Entscheidungsstichwort (Thema)
Personalvertretungsrecht. Mitbestimmung bei Wechsel in eine Fallgruppe, die mit einem Zeitaufstieg in eine höhere Vergütungsgruppe verbunden ist. Übertragung einer höher zu bewertenden Tätigkeit
Leitsatz (amtlich)
Ein Fallgruppenwechsel innerhalb derselben Vergütungsgruppe (BAT), der mit einem automatischen Zeitaufstieg in eine höhere Vergütungsgruppe verbunden ist, unterliegt der Mitbestimmung des Personalrats gemäß § 75 Abs. 1 Nr. 2 BPersVG.
Normenkette
BPersVG § 75 Abs. 1 Nr. 2
Verfahrensgang
OVG Rheinland-Pfalz (Beschluss vom 05.12.1994; Aktenzeichen 4 A 12735/93) |
VG Trier (Beschluss vom 24.09.1993; Aktenzeichen 4 K 13/91 TR) |
Tenor
Der Beschluß des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz – Fachsenat für Personalvertretungssachen (Bund) – vom 5. Dezember 1994 wird geändert. Die Beschwerde des Beteiligten gegen den Beschluß des Verwaltungsgerichts Trier – Fachkammer für Personalvertretungssachen (Bund) – vom 24. September 1993 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß festgestellt wird, daß ein Fallgruppenwechsel innerhalb derselben Vergütungsgruppe, der mit einem automatischen Zeitaufstieg in eine höhere Vergütungsgruppe verbunden ist, der Mitbestimmung unterliegt.
Der Gegenstandswert wird für das Rechtsbeschwerdeverfahren auf 8 000 DM festgesetzt.
Tatbestand
I.
Der Beteiligte, der Kommandeur des Fernmeldebereichs 70, beantragte im September 1989 bei der Standortverwaltung Trier als der personalbearbeitenden Dienststelle die “Höhergruppierung” der bislang in Fallgruppe 2 der Vergütungsgruppe VII eingruppierten Angestellten L.… nach Fallgruppe 1 dieser Vergütungsgruppe; als Begründung führte er eine Änderung des Organisations- und Stellenplans an. Nach Nr. I B der Verwaltungsanordnung Nr. 5 der Bundeswehr in der Fassung vom 1. Dezember 1972 (Angestellte in der Auswertung und Entzifferung) sind der Vergütungsgruppe VII Fallgruppe 1 Hilfsauswerter und Hilfsentzifferer zugeordnet; sie werden nach dreijähriger Tätigkeit in die Vergütungsgruppe VIb, Fallgruppe 1 eingruppiert. Mit Schreiben vom 26. Oktober 1990 bat der Beteiligte den antragstellenden Personalrat, der Maßnahme zuzustimmen. Dieser verweigerte die Zustimmung, weil dadurch die lebens- und dienstältere Angestellte D.… ungerechtfertigt benachteiligt werde. Nachdem der Amtschef des Luftwaffenamtes, dem der Beteiligte die Angelegenheit gemäß § 69 Abs. 3 Satz 1 BPersVG vorgelegt hatte, die Auffassung vertreten hatte, die Maßnahme sei nicht mitbestimmungspflichtig, nahm der Beteiligte die Umgruppierung der Angestellten L.… vor. Daraufhin hat der Antragsteller das personalvertretungsrechtliche Beschlußverfahren eingeleitet und beantragt festzustellen, daß der Fallgruppenwechsel der Angestellten L.… von Vergütungsgruppe VII, 2 in Vergütungsgruppe VII, 1 der Mitbestimmung unterliegt.
Das Verwaltungsgericht hat dem Antrag stattgegeben. Es sah im Wechsel der Fallgruppe eine mitbestimmungspflichtige Höhergruppierung, weil die Einstufung in Fallgruppe 1 nach dreijähriger Tätigkeit zu einer automatischen Einstufung des Betreffenden in die Vergütungsgruppe VIb führe.
Das Oberverwaltungsgericht hat auf die Beschwerde des Beteiligten den Beschluß des Verwaltungsgerichts geändert und den Antrag des Antragstellers abgelehnt. Es hat seine Entscheidung im wesentlichen wie folgt begründet:
Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sei der Wechsel der Fallgruppe innerhalb derselben Vergütungsgruppe nicht mitbestimmungspflichtig. Das gelte auch, wenn mit dem Wechsel der Fallgruppe der Wechsel des Bewährungsaufstiegs verbunden sei, weil dies, anders als der Wechsel der Vergütungsgruppe, keine unmittelbare Auswirkung auf die dem Angestellten zu gewährende Vergütung habe und auch nichts an der tariflichen Bewertung der Tätigkeit ändere. Nichts anderes gelte in bezug auf die Beteiligungspflicht, wenn mit der Zuordnung zu einer anderen Fallgruppe die Möglichkeit eines Zeitaufstiegs gewährt oder genommen werde. Auch hier ergäben sich keine unmittelbaren Auswirkungen auf die der Angestellten zu gewährende Vergütung, und es ändere sich auch nichts an der tariflichen Bewertung der Tätigkeit. In beiden Fällen gebe die Zuordnung zu einer entsprechenden Fallgruppe nicht mehr als die Möglichkeit, nach einer Bewährung bzw. nach einer bestimmten Zeit in die höhere Vergütungsgruppe zu wechseln, ohne daß aber der Wechsel im Zeitpunkt der Zuordnung zur Fallgruppe bereits unabänderlich feststehe. Auch beim sog. Zeitaufstieg sei mit der Zuordnung zu einer Fallgruppe, die diesen lediglich ermögliche, noch keine automatische Höhergruppierung aufgrund bloßen Zeitablaufs gegeben. Der Wechsel der Fallgruppe innerhalb derselben Vergütungsgruppe sei daher auch dann nicht als Höhergruppierung mitbestimmungspflichtig, wenn dadurch die Möglichkeit eines Zeitaufstiegs eröffnet werde oder eine derartige Möglichkeit entfalle. Das gleiche gelte für eine Mitbestimmungspflicht unter dem Gesichtspunkt der Übertragung einer höher oder niedriger zu bewertenden Tätigkeit, die ggf. mit dem Wechsel der Fallgruppe einhergehe. Mitbestimmungspflichtig sei daher erst die Höhergruppierung, nachdem sich die Angestellte in der entsprechend bewerteten Tätigkeit bewährt oder sie über einen bestimmten Zeitraum ausgeübt habe. Der Fall sei nicht vergleichbar mit der Verleihung eines mit einer Anhebung des Gehaltsrahmens verbundenen Verleihung eines höheren Titels, die vom Bundesverwaltungsgericht als mitbestimmungspflichtig angesehen worden sei. Der entscheidende Unterschied liege darin, daß die Verleihung eines höheren Titels unmittelbar die Gewährung höherer Bezüge ermögliche, was bei dem Wechsel der Fallgruppe nicht zutreffe.
Hiergegen richtet sich die vom Oberverwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassene Rechtsbeschwerde des antragstellenden Personalrats. Nach seiner Auffassung ist vorliegend der Fallgruppenwechsel mitbestimmungspflichtig. Es müsse hierbei auf den Regelfall abgestellt werden. Bei Zuweisung und Übertragung einer Tätigkeit unter Eingruppierung in eine bestimmte Fallgruppe könne davon ausgegangen werden, daß die Tätigkeit über den vorgesehenen Zeitraum hinaus ausgeübt werde und sodann die Anhebung erfolge. Bereits zu diesem Zeitpunkt müsse die Personalvertretung beteiligt werden. Anderenfalls laufe das Mitbestimmungsrecht in sämtlichen Fällen, in denen ein Zeitaufstieg vorgesehen sei, leer; es wäre dann nämlich im Falle der konkreten Höhergruppierung lediglich noch festzustellen, ob die Tätigkeit den Merkmalen der Fallgruppe entspreche. Nach Sinn und Zweck des § 75 Abs. 1 Nr. 2 BPersVG müsse die Personalvertretung aber bereits dann beteiligt werden, wenn entschieden werde, in welche konkrete Fallgruppe die Eingruppierung erfolge und welche Tätigkeiten zu übertragen seien.
Der Antragsteller beantragt,
unter Abänderung des Beschlusses des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 5. Dezember 1994 festzustellen, daß der Fallgruppenwechsel der Angestellten L.… von Vergütungsgruppe VII, 2 in Vergütungsgruppe VII, 1 der Mitbestimmung unterliegt,
hilfsweise,
unter Abänderung des Beschlusses des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 5. Dezember 1994 festzustellen, daß ein Fallgruppenwechsel von Vergütungsgruppe VII, 2 und Vergütungsgruppe VII, 1 der Mitbestimmung unterliegt.
Der Beteiligte beantragt,
die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.
Er hält die Rechtsbeschwerde für unzulässig, weil kein Feststellungsinteresse für die zu entscheidende Rechtsfrage mehr bestehe. Die dem Streitfall zugrundeliegende Maßnahme habe sich durch die Umsetzung der Angestellten L.… zwischenzeitlich erledigt. Der Antrag sei nicht auf die dahinterstehende konkrete Rechtsfrage gerichtet gewesen, sondern er habe sich allein auf die “Zerstörung der Maßnahme zugunsten der Angestellten L.… gerichtet”. Im übrigen verteidigt der Beteiligte den angefochtenen Beschluß. Es sei nicht die Absicht gewesen, die Angestellte L.… durch die Umsetzung zu fördern. Diese Maßnahme sei im Zuge der gesamten Umorganisation der Dienststelle erfolgt, die durch das Bundesministerium der Verteidigung befohlen worden sei. Sie sei das Ergebnis einer STAN-Verhandlung gewesen.
Der Oberbundesanwalt beteiligt sich an dem Verfahren. Er hält die Rechtsbeschwerde für unzulässig, weil die streitbefangene Maßnahme zur Zeit der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts nicht nur vollzogen gewesen sei, sondern wegen der zwischenzeitlich erfolgten Höhergruppierung der Angestellten L.… auch nicht mehr rückgängig gemacht werden könne.
Entscheidungsgründe
II.
Die Rechtsbeschwerde ist zulässig.
Das Rechtsschutzbedürfnis an der Durchführung des Rechtsbeschwerdeverfahrens ist nicht dadurch entfallen, daß die Angestellte L.…, gegen deren Umsetzung und Höhergruppierung sich der antragstellende Personalrat gewandt hat, zwischenzeitlich umgesetzt und auch höhergruppiert worden ist. Zwar ist damit der konkrete Anlaß, der zur Einleitung und Durchführung des personalvertretungsrechtlichen Beschlußverfahrens geführt hat, nicht mehr gegeben. Nach der neueren Rechtsprechung des Senats kann aber im personalvertretungsrechtlichen Beschlußverfahren nach Erledigung des Streitfalls die dem Vorgang zugrunde liegende personalvertretungsrechtliche Streitfrage noch der gerichtlichen Klärung zugeführt werden, wenn und soweit Antrag und Sachvortrag des Rechtsmittelführers in diese (abstrakte) Richtung weisen und wenn es mit einiger – mehr als nur geringfügiger – Wahrscheinlichkeit wiederum Streit darüber geben wird. Der Antragsteller muß dies spätestens mit seinem in der letzten Tatsacheninstanz gestellten Antrag deutlich gemacht haben. Geschieht dies nicht, schließt dies nicht in jedem Fall eine nachträgliche – präzisierende – Auslegung eines Antrags aus. Die Auslegung muß sich in diesem Fall jedoch darauf beschränken, den eigentlichen Antragsinhalt anhand des Vorbringens der Verfahrensbeteiligten zu ermittlen, darf also den sich aus dem Wortlaut ergebenden Sinn nicht verkehren (vgl. Beschluß vom 2. Juni 1993 – BVerwG 6 P 23.91 – Buchholz 251.7 § 65 NWPersVG Nr. 2 m.w.N.).
Nach dem vordergründigen Wortlaut seines Antrags hat der Antragsteller einen auf den konkreten Fall bezogenen Antrag gestellt, nämlich festzustellen, daß der Fallgruppenwechsel der Angestellten L.… von Vergütungsgruppe VII, 2 nach Vergütungsgruppe VII, 1 der Mitbestimmung unterliegt. Erst im Verlauf des Rechtsbeschwerdeverfahrens hat er einen Hilfsantrag gestellt, der ausdrücklich auf die dahinterstehende abstrakte Rechtsfrage abzielte, indem er, losgelöst vom konkreten Fall, beantragt hat, festzustellen, daß ein Fallgruppenwechsel von Vergütungsgruppe VII, 2 nach Vergütungsgruppe VII, 1 der Mitbestimmung unterliegt. Dieser Hilfsantrag wäre als eigenständiger Antrag neuen Inhalts aber unzulässig, da er erst in der Rechtsbeschwerdeinstanz und nicht in der letzten Tatsacheninstanz gestellt worden ist.
Trotz der konkreten Fassung des Hauptantrags ist das Rechtsschutzbedürfnis für die Durchführung des Rechtsbeschwerdeverfahrens aber nicht entfallen. Aufgrund des festgestellten Sachverhalts und des darin zum Ausdruck gekommenen Willens des Antragstellers ist der Antrag – unbeschadet der Bezugnahme auf die Umsetzung der Frau L.… – in dem Sinne auszulegen, daß der Antragsteller von Anfang an die abstrakte Rechtsfrage geklärt wissen wollte, ob ein Fallgruppenwechsel, der, wie derjenige der Angestellten L.… von Vergütungsgruppe VII, 2 nach Vergütungsgruppe VII, 1, mit einem Zeitaufstieg verbunden ist, mitbestimmungspflichtig ist. Dies ergibt sich aus folgenden Tatsachen: Die ursprünglich mit der Antragsschrift vom 6. März 1991 angekündigten vier Feststellungsanträge waren abstrakt, unabhängig von dem zugrundeliegenden Streitfall, formuliert. Erst in der Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht hat der Antragsteller die konkrete Fassung des Feststellungsantrags gewählt. Dabei ist es zwar geblieben. Seinem Vorbringen auch im Beschwerdeverfahren vor dem Oberverwaltungsgericht ist indes mit hinreichender Deutlichkeit zu entnehmen, daß es ihm in Wahrheit immer um die Klärung der abstrakten Rechtsfrage ging. Auch das Oberverwaltungsgericht ist offensichtlich davon ausgegangen, daß Gegenstand des personalvertretungsrechtlichen Beschlußverfahrens die dargestellte abstrakte Rechtsfrage war. Es hat deutlich nach Ablauf von 3 Jahren und Eintritt des Zeitaufstiegs die Rechtsbeschwerde wegen grundsätzlicher Bedeutung der dem Rechtsstreit zugrunde liegenden abstrakten Rechtsfrage zugelassen.
Die Rechtsbeschwerde ist auch begründet. Sie führt zur Änderung des Beschlusses des Oberverwaltungsgerichts und zur Zurückweisung der Beschwerde des Beteiligten gegen den Beschluß des Verwaltungsgerichts mit der Maßgabe, daß dem Hauptantrag mit dem vorstehend ausgelegten Inhalt stattzugeben ist.
Entgegen der Auffassung des Oberverwaltungsgerichts unterliegt ein Fallgruppenwechsel innerhalb derselben Vergütungsgruppe, der – wie im Falle der Umsetzung der Frau L.… – mit einem Zeitaufstieg in eine höhere Vergütungsgruppe verbunden ist, der Mitbestimmung des Personalrats gemäß § 75 Abs. 1 Nr. 2 BPersVG. Nach dieser Bestimmung hat der Personalrat in Personalangelegenheiten der Angestellten bei der Übertragung einer höher oder niedriger zu bewertenden Tätigkeit, Höher- oder Rückgruppierung, Eingruppierung mitzubestimmen. Zwar ist der Wechsel der Fallgruppe innerhalb derselben Vergütungsgruppe im allgemeinen keine Höher- oder Rückgruppierung im Sinne dieser Vorschrift. Er hat keine unmittelbare Auswirkung auf die dem Angestellten zu gewährende Vergütung, wie dies beim Wechsel der Vergütungsgruppe der Fall ist. Er ändert auch nichts an der tariflichen Bewertung der Tätigkeit. Hierfür ist, wie sich aus den §§ 22, 24 BAT ergibt, ausschließlich die für die Tätigkeit in Betracht kommende Vergütungsgruppe maßgebend (vgl. Beschlüsse vom 30. Januar 1979 – BVerwG 6 P 66.78 – Buchholz 238.37 § 72 PersVG NW = BVerwGE 57, 260; vom 18. Dezember 1979 – BVerwG 6 P 15.79 – Buchholz 238.3 A § 75 BPersVG Nr. 14 und vom 7. Juni 1984 – BVerwG 6 P 23.82 –).
Ist mit dem Wechsel der Fallgruppe innerhalb derselben Vergütungsgruppe aber die Möglichkeit eines automatischen Zeitaufstiegs verbunden, so stellt sich dies als mitbestimmungspflichtige Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit gemäß § 75 Abs. 1 Nr. 2 BPersVG dar. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Beschlüsse vom 14. Dezember 1962 – BVerwG 7 P 3.62 – BVerwGE 15, 212, 213; vom 14. Dezember 1962 – BVerwG 7 P 5.62 – BVerwGE 15, 215, 216; vom 13. Februar 1976 – BVerwG 7 P 4.75 – BVerwGE 50, 186 und vom 22. Februar 1989 – BVerwG 6 P 3.86 – Buchholz 251.5 § 64 HePersVG Nr. 8) und des Bundesarbeitsgerichts (Urteil vom 27. November 1991 – 4 AZR 29/91 – PersV 1992, 524 m.w.N.) ist unter der Übertragung einer höher oder niedriger zu bewertenden Tätigkeit die Übertragung einer Tätigkeit zu verstehen, die zu einem Wechsel der Lohn- oder Vergütungsgruppe führt. Diese Voraussetzungen sind aber nicht nur dann erfüllt, wenn ein Beschäftigter unmittelbar in eine höhere Vergütungsgruppe eingruppiert wird, sondern auch dann, wenn zwar – zunächst – nur ein Wechsel der Fallgruppe innerhalb derselben Vergütungsgruppe erfolgt, damit aber gleichzeitig die Möglichkeit eines Zeitaufstiegs eröffnet wird, ohne daß daran weitere Bedingungen geknüpft sind. In diesen Fällen hat die Tarifordnung die den Zeitaufstieg ermöglichende Tätigkeit im Vergleich zu den anderen Tätigkeiten der übrigen Fallgruppen innerhalb derselben Vergütungsgruppe selbst höher bewertet, indem sie dadurch, daß sie den Aufstieg von einer Fallgruppe in die nächsthöhere Vergütungsgruppe nach einer bestimmten Zeit gleichsam automatisch vorsieht, ein- und dieselbe Tätigkeit letztlich, d.h. auf Dauer gesehen, der höheren Vergütungsgruppe zuordnet.
Dies wird am Beispiel der Angestellten L.… deutlich: Der Wechsel von der Fallgruppe 2 der Vergütungsgruppe VII nach Fallgruppe 1 war gleichzeitig mit einem Wechsel von Tätigkeitsmerkmalen verbunden. Beide hier in Betracht kommenden Fallgruppen der Vergütungsgruppe VII der Verwaltungsanordnung Nr. 5 (Angest) des Bundesministeriums der Verteidigung vom 30. Dezember 1964 in der Fassung vom 1. Dezember 1972 über die Eingruppierung der Angestellten in der Fernmelde- und Elektronischen Aufklärung der Bundeswehr haben unterschiedliche Tätigkeiten mit einem unterschiedlichen Verantwortungsgrad zum Inhalt. In Fallgruppe 2 der Vergütungsgruppe VII sind Angestellte beschäftigt, die bei der Erarbeitung von Grundlagen für die Auswertung oder Entzifferung mitwirken (z.B. Zusammenstellen von Unterlagen, Führung der Fachstatistik) oder Karteien führen, die nach technischen Merkmalen geordnet sind, oder die aufgenommenes Material nach Weisung voruntersuchen. In die Fallgruppe 1 dieser Vergütungsgruppe werden Angestellte eingewiesen, die Material der Fernmelde- oder Elektronischen Aufklärung in betrieblicher und technischer Hinsicht als Unterlage für die Meldungs- und Berichterstattung auswerten und zusammenstellen (Hifsauswerter) oder in der Voruntersuchung der Entzifferung tätig sind (Hilfsentzifferer). Der Wechsel der Fallgruppen hat später bei dann unveränderter Tätigkeit auch vergütungsrechtliche Konsequenzen, denn nach dreijähriger Tätigkeit werden die in Fallgruppe 1 der Vergütungsgruppe VII eingruppierten Angestellten nach Vergütungsgruppe VIb, Fallgruppe 1 eingestuft, wobei deren Tätigkeitsmerkmale die gleichen wie die in Vergütungsgruppe VII, Fallgruppe 1 sind.
