Entscheidungsstichwort (Thema)
Zustimmungsverweigerung und Zumutbarkeitsgrenze. Einstellung, befristete. Zumutbarkeitsgrenze bei Einarbeitungsaufwand. Einarbeitungsaufwand bei Vielzahl kurz befristeter Arbeitsverhältnisse. Kollektivinteressen der Stammbelegschaft. Personalvertretung, Zustimmungsverweigerungsrecht der – bei einer Vielzahl kurz befristeter Arbeitsverhältnisse; unzumutbare Belastung der Belegschaft
Leitsatz (amtlich)
Die Verweigerung der Zustimmung zu fortlaufend wiederholten, jeweils auf ein halbes Jahr befristeten Einstellungen wechselnder Arbeitnehmer darf nach hessischem Personalvertretungsrecht – auch im Einzelfall – damit begründet werden, daß die Einarbeitung einer Vielzahl von Arbeitskräften mit derart kurzer Beschäftigung zu einer unzumutbaren Belastung der ständig beschäftigten Arbeitnehmer führt.
(Parallelsache zum Beschluß vom 6. September 1995 – BVerwG 6 P 41.93 –)
Normenkette
HessPersVG § 77 Abs. 1 Nr. 2 a, § 69 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 4
Verfahrensgang
Tenor
Die Rechtsbeschwerde des Regierungspräsidenten in Darmstadt gegen den Beschluß des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs – Fachsenat für Personalvertretungssachen (Land) – vom 24. Juni 1993 wird als unzulässig verworfen, die Rechtsbeschwerde des beteiligten Leiters des Hessischen Flüchtlingswohnheims gegen diesen Beschluß wird zurückgewiesen.
Tatbestand
I.
Die Verfahrensbeteiligten streiten darüber, ob die Zustimmungsverweigerung des antragstellenden Personalrats zu der auf die Dauer eines halben Jahres befristeten Einstellung einer Verwaltungskraft ausreichend begründet war.
Der Beteiligte, der Leiter des Hessischen Flüchtlingswohnheimes, bat den Antragsteller, den Personalrat des Hessischen Flüchtlingswohnheimes, um seine Zustimmung zur Einstellung von Frau H. als Aushilfskraft in der Verwaltung für ein halbes Jahr. Der Antragsteller verweigerte die Zustimmung mit der Begründung, die Personalsituation in der Dienststelle mit ihren inzwischen 29 Außenstellen habe sich bei verringertem Personalbestand verschärft. Diese unzumutbare Mehrbelastung werde zusätzlich durch die dauernde Einarbeitung von für ein halbes Jahr eingestellten Aushilfskräften für das Stammpersonal derart unerträglich, daß er eine Gefahr für den Betriebsfrieden sehe. Er fordere den Abschluß eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses oder aber die unverzügliche Einleitung des Stufenverfahrens. Der Beteiligte sah die Zustimmungsverweigerung als unwirksam an und stellte Frau H. ein.
Daraufhin hat der Antragsteller das personalvertretungsrechtliche Beschlußverfahren eingeleitet. Das Verwaltungsgericht hat dem Antrag des Antragstellers stattgegeben und festgestellt, daß dessen Gründe für die Zustimmungsverweigerung zu der befristeten Einstellung der Verwaltungsangestellten H. für die Dauer eines halben Jahres den Anforderungen des § 69 Abs. 2 Satz 4 HessPersVG „genügt”.
Der Verwaltungsgerichtshof hat die dagegen eingelegte Beschwerde des Regierungspräsidenten in Darmstadt als unzulässig verworfen. Die Beschwerde des Beteiligten hat er mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß das Wort „genügt” in dem angefochtenen Beschluß des Verwaltungsgerichts durch das Wort „genügten” ersetzt wurde. Der Verwaltungsgerichtshof hat seine Entscheidung im wesentlichen wie folgt begründet:
Die Beschwerde des Regierungspräsidenten in Darmstadt sei unzulässig, weil der Regierungspräsident nicht Betroffener und damit nicht Beteiligter an dem personalvertretungsrechtlichen Beschlußverfahren sei.
