Verfahrensgang
VG Potsdam (Urteil vom 14.11.2013; Aktenzeichen 1 K 241/12) |
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 14. November 2013 wird verworfen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 40 500 EUR festgesetzt.
Gründe
Die allein auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gestützte Beschwerde ist unzulässig und deshalb zu verwerfen. Die Beschwerdebegründung genügt bereits nicht den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO.
Die Darlegung des Zulassungsgrundes rechtsgrundsätzlicher Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) setzt die Formulierung einer bestimmten, höchstrichterlich noch ungeklärten und für die Revisionsentscheidung erheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts und außerdem die Angabe voraus, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung bestehen soll (stRspr, vgl. Beschluss vom 19. August 1997 – BVerwG 7 B 261.97 – Buchholz 310 § 133 VwGO ≪n.F.≫ Nr. 26 S. 14). Im Falle einer mehrfachen, die Entscheidung jeweils selbstständig tragenden Begründung des angefochtenen Urteils bedarf es zur Zulässigkeit der Beschwerde in Bezug auf jede dieser Begründungen eines geltend gemachten und vorliegenden Zulassungsgrundes (Beschluss vom 19. August 1997 a.a.O. S. 15). Daran fehlt es hier. Das Verwaltungsgericht hat die Klage sowohl für unzulässig als auch für unbegründet gehalten und damit das angefochtene Urteil auf zwei jeweils selbstständig tragende Begründungen gestützt. Die Beschwerde der Klägerin legt in Bezug auf keinen der beiden tragenden Begründungen des verwaltungsgerichtlichen Urteils einen Zulassungsgrund in der nach § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO erforderlichen Weise dar.
Soweit die Beschwerde der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung insoweit beimisst, „als es um die Frage von Änderungsbescheiden im Verwaltungsprozess” sowie „die Frage der Verwirkung” gehe, benennt sie nur den Gegenstand und eine Erwägung des angegriffenen Urteils, formuliert jedoch keine Rechtsfragen von rechtsgrundsätzlicher Bedeutung. Ihre weiteren Ausführungen wenden sich allein gegen die Rechtsanwendung durch die Vorinstanz im konkreten Einzelfall. Das Verwaltungsgericht hat die Klage für unzulässig gehalten, weil der Bescheid des Beklagten vom 20. Mai 2010 bestandskräftig geworden sei. Anders als die Klägerin ist es davon ausgegangen, dass dieser Bescheid nach seinem objektiven Erklärungsgehalt keinen in einem erneuten Widerspruchsverfahren angreifbaren (neuerlichen) Ausgangsbescheid darstellt. Unabhängig davon hat es die Einlegung des Widerspruchs gegen den Bescheid vom 20. Mai 2010 durch die Klägerin in Anbetracht des Verfahrensablaufs als Verstoß gegen Treu und Glauben gewertet, so dass zudem eine Verwirkung des verfahrensrechtlichen Widerspruchsrechts eingetreten sei. Das auf die Zulässigkeit der Klage bezogene Beschwerdevorbringen der Klägerin (vgl. S. 2 ff. der Beschwerdebegründung) erschöpft sich im Stil einer Berufungsbegründung in der Kritik an der rechtlichen Würdigung der Vorinstanz, ohne rechtsgrundsätzliche Fragen herauszuarbeiten. Es kritisiert die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Auslegung der in der mündlichen Verhandlung vom 20. Mai 2010 im Verfahren VG 1 K 1138/08 abgegebenen Erklärung des Beklagten und damit die tatrichterliche Würdigung und Subsumtion im konkreten Einzelfall, ohne revisible Rechtsfragen zur Auslegung aufzuzeigen. Gleiches gilt in Bezug auf die Annahme der Vorinstanz, das Widerspruchsrecht der Klägerin sei verwirkt. Die Beschwerde führt in diesem Zusammenhang im Wesentlichen nur aus, weshalb die vom Verwaltungsgericht herangezogene höchstrichterliche Rechtsprechung nach Auffassung der Klägerin nicht einschlägig sei. Damit wird ebenfalls keine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt. Eine Umdeutung in eine Divergenzrüge kommt nicht in Betracht, weil kein Rechtssatzwiderspruch herausgearbeitet wird.
Auch die weitere Rüge der Beschwerde (vgl. S. 5 f. der Beschwerdebegründung), die sich gegen die alternativ tragende Annahme der Unbegründetheit der Klage richtet, genügt den Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO nicht. Die Beschwerdebegründung beschränkt sich darauf, dem angegriffenen Urteil eine abweichende rechtliche Bewertung des konkreten Sachverhalts gegenüberzustellen, ohne eine rechtsgrundsätzliche Frage herauszuarbeiten. So wendet sich die Klägerin insbesondere gegen die Auffassung des Verwaltungsgerichts, nicht ihr und ihrer Schwester komme die Stellung als Berechtigte gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 VermG in Bezug auf den hälftigen Miteigentumsanteil ihres Vaters an dem in Rede stehenden Grundstück zu; Berechtigte sei vielmehr – so das Verwaltungsgericht – die Erbengemeinschaft nach dem Vater der Klägerin. Die Beschwerdebegründung legt nicht dar, welche rechtsgrundsätzliche Frage des revisiblen Rechts diese rechtliche Bewertung des Verwaltungsgerichts aufwirft.
Auch das Vorbringen der Beschwerde zum Verhältnis zwischen dem Investitionsvorrangbescheid vom 11. Februar 1994 einerseits und dem Auszahlungsanspruch auf der Grundlage von § 21 Abs. 5 Investitionsvorranggesetz (InVorG) in der zu diesem Zeitpunkt geltenden Fassung (a.F.) andererseits führt nicht auf eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung. Die Klägerin vertritt hierzu die Auffassung, Ziffer 4 des Investitionsvorrangbescheids vom 11. Februar 1994 sehe (nur) für den Fall des bestandskräftigen Widerrufs des Bescheids die Zahlung des Verkehrswertes an den berechtigten Alteigentümer gemäß § 21 Abs. 5 InVorG vor; für die Anwendung des § 21 Abs. 5 InVorG (a.F.) bleibe daneben kein Raum. Das Verwaltungsgericht ist demgegenüber davon ausgegangen, dass sich dem Investitionsvorrangbescheid nicht entnehmen lasse, dass § 21 Abs. 5 InVorG (a.F.) nur insoweit habe gelten sollen, wie in Ziffer 4 des Bescheids dargestellt; vielmehr stelle diese Bestimmung eine zusätzliche Verpflichtung dar. Vor dem Hintergrund dieser gegensätzlichen Sachverhaltswürdigung betrifft die am Ende der Beschwerdebegründung aufgeworfene Frage, „ob die als berechtigte Anmelder im Sinne des Investitionsvorranggesetzes anerkannten ‚Antragsteller’, die nach dem InVorG ein Grundstück übertragen bekamen, damit zugleich von Ausgleichsforderungen an die verfügungsberechtigte Institution/Körperschaft befreit wurden”, keine über den Einzelfall hinaus bedeutsame abstrakte Rechtsfrage, sondern nur die wiederum im Stil einer Berufungsbegründung kritisierte Anwendung der Vorschrift auf den Einzelfall.
Schließlich genügt auch der allgemein gehaltene Hinweis der Beschwerde, die Rechtssache der Klägerin sei von grundsätzlicher Bedeutung, weil sie Rechtsfragen aufwerfe, die in einer unbestimmten Zahl von Fällen auftreten könnten, den Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO nicht, weil er keine bestimmten klärungsbedürftigen abstrakten Rechtsfragen bezeichnet.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG. Da die Klägerin für den Fall der Durchführung des Revisionsverfahrens ihren angekündigten Antrag auf die Aufhebung der Ziffern 1 und 4 des Bescheids vom 20. Mai 2010 beschränkt hat und der Streitgegenstand insoweit teilbar ist, bemisst sich der Streitwert für das Beschwerdeverfahren nur noch nach dem verbliebenen Teil des Streitgegenstands. Die vom Verwaltungsgericht bei der erstinstanzlichen Streitwertfestsetzung mit einem Wert von 69 500 EUR berücksichtigte Anfechtung der Berechtigtenfeststellung in Ziffer 2 des Bescheids vom 20. Mai 2010 bleibt deshalb für das Beschwerdeverfahren außer Betracht. Im Übrigen folgt der Senat der Streitwertbegründung der Vorinstanz.
Unterschriften
Dr. Christ, Dr. Held-Daab, Hoock
Fundstellen