Verfahrensgang
Hessischer VGH (Urteil vom 26.02.2014; Aktenzeichen 9 A 2328/12) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 26. Februar 2014 wird verworfen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 6 717,06 EUR festgesetzt.
Gründe
Die Beteiligten streiten um die teilweise Rückforderung von Unterstützungsleistungen für ehemalige Bergleute, die wegen des Abbaus von Subventionen im Steinkohlebergbau ihren Arbeitsplatz verloren haben. Der Kläger, ein früherer Bergarbeiter, erhielt von der Beklagten ab 1. März 2002 Anpassungsgeld nach den Richtlinien des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie über die Gewährung von Anpassungsgeld an Arbeitnehmer des Steinkohlebergbaus vom 17. Juni 1999 (APG-Richtlinie). Mit Bescheid vom 15. August 2011 widerrief die Beklagte ihre Entscheidung über die Zahlung des Anpassungsgeldes für den Zeitraum vom 1. Mai bis 30. November 2006 und forderte insgesamt 6 717,06 EUR zurück, weil dem Kläger wegen der Ausübung einer mehr als geringfügigen Beschäftigung in diesen Monaten kein Anpassungsgeld zugestanden habe. Das Verwaltungsgericht hat der Klage gegen die Rückforderung stattgegeben. Der Verwaltungsgerichtshof hat auf die Berufung der Beklagten das Urteil des Verwaltungsgerichts aufgehoben und die Klage abgewiesen. Er hat die Revision nicht zugelassen. Dagegen wendet sich der Kläger mit seiner Nichtzulassungsbeschwerde.
Die auf sämtliche Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.
1. Der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) ist nicht in einer den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO genügenden Weise dargelegt. Hierzu wäre erforderlich gewesen, eine Rechtsfrage des revisiblen Rechts zu bezeichnen, die sich dem Berufungsgericht entscheidungserheblich gestellt hat, sowie näher anzugeben, inwiefern diese Frage im Interesse der Einheit oder der Fortentwicklung des Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf (stRspr, vgl. BVerwG, Beschluss vom 27. Januar 2010 – BVerwG 1 B 19.09 – juris). Das leistet der Kläger nicht. Er meint, die APG-Richtlinie – eine allgemeine Verwaltungsvorschrift – hätte dem zurückgenommenen Bewilligungsbescheid als dessen Bestandteil beigefügt und mit diesem zugestellt werden müssen. Er nennt aber keine Vorschrift des revisiblen Rechts, aus der er dies herleitet. Vollends bezeichnet er zu einer derartigen Vorschrift des revisiblen Rechts keine klärungsfähige Rechtsfrage.
2. Der Zulassungsgrund der Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) ist ebenfalls nicht ersichtlich. Die Beschwerdebegründung genügt bereits nicht den Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO.
Von einer Abweichung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO ist nur auszugehen, wenn das Berufungsgericht in Anwendung derselben Rechtsvorschrift mit einem seine Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht. Die Beschwerde erfüllt mit dem Hinweis, dass das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs hinsichtlich der Beweisanforderungen im Widerspruch zu einer Entscheidung des Landessozialgerichts Potsdam vom 6. März 2014 stehe, diese Anforderungen nicht.
3. Der Kläger legt schließlich auch den Zulassungsgrund des Verfahrensfehlers (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) nicht schlüssig dar. Hierzu hätte er in rechtlicher Hinsicht eine Vorschrift des Verfahrensrechts bezeichnen und in tatsächlicher Hinsicht angeben müssen, woraus sich deren Verletzung ergeben soll. Ferner muss dargelegt werden, inwiefern die angefochtene Entscheidung auf dem behaupteten Verfahrensmangel beruht (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 31. Juli 1985 – BVerwG 9 B 71.85 – Buchholz 310 § 98 VwGO Nr. 28 und vom 10. November 1992 – BVerwG 3 B 52.92 – Buchholz 303 § 314 ZPO Nr. 5, jeweils m.w.N.). Daran fehlt es hier.
Der Kläger rügt zum einen, der Verwaltungsgerichtshof sei seiner Behauptung, die sogenannte Fahrerliste sei unrecht, nicht nachgegangen und habe darüber auch keinen Beweis erhoben. Damit allein ist weder eine Verletzung des § 108 Abs. 2 VwGO noch eine solche des § 86 Abs. 1 oder 2 VwGO dargetan. Dass der Verwaltungsgerichtshof diese Behauptung des Klägers gar nicht zur Kenntnis genommen und damit gegen das Gebot verstoßen hätte, rechtliches Gehör zu gewähren (§ 108 Abs. 2 VwGO; vgl. Art. 103 Abs. 1 GG), ist nicht ersichtlich; im Gegenteil setzt sich das Gericht mit diesem Vortrag in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils auseinander (UA S. 13). Eine schlüssige Rüge einer Verletzung von § 86 Abs. 2 VwGO hätte die Darlegung erfordert, dass das Gericht einen Beweisantrag übergangen oder nicht ordnungsgemäß beschieden hätte, der in der mündlichen Verhandlung gestellt worden ist. Auch daran fehlt es; ausweislich der Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 26. Februar 2014 hat der Kläger keinen Beweisantrag gestellt, namentlich den nunmehr vermissten „Schriftvergleich” nicht verlangt. Ohne Beweisantrag kommt jedoch eine Verletzung der Pflicht zur Amtsermittlung (§ 86 Abs. 1 VwGO) nur in Betracht, wenn sich dem Gericht eine bestimmte zusätzliche Beweisaufnahme aufgedrängt hat. Auch insofern lässt die Beschwerdebegründung jeglichen Sachvortrag vermissen.
Der Kläger bemängelt zum zweiten, dass der Verwaltungsgerichtshof die sogenannte Fahrerliste mit der „offiziellen” Liste aus der Buchhaltung abgeglichen und daraus Schlüsse gezogen habe; diese „zweite” Liste sei ihm nicht zugänglich gewesen, weshalb ihn diese Ausführungen überrascht hätten. Auch damit ist eine Verletzung des Gebots, rechtliches Gehör zu gewähren (§ 108 Abs. 2 VwGO), nicht dargetan. Die „offizielle” Liste befand sich in den Strafakten, die der Verwaltungsgerichtshof beigezogen hatte. Hiervon hat er dem Kläger Mitteilung gemacht. Der Kläger hätte sich mithin die vermisste Kenntnis verschaffen können. Im Übrigen legt der Kläger nicht dar, was er noch vorgetragen hätte, hätte er die „offizielle” Liste gekannt oder wäre sie in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof des Näheren erörtert worden. Ohne diesen Vortrag aber lässt sich nicht beurteilen, inwiefern das Berufungsurteil auf der behaupteten Unkenntnis beruhen könnte.
Dass der Verwaltungsgerichtshof, wie der Kläger meint, die Grundsätze der materiellen Beweislast verkannt hätte, ist schon deshalb nicht ersichtlich, weil der Verwaltungsgerichtshof keine Beweislastentscheidung getroffen hat. Im Übrigen beträfe dies keinen Verfahrensmangel, sondern eine Frage des materiellen Rechts.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 1 GKG.
Unterschriften
Prof. Dr. Dr. h.c. Rennert, Dr. Deiseroth, Dr. Hauser
Fundstellen