Entscheidungsstichwort (Thema)
Straßenbaulast. Niederschlagswassergebühr. Benutzungsgebühr. Oberflächenentwässerung von Bundesautobahnen. Inanspruchnahme einer städtischen Kanalisation. Gebührenpflicht
Leitsatz (amtlich)
Die Regelung der Straßenbaulast in § 3 Abs. 1 FStrG steht der Erhebung von Gebühren für die Inanspruchnahme einer kommunalen Abwasserbeseitigungseinrichtung bei der Oberflächenentwässerung von Bundesautobahnen nicht entgegen.
Normenkette
FStrG § 3 Abs. 1, § 1 Abs. 4 Nr. 1
Verfahrensgang
OVG für das Land NRW (Urteil vom 07.10.1996; Aktenzeichen 9 A 4145/94) |
VG Arnsberg (Entscheidung vom 27.05.1994; Aktenzeichen VG 11 K 134/91) |
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 7. Oktober 1996 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 435,42 DM festgesetzt.
Tatbestand
I.
Die Klägerin wendet sich gegen die auf der Grundlage einer städtischen Gebührensatzung erfolgte Heranziehung zu Niederschlagswassergebühren für die Entwässerung eines Teilstücks der Bundesautobahn; das Oberflächenwasser dieses Teilstücks wird mit Kenntnis der Klägerin in das städtische Kanalnetz des Beklagten eingeleitet. Die Klage blieb in beiden Vorinstanzen erfolglos.
Entscheidungsgründe
II.
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision ist unbegründet. Der Rechtssache kommt weder die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung zu (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), noch hat die Beschwerde in prozeßordnungsgemäßer Weise dargelegt, daß das Berufungsurteil an einem Verfahrensmangel leidet (§ 132 Abs. 2 Nr. 3, § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO).
1. Grundsätzlich bedeutsam im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ist eine Rechtssache nur dann, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung einer bisher höchstrichterlich ungeklärten, in ihrer Bedeutung über den der Beschwerde zugrundeliegenden Einzelfall hinausgehenden klärungsbedürftigen Rechtsfrage des revisiblen Rechts (vgl. § 137 Abs. 1 VwGO) zu erwarten ist. Daran fehlt es hier.
Die von der Beschwerde aufgeworfene Frage,
“ob die nach den §§ 3 Abs. 1, 4 FStrG geregelte Straßenbaulast einer kommunalen Gebührenerhebung bei Einleitung von Straßenabwässern in eine kommunale Entwässerungsanlage entgegensteht”,
ist auf der Grundlage des bindend festgestellten Sachverhalts in dem beabsichtigten Revisionsverfahren weder klärungsfähig noch klärungsbedürftig, weil sie in erster Linie durch irrevisibles Landesrecht bestimmt wird bzw. sich ihre Beantwortung – soweit bundesrechtliche Vorschriften von Bedeutung sind – ohne weiteres aus dem Gesetz ergibt. Die möglicherweise erheblichen finanziellen Auswirkungen des angefochtenen Berufungsurteils vermögen für sich allein die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nicht zu begründen.
a) Das Berufungsgericht hat als Rechtsgrundlage für die angefochtenen Gebührenbescheide die Gebührensatzung des Beklagten herangezogen und in Auslegung irrevisiblen Satzungs- und Landesabgabenrechts die Gebührenpflicht der Klägerin sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach bejaht, weil die Klägerin als Eigentümerin der Straßenfläche das von dort abfließende Niederschlagswasser wissentlich in das städtische Kanalnetz einleite und deshalb städtische Abwasseranlagen in Anspruch nehme; wer den Anschluß an die städtische Kanalisation hergestellt habe, sei für den Begriff der Inanspruchnahme unerheblich (BU S. 18 f.). Fragen des revisiblen Rechts stellen sich insoweit nicht.
b) Die Regelung der Straßenbaulast in § 3 Abs. 1, § 4, § 1 Abs. 4 Nr. 1 FStrG steht der Erhebung von Gebühren für die Inanspruchnahme einer kommunalen Abwasserbeseitigungseinrichtung bei der Oberflächenentwässerung von Bundesautobahnen nicht entgegen. Für diese Feststellung bedarf es der Durchführung eines Revisionsverfahrens nicht, weil sie sich ohne weiteres aus dem Gesetz ergibt.
