Verfahrensgang
Tenor
Die Beschwerde des Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 25. Oktober 2001 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 25 000 Euro festgesetzt.
Tatbestand
I.
Die Klägerin, ein Industrieunternehmen, begehrt die Erteilung der Genehmigung zum Abbruch einer gegen Ende des 19. Jahrhunderts als Direktorenwohnhaus errichteten Villa, die seit 1983 unter Denkmalschutz steht. Mit ihrer nach Antragsablehnung erhobenen Klage hat die Klägerin insbesondere geltend gemacht, für das Gebäude finde sich keine Nutzung, seine Erhaltung sei wirtschaftlich unzumutbar. Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, dass nach § 13 Abs. 1 Satz 2 des rheinland-pfälzischen Landesgesetzes zum Schutz und zur Pflege der Kulturdenkmäler (Denkmalschutz- und -pflegegesetz – DSchPflG) vom 23. März 1978 (GVBl 1978, 159) die Genehmigung zum Abbruch eines geschützten Kulturdenkmals nur erteilt werden dürfe, wenn andere Erfordernisse des Gemeinwohls die Belange des Denkmalschutzes überwiegen; die von der Klägerin vorgetragenen finanziellen Folgen einer Versagung der Abbruchgenehmigung seien im Rahmen der Abwägung nach dieser Vorschrift unbeachtlich.
Auf die Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht das Verfahren gemäß Art. 100 Abs. 1 GG ausgesetzt und dem Bundesverfassungsgericht die Frage der Verfassungsmäßigkeit des § 13 Abs. 1 Satz 2 DSchPflG zur Entscheidung vorgelegt. Das Bundesverfassungsgericht hat durch Beschluss vom 2. März 1999 – 1 BvL 7/91 – (BVerfGE 100, 226) festgestellt, dass § 13 Abs. 1 Satz 2 DSchPflG mit der Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG unvereinbar ist. Bis der Gesetzgeber eine neue Regelung getroffen habe – längstens bis zum 30. Juli 2001 –, könne über Anträge auf Erteilung einer denkmalschutzrechtlichen Beseitigungsgenehmigung nicht abschließend entschieden werden, wenn die Beseitigung nicht im öffentlichen Interesse erlaubt werden solle. Anhängige Genehmigungsverfahren und Verwaltungsrechtsstreitigkeiten seien längstens bis zum 30. Juli 2001 auszusetzen, wenn nicht vorher eine neue Regelung getroffen sei. Der Landesgesetzgeber hatte bis zum 30. Juli 2001 keine neue Regelung getroffen.
Nach Ablauf der vom Bundesverfassungsgericht gesetzten Frist hat das Berufungsgericht das ausgesetzte Berufungsverfahren wieder aufgenommen und den Beklagten unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils und unter Aufhebung der entgegenstehenden Verwaltungsentscheidungen verpflichtet, der Klägerin die beantragte Abbruchgenehmigung zu erteilen: Da nach Ablauf der Frist, die das Bundesverfassungsgericht dem Landesgesetzgeber gesetzt habe, § 13 Abs. 1 Satz 2 DSchPflG nicht anwendbar sei und da es an einer Neuregelung der Genehmigungsvoraussetzungen fehle, könne die Denkmalschutzbehörde über einen Abbruchantrag grundsätzlich nach pflichtgemäßem Ermessen entscheiden. Hierbei habe sie auch die Eigentümerbelange zu berücksichtigen und zu prüfen, ob die Erhaltung des Denkmals dem Eigentümer zumutbar sei. Sei dem Eigentümer die Erhaltung des Denkmals nicht mehr zumutbar, müsse das behördliche Ermessen verfassungskonform dahin ausgeübt werden, dass die beantragte Genehmigung zum Abbruch des Denkmals erteilt werde. Da der Klägerin die Erhaltung des streitgegenständlichen Kulturdenkmals nicht zumutbar sei, sei das Ermessen des Beklagten auf „Null” reduziert.
Mit seiner Beschwerde wendet der beklagte Landkreis sich gegen die Nichtzulassung der Revision.
Entscheidungsgründe
II.
Die auf die Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 Nrn. 1 bis 3 VwGO gestützte Beschwerde bleibt erfolglos. Das Beschwerdevorbringen rechtfertigt die Zulassung der Revision nicht.
1. Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung, die ihr der Beklagte beimisst.