Die Beschwerde des beteiligten Dienststellenleiters sei zulässig, aber nicht begründet. Der Antragsteller habe seine Zustimmung zu der gewünschten Einstellung mit einer ausreichenden schriftlichen Begründung verweigert. Mit dem Wunsch, mit der einzustellenden Frau H. einen Dauerarbeitsvertrag abzuschließen, habe er nicht die nicht mitbestimmungspflichtige Gestaltung eines Einzelarbeitsvertrages angesprochen, sondern er habe damit Beeinträchtigungen für das Stammpersonal „durch die dauernde Einarbeitung von halbjährlichen Aushilfskräften” abwehren wollen. Damit habe er kollektive und somit mitbestimmungsrelevante Interessen der Beschäftigten geltend gemacht. Seine Darstellung sei auch nicht offensichtlich verfehlt, denn es liege auf der Hand, daß ein Konfliktpotential entstehe, wenn eine nach seiner einleuchtenden Darstellung ohnehin der wachsenden Arbeitsbelastung nicht angepaßte Stammbelegschaft nur durch Aushilfskräfte verstärkt werde, die ständig neu eingearbeitet werden müßten, worunter auch die Arbeitseffizienz leide.
Dagegen richten sich die Rechtsbeschwerden des beteiligten Leiters des Hessischen Flüchtlingswohnheimes und des Regierungspräsidenten in Darmstadt.
Sie sind der Auffassung, der Verwaltungsgerichtshof habe zu Unrecht die Beschwerde des Regierungspräsidenten als unzulässig verworfen. Dieser sei Beteiligter. Der Antragsteller habe ursprünglich den Antrag gestellt, den Beteiligten aufzugeben, es zu unterlassen, ohne sachlichen Grund Mitarbeiter befristet einzustellen. Anstellungskörperschaft und damit richtiger Beteiligter, bezogen auf diesen Antrag, sei deshalb der Regierungspräsident gewesen. Zwar sei dieser Antrag in der Anhörung vor dem Verwaltungsgericht zurückgenommen worden, gleichwohl sei aber dessen Entscheidung auch gegen den Regierungspräsidenten ergangen, auf den auch in den Gründen des Beschlusses verwiesen worden sei. Jeder Beteiligte sei beschwerdebefugt, gegen den sich die (gerichtliche) Entscheidung richte.
Im übrigen sei auch die Zurückweisung der Beschwerde durch den Verwaltungsgerichtshof in der Sache nicht begründet. Zur Begründung ihrer gegenteiligen Auffassung verweisen die Rechtsbeschwerdeführer auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, wonach der Personalrat die Zustimmung u.a. dann verweigern könne, wenn die durch Tatsachen begründete Besorgnis bestehe, daß durch die Maßnahme der betroffene Beschäftigte oder andere Beschäftigte benachteiligt würden oder daß der Beschäftigte oder Bewerber den Frieden in der Dienststelle durch unsoziales oder gesetzwidriges Verhalten stören würden. Eine Benachteiligung der vorhandenen Mitarbeiter der Dienststelle komme in der Regel nur bei auf regelmäßige Wiederholungen angelegten Anlässen für Aushilfsbeschäftigungen in Betracht, etwa wenn der Dienststellenleiter gezielt befristete Arbeitsverträge abschließe, um dadurch die Schaffung neuer Arbeitsplätze oder die Anhebung vorhandener Planstellen zu umgehen. Es müßten objektive Anhaltspunkte dafür bestehen, daß solche Beeinträchtigungen tatsächlich denkbar seien. Die Begründung des Verwaltungsgerichtshofs hinsichtlich der Mehrbelastung der Stammbelegschaft bei einer Verstärkung nur durch Aushilfskräfte richte sich hingegen in Wahrheit gegen die Befristung der Einstellung von Arbeitnehmern. Dies sei nicht zulässig. Im vorliegenden Fall sei es nicht darum gegangen, gezielt befristete Arbeitsverträge abzuschließen, um dadurch die Schaffung neuer Arbeitsplätze zu vermeiden. Es sei vielmehr erforderlich gewesen, befristete Arbeitsverträge abzuschließen, um angemessen auf das ständige An- und Abschwellen der Zahl der Asylbewerber und damit auf die ständig wechselnde Belastung der Arbeitskräfte zu reagieren. Der Personalrat könne nicht die Zustimmung zu einer befristeten Einstellung mit dem Ziel verweigern, die zeitliche Begrenzung des Arbeitsverhältnisses aufzuheben, da die Festlegung des Inhalts eines Arbeitsvertrages allein der Vereinbarung der Vertragsparteien obliege. Auch die weitere Begründung, daß die Eingliederung einer Vielzahl von Aushilfskräften zu einer erheblichen Belastung der ständig beschäftigten Arbeitnehmer führe, ziele nicht darauf ab zu verhindern, daß gezielt befristete Arbeitsverträge abgeschlossen würden, um dadurch die Schaffung neuer Arbeitsplätze oder die Anhebung vorhandener Planstellen zu umgehen. Beide Begründungen lägen deshalb offensichtlich außerhalb eines Mitbestimmungstatbestandes.
