Verfahrensgang
OVG Mecklenburg-Vorpommern (Beschluss vom 19.07.2001; Aktenzeichen 2 L 54/00) |
Tenor
Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 19. Juli 2001 wird zurückgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 15 000 DM (entspricht 7 669,38 EUR) festgesetzt.
Gründe
Die allein auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.
Das Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern hat sich in dem angefochtenen Beschluss an einer Sachentscheidung über die Berufung der Kläger gehindert gesehen, weil es die Berufung als verspätet angesehen und für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Fristversäumung die gesetzlichen Voraussetzungen nicht für gegeben erachtet hat.
Die Kläger wenden sich mit der Beschwerde gegen die Feststellung der Verfristung. Sie sind der Auffassung, das Oberverwaltungsgericht habe bei der Fristberechnung für den Lauf der Berufungsfrist mit dem Datum des Empfangsbekenntnisses für den Zugang des Berufungszulassungsbeschlusses als Fristbeginn einen von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zu § 212 a ZPO abweichenden Standpunkt eingenommen. Eine Divergenzrüge im Wortsinne des § 132 Abs. 2 Satz 2 VwGO lasse sich damit zwar nicht begründen, weil dort nur Abweichungen von Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der oberen Bundesgerichte und des Bundesverfassungsgerichts erwähnt seien. Aus der hier vorliegenden Abweichung ergebe sich aber die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).
Ob die Beschwerdebegründung den Anforderungen an die Erarbeitung einer grundsätzlichen Rechtsfrage im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO genügt (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO), ist zweifelhaft, weil sie sich im Wesentlichen auf die Kritik an den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts beschränkt.
Das kann hier jedoch dahinstehen, weil entgegen der Auffassung der Kläger ein Klärungsbedarf in der Revisionsinstanz für Fragen, die sich aus der vereinfachten Zustellung an einen Rechtsanwalt nach dem hier einschlägigen § 5 Abs. 2 VwZG ergeben können, nicht besteht. Das Bundesverwaltungsgericht hat bereits mit Urteil vom 17. Mai 1979 – BVerwG 2 C 1.79 – BVerwGE 58, 107, klargestellt, dass es für den Zeitpunkt der vereinfachten Zustellung an einen Rechtsanwalt gemäß § 5 Abs. 2 VwZG auf den Tag ankommt, an welchem der Rechtsanwalt das zuzustellende Schriftstück als zugestellt angenommen hat. Dies ist der Tag, an dem er das Empfangsbekenntnis unterzeichnet hat. Mit der Unterzeichnung hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers – wie das Oberverwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat – seinen Willen äußerlich kund getan, das mit dem Empfangsbekenntnis zugesandte Schriftstück als zugestellt zu behandeln, denn dies ist Sinn und Zweck der Unterschrift unter einem Empfangsbekenntnis. Der Rechtsanwalt dokumentiert durch seine Unterschrift, dass er das Schriftstück, auf das sich das Empfangsbekenntnis bezieht, als in seinen Herrschaftsbereich gelangt ansieht und es auch als zugestellt ansehen will. Damit sind die nach allgemeiner Ansicht für die Zustellung erforderlichen Voraussetzungen erfüllt. Nicht Voraussetzung der Zustellung durch Empfangsbekenntnis ist, dass der Anwalt das zuzustellende Schriftstück „in den Händen hat”. Es reicht aus, dass das Schriftstück tatsächlich in den Herrschaftsbereich des Empfängers gelangt und dieser diese Tatsache (bewusst und gewollt) akzeptiert. Die Rücksendung des anwaltlich unterzeichneten Empfangsbekenntnisses steht der Behauptung entgegen, das zuzustellende Schriftstück habe nicht als persönlich zugestellt angenommen werden sollen.
Entgegen der Behauptung der Kläger hat das Oberverwaltungsgericht bei der Ermittlung des Empfangswillens am Unterzeichnungstage Erwägungen zum Verschulden nicht angestellt. Erst im Rahmen der Erörterung möglicher Wiedereinsetzungsgründe wegen des festgestellten Fristversäumnisses hat es die nach § 60 Abs. 1 VwGO erforderliche Verschuldensprüfung vorgenommen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO; die Entscheidung über den Streitwert auf § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG.
Unterschriften
Prof. Dr. Driehaus, Dr. Borgs-Maciejewski, Kimmel
Fundstellen