Die Beschwerde wirft als rechtsgrundsätzlich bedeutsam sinngemäß die Frage auf, unter welchen Voraussetzungen einem Eigentümer im Hinblick auf die Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG die Erhaltung eines Denkmals aus wirtschaftlichen Gründen nicht mehr zumutbar ist. Sie möchte insbesondere geklärt wissen, ob sich die Prüfung der Zumutbarkeit „auf die Rentierlichkeit des Objektes reduziert”, ob die Unzumutbarkeit von Erhaltungsaufwendungen „ohne weiteres in einen Anspruch auf Zerstörung umschlägt” und ggf. „ob und in welchem Umfange in diese Betrachtung das Verhalten des Eigentümers im Hinblick auf den die Rentierlichkeit beeinflussenden Erhaltungszustand des Denkmals und die Einbindung des Denkmals in einen größeren ursprünglichen Sach- und Vermögenszusammenhang in die Betrachtung einbezogen werden darf”.
Soweit diese Fragen überhaupt einer vom Einzelfall losgelösten, verallgemeinerungsfähigen Klärung zugänglich sind, rechtfertigen sie die Zulassung der Revision nicht, da sie bereits höchstrichterlich geklärt sind. Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Beschluss vom 2. März 1999 (a.a.O., S. 242 ff.) entschieden, dass die Versagung einer Genehmigung zur Beseitigung eines geschützten Baudenkmals im Blick auf die Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG unverhältnismäßig ist, wenn für das Baudenkmal keinerlei sinnvolle Nutzungsmöglichkeit mehr besteht, d.h. eine Verwendung, auf die der Eigentümer in zumutbarer Weise verwiesen werden könnte, sich nicht verwirklichen lässt. Kann der Eigentümer von einem Baudenkmal keinen vernünftigen Gebrauch machen und es praktisch auch nicht veräußern, wird die Privatnützigkeit des Eigentums nahezu vollständig beseitigt. Wie das Bundesverfassungsgericht ausführt, nähert sich die Rechtsposition des Eigentümers damit einer Lage, in der sie den Namen „Eigentum” nicht mehr verdient. Es ist Aufgabe der Tatsachengerichte, diese Grundsätze auf den Einzelfall anzuwenden. Wo die Grenze der Zumutbarkeit im Einzelnen verläuft und in welchem Umfang Eigentümer durch die Versagung einer Abbruchgenehmigung in unzumutbarer Weise getroffen werden, hängt von den konkreten Umständen des jeweiligen Sachverhalts ab und ist deshalb einer verallgemeinerungsfähigen Klärung in einem Revisionsverfahren nicht zugänglich.
Weiterführende Fragen von rechtsgrundsätzlicher Bedeutung wirft die Beschwerde in diesem Zusammenhang nicht auf. Es ist eine Frage des Einzelfalls und unterliegt der tatrichterlichen Würdigung, ob eine wirtschaftlich sinnvolle und denkmalverträgliche Nutzung eines Baudenkmals möglich ist und ob der Eigentümer sich auf den schlechten baulichen Zustand des Gebäudes und den erhöhten Kostenaufwand für die Instandsetzung auch dann berufen kann, wenn nicht auszuschließen ist, dass er in der Vergangenheit unter Verletzung seiner gesetzlich begründeten Erhaltungspflichten zum baulichen Verfall des Gebäudes beigetragen hat. Das Berufungsgericht hat dies im Rahmen seiner Sachverhaltswürdigung auch erkannt und berücksichtigt. Das Vorbringen der Beschwerde, die Vorinstanz habe vor dem Hintergrund des hier betroffenen Baudenkmals (villenartiges Direktorenwohnhaus) den Rechtsgrundsatz aufgestellt, „Objekte dieser Art seien bereits wegen ihrer laufenden Kosten keiner wirtschaftlichen Nutzung zuführbar”, trifft nicht zu. Das Berufungsurteil stellt auf den Einzelfall ab. Aus diesem Grund führt auch der Hinweis der Beschwerde auf andere obergerichtliche Entscheidungen zur Verhältnismäßigkeit denkmalschutzrechtlicher Beschränkungen des Eigentums nicht weiter; diesen Entscheidungen liegen, wie das Berufungsgericht ausführt, Fallgestaltungen zugrunde, die nach seinen tatsächlichen Feststellungen mit dem vorliegenden Streitfall nicht vergleichbar sind. Verfahrensrügen werden insoweit nicht erhoben.
2. Die erhobene Divergenzrüge genügt nicht den Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO. Eine Divergenz im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO ist nur dann gegeben, wenn das Berufungsgericht in Anwendung ein und derselben Rechtsvorschrift mit einem seine Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz von einem in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aufgestellten ebensolchen Rechtssatz abweicht. Dieser Zulassungsgrund muss durch Darlegung der als solche miteinander in unmittelbarem Widerspruch stehenden, entscheidungstragenden Rechtssätze bezeichnet werden. Daran fehlt es hier schon deshalb, weil die in der Beschwerde genannte Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 8. Juli 1998 – BVerwG 8 C 23.97 – (BVerwGE 107, 133 = NVwZ 1999, 887) zum Anspruch auf Erlass der Grundsteuer wegen Unwirtschaftlichkeit eines unter Denkmalschutz stehenden Grundbesitzes nach § 32 Abs. 1 Nr. 1 GrStG ergangen ist. Diese Vorschrift ist nicht Gegenstand des angegriffenen Berufungsurteils.
3. Die mit der Beschwerde erhobenen Verfahrensrügen greifen ebenfalls nicht durch.
Eine – ohnehin nur ausnahmsweise als Verfahrensfehler anzusehende – Verletzung des § 108 Abs. 1 VwGO („Überzeugungsgrundsatz”), die von der Beschwerde in Betracht gezogen wird, wird nicht substantiiert dargelegt (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO).
Die Rüge mangelhafter Sachverhaltsaufklärung (§ 86 Abs. 1 VwGO) bleibt erfolglos. Die Beschwerde sieht weiteren Aufklärungsbedarf zur Frage „der Rentierlichkeit einer Sanierung” des Baudenkmals und zu seiner möglichen wirtschaftlichen Nutzung. Das Berufungsgericht begründet auf S. 12 im Einzelnen, dass die „Direktorenvilla” wegen ihrer hohen Energie- und Instandsetzungskosten keiner wirtschaftlichen Nutzung zugeführt werden konnte, und stützt sich dabei auf den Inhalt der Verwaltungsakten. Auf dieser Grundlage berechnet es einen jährlichen Erhaltungsaufwand von rund 200 000 DM, der nach seiner Einschätzung bei realistischer Betrachtungsweise durch Mieterträge nicht hätte gedeckt werden können. Die Vorinstanz stellt ferner fest, dass auch der Beklagte eine wirtschaftlich rentable Nutzung nicht konkret habe aufzeigen können. Die Darlegungen des Beklagten hierzu seien zu unsubstantiiert, um Anlass zu einer weitergehenden Sachaufklärung zu geben. Dem Beschwerdevorbringen lassen sich keinerlei Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass sich dem Berufungsgericht bei dieser Sachverhaltswürdigung gleichwohl weitere Aufklärungsmaßnahmen in der vom Beklagten angegebenen Richtung hätten aufdrängen müssen, ganz abgesehen davon, dass der Beklagte selbst im berufungsgerichtlichen Verfahren nicht – etwa durch entsprechende Beweisanträge – auf zusätzlich für erforderlich gehaltene Ermittlungen hingewirkt hat. Gründe für eine weitere Sachverhaltsaufklärung lassen sich insbesondere nicht dem von der Beschwerde angeführten Schriftsatz des Beklagten vom 10. September 2001 (Blatt 190 – 192 der Gerichtsakten) entnehmen. Allein der Umstand, dass das Berufungsgericht den Sachverhalt nach Ansicht des Beklagten fehlerhaft gewürdigt hat, vermag einer Aufklärungsrüge nicht zum Erfolg zu verhelfen. Die in diesem Zusammenhang von der Beschwerde aufgeworfene Frage, ob ein „Instandhaltungsstau” ganz oder zu erheblichen Teilen vom Eigentümer zu verantworten ist und ihm daher zumindest im Sinne einer Obliegenheitsverletzung zur Last fällt, ist eine Rechtsfrage, nicht eine Frage der Sachverhaltsaufklärung.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO, die Festsetzung des Streitwerts auf § 14 Abs. 3, § 13 Abs. 1 Satz 1, § 73 Abs. 1 GKG.
Unterschriften
Paetow, Halama, Rojahn
Fundstellen