Die Rechtsbeschwerdeführer beantragen sinngemäß, den Beschluß des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs – Fachsenat für Personalvertretungssachen (Land) – vom 24. Juni 1993 aufzuheben, den Beschluß des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main – Fachkammer für Personalvertretungssachen – vom 31. Oktober 1991 abzuändern und den Antrag des Antragstellers abzulehnen.
Der Antragsteller beantragt,
die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.
Er schließt sich hinsichtlich der rechtlichen Qualifizierung der von ihm geltend gemachten Kollektivinteressen des Stammpersonals den Ausführungen des Oberbundesanwalts an.
Der Oberbundesanwalt beteiligt sich an dem Verfahren. Er trägt vor, der Antragsteller habe zur Begründung seiner Zustimmungsverweigerung neben der zeitlichen Befristung der Arbeitsverhältnisse wesentlich auf die Berührung kollektiver Interessen der Stammbelegschaft abgestellt. Die von ihm abgegebene Begründung liege deshalb, wie das Beschwerdegericht zutreffend gesehen habe, nicht offensichtlich außerhalb des Mitbestimmungstatbestandes und habe daher von dem beteiligten Dienststellenleiter nicht als unbeachtlich angesehen werden dürfen.
Entscheidungsgründe
II.
Die Rechtsbeschwerde des Regierungspräsidenten in Darmstadt ist unzulässig.
Er ist nicht Beteiligter des Verfahrens. Welche Stellen gemäß §§ 111 Abs. 3 HePersVG, 83 Abs. 3 ArbGG im personalvertretungsrechtlichen Beschlußverfahren vor den Verwaltungsgerichten zu beteiligen sind, ergibt sich nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aus der unmittelbaren materiellrechtlichen Betroffenheit im Einzelfall.
Aus personalvertretungsrechtlicher Sicht war materiellrechtlich unmittelbar betroffen der beteiligte Leiter des Hessischen Flüchtlingswohnheimes und nicht der Regierungspräsident. Nach dem vom Verwaltungsgerichtshof bindend festgestellten Sachverhalt hat der Leiter des Hessischen Flüchtlingswohnheimes Frau H. eingestellt. Hierbei ist unerheblich, ob er intern auf Weisung des Regierungspräsidenten gehandelt hat. Denn dadurch wird die Tatsache, daß nur der Leiter des Flüchtlingswohnheimes unmittelbar die Entscheidung traf und sie auch gegenüber Frau H. und dem Personalrat allein zu verantworten hatte, nicht berührt (in diesem Sinne Beschluß vom 27. April 1979 – BVerwG 6 P 45.78 – ZBR 1979, 310). Daß der Regierungspräsident im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht als Beteiligter hinzugezogen worden war, ändert nichts an diesem Ergebnis. Die Beteiligung im personalvertretungsrechtlichen Beschlußverfahren setzt nicht, wie z.B. die Beiladung im Verwaltungsstreitverfahren, einen Gerichtsbeschluß voraus, sondern sie ist kraft Gesetzes gegeben (Beschluß vom 27. April 1979, a.a.O.). Deshalb kann die Nichtberechtigung der Beteiligung in jedem Stadium des Verfahrens von Amts wegen festgestellt werden.
Die Rechtsbeschwerde des beteiligten Leiters des Hessischen Flüchtlingswohnheimes ist zulässig, jedoch nicht begründet.
