Verfahrensgang
VG Greifswald (Urteil vom 29.06.2000; Aktenzeichen 1 A 1561/96) |
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 29. Juni 2000 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 105 000 DM festgesetzt.
Gründe
Die Klägerin begehrt als Erbin ihres Vaters die vermögensrechtliche Rückübertragung von Grundstücken, die ihrem Vater als Bodenreformeigentum zugeteilt waren und ihm 1957 durch Widerruf der Zuteilung entzogen wurden. Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen. Es hat die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen.
Die hiergegen eingelegte Beschwerde der Klägerin ist unbegründet. Die geltend gemachten Zulassungsgründe liegen nicht vor.
1. Die Rechtssache hat nicht die behauptete grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass der Erbe eines Bodenreformeigentümers kein Rechtsnachfolger im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 VermG hinsichtlich solcher Grundstücke aus der Bodenreform ist, die schon zu Lebzeiten des Bodenreformeigentümers in Eigentum des Volkes übergegangen waren (BVerwG, Urteil vom 29. August 1996 – BVerwG 7 C 43.95 – Buchholz 428 § 2 VermG Nr. 23; Urteil vom 15. April 1997 – BVerwG 7 C 46.96 – VIZ 1997, 411; Beschluss vom 27. Januar 2000 – BVerwG 8 B 346.99 – Buchholz 428 § 2 VermG Nr. 42). Die Beschwerde zeigt keinen weitergehenden Klärungsbedarf auf. Die Klägerin sieht einen solchen Klärungsbedarf mit Blick auf das Gesetz über die Rechte der Eigentümer von Grundstücken aus der Bodenreform vom 6. März 1990 (GBl I S. 134) und die hieran anknüpfenden Vorschriften über die Abwicklung der Bodenreform in Art. 233 §§ 11 ff. EGBGB. Diese Vorschriften betreffen jedoch Fallgestaltungen der hier vorliegenden Art nicht.
Die Rechtsstellung der Erben eines Bodenreformeigentümers hat sich vor Erlass des Gesetzes vom 6. März 1990 tatsächlich in der Aussicht eines von ihnen erschöpft, auf Grund der Besitzwechselvorschriften das Eigentum an dem Bodenreformgrundstück durch eine staatliche Entscheidung übertragen zu erhalten oder aufgrund einer solchen Entscheidung behalten zu können. Mit In-Kraft-Treten des genannten Gesetzes ist diese Überlagerung der bürgerlich-rechtlichen Erbregelungen durch öffentlich-rechtliche Entscheidungen zwar entfallen. War aber das Grundstück zuvor in das Eigentum des Volkes überführt worden, wie dies hier der Fall ist, kam das Gesetz vom 6. März 1990 und daran anknüpfend Art. 233 § 11 Abs. 2 EGBGB dem ursprünglichen Bodenreformeigentümer und dessen Erben nicht mehr zugute. Das Gesetz vom 6. März 1990 begünstigte nur solche natürlichen Personen, die als Eigentümer von Bodenreformgrundstücken im Grundbuch eingetragen waren. Eine Privatisierung volkseigener Grundstücke aus der Bodenreform war nicht Gegenstand dieses Gesetzes (vgl. BVerwG, Beschluss vom 27. Januar 2000 – BVerwG 8 B 346.99 – a.a.O.). Darüber hinaus hat die Klägerin mit dem Tod des ehemaligen Bodenreformeigentümers nicht einmal die Chance erworben, als dessen Erbin aufgrund einer staatlichen Bestätigung oder Übertragung des Eigentums in dessen Rechtsstellung einzurücken. Die Klägerin war bereits vor dem Erbfall, und zwar sogar geraume Zeit vor der Schädigungsmaßnahme, in die Bundesrepublik Deutschland übergesiedelt und kam deshalb nach Bodenreformgrundsätzen für eine Zuteilung der Bodenreformwirtschaft nicht in Betracht. Sie war mithin bei Nachzeichnung der Bodenreformgrundsätze auch nicht zuteilungsfähig im Sinne des Art. 233 § 12 Abs. 2 und 3 EGBGB. Unerheblich ist, ob die Klägerin durch politische Verfolgung zur Flucht gezwungen und um ihre Erwerbschance gebracht worden ist. Da nicht einmal diese Erwerbschance einen schädigungsfähigen Vermögenswert darstellt, gilt dies erst recht für die Aussicht, eine solche Erwerbschance dereinst erlangen zu können.
2. Die Divergenzrüge ist unzulässig, weil bei Abweichung von einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs der Zulassungsgrund des § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO nicht erfüllt ist. Die Rüge bleibt auch dann ohne Erfolg, wenn sie in eine Grundsatzrüge umgedeutet wird; denn die behauptete Abweichung von der Entscheidung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 17. Dezember 1998 – V ZR 200/98 – BGHZ 140, 223) liegt nicht vor. Der Bundesgerichtshof nimmt zwar an, mit dem Tod eines Begünstigten aus der Bodenreform seien seine Erben Eigentümer der dem Begünstigten aus der Bodenreform zugewiesenen Grundstücke geworden, hebt aber andererseits hervor, das kraft erbrechtlicher Nachfolge erworbene Eigentum habe öffentlich-rechtlichen Bindungen unterlegen. Die Rechtsstellung der Erben habe sich tatsächlich in der Aussicht eines von ihnen erschöpft, das Eigentum an den Bodenreformgrundstücken durch einen Verwaltungsakt übertragen zu erhalten oder aufgrund eines solchen Verwaltungsakts behalten zu können. Die Entscheidung betrifft mithin nur die Frage, wie sich das Gesetz über die Rechte der Eigentümer von Grundstücken aus der Bodenreform vom 6. März 1990 (a.a.O.) und die hieran anknüpfenden Vorschriften über die Abwicklung der Bodenreform in Art. 233 §§ 11 ff. EGBGB auf die Rechtsstellung eines Erben ausgewirkt haben, wenn der Erblasser und frühere Eigentümer des ehemaligen Bodenreformgrundstücks bei In-Kraft-Treten des Gesetzes vom 6. März 1990 bereits verstorben, aber noch im Grundbuch eingetragen war. Zu diesem Personenkreis gehört die Klägerin nicht.
3. Die Revision kann nicht wegen des gerügten Verfahrensmangels zugelassen werden (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Das angefochtene Urteil kann auf dem behaupteten Verfahrensmangel nicht beruhen. Die Klägerin wendet sich im Wesentlichen gegen die Darstellung des Sach- und Streitstands im Tatbestand des angefochtenen Urteils. Die gerügten angeblichen Auslassungen und fehlerhaften Wertungen betreffen indes nur die Frage, ob dem Erblasser die Bodenreformwirtschaft durch eine schädigende Maßnahme im Sinne des § 1 VermG entzogen worden ist. Diese Frage war für das Verwaltungsgericht nicht entscheidungserheblich. Mithin hat es sich zu ihr in den Entscheidungsgründen nicht verhalten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Festsetzung des Streitwerts auf § 14 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3, § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG.
Unterschriften
Dr. Franßen, Herbert, Neumann
Fundstellen