Die Straßenbaulast umfaßt alle mit dem Bau und der Unterhaltung einer Straße zusammenhängenden Aufgaben; der Straßenbaulastträger ist danach im Rahmen seiner Leistungsfähigkeit verpflichtet, die Straße in einem dem regelmäßigen Verkehrsbedürfnis genügenden Zustand zu bauen, zu unterhalten, zu erweitern oder sonst zu verbessern (§ 3 Abs. 1 FStrG). Dazu zählt – wie sich aus § 1 Abs. 4 Nr. 1 FStrG ergibt – auch die Einrichtung und Unterhaltung von Anlagen zur Oberflächenentwässerung der Fahrbahn. Trägt – wie hier (vgl. § 5 Abs. 1 FStrG) – der Staat oder eine Körperschaft die Straßenbaulast, so ist die Verpflichtung zunächst auf die Etatisierung ausreichender Straßenbaumittel gerichtet; soweit die Länder oder Landschaftsverbände wie im vorliegenden Fall die Bundesstraßen im Auftrag des Bundes verwalten (Art. 90 Abs. 2 GG), beschränkt sich dessen Verpflichtung als Träger der Straßenbaulast schwerpunktmäßig auf die Bereitstellung des Budgets und die Deckung der laufenden Ausgaben (“Finanzierungslast”), die tatsächliche Straßenverwaltung ist Sache der beauftragten Körperschaft (vgl. Salzwedel in Schmidt- Aßmann, Besonderes Verwaltungsrecht, 10. Aufl., 1995, S. 787 Rn. 40). Dabei kann dahinstehen, ob mit Blick auf die sich aus dem Eigentum ergebenden Straßenbauaufgaben des Bundes nach Art. 90 Abs. 1 GG dieser faktischen Aufspaltung unmittelbare rechtliche Bedeutung zukommt oder nicht vielmehr der Begriff der Straßenbaulast im Sinne von § 3 FStrG damit identisch ist (so Kodal, Straßenrecht, 5. Aufl., S. 37 Rn. 14 und 15.1). Jedenfalls steht fest und wird – soweit ersichtlich – von niemandem in Zweifel gezogen, daß der umfassenden Sachaufgabe der Straßenbaulast durch vielerlei Maßnahmen nachgekommen werden kann, der Weg der Erfüllung der Bau- und Unterhaltungspflichten des Baulastträgers also durch die Aufgabe nicht vorbestimmt ist (vgl. Kodal, a.a.O., S. 37 Rn. 15.3). Es kommt hinzu, daß das einschlägige Landesrecht (vgl. jetzt § 53 Abs. 3 LWG NW) zulässigerweise die Pflicht zur Beseitigung von Niederschlagswasser, welches von Straßenoberflächen außerhalb im Zusammenhang bebauter Ortsteile anfällt, ebenfalls dem Träger der Straßenbaulast auferlegt.
