Verfahrensgang
Bayerischer VGH (Urteil vom 28.02.2013; Aktenzeichen 11 B 11.2981) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 28. Februar 2013 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 5 000 € festgesetzt.
Gründe
Rz. 1
Die Beschwerde des Klägers bleibt ohne Erfolg. Soweit sie auf ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Berufungsurteils gestützt wird, handelt es sich um keinen der in § 132 Abs. 2 VwGO abschließend genannten Gründe, die zur Zulassung einer Revision führen können. Der außerdem geltend gemachte Revisionszulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) ist nicht in der gemäß § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO erforderlichen Weise dargelegt oder liegt – soweit dem Substanziierungserfordernis genügt wurde – jedenfalls nicht vor.
Rz. 2
Der Kläger, dem seine deutsche Fahrerlaubnis wegen einer Trunkenheitsfahrt mit einer Blutalkoholkonzentration von 2,71 Promille im Mai 2001 durch Strafbefehl erneut entzogen worden war, erwarb am 20. April 2006 in der Tschechischen Republik eine Fahrerlaubnis der Klasse B; im Führerschein ist ein Wohnsitz in Deutschland eingetragen. Dieser Führerschein wurde von der tschechischen Fahrerlaubnisbehörde im Mai 2006 wegen fehlerhafter Schreibweise des Namens des Klägers ersetzt. Im Dezember 2008 tauschte der Kläger den tschechischen Führerschein in Ungarn in einen ungarischen Führerschein um; dieser Führerschein enthält keine Angabe zum Wohnsitz. Den ungarischen Führerschein legte der Kläger nach entsprechender Aufforderung dem Landratsamt A… vor, das dort einen Sperrvermerk für Deutschland eintrug. Die daraufhin erhobene Klage, mit der der Kläger beantragt hat festzustellen, dass er berechtigt sei, von seiner am 15. Dezember 2008 erworbenen ungarischen Fahrerlaubnis der Klasse B auch auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland Gebrauch zu machen, sowie den Beklagten zur Entfernung des Sperrvermerks zu verpflichten, hat das Verwaltungsgericht abgewiesen. Die Berufung des Klägers hat der Verwaltungsgerichtshof zurückgewiesen. Die Inlandsunwirksamkeit der ungarischen Fahrerlaubnis ergebe sich aus § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 der Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) auf der Grundlage zweier selbständig tragender Erwägungen sowohl in unmittelbarer als auch in entsprechender Anwendung. Habe der Kläger durch den Umtausch nur ein ungarisches Ausweispapier erhalten, das eine tschechische Fahrerlaubnis dokumentiere, ergebe sich die Inlandsunwirksamkeit dieser tschechischen Fahrerlaubnis aus dem Verstoß gegen das Wohnsitzerfordernis, der in unionsrechtlich zulässiger Weise aus der Eintragung eines deutschen Wohnsitzes im tschechischen Führerschein hergeleitet werden dürfe. Sei mit dem Umtausch dagegen – was hier nahe liegt – eine ungarische Fahrerlaubnis erteilt worden, ergebe sich aus den im Berufungsverfahren aus dem Ausstellermitgliedstaat eingeholten unbestreitbaren Informationen unter ergänzender Beiziehung einer deutschen Melderegisterauskunft, dass der Kläger zum Zeitpunkt des Umtausches seinen ordentlichen Wohnsitz nicht – wie erforderlich – in Ungarn gehabt habe. Unabhängig von der unmittelbaren Anwendung von § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 FeV folge die Inlandsunwirksamkeit der Fahrerlaubnis auch aus einer analogen Anwendung dieser Vorschrift.
Rz. 3
1. Mit der Geltendmachung nach Auffassung des Klägers bestehender ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Berufungsurteils, für die in der Beschwerdebegründung verschiedene Gründe kurz angesprochen werden, werden die in § 132 Abs. 2 VwGO abschließend genannten Zulassungsgründe verfehlt. Soweit damit zugleich auf eine Revisionszulassung auf der Grundlage von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO abgezielt werden sollte, werden Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung nicht in der gemäß § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO gebotenen Weise herausgearbeitet.
Rz. 4
2. Die vom Kläger als grundsätzlich klärungsbedürftig bezeichnete Frage,
ob die vom EuGH bislang geprägten Ausnahmen vom Anerkennungsgrundsatz lediglich die originär erworbenen ausländischen Fahrerlaubnisse betreffen oder aber auch auf Fälle entsprechend angewendet werden können, in denen – wie hier – der Umtausch eines Führerscheins aus einem anderen Mitgliedstaat oder die Verlängerung nach Ablauf der Gültigkeitsdauer erfolgt ist,
Rz. 5
kann nicht zu einer Revisionszulassung auf der Grundlage von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO führen.
Rz. 6
Um den Fall einer Verlängerung der Gültigkeitsdauer einer Fahrerlaubnis handelt es sich hier nicht, so dass dieser Teil der Fragestellung nicht entscheidungserheblich ist und schon aus diesem Grund in dem erstrebten Revisionsverfahren nicht zu klären wäre. Was den Umtausch einer EU-Fahrerlaubnis betrifft, so ist damit in Ungarn nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen zur Richtlinienkonformität des dortigen Rechts die Neuerteilung einer (ungarischen) Fahrerlaubnis verbunden, deren Rechtmäßigkeit die Einhaltung des unionsrechtlichen Wohnsitzerfordernisses voraussetzt. Das folgt aus Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 91/439/EWG, der auf die “Ausstellung des Führerscheins” abstellt. Die Beschwerdebegründung lässt jegliche Ausführungen dazu vermissen, weshalb in einem solchen Fall anders als bei sonstigen Erteilungen von EU-Fahrerlaubnissen, die an die Voraussetzung eines ordentlichen Wohnsitzes im Ausstellermitgliedstaat gebunden sind, die vom Gerichtshof der Europäischen Union gebilligten Ausnahmen vom Anerkennungsgrundsatz nicht oder in anderer Weise anwendbar sein sollen. Eine solche Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes zum einen und der Rechtsprechung des Senats zum Umtausch von EU-Fahrerlaubnissen zum anderen (vgl. insbesondere Urteil vom 27. September 2012 – BVerwG 3 C 34.11 – BVerwGE 144, 220 Rn. 21) wäre erforderlich gewesen, um dem Darlegungs- und Substanziierungserfordernis des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO für weiteren Klärungsbedarf zu genügen.
Rz. 7
Soweit nach der Beschwerde außerdem völlig offen sein soll, ob und gegebenenfalls warum eigentlich ein in Ungarn durch Umtausch eines tschechischen Führerscheins “zustande gebrachter” – aus Sicht des Klägers makelloser – Verwaltungsakt den Makel der deutschen “Inlandsgültigkeit” (gemeint ist offenbar: Inlandsungültigkeit) erlangen solle, kann dahinstehen, ob damit eine revisionsgerichtlich klärungsbedürftige Frage in der nach § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO gebotenen Weise herausgearbeitet ist. Jedenfalls ginge eine solche Fragestellung daran vorbei, dass der Kläger nach den mit Verfahrensrügen nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts zum Zeitpunkt des Umtausches seinen ordentlichen Wohnsitz nicht – wie es auch das Unionsrecht vorgibt – in Ungarn hatte; das macht den Umtausch fehlerhaft.
Rz. 8
Auch soweit in der Beschwerde schließlich angemerkt wird, es komme auf die Erkenntnisse zum Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung an, doch stammten hier die “unbestreitbaren Informationen” aus dem Ausstellermitgliedstaat zur Verletzung des Wohnsitzerfordernisses beim Umtausch des Führerscheins erst aus der Zeit nach dem Erlass des erstinstanzlichen Urteils, unterlässt es der Kläger bereits, eine konkrete, aus seiner Sicht im angestrebten Revisionsverfahren zu klärende Rechtsfrage zu formulieren. Abgesehen davon ist sowohl in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (vgl. bereits EuGH, Beschluss vom 9. Juli 2009 – Rs. C-445/08, Wierer – NJW 2010, 217 Rn. 58) als auch in der des Senats (vgl. u.a. Urteil vom 25. Februar 2010 – BVerwG 3 C 5.09 – BVerwGE 136, 149 Rn. 21 f.) geklärt, dass solche die Einhaltung des Wohnsitzerfordernisses betreffende Informationen auch erst im verwaltungsgerichtlichen Verfahren eingeholt werden dürfen.
Rz. 9
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO; die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 i.V.m. § 52 Abs. 1 und 2 GKG.
Unterschriften
Kley, Liebler, Buchheister
Fundstellen