Verfahrensgang
Bayerischer VGH (Aktenzeichen 2 B 97.1653) |
Tenor
Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 13. August 2001 wird zurückgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 5 000 EURO festgesetzt.
Gründe
Die Beschwerde ist unbegründet. Das Vorbringen ergibt nicht, dass die geltend gemachten Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 Nr. 1 oder 3 VwGO erfüllt sind.
1. Die von der Beschwerde vorgetragenen Fragen, denen sie grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO beimisst, rechtfertigen keine Zulassung der Revision. Im Einzelnen ergibt sich:
1.1. Das Berufungsgericht legt für die Beurteilung der baurechtlichen Nachbarklage die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Erteilung des angegriffenen Vorbescheides zugrunde. Hieraus ergeben sich keine Fragen von grundsätzlicher Bedeutung. Die Auffassung des Berufungsgerichts entspricht ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. BVerwG, Urteil vom 14. Januar 1993 – BVerwG 4 C 19.90 – Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 155 = NVwZ 1993, 1184; Beschluss vom 23. April 1998 – BVerwG 4 B 40.98 – Buchholz 406.11 § 9 BauGB Nr. 87 = NVwZ 1998, 1179). Das Berufungsgericht überträgt diese Rechtsprechung auf den bauordnungsrechtlich vorgesehenen Vorbescheid. Die Beschwerde greift dies nicht an.
Die Beschwerde meint, das Berufungsgericht habe die Bedeutung der Rechtskraft des stattgebenden Verpflichtungsurteils des Verwaltungsgerichts Regensburg verkannt. Seine Auffassung sei im Hinblick auf den von den Klägern gestellten Bauantrag in sich widersprüchlich. Mit diesem Vorbringen weist die Beschwerde keine klärungsbedürftige Frage auf, welche die Bedeutung des vorliegenden Einzelfalles übersteigt. Sie kritisiert allein, das Berufungsgericht habe seine eigene Rechtsauffassung im Streitfall nicht folgerichtig angewandt. Das mag indes dahinstehen. Das Aufzeigen einer fehlerhaften oder unterbliebenen Anwendung von Rechtssätzen, die das Bundesverwaltungsgericht aufgestellt hat, genügt – für sich allein betrachtet – nicht, eine Grundsatzrüge darzulegen (BVerwG, Beschluss vom 19. August 1997 – BVerwG 7 B 261.97 – NJW 1997, 3328 unter Hinweis auf BVerwG, Beschluss vom 17. Januar 1995 – BVerwG 6 B 39.94 – Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 342 S. 55). Die Beschwerde trägt ergänzend vor, die in der Landwirtschaft eingetretene wirtschaftliche Krise erfordere deren Berücksichtigung. Dem ist für die hier allein maßgebende Frage des maßgeblichen Zeitpunktes der Sach- und Rechtslage einer Baunachbarklage nicht zu folgen.
1.2 Das Berufungsgericht hat die in der Rechtsprechung zu § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB in Verbindung mit § 3 BImSchG entwickelten Grundsätze des Gebots der Rücksichtnahme beachtet. Die Beschwerde übersieht, dass sich der Kläger mit der Nachbarklage gegen den erteilten Vorbescheid nur insoweit wenden kann, als dieser seine subjektiven Rechte verletzt (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Februar 1977 – BVerwG 4 C 22.75 – BVerwGE 52, 122 ≪125 ff.≫; Urteil vom 10. Dezember 1982 – BVerwG 4 C 28.81 – Buchholz 406.11 § 34 BBauG Nr. 89 = DVBl 1983, 349). Dagegen kann er nicht allgemein die Anwendung etwa des § 35 Abs. 2 BauGB als fehlerhaft geltend machen.
Das Berufungsgericht hat tatrichterlich festgestellt, dass sich – nach Maßgabe des Zeitpunktes der Erteilung des angegriffenen Vorbescheides – das Vorhaben der Beigeladenen zu 1 keinen schädlichen Umwelteinwirkungen aussetzt. Trifft dies in tatsächlicher Hinsicht zu, so ist das Gebot der Rücksichtnahme, soweit es die Beigeladene zu 1 zu wahren hat, beachtet. Daraus ergeben sich keine Fragen von grundsätzlicher Bedeutung. Das Vorbringen der Beschwerde betrifft insoweit nicht den vom Berufungsgericht beachteten Grundsatz der gebotenen wechselseitigen Rücksichtnahme, sondern vielmehr erneut die Frage, welcher Zeitpunkt für die Beurteilung maßgebend ist.
1.3 Aus der Privilegierung der von § 35 Abs. 1 BauGB erfassten Nutzung folgt nicht, dass jeder Nutzungswunsch eines Landwirtes die Qualität eines Abwehrrechtes gegen eine heranrückende Wohnbebauung besitzt und daher eine mit ihm unvereinbare bauliche Nutzung ausschließt (vgl. BVerwG, Urteil vom 14. Januar 1993 – BVerwG 4 C 19.90 – Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 155 = NVwZ 1993, 1184). § 35 Abs. 1 BauGB erfasst mithin nicht jedes beliebige Erweiterungsinteresse. Das gilt jedenfalls dann, wenn dieses Interesse nur vage formuliert wurde (BVerwG, Beschluss vom 5. September 2000 – BVerwG 4 B 56.00 – Buchholz 406.11 § 35 BauGB Nr. 344 = NVwZ-RR 2001, 82).
Von dieser Rechtsprechung ist das Berufungsgericht ausgegangen. Es hat – bezogen auf den von ihm als maßgebend angesehenen Zeitpunkt der Erteilung des dem Beigeladenen zu 1 erteilten Vorbescheides – das Erweiterungsinteresse der Kläger im Hinblick auf die betriebliche Umstellung als noch völlig ungewiss angesehen. Bei dieser Sachlage brauchte es zu der im Schrifttum und in der Rechtsprechung umstrittenen Frage nicht Stellung zu nehmen, ob und in welchem Umfang das Erweiterungsinteresse eines im Außenbereich ansässigen und damit einer nach § 35 Abs. 1 BauGB privilegierten landwirtschaftlichen Nutzung durch das Gebot der Rücksichtnahme geschützt ist. Auch ein hierauf bezogenes Revisionsverfahren ist nicht erforderlich. Die vom Berufungsgericht getroffenen tatsächlichen Feststellungen würden eine den Klägern günstige Entscheidung nicht zulassen. Übrigens hinderte auch die Bestandskraft einer erteilten Baugenehmigung nicht, dass aus Gründen des Immissionsschutzes gemäß §§ 22, 24 BImSchG zumutbare Anordnungen getroffen werden können, um eine „heranrückende Wohnbebauung” zu ermöglichen (vgl. BVerwG, Urteil vom 23. September 1999 – BVerwG 4 C 6.98 – BVerwGE 109, 314 = NVwZ 2000, 1050).
Die Beschwerde greift die hier maßgebenden tatrichterlichen Feststellungen des Berufungsgerichts nicht mit einer Verfahrensrüge an. Sie kritisiert zwar die vorinstanzliche Würdigung als fehlerhaft. Daraus lässt sich indes nicht entnehmen, dass und in welcher Weise die Beschwerde etwa eine Verletzung des Aufklärungsgrundsatzes des § 86 Abs. 1 VwGO oder des Überzeugungsgrundsatzes des § 108 Abs. 1 VwGO rügt.
2. Die Beschwerde macht als Verfahrensmangel geltend, dass das Berufungsgericht dem vom Beigeladenen zu 2 gestellten Beweisantrag nicht entsprochen habe. Das Vorbringen ist unzulässig. Die Kläger sind nicht dadurch beschwert, dass einem von ihnen selbst nicht gestellten Beweisantrag nicht entsprochen wurde. Dass sich dem Berufungsgericht eine Klärung des Sachverhaltes von Amts wegen aufdrängen musste, ergibt das Beschwerdevorbringen nicht. Es wird nicht einmal ansatzweise dargelegt, welches Beweisthema dem Sachverständigen hätte aufgetragen werden sollen.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 159 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 100 Abs. 4 ZPO, § 162 Abs. 3 VwGO. Die Festsetzung des Streitwertes folgt aus § 13 Abs. 1 Satz 1, § 14 Abs. 3 GKG.
Unterschriften
Paetow, Berkemann, Jannasch
Fundstellen