Das Oberverwaltungsgericht hat deshalb zutreffend erkannt, daß die – auch – von der Straßenbaulast umfaßte Pflicht zur Oberflächenentwässerung der Fahrbahn einer Straße und die landesrechtliche Pflicht zur Beseitigung dieser Abwässer mit der Erhebung von Gebühren für die dabei in Anspruch genommenen städtischen Einrichtungen auf der Grundlage einer kommunalen Entwässerungsgebührensatzung nicht im Widerspruch steht. Die Art und Weise der technischen Umsetzung der Oberflächenentwässerung und ihre rechtliche Regelung bestimmt die Baulast nämlich nicht im einzelnen. Solange die Maßgaben des Wasserrechts beachtet werden, ist der Straßenbaulastträger vielmehr darin frei, ob er sich zur Erfüllung der ihm obliegenden Pflicht einer eigenen Abwassereinrichtung bedienen will oder – in Absprache mit einer Kommune – eine vorhandene städtische Kanalisation benutzt. Denn der Träger der Straßenbaulast ist zur Benutzung städtischer Anlagen insoweit – wie dargelegt – nicht verpflichtet und die Satzungsregelungen des Beklagten setzen nach den Feststellungen des Berufungsgerichts eine rechtlich verbindliche Nutzungsverpflichtung auch nicht voraus (BU S. 12); sie belassen vielmehr die Entscheidung über das “Ob” und “Wie” der im Rahmen der Straßenbaulast und der Abwasserbeseitigungspflicht zu bewältigenden Entwässerung der Fahrbahnen dem jeweils zuständigen Hoheitsträger. Dieser kann hierfür – wie schon erwähnt – eigene Anlagen bauen und unterhalten oder eine vorhandene kommunale Kanalisation in Anspruch nehmen. Die im letztgenannten Fall einsetzende Gebührenpflicht ist dann eine unmittelbare Folge der Entscheidung des Straßenbaulastträgers zugunsten dieses Weges der Pflichterfüllung unter Nutzung bereits von Dritten geschaffener Anlagen und greift nicht unzulässig in die bundesrechtlich geregelte Straßenbaulast ein. Ob – wie die Beschwerde vorbringt – in Fällen der vorliegenden Art auch eine vertragliche Vereinbarung über die (einmalige) Beteiligung an den Herstellungskosten der Abwasserbeseitigungsanlage anstelle der dauernden Belastung mit Benutzungsgebühren zulässig und sachgerechter wäre (vgl. Ziff. 14 der Richtlinien für die rechtliche Behandlung von Ortsdurchfahrten der Bundesstraßen ≪VkBl 1976, 219≫), kann dahinstehen. Diese Frage stellt sich in dem hier zu beurteilenden Fall deshalb nicht, weil die hier getroffene Entscheidung für die Benutzung gemeindlicher Einrichtungen ohne vertragliche Absprache und ohne einmalige Kostenbeteiligung mit der daraus nach Landesrecht resultierenden Gebührenpflicht von der etwaigen Möglichkeit einer Vertragslösung nicht berührt wird.
2. Soweit die Beschwerde abschließend geltend macht, das Oberverwaltungsgericht habe unter Verstoß gegen die Pflicht zur weiteren Sachaufklärung zu Unrecht angenommen, “die Entwässerungsfläche läge nicht im Verbandsgebiet des Lippeverbandes”, braucht dem nicht weiter nachgegangen zu werden. Denn die Aufklärungsrüge (§ 86 Abs. 1 VwGO) genügt schon nicht dem Darlegungsgebot des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO.
Danach muß in der Beschwerde angegeben werden,
– welche Tatsachen auf der Grundlage der materiell- rechtlichen Auffassung des Berufungsgerichts ermittlungsbedürftig gewesen wären,
– welche Beweismittel zu welchen Beweisthemen zur Verfügung gestanden hätten,
– aufgrund welcher Anhaltspunkte sich die unterbliebene Beweisaufnahme dem Berufungsgericht auch ohne förmlichen Beweisantrag hätte aufdrängen müssen,
– welches Ergebnis diese Beweisaufnahme voraussichtlich gehabt hätte,
– inwiefern das Berufungsurteil unter Zugrundelegung der materiellrechtlichen Auffassung des Oberverwaltungsgerichts auf der unterbliebenen Sachaufklärung beruhen kann und
– daß die Nichterhebung des Beweises vor dem Tatsachengericht rechtzeitig gerügt worden ist.
Diesen Anforderungen genügt die Beschwerde, die sich auf eine pauschale Behauptung beschränkt, ersichtlich nicht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf den §§ 13, 14 GKG.
Unterschriften
Dr. Kleinvogel, Sailer, Krauß
Fundstellen
DÖV 1997, 924 |
NuR 1998, 482 |
DVBl. 1997, 1065 |