Das Rechtsschutzbedürfnis an der Durchführung des Verfahrens ist gegeben, obwohl die befristet eingestellte Frau H. nicht mehr in der Dienststelle beschäftigt ist. Denn jedenfalls die personalvertretungsrechtliche Streitfrage, ob der Antragsteller die Zustimmung zu der befristeten Einstellung mit dem Hinweis auf die widerstreitenden kollektiven Interessen der Stammbelegschaft hat verweigern dürfen, kann sich zwischen dem Antragsteller und dem Beteiligten jederzeit mit mehr als nur geringfügiger Wahrscheinlichkeit erneut stellen.
Eine Klärung ist auch möglich, obwohl der Antragsteller einen Ausspruch zu einem konkreten Streitfall begehrt. Die nach Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses an sich gebotene und nur in der Tatsacheninstanz zulässige Umstellung des Antrags auf eine Feststellung zu einer verallgemeinerungsfähigen Rechtsfrage ist hier ausnahmsweise (noch) entbehrlich. Denn die Sache ist beim Bundesverwaltungsgericht noch im Jahre 1993 eingegangen, und die zu klärende Rechtsfrage ließ sich dem bisherigen Vorbringen des Antragstellers hinreichend bestimmt entnehmen. Damit greift die Ausnahme ein, die das Bundesverwaltungsgericht im Hinblick auf seine erst in jüngerer Zeit geänderte Rechtsprechung zum Rechtsschutzbedürfnis und zum Antragserfordernis für Übergangsfälle vorübergehend zugelassen hat (vgl. Beschluß vom 15. Februar 1994 – BVerwG 6 P 9.92 – PersR 1994, 167 = ZfPR 1994, 84 m.w.N.).
Der Verwaltungsgerichtshof hat zutreffend entschieden, daß die Zustimmungsverweigerung des Antragstellers ausreichend begründet war, soweit er auf die erhebliche Belastung der ständig beschäftigten Arbeitnehmer durch die Eingliederung einer Vielzahl von Aushilfskräften hingewiesen hat. Der Beteiligte hatte das Mitbestimmungsverfahren ohne Berechtigung abgebrochen.
Nach § 77 Abs. 1 Nr. 2 a i.V.m. § 69 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 4 HePersVG hat der Personalrat in Personalangelegenheiten der Angestellten und Arbeiter bei deren Einstellung mitzubestimmen. Das hessische Personalvertretungsrecht legt die Gründe für die Zustimmungsverweigerung nicht ausdrücklich fest. Es bestimmt lediglich, daß eine Maßnahme, die der Mitbestimmung des Personalrats unterliegt, seiner Zustimmung bedarf und daß die Maßnahme als gebilligt gilt, wenn nicht der Personalrat innerhalb einer Frist von regelmäßig zwei Wochen die Zustimmung schriftlich begründet verweigert. Dies bedeutet allerdings nicht, daß Personalvertretungen jeden beliebigen Grund für die Verweigerung der Zustimmung zu einer mitbestimmungspflichtigen Maßnahme anführen dürften. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist die Zustimmungsverweigerung auch ohne gesetzliche Bestimmung der dafür zugelassenen Gründe unbeachtlich, wenn die von der Personalvertretung angegebenen Gründe offensichtlich außerhalb der Mitbestimmung liegen. Dem Personalrat ist es nicht gestattet, von einer Mitbestimmungsbefugnis ohne inhaltlichen Bezug zu einem von der Maßnahme berührten gesetzlichen Mitbestimmungstatbestand Gebrauch zu machen. An einem derartigen Bezug würde es – wie der Verwaltungsgerichtshof zutreffend gesehen hat – fehlen, wenn die vom Personalrat angeführten Gründe sich dem gesetzlichen Mitbestimmungstatbestand nicht mehr zuordnen