Tenor
Das Verfahren wird ausgesetzt.
Dem Europäischen Gerichtshof werden folgende Fragen zur Auslegung der
Verordnung (EG) Nr. 1/2005 des Rates vom 22. Dezember 2004 über den Schutz von Tieren beim Transport (ABl Nr. L 3 S. 1)
und
der Richtlinie 90/425/EWG des Rates vom 26. Juni 1990 zur Regelung der veterinärrechtlichen und tierzüchterischen Kontrollen im innergemeinschaftlichen Handel mit lebenden Tieren und Erzeugnissen im Hinblick auf den Binnenmarkt (ABl Nr. L 224 S. 29)
zur Vorabentscheidung vorgelegt:
Ist es im Sinne von Art. 1 Abs. 5 VO (EG) Nr. 1/2005 ein Transport von Tieren, der nicht in Verbindung mit einer wirtschaftlichen Tätigkeit durchgeführt wird, wenn dieser Transport von einem als gemeinnützig anerkannten Tierschutzverein durchgeführt wird und dazu dient, herrenlose Hunde an Dritte gegen ein Entgelt („Schutzgebühr”) zu vermitteln, das
- hinter den Aufwendungen des Vereins für das Tier, den Transport und die Vermittlung zurückbleibt oder diese gerade deckt,
- über diese Aufwendungen hinausgeht, der Gewinn aber dazu dient, ungedeckt gebliebene Aufwendungen für die Vermittlung anderer herrenloser Tiere, Aufwendungen für herrenlose Tiere oder andere Tierschutzprojekte zu finanzieren?
Liegt ein innergemeinschaftlich Handel treibendes Unternehmen im Sinne von Art. 12 RL 90/425/EWG vor, wenn ein als gemeinnützig anerkannter Tierschutzverein herrenlose Hunde nach Deutschland verbringt und an Dritte gegen ein Entgelt („Schutzgebühr”) vermittelt, das
- hinter den Aufwendungen des Vereins für das Tier, den Transport und die Vermittlung zurückbleibt oder diese gerade deckt,
- über diese Aufwendungen hinausgeht, der Gewinn aber dazu dient, ungedeckt gebliebene Aufwendungen für die Vermittlung anderer herrenloser Tiere, Aufwendungen für herrenlose Tiere oder andere Tierschutzprojekte zu finanzieren?
Tatbestand
I
Die Beteiligten streiten über die Geltung von Vorschriften des Unionsrechts zum Schutz von Tieren beim Transport und über die Geltung nationaler, Richtlinien umsetzender Bestimmungen des Tierseuchenschutzrechts bei der Vermittlung von Hunden nach Deutschland.
1. Der Kläger ist ein eingetragener Verein, dessen Zweck es ist, den Tierschutz zu fördern und aktiven Tierschutz zu leisten; er ist nach den Bestimmungen der Abgabenordnung im nationalen Steuerrecht als gemeinnützig anerkannt. Unter anderem bietet er über seine Homepage herrenlose Hunde zur Vermittlung an. Dabei handelt es sich sowohl um alte wie junge Tiere, die sich ganz überwiegend in Tierschutzeinrichtungen in Ungarn befinden. Soll ein Hund vermittelt werden, wird ein sogenannter Schutzvertrag abgeschlossen. In ihm verpflichtet sich der künftige Hundehalter zu artgerechter Haltung und zur Zahlung einer „Schutzgebühr”, die in aller Regel 270 EUR beträgt. Für den Fall der Vertragsverletzung hat der Kläger ein Rücktrittsrecht. Nach Vertragsschluss werden die Hunde von Mitgliedern des Klägers nach Deutschland transportiert und übergeben. Eine Eigentumsübertragung findet nicht statt. Auf diese Weise hat der Kläger von 2007 bis 2012 über 2000 Hunde vermittelt.
Am 29. Dezember 2009 transportierte der Kläger 39 Hunde von Ungarn nach Deutschland. Dieser Transport geriet in den Blick des Beklagten, weil bei einem Hund der Gesundheits- und Impfstatus nicht einwandfrei nachvollzogen werden konnte. Der Beklagte wies die örtlich zuständigen Veterinärämter in einem Rundschreiben an, alle Tiere dieses Transports zu überprüfen. Dabei führte er aus, dass auf den Kläger die erleichterten Bedingungen der Verordnung (EG) Nr. 998/2003 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Mai 2003 über die Veterinärbedingungen für die Verbringung von Heimtieren zu anderen als Handelszwecken (ABl Nr. L 146 S. 1) keine Anwendung fänden. Auf hierauf erhobene Einwendungen des Klägers erwiderte der Beklagte, dass er an seiner Rechtsauffassung festhalte. Bei der von dem Kläger organisierten Verbringung und Vermittlung von Tieren handele es sich um eine wirtschaftliche Tätigkeit. Das habe insbesondere zur Folge, dass er die tierseuchenrechtliche Anzeige- und Registrierungspflicht nach § 4 der Binnenmarkt-Tierseuchenschutzverordnung (BmTierSSchV) zu beachten habe und die Vorschriften der Verordnung (EG) Nr. 1/2005 des Rates vom 22. Dezember 2004 über den Schutz von Tieren beim Transport anzuwenden seien.
Die unter anderem gegen diