Entscheidungsstichwort (Thema)
Gegenvorstellung. Streitwertbeschluß. Frist. Änderungsbefugnis des Gerichts. Grundbescheid. Beiträge zur Insolvenzsicherung. dreifacher Jahresbetrag. künftiger Wegfall der Beitragspflicht. „Feststellungsrabatt” bei Streitwertfestsetzung
Normenkette
GKG § 13 Abs. 1 S. 1, § 17 Abs. 3, § 25 Abs. 1 Sätze 4, 25 Abs. 2 S. 3
Verfahrensgang
OVG für das Land NRW (Entscheidung vom 18.06.1980; Aktenzeichen 2 A 2842/78) |
VG Köln (Entscheidung vom 14.11.1978; Aktenzeichen 10 K 288/78) |
Tenor
Auf die Gegenvorstellung des Prozeßbevollmächtigten des Beklagten wird der Wert des Streitgegenstandes für das Revisionsverfahren unter Änderung des Beschlusses vom 15. Januar 1987 auf 3.000.000 DM festgesetzt.
Gründe
Der Gegenvorstellung, mit der eine angemessene Erhöhung des mit Beschluß vom 15. Januar 1987 für das Revisionsverfahren festgesetzten Streitwerts von 1.500.000 DM begehrt wird, kann der Erfolg nicht versagt werden.
Im Hinblick auf Streitwertbeschlüsse läßt § 25 GKG erkennen, daß, dem Gericht die Möglichkeit zur Selbstkorrektur eröffnet ist, freilich – aus Gründen der Rechtssicherheit – nur in bestimmten zeitlichen Grenzen. Der Anstoß zur Selbstkorrektur kann auch von den Prozeßbeteiligten und ihren Prozeßbevollmächtigten ausgehen. In diesem Rahmen erfüllt die Gegenvorstellung die Funktion, die sonst dem Rechtsmittel der Beschwerde zufällt. Sie kann daher auch nur innerhalb der Frist erhoben werden, in der die Beschwerde – wäre sie statthaft – hätte eingelegt werden müssen (BGH, Beschluß vom 12. Februar 1986 – IV a ZR 138/83 – in NJW-RR 1986, 737). Gemäß § 25 Abs. 2 Satz 3 erster Halbsatz GKG ist die Beschwerde nur zulässig, wenn sie innerhalb der in § 25 Abs. 1 Satz 4 bestimmten Frist eingelegt wird. Nach dieser Vorschrift ist die Änderung eines Streitwertbeschlusses nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat. Innerhalb dieser Frist ist die Gegenvorstellung erhoben worden.
Daß der beschließende Senat erst nach Ablauf der in § 25 Abs. 1 Satz 4 GKG gesetzten Frist entscheidet, kann ihm die Befugnis, den Streitwertbeschluß auf die Gegenvorstellung hin zu ändern, nicht nehmen. Abgesehen davon, daß der Beteiligte auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Senats keinen Einfluß hat und es schon deshalb unverständlich wäre, auf eine Gegenvorstellung hin dein Gericht eine Änderungsbefugnis nur innerhalb bestimmter Frist einzuräumen, zeigt § 25 Abs. 2 Satz 3 GKG in seinem zweiten Halbsatz selbst, daß eine derartige Einschränkung der Entscheidungsbefugnis vom Gesetzgeber nicht gewollt ist. Ist nämlich der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf der Sechsmonatsfrist festgesetzt worden, so kann die Beschwerde – und damit auch die Gegenvorstellung – noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Danach ist eine Beschwerde gegen einen Streitwertbeschluß auch nach Ablauf der in § 25 Abs. 1 Satz 4 GKG genannten Frist zulässig, was sinnlos wäre, wenn das Gericht keine Änderung mehr vornehmen dürfte.
Der Gegenvorstellung fehlt auch nicht das Rechtsschutzinteresse, denn sie ist nicht vom Beklagten selbst – er hat an einer Erhöhung des Streitwerts grundsätzlich kein eigenes Interesse –, sondern vom Prozeßbevollmächtigten im eigenen Namen eingelegt worden. Dies ergibt sich zweifelsfrei aus seinem Schriftsatz vom 21. Mai 1987, in welchem er von „meiner Eingabe” – gemeint ist die Gegenvorstellung – spricht. Auch dieser Schriftsatz ist bei Gericht noch innerhalb der Frist des § 25 Abs. 2 Satz 3 GKG eingegangen, nämlich am 22. Mai 1987.
Der beschließende Senat hatte den Streitwert in Anlehnung an die Festsetzung durch die Vorinstanz mit 1,5 Millionen DM und damit zu niedrig festgesetzt. Die Festsetzung richtet sich nach § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG; demgemäß ist der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache vom Gericht nach Ermessen zu bestimmen. Auch wenn der Rechtsstreit um die Rechtmäßigkeit eines Bescheids ging, in welchem die Pflicht zur Zahlung von Beiträgen zur Insolvenzsicherung nur dem Grunde und nicht der Höhe nach festgestellt worden ist, kann die Höhe der Beiträge, die zu zahlen sind, wenn der Grundbescheid rechtmäßig ist, nicht unberücksichtigt bleiben, denn sie machen die Bedeutung des Grundbescheides für den Kläger aus. Die Beiträge des Klägers sind nach der Aufstellung des Beklagten für die einzelnen Jahre sehr unterschiedlich. Legt man die gesamte Beitragszeit von 1975 bis zum Erlaß des Senatsurteils Anfang Januar 1987, also einschließlich 1986, zugrunde, so ergibt sich eine Summe von etwa 14.866.000 DM. Die durchschnittliche Jahresrate beläuft sich damit auf etwa 1.240.000 DM. Der beschließende Senat hält es für angemessen, grundsätzlich den dreifachen Jahresbetrag zugrunde zu legen. Er orientiert sich dabei an § 17 Abs. 3 GKG, dessen Tatbestandsmerkmale hier freilich im einzelnen nicht erfüllt sind, der aber wiederkehrende Leistungen betrifft, die auch in öffentlichrechtlichen Rechtsverhältnissen ihre Wurzel haben. Allerdings kann dieser Betrag nicht voll angesetzt werden. Ein Bescheid, der die Beitragspflicht nur dem Grunde nach feststellt, belastet den Kläger weniger stark als ein Bescheid, der bereits die Höhe der Beiträge festsetzt und sich als vollstreckbar erweist. Wie hoch dieses „weniger” zu veranschlagen ist, ist zu schätzen und wird im übrigen von Fall zu Fall verschieden sein. Mangels besonderer Anhaltspunkte hält der beschließende Senat in Streitigkeiten dieser Art einen Abschlag von 20 % für angemessen. In lastenausgleichsrechtlichen Feststellungsverfahren setzt er allerdings in ständiger Rechtsprechung nur die Hälfte des Betrags an, der sich aus der begehrten Schadensfeststellung als Grundbetrag der Hauptentschädigung ergibt (in jüngster Zeit: Beschluß vom 25. Oktober 1984 – BVerwG 3 C 10.83 – in Buchholz 360 § 13 Nr. 7). Der Grund für diesen stärkeren Abschlag liegt darin, daß in Lastenausgleichssachen schon von Gesetzes wegen mit erheblichen Abweichungen von dem Grundbetrag zu rechnen ist, der sich zunächst aus den Tabellen – bezogen auf den festgestellten Schadensbetrag – ergibt.
Keinen Grund zur weiteren Reduzierung des Streitwerts entnimmt der Senat dem Gesichtspunkt, daß nach dem Vortrag des Klägers im Hinblick auf eine geplante Gesetzesänderung bald mit dem Wegfall der Beitragspflicht zu rechnen sei. Der vom Grundbescheid umfaßte beitragspflichtige Zeitraum umfaßt nämlich bis heute schon mehr als zwölf Jahre.
Unterschriften
Dr. Dickersbach, Fandré, Sommer
Fundstellen