ließen oder sie sich in allgemeinen formelhaften Wendungen erschöpften, die keinen Bezug zu dem konkreten Fall mehr erkennen lassen. Ist eine derartige Zuordnung offensichtlich nicht möglich, so läßt das erkennen, daß der Personalrat keine Regelung auf der Grundlage eines Mitbestimmungsrechts anstrebt, sondern die Zustimmung ohne einen vom Gesetz gebilligten Grund verweigert. Ein solches Verhalten wird durch das Recht nicht geschützt. Eine derart unbeachtliche Zustimmungsverweigerung kann insbesondere nicht die Verpflichtung der Dienststelle begründen, das Einigungsverfahren einzuleiten. Vielmehr gilt die beabsichtigte Maßnahme nach Ablauf der gesetzlichen Frist als gebilligt (vgl. Beschluß vom 27. September 1993 – BVerwG 6 P 4.93 – BVerwGE 84, 178 = Buchholz 251.2 § 79 BlnPersVG Nr. 5 m.w.N.; Beschluß vom 30. November 1994 – BVerwG 6 P 11.93 – BVerwGE 97, 154 = Buchholz 251.2 § 87 BlnPersVG Nr. 3 = ZfPR 1995, 44 m. Anm. Ilbertz; Beschluß vom 7. Dezember 1994 – BVerwG 6 P 35.92 – Buchholz 251.8 § 80 RhPPersVG Nr. 10 = PersR 1995, 296 ff.). Aus alledem ergibt sich, daß ein Personalrat nach hessischem Recht die Zustimmung zu einer Einstellung grundsätzlich aus jedem sachlichen Grund verweigern darf, der nicht offensichtlich außerhalb dieses Mitbestimmungstatbestandes liegt.
Die Verweigerung der Zustimmung zu der konkreten befristeten Einstellung durch den Personalrat aus Gründen der erheblichen Belastung der Stammbelegschaft wegen der Vielzahl von Aushilfskräften richtet sich nicht, jedenfalls nicht unmittelbar, gegen die zeitliche Befristung des Arbeitsverhältnisses. Vielmehr stellt sie einen eigenständigen, die kollektiven Interessen der repräsentierten Beschäftigten geltend machenden Zustimmungsverweigerungsgrund dar. Dieser entspricht Sinn und Zweck der Mitbestimmung bei Einstellung von Angestellten und Arbeitern. Die Geltendmachung dieses Zustimmungsverweigerungsgrundes durch den Personalrat berechtigte den Beteiligten nicht zum Abbruch des Mitbestimmungsverfahrens.
Der in § 77 Abs. 1 Nr. 2 a HePersVG enthaltene personalvertretungsrechtliche Begriff der Einstellung hat nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts – die teils zu vergleichbaren Regelungen ergangen ist – einen fest umrissenen Inhalt (vgl. BVerwGE 50, 176 ≪180≫; 68, 30 ≪32 f.≫; 82, 288 ≪291 ff.≫; BVerwG, Beschlüsse vom 12. August 1983 – BVerwG 6 P 29.79 – Buchholz 238.35 § 60 HePersVG Nr. 4 und vom 25. August 1988 – BVerwG 6 P 36.85 – Buchholz 251.5 § 64 HePersVG Nr. 6 = PersR 1988, 298 ff.). Einstellung ist die Eingliederung eines neuen Beschäftigten in die Dienststelle, die im Regelfall mit der Begründung eines Rechtsverhältnisses (Beamtenverhältnis, Arbeitsverhältnis) verbunden ist. Die Mitbestimmung, soweit sie an das Tatbestandsmerkmal der Einstellung anknüpft, bezieht sich nach dieser Rechtsprechung allein auf die Eingliederung, nämlich auf die zur Einstellung vorgesehene Person, auf die von ihr auszuübende Tätigkeit und, soweit es sich um Arbeiter und Angestellte handelt, auf die mit der Übertragung der Tätigkeit verbundene tarifliche Bewertung, die Eingruppierung. Auf diese Modalitäten der Einstellung kann der Personalrat einwirken, wenn er berechtigte, sich etwa aus seinem kollektiven Schutzauftrag ergebende Gründe hat.
Das mit der Einstellung in aller Regel zu begründende Beschäftigungsverhältnis ist hingegen nicht Gegenstand der Mitbestimmung, und zwar weder hinsichtlich der Art (Beamten- oder Arbeitsverhältnis) noch in bezug auf seinen (durch einzelvertragliche Abreden näher festzulegenden) Inhalt. Das Beamtenverhältnis ist schon infolge seiner gesetzlichen Regelung einer Mitbestimmung nicht zugänglich. Der Arbeitsvertrag unterliegt, soweit nicht Rechtsvorschriften oder tarifliche Regelungen seinen Inhalt unmittelbar festlegen oder doch vorherbestimmen, der Vereinbarung der Vertragsparteien. Deren Gestaltungsfreiheit soll grundsätzlich durch die Mitbestimmung nicht eingeengt werden. Einzelvertragliche Abreden betreffend die Befristung des Arbeitsvertrages oder die Teilzeitbeschäftigung unterliegen also nicht der Mitbestimmung bei Einstellungen (vgl. insb. Beschlüsse vom 19. September 1983 – BVerwG 6 P 32.80 – BVerwGE 68, 30 ≪32 f.≫ und vom 17. August 1989 – BVerwG 6 P 11.87 – BVerwGE 82, 288 ≪291 ff.≫). Die Rechtsprechung des Senats befindet sich insoweit in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (s. BAG, Beschluß vom 16. Juli 1985 – 1 ABR 35/83 – SAGE 49, 180 ≪191 f., 194 ff.≫ = AP Nr. 21 zu § 99 BetrVG 1972; vgl. a. BAG, Beschluß vom 29. April 1992 – 1 ABR 73/91 – AP Nr. 98 zu § 99 BetrVG 1972).
Eine Zustimmungsverweigerung zu einer befristeten Einstellung genügt demgegenüber grundsätzlich den genannten Anforderungen, wenn sie damit begründet ist, daß die Eingliederung einer Vielzahl von Aushilfskräften zu einer erheblichen Belastung der ständig beschäftigten Arbeitnehmer führt. Im Rahmen der Mitbestimmung bei Einstellungen können auch unzumutbare Belastungen der in der Dienststelle bereits tätigen Beschäftigten geltend gemacht werden, die durch die häufige Wiederholung und/oder die gleichzeitige Vielzahl von befristeten Arbeitsverhältnissen und den dadurch erforderlich werdenden besonderen Einarbeitungsaufwand entstehen, z.B. bei im übrigen starkem Arbeitsanfall oder engen Zeitvorgaben. Der Personalrat ist in einer derartigen Situation befugt, aus Anlaß einer einzelnen Einstellung geltend zu machen, die Schwelle der der Belegschaft noch zumutbaren Belastung sei überschritten, weil diese befristete Einstellung sich als Teil einer Vielzahl von befristeten Einstellungen erweise, die erst in ihrer Kumulation die Zumutbarkeitsfrage aufwerfe. Der Beschluß des Senats vom 17. August 1989 – BVerwG 6 P 11.87 – (BVerwGE 82, 288 ≪291 ff.≫), in dem eine Befugnis des Personalrats nach bremischem Landesrecht verneint wurde, der beabsichtigten Befristung aus Gründen zu widersprechen, welche die Belange der in der Dienststelle bereits Beschäftigten betreffen, steht dem nicht entgegen. Im Unterschied zu dem hier zu entscheidenden Fall ging es dieser Entscheidung nicht um eine Vielzahl von befristeten Arbeitsverhältnissen. Der Personalrat hatte nicht den Fall markieren wollen, der aus seiner Sicht die Schwelle zur nicht mehr zumutbaren Belastung für die übrigen in der Dienststelle Beschäftigten bedeutete. Dort ging es vielmehr nur um die zwar unvermeidliche, aber nur geringfügige und nur selten auftretende Mehrbelastung, die ein einzelnes befristetes Arbeitsverhältnis – mag sich dies auch gelegentlich wiederholen – für die Stammbelegschaft mit sich bringt.
Der geltend gemachte Zustimmungsverweigerungsgrund richtet sich nicht gegen die im einzelnen Arbeitsvertrag vereinbarte Befristung, auch wenn die Vielzahl der Befristungen der Arbeitsverhältnisse in ihrem belastenden Zusammentreffen der Grund für die Zustimmungsverweigerung ist. Unabhängig von dem Ausgang eines etwaigen Einigungsverfahrens oder der ggf. gegebenen Möglichkeit, die Entscheidung der Landesregierung einzuholen (vgl. § 71 Abs. 4 Satz 1 und 2 HePersVG), bliebe dem Dienstherrn bei Anerkennung des Verweigerungsgrundes nicht nur die – aus haushaltsrechtlichen Gründen wohl eher theoretische – Möglichkeit, einen unbefristeten Vertrag abzuschließen. Vielmehr könnte er ggf. die arbeitsrechtlich mögliche Befristungsdauer über das beabsichtigte halbe Jahr hinaus ausschöpfen (vgl. § 1 Abs. 1 BeschFG vom 26.4.1985 – BGBl I S. 710, i.d.F. vom 22.12.1989 – BGBl I S. 2406), oder er könnte von der Einstellung gänzlich Abstand nehmen. Entgegen der Auffassung des Beteiligten bedeutet die letztgenannte Möglichkeit nicht ohne weiteres eine noch größere Belastung der Stammbelegschaft. Es ist immerhin nicht gänzlich ausgeschlossen, daß für die Beschäftigten eine hohe Dauerbelastung bei noch vertretbaren Vorgaben unter Umständen eher tragbar ist als zusätzliche Belastungsspitzen durch immer wieder erforderlich werdende Einarbeitungen bei unverändert hohen Vorgaben.
Auch Sinn und Zweck des § 77 Abs. 1 Nr. 2 a HePersVG sprechen dafür, einen solchen, die Kollektivinteressen der Belegschaft in einer besonderen Belastungssituation geltend machenden Zustimmungsverweigerungsgrund zuzulassen. Eine solche besondere Belastungssituation kann – wie hier – dadurch gekennzeichnet sein, daß durch die einzelne befristete Einstellung die Schwelle der der Belegschaft noch zumutbaren Belastung überschritten sein mag. In einem derartigen Fall darf nicht die sekundäre Frage der Befristung oder Nichtbefristung im Einzelfall, sondern allein das primär geltend gemachte kollektive Interesse an der generellen Vermeidung solcher Belastungen dafür ausschlaggebend sein, ob die Maßnahme mitbestimmungspflichtig ist. Anderenfalls würde das Anliegen des Gesetzgebers offensichtlich verfehlt, dem Personalrat die Möglichkeit zu geben, bei Einstellungen kollektive Interessen wahrzunehmen.
Der Beteiligte beruft sich demgegenüber zu Unrecht für seine Ansicht auf die Entscheidungen des Senats BVerwG 6 P 15.90 (Aushilfsangestellte) und BVerwG 6 P 28.91 (Abrufkräfte). Er entnimmt ihnen, daß eine Zustimmungsverweigerung hier nur möglich sei, wenn gezielt befristete Arbeitsverträge abgeschlossen worden wären, um dadurch die Schaffung neuer Arbeitsplätze oder die Anhebung vorhandener Planstellen zu umgehen. In einem derart einengenden Sinne sind die genannten Entscheidungen indes nicht zu verstehen. Der Senat hatte in dem Beschluß vom 27. November 1991 (– BVerwG 6 P 15.90 – Buchholz 251.8 § 80 RhPPersVG Nr. 6 – NVwZ-RR 1993, 149 ≪151≫ = PersR 1992, 198 ≪200≫) den gesetzlichen Zustimmungsverweigerungsgrund des § 77 Abs. 2 Nr. 2 BPersVG, der auf eine Benachteiligung der betroffenen Beschäftigten oder anderer Beschäftigter durch die Maßnahme abhebt, dahin gehend interpretiert, daß eine Benachteiligung in der Regel nur bei auf regelmäßige Wiederholung angelegten Anlässen für Aushilfsbeschäftigungen in Betracht komme. Lediglich als Beispiel wurde hierfür der Fall genannt, daß ein Dienststellenleiter gezielt befristete Arbeitsverträge abschließe, um dadurch die Schaffung neuer Arbeitsplätze oder die Anhebung von vorhandenen Planstellen zu umgehen. Diese Ausführungen hat der Senat in dem Beschluß vom 3. Februar 1993 (– BVerwG 6 P 28.91 – BVerwGE 92, 47 ≪53≫ = Buchholz 250 § 75 BPersVG Nr. 84 = DVBl 1993, 950 ≪951≫ = PersR 1993, 260 ≪263≫) bekräftigt. Entgegen der Auffassung des Beteiligten ist diesen Entscheidungen und der lediglich beispielhaft aufgeführten Konkretisierung nicht zu entnehmen, daß eine Benachteiligung der Beschäftigten ausschließlich in Betracht kommt, wenn ein Dienststellenleiter dergestalt gezielt vorgeht. Vielmehr genügt hier als berücksichtigungsfähiger Nachteil auch eine spürbare, die Zumutbarkeitsgrenze überschreitende Benachteiligung der vorhandenen Belegschaft durch die sich wiederholende Einarbeitungsbelastung.
Es muß sich insbesondere auch nicht stets um eine Beeinträchtigung durch ein Übergehen von individualrechtlich verfestigten Positionen handeln. Es genügen faktische Benachteiligungen von entsprechendem Gewicht. Denn hier geht es – anders als in einem früheren vom Senat entschiedenen Fall (Beschluß vom 23. September 1992 – BVerwG 6 P 24.91 – Buchholz 250 § 77 BPersVG Nr. 12 = DVBl 1993, 390 ff. = PersR 1993, 24 ff.) – nicht um eine Verweigerung der Zustimmung zu einer Einstellung, die unter dem Aspekt einer Begünstigung des Auszuwählenden mit dem Ziel ausgesprochen wird, eine Korrektur der Auswahlentscheidung zugunsten eines übergangenen Bewerbers zu erreichen. Nur in jenen Fällen der Nichtberücksichtigung von Bewerbern setzt der geltend gemachte Nachteil die Nichtbeachtung einer Position mit rechtlich gesteigerter Qualität voraus. Dies ist dort deshalb erforderlich, weil sich die Nichtberücksichtigung konkurrierender Bewerber im Rahmen einer jeden – auch einer rechtmäßigen – Auswahlentscheidung als unvermeidliche Folge und daher nicht schon als ein spezifischer und von der Personalvertretung geltend zu machender Nachteil darstellt. Hier hingegen geht es nicht um eine unterbliebene Begünstigung, sondern vielmehr um die Abwendung spürbarer Belastungen.
Indem der Antragsteller sich gegen eine erhebliche Belastung der ständig beschäftigten Arbeitnehmer wandte, die durch die Einarbeitung der befristet eingestellten Mitarbeiter entstehe, wollte er fraglos geltend machen, daß hier die Zumutbarkeitsgrenze tangiert sei. Dies muß für eine beachtliche Zustimmungsverweigerung ausreichen. Ob die Zumutbarkeitsfrage bei geläuterter Sicht anders zu beantworten wäre, wenn – wie der Beteiligte nunmehr geltend macht – es zuträfe, daß hier befristete Arbeitsverträge mit nur halbjähriger Dauer hätten abgeschlossen werden müssen, um angemessen auf das ständige An- und Abschwellen der Zahl der Asylbewerber und damit auf die ständig wechselnde Belastung der Arbeitskräfte reagieren zu können, kann dahingestellt bleiben. Diese Frage berührt allenfalls die inhaltliche Berechtigung der vom Antragsteller geltend gemachten Zustimmungsverweigerungsgründe. Hinsichtlich der Frage des berechtigten Abbruchs des Mitbestimmungsverfahrens durch den Beteiligten kommt es hingegen nur darauf an, ob die mit der Zustimmungsverweigerung genannten Gründe „möglich” sind (vgl. Beschluß vom 7. Dezember 1994 – BVerwG 6 P 35.92 – Buchholz 251.8 § 80 RhPPersVG Nr. 10 = PersR 1995, 296 ff. = ZfPR 1995, 121 ff.), wovon der Oberbundesanwalt hier anscheinend mit Rücksicht auf die Vermeidbarkeit derart kurzer Befristungen ausgehen will.
Der Senat stimmt deshalb dem Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung des geltend gemachten Zustimmungsverweigerungsgrundes zu. Dieser war nach dem hier maßgeblichen Landesrecht durchaus beachtlich. Damit war auch der Abbruch des Mitbestimmungsverfahrens durch den Beteiligten unberechtigt.
Unterschriften
Niehues, Ernst, Seibert, Albers, Vogelgesang
Fundstellen