Es ist dem Oberverwaltungsgericht darin zu folgen, daß mit dem Wechsel von der Fallgruppe 2 nach Fallgruppe 1 der Vergütungsgruppe VII noch kein unmittelbarer rechtlicher Anspruch auf eine Eingruppierung in Vergütungsgruppe VIb, Fallgruppe 1 eingeräumt wird, weil die betreffenden Angestellten zunächst noch drei Jahre in der Vergütungsgruppe VII, Fallgruppe 1 verbringen müssen. Entgegen der Meinung des Oberverwaltungsgerichts wird den Betroffenen aber dadurch mehr als nur die Möglichkeit eingeräumt, nach Ablauf der drei Jahre nach Vergütungsgruppe VIb, Fallgruppe 1, höhergruppiert zu werden. Sie erwerben damit zwar noch kein Anwartschaftsrecht auf Einweisung in die höhere Vergütungsgruppe, weil nicht vorausgesehen werden kann, ob der oder die Angestellte – sei es aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen – den Ablauf der vollen Zeit überhaupt erreicht (BAG, Urteil vom 2. Dezember 1981 – 4 AZR 383/79 – BAGE 37, 145, 151). Die Zuordnung zu einer Fallgruppe mit Zeitaufstieg kommt aber einer Anwartschaft sehr nahe (vgl. Fischer/Goeres, in Fürst, GKÖD K § 75, Rn. 20a).
Zwar hat das Bundesverwaltungsgericht in seinem Beschluß vom 31. Januar 1979 (– BVerwG 6 P 19.78 – BVerwGE 57, 264) zur Frage des Wechsels in eine Fallgruppe mit Bewährungsaufstieg u.a. ausgeführt, der Arbeitgeber sei kraft seines Direktionsrechts nicht gehindert, dem Angestellten trotzdem eine nach seiner Vergütungsgruppe zu bewertende andere Tätigkeit zuzuweisen. Er sei lediglich gehindert, sein Direktionsrecht rechtsmißbräuchlich auszuüben, d.h. einem Angestellten willkürlich die Teilnahme am Bewährungsaufstieg durch Zuweisung einer anderen, gleich vergüteteten Tätigkeit zu verwehren. An dieser Rechtsprechung hält der Senat so nicht mehr fest. Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts rechtfertigt das Direktionsrecht des Arbeitgebers des öffentlichen Dienstes nicht, dem Arbeitnehmer eine Tätigkeit zu übertragen, die geringerwertigen “Qualifikationsmerkmalen” entspricht. Das Bundesarbeitsgericht hat seine Auffassung damit begründet, daß mit derartigen Änderungen regelmäßig auch eine Änderung der vertraglich zugesagten Vergütung verbunden sei. Die Art der Beschäftigung könne durch das allgemeine Direktionsrecht nicht unbegrenzt abgeändert werden. Das Arbeitsverhältnis genieße Bestandsschutz auch gegen inhaltliche Änderungen der Tätigkeit (vgl. BAG, Urteil vom 30. August 1995 – 1 AZR 47/95 – AP Nr. 44 zu § 611 BGB Direktionsrecht und vom 24. April 1996 – 4 AZR 976/94 – AP Nr. 49 zu § 611 BGB Direktionsrecht). Aber selbst dann, wenn der Arbeitgeber kraft seines Direktionsrechts grundsätzlich befugt sei, den Arbeitsbereich des Arbeitnehmers zu verändern, müsse die Maßnahme billigem Ermessen entsprechen (§ 315 Abs. 3 BGB). Dazu gehöre, daß alle wesentlichen Umstände des Falles abgewogen und die beiderseitigen Interessen angemessen zu berücksichtigen seien. In diese Abwägung müsse etwa auch die Entziehung der Chance zum Bewährungsaufstieg durch Veränderung der übertragenen Tätigkeit vom Arbeitgeber mit einbezogen werden (BAG, Urteil vom 23. Juni 1993 – 5 AZR 337/92 – AP Nr. 42 § 611 BGB Direktionsrecht). Der Senat schließt sich dieser Rechtsprechung an. Sie wird auch und gerade den Fällen des Zeitaufstiegs am besten gerecht. Tarifrechtlich werden hiermit der Übertragung der neuen Tätigkeit faktisch die Weichen für die spätere Höhergruppierung gestellt. Hat der Angestellte die Zeit in der neuen Fallgruppe verbracht, so ist er höherzugruppieren. Anders als beim (echten) Bewährungsaufstieg, bei dem die Bewährung positiv nachzuweisen ist, entfällt der “Zeitaufstieg” nur dann, wenn sich der Angestellte nicht bewährt hat (BAG, Urteil vom 4. November 1969 – 4 AZR 550/68 – AP Nr. 7 zu § 23a BAT), was der Arbeitgeber nachzuweisen hat. Es läßt sich hier daher erst recht nicht unterstellen, daß der Arbeitgeber auch dann, wenn keine Gesichtspunkte vorliegen, die gegen eine Bewährung des Angestellten sprechen, unter Inanspruchnahme seines Direktionsrechts ohne weiteres den Angestellten wieder in seine frühere Fallgruppe zurückverweisen könnte.
Für die Mitbestimmung des Personalrats bereits zum Zeitpunkt des Wechsels zu der Fallgruppe, die nach einer bestimmten Zeit den Aufstieg zur nächsthöheren Vergütungsgruppe zur Folge hat, sprechen auch Sinn und Zweck des § 75 Abs. 1 Nr. 2 BPersVG. Das Bundesverwaltungsgericht hat hinsichtlich der Mitbestimmung bei der korrigierenden Höhergruppierung u.a. folgendes ausgeführt: “Gerade die Beteiligung an der Höhergruppierung ermöglicht es der Personalvertretung, auf die Wahrung des Tarifgefüges in der Dienststelle zu achten und damit auch zur Wahrung des Friedens in der Dienststelle beizutragen. Im Interesse aller Angehörigen des öffentlichen Dienstes, insbesondere aber der Angestellten selbst, muß verhindert werden, daß durch eine mehr oder minder wohlwollende Beurteilung im Rahmen von korrigierenden Höhergruppierungen einzelne Angestellte bevorzugt, andere dagegen benachteiligt werden: Darüber hinaus hat der Personalrat im Rahmen seiner Mitbestimmung darauf zu achten, daß die beabsichtigten Maßnahmen mit den Gesetzen und Tarifverträgen in Einklang stehen” (BVerwG, Beschluß vom 13. Februar 1976 – BVerwG 7 P 4.75 – BVerwGE 50, 186, 191). Diese Maßstäbe gelten in gleicher Weise bei einem Wechsel in eine Fallgruppe, die mit einem Zeitaufstieg verbunden ist. Es entspricht dem Zweck des Mitbestimmungsrechts als Mitbeurteilungsrecht des Personalrats, daß bereits bei der Entscheidung über einen derartigen Fallgruppenwechsel klargestellt wird, ob es sich bei dem Arbeitsplatz um einen solchen handele, aus dem ein Zeitaufstieg möglich ist oder nicht (vgl. BAG, Beschluß vom 27. Juli 1993 – 1 ABR 11/93 – DB 1994, 1373 bezüglich Fallgruppenwechsel mit Bewährungsaufstieg).
Diese Aufgabe könnte der Personalrat nicht wirksam wahrnehmen, wenn er erst nach Ablauf der vorgesehenen Zeit beteiligt würde. Denn mit der Übertragung der neuen, mit Zeitaufstieg versehenen Fallgruppe werden, wie oben dargelegt wurde, praktisch die Weichen für die spätere Höhergruppierung gestellt. Wegen der sich daraus ergebenden faktischen Automatik wäre der Personalrat im Falle der Nichtbeteiligung bei dem Fallgruppenwechsel in der Regel an einer echten Mitbestimmung bei der Höhergruppierung gehindert; denn er könnte gegen die später erfolgende Höhergruppierung nichts Wesentliches mehr einwenden, da der Angestellte die Voraussetzungen dafür nach Ablauf der geforderten Zeit erfüllt hat.
- Für die Mitbestimmung des Personalrats bei einem Wechsel in eine Fallgruppe, die mit einem Zeitaufstieg verbunden ist, spricht schließlich auch die Tatsache, daß auch die vorübergehende Übertragung einer höher zu bewertenden Tätigkeit einschließlich der vertretungsweisen Übertragung gemäß § 75 Abs. 1 Nr. 2 BPersVG mitbestimmungspflichtig ist (vgl. dazu Beschluß vom 8. Oktober 1997 – BVerwG 6 P 9.95 – zur Veröffentlichung in der amtlichen Sammlung bestimmt). Wenn schon die vorübergehende Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit wegen ihrer faktisch möglichen Vorwirkungen auf eine spätere Höhergruppierung der Mitbestimmung unterworfen ist, dann gilt dies erst recht für die entscheidende Weichenstellung in den Fällen der Übertragung einer Tätigkeit, die einer Fallgruppe zugeordnet ist, welche an Leistungsmerkmale anknüpfend im Wege des Zeitaufstiegs auf eine Höhergruppierung angelegt ist.
- In diesem Zusammenhang ist nicht darüber zu befinden, ob auch der Wechsel in eine Fallgruppe, die mit einem Bewährungsaufstieg verbunden ist, gemäß § 75 Abs. 1 Nr. 2 BPersVG mitbestimmungspflichtig ist. Die dargelegten Grundsätze sprechen aber dafür, daß im Gegensatz zur früheren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, die eine Mitbestimmung bei einem Wechsel in eine mit Bewährungsaufstieg versehene Fallgruppe verneint hat (vgl. Beschluß vom 30. Januar 1979 – BVerwG 6 P 66.78 – BVerwGE 57, 260), auch dieser Fall der Mitbestimmung des Personalrats unterliegt. Ebenso wie beim Zeitaufstieg hat die Tarifordnung durch die Festlegung der Fallgruppe, aus der der Bewährungsaufstieg erfolgen soll, gleichzeitig entschieden, daß die dort ausgeübten Tätigkeiten höherwertig sind. Auch im Falle des Bewährungsaufstiegs kann der Arbeitgeber nach der zitierten neueren Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sein Direktionsrecht nicht mehr uneingeschränkt ausüben. Schließlich erfolgt durch die Zuweisung zu der jeweiligen Fallgruppe eine faktische Vorentscheidung für die nach der Bewährung erfolgende Höhergruppierung, die nur in wenigen Ausnahmefällen später noch korrigiert wird bzw. korrigiert werden kann. Es entspricht auch in diesem Falle dem Sinn und Zweck des Mitbestimmungsrechts als Mitbeurteilungsrecht, den Personalrat bereits zu diesem Zeitpunkt zu beteiligen (in diesem Sinne BAG, Beschluß vom 27. Juli 1993 – 1 ABR 11/93 – DB 1994, 1373).
- Die Festsetzung des Gegenstandswerts beruht auf § 10 Abs. 1 BRAGO in Verbindung mit § 8 Abs. 2 BRAGO. Es bestand kein Anlaß, einen höheren als den Auffangwert von 8 000 DM festzusetzen. Wie das Bundesverwaltungsgericht in ständiger Rechtsprechung (vgl. Beschluß vom 28. Juli 1989 – BVerwG 6 P 1.88 – Buchholz 251.6 § 68 NdsPersVG Nr. 1 m.w.N.) ausgeführt hat, schließt es die jedem personalvertretungsrechtlichen Beschlußverfahren innewohnende allgemeine, auf die Tätigkeit aller Personalvertretungen ausstrahlende Bedeutung in der Regel aus, die einzelnen Streitsachen unterschiedlich zu bewerten. Insbesondere wäre es nicht gerechtfertigt, die Bestimmung des Gegenstandswerts von möglichen Folgewirkungen der Entscheidung abhängig zu machen, die im Beschlußverfahren getroffen worden ist. Auch die Schwierigkeit der Rechtsfragen, die in den Vorinstanzen und im Rechtsbeschwerdeverfahren vom Senat zu beantworten waren, gebietet es nicht, den regelmäßig anzunehmenden Gegenstandswert personalvertretungsrechtlicher Beschlußverfahren zu über- oder unterschreiten.
Unterschriften
Niehues, Seibert, Albers, Vogelgesang, Eckertz-Höfer
Fundstellen
Haufe-Index 893657 |
BVerwGE, 241 |
ZBR 1998, 184 |
AP, 0 |
DÖV 1998, 563 |
PersR 1998, 158 |
DVBl. 1998, 634 |