gerichtliche Prüfung über eine Anwendung des § 50 Satz 1 BImSchG hinaus. Die Vorinstanz hat im Anschluss an entsprechende umfangreiche Untersuchungen des Vorhabenträgers (Ergänzungsplanfeststellungsbeschluss vom 30. April 2007 S. 61 ff.) im Rahmen einer Gesamtbetrachtung ausdrücklich festgestellt, dass die Bevölkerung bei Realisierung der planfestgestellten Trasse Dorfen insgesamt geringeren Lärmbelästigungen ausgesetzt sein wird als bei Durchführung der Trassenalternative Haag, weil dort deutlich mehr Menschen in zahlreicheren Wohngebieten lebten als im Korridor Dorfen (UA S. 34 f. Rn. 91 f.). In diesem Zusammenhang wird in der angefochtenen Entscheidung auch darauf verwiesen, dass bei einer Verwirklichung der Autobahntrasse Dorfen der Fernverkehr weitgehend weg von der entlang der Hauptsiedlungsgebiete im Korridor Haag verlaufenden B 12 in den dünn besiedelten Korridor Dorfen verlagert werde; dadurch werde verstärkt Rücksicht auf diejenigen Gebiete genommen, in denen mehr Menschen wohnten (UA S. 26 f. Rn. 71). Diese – nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen – Erwägungen widersprechen der Annahme der Beschwerde, die Trasse Dorfen weise eine schlechtere Lärmbilanz auf als die Trasse Haag, weil die erhebliche Vorbelastung der Siedlungsgebiete entlang der B 12 im Wesentlichen bestehen bleibe und der bisher nicht belastete Raum Dorfen neu verlärmt werde. Daher ist nicht erkennbar, dass ein Revisionsverfahren Gelegenheit zur Klärung grundsätzlicher Fragen zur Anwendung des § 50 Satz 1 BImSchG beim Vergleich einer siedlungsnahen Trassenvariante mit einer siedlungsfernen Trassenführung unter dem Gesichtspunkt der Verminderung bestehender Verkehrslärmvorbelastungen durch vorhabenbedingt notwendig werdende Lärmschutzmaßnahmen bieten könnte.
Auch mit der zweiten Frage verkennt die Beschwerde die dargelegte Einbindung des Trennungsgrundsatzes in die Abwägung nach § 17 Satz 2 FStrG. Es trifft danach nicht zu, dass unter Lärmschutzaspekten unvertretbare Planungen nur dann verhindert werden können, wenn bereits bei Anwendung des § 50 Satz 1 BImSchG der Gesichtspunkt der Verminderung einer bestehenden Vorbelastung durch vorhabenbedingt notwendig werdende Lärmschutzmaßnahmen zugunsten einer siedlungsnahen Trassenführung zu berücksichtigen ist. Ein Klärungsbedarf ist auch insoweit nicht erkennbar.
3. Die Frage,
“Führen bereits raumstrukturelle Entwicklungs- und Erschließungsabsichten eines Bundeslandes dazu, dass wegen zwingender wirtschaftlicher Gründe eine Befreiung von naturschutzrechtlichen Verboten gemäß § 62 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BNatSchG in Verbindung mit Art. 13 und 16 FFH-RL erteilt werden kann?”
ist nicht entscheidungserheblich. Die Vorinstanz hat die Erteilung einer Befreiung von artenschutzrechtlichen Verboten hier nicht nur mit Blick auf raumstrukturelle Entwicklungs- und Erschließungsabsichten des Freistaates Bayern und damit verbundene zwingende wirtschaftliche Gründe als gerechtfertigt erachtet, sondern – wie die Beschwerde selbst ausführt – insoweit außerdem auf den Gemeinwohlbezug des Vorhabens (Ausweisung im Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen als vordringlicher Bedarf) und eine Verbesserung der Verkehrssicherheit (Gründe der öffentlichen Sicherheit und der Volksgesundheit) abgestellt (UA S. 71 Rn. 203). Falls die Beschwerde rügen sollte, tatsächlich seien nur die regionalen “Entwicklungs- und Erschließungsabsichten” maßgebliches Kriterium für die Befreiungsentscheidung gewesen, weil die anderen Gründe nicht tragfähig seien, greift sie lediglich die tatsächliche und rechtliche Würdigung der Vorinstanz an, ohne einen darauf bezogenen Klärungsbedarf aufzuzeigen.
Soweit die Beschwerde geklärt wissen will, ob “raumstrukturelle Entwicklungs- und Erschließungsabsichten” überhaupt geeignet sein können, eine artenschutzrechtliche Befreiung zu begründen, kann die Frage bereits auf der Grundlage der Rechtsprechung des beschließenden Senats bejaht werden. Danach kommen im Rahmen des FFH-Gebietsschutzes als Abweichungsgründe nach Art. 6 Abs. 4 Unterabs. 1 FFH-RL neben solchen sozialer oder wirtschaftlicher Art sowie den benannten Abweichungsgründen des Art. 6 Abs. 4 Unterabs. 2 FFH-RL auch vielfältige andere Gründe in Betracht, unter anderem auch ein regionales Interesse an der Erschließung eines strukturschwachen Raums (Urteil vom 12. März 2008 – BVerwG 9 A 3.06 – NuR 2008, S. 633 ff. Rn. 153, 159). Für eine Befreiung von artenschutzrechtlichen Verboten nach Art. 16 Abs. 1 Buchst. c FFH-RL gelten jedenfalls keine strengeren Anforderungen (a.a.O., Rn. 239). Somit sind auch “raumstrukturelle Entwicklungs- und Erschließungsabsichten” prinzipiell geeignet, sich im Rahmen einer Befreiungsentscheidung gegenüber einem gegenläufigen Belang des Artenschutzes durchsetzen zu können. Die Entscheidung darüber hängt vom jeweiligen Gewicht der widerstreitenden Belange und damit von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.
Unterschriften
Dr. Storost, Dr. Christ, Prof. Dr. Korbmacher
Fundstellen