Verfahrensgang
Hessischer VGH (Urteil vom 11.11.2011; Aktenzeichen 7 A 2465/10) |
Tenor
Die Beschwerde des Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 11. November 2011 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, die dieser selbst trägt.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 5 000 € festgesetzt.
Tatbestand
I
Rz. 1
Der Kläger beantragt festzustellen, dass ein Mitgliedsverhältnis zum beklagten Wasser- und Bodenverband nicht besteht.
Rz. 2
Das Verwaltungsgericht hat der Klage stattgegeben. Der Verwaltungsgerichtshof hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Der Beklagte existiere nicht als Körperschaft des öffentlichen Rechts. Dies ergebe sich zum einen aus fehlerhaften öffentlichen Bekanntmachungen der Aufsichtsbehörde, die die Unwirksamkeit der in der Gründungsverhandlung im Mai 1996 getroffenen Beschlüsse bewirkten. Zum anderen fehle für die rechtliche Existenz des Beklagten als Körperschaft des öffentlichen Rechts eine wirksame Gründungssatzung. Letzteres folge zum einen aus den Fehlern der öffentlichen Bekanntmachung. Darüber hinaus sei die Gründungssatzung auch wegen Verstoßes gegen höherrangiges materielles Recht unwirksam. Die Bestimmung des Verbandsgebiets in der Gründungssatzung verletze mangels Bestimmtheit § 6 Abs. 2 Nr. 3 Wasserverbandsgesetz (WVG), wonach zum Mindestinhalt der Satzung die Bestimmung des Verbandsgebiets zähle. Nach der Satzung erstrecke sich das Verbandsgebiet auf das Gebiet des Lahn-Dill-Kreises sowie dessen Umgebung.
Rz. 3
Die Feststellung, dass der Beklagte mangels wirksamer Errichtung von Anfang an als Körperschaft des öffentlichen Rechts mit der Befugnis, Verwaltungsakte zu erlassen, nicht bestanden habe, sei auch im Hinblick auf dessen Auftreten und Wirken als Wasser- und Bodenverband seit diesem Zeitpunkt mit der Rechtsordnung vereinbar.
Rz. 4
Der Kläger sei auch nicht Mitglied des Beklagten als Vorverband eines Wasser- und Bodenverbandes. Es spreche zwar einiges dafür, dass der Beklagte als Vorverband existent geworden sei. Bei Existenz des Beklagten als Vorverband sei für die Innenrechtsbeziehungen die in der Gründungsverhandlung beschlossene Satzung maßgeblich. Diese schließe hier eine Aufnahme von Mitgliedern vor der Entstehung des Wasser- und Bodenverbandes als Körperschaft des öffentlichen Rechts aus.
Rz. 5
Der Rechtscharakter des durch die Willenserklärung des Klägers vom 1. Januar 1997 begründeten Schuldverhältnisses und die Feststellung der für den Kläger daraus resultierenden rechtlichen Verpflichtungen seien nicht Gegenstand des Verfahrens.
Rz. 6
Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil richtet sich die Beschwerde des Beklagten.
Entscheidungsgründe
II
Rz. 7
Die Beschwerde ist unbegründet. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).
Rz. 8
Grundsätzlich bedeutsam im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ist eine Rechtssache nur dann, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung einer bisher höchstrichterlich ungeklärten, in ihrer Bedeutung über den der Beschwerde zugrunde liegenden Einzelfall hinausgehenden entscheidungserheblichen und klärungsbedürftigen Rechtsfrage des revisiblen Rechts (§ 137 Abs. 1 VwGO) zu erwarten ist. Ist das Berufungsurteil auf zwei oder mehrere die Entscheidung selbstständig tragende Gründe gestützt, kann die Revision nur zugelassen werden, wenn hinsichtlich jedes dieser Gründe ein Revisionszulassungsgrund geltend gemacht wird und vorliegt. Anderenfalls fehlt es an der Entscheidungserheblichkeit der aufgeworfenen Frage.
Rz. 9
In der Beschwerdebegründung muss dargelegt (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO), d.h. näher ausgeführt werden, dass und inwieweit eine bestimmte Rechtsfrage des Bundesrechts im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig und warum ihre Klärung in dem beabsichtigten Revisionsverfahren zu erwarten ist.
Rz. 10
Hinsichtlich keiner der die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs tragenden Gründe liegt ein Revisionszulassungsgrund vor. Teilweise hat die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung. Teilweise genügt die Beschwerde nicht dem Darlegungsgebot (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO).
Rz. 11
Die Beschwerde hält zum einen sinngemäß für klärungsbedürftig die Frage, ob für die Bezeichnung des Verbandsgebiets gemäß § 6 Abs. 2 Nr. 3 WVG das Bestimmtheitsgebot auch dann gilt, wenn es um einen Zusammenschluss einer ursprünglich nach genossenschaftlichen Grundsätzen organisierten Gemeinschaft geht. Diese Frage ist ohne Weiteres zu bejahen. Gemäß § 6 Abs. 2 Nr. 3 WVG muss die Satzung mindestens Bestimmungen enthalten über das Verbandsgebiet. Eine solche Bezeichnung muss in allen Fällen hinreichend bestimmt sein. Dies ist hier – wie der Verwaltungsgerichtshof ausgeführt hat – zweifellos nicht der Fall.
Rz. 12
Weiter hält die Beschwerde sinngemäß für klärungsbedürftig die Frage, ob gemäß § 67 WVG eine öffentliche Bekanntmachung stets im gesamten Verbandsgebiet geboten ist. Auch diese Frage rechtfertigt die Zulassung der Revision nicht. Öffentliche Bekanntmachungen erfolgen gemäß § 67 Satz 2 WVG nach Landesrecht, soweit dort eine von § 67 Satz 1 WVG abweichende Regelung getroffen ist. Dies ist hier mit § 5 Abs. 3 des Hessischen Ausführungsgesetzes zum Wasserverbandsgesetz geschehen. Diese Vorschrift ist nicht revisibel (§ 137 Abs. 1 VwGO). Im Übrigen ist es ein allgemeiner Grundsatz des öffentlichen Rechts, dass zwingende Bekanntmachungsvorschriften nicht aufgrund besonderer Interessen von Beteiligten einschränkend ausgelegt werden können.
Rz. 13
Die unter Buchstabe c der Beschwerdeschrift geltend gemachten formellen Fehler der Gründungssatzung führen – wie im Berufungsurteil im Einzelnen dargelegt wird – zur Nichtigkeit der Satzung. Eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung wird insoweit nicht prozessordnungsgemäß dargelegt (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO). Dies gilt nicht zuletzt deswegen, weil die Annahme des Vorliegens materiell-rechtlicher Fehler nicht mit durchgreifenden Rügen in Frage gestellt worden ist.
Rz. 14
Mit den Ausführungen der Beschwerde unter der Überschrift “öffentlichrechtliche Körperschaft” wird keine Frage von grundsätzlicher Bedeutung prozessordnungsgemäß dargelegt. Vielmehr werden im Stile einer Berufungsbegründung einige Rechtsausführungen gemacht. Dabei nimmt die Beschwerde nicht einmal den Inhalt des angegriffenen Urteils zutreffend zur Kenntnis. Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Entscheidung ausdrücklich ausgeführt, dass jenseits der Frage der Begründung einer Mitgliedschaft beim Beklagten der Rechtscharakter des durch die Willenserklärung des Klägers vom 1. Januar 1997 begründeten Schuldverhältnisses und die Feststellung der für den Kläger daraus resultierenden rechtlichen Verpflichtungen nicht Gegenstand des Verfahrens seien. Davon, dass das Berufungsgericht den Beklagten jegliche Rechte versage, kann daher keine Rede sein.
Rz. 15
Soweit der Beigeladene darlegt, warum seines Erachtens die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, ist dem nicht weiter nachzugehen. Denn diese Ausführungen des Beigeladenen erfolgten erst in dessen Stellungnahme zu der Beschwerde des Beklagten und damit nach Ablauf der Fristen zur Einlegung und Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde.
Rz. 16
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 und § 162 Abs. 3 VwGO. Da der Beigeladene sich auf Seiten des unterliegenden Beklagten beteiligt hat, entspricht es nicht der Billigkeit, dem Beklagten die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen aufzuerlegen.
Rz. 17
Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus § 47 Abs. 1 und 3 i.V.m. § 52 GKG.
Unterschriften
Sailer, Krauß, Brandt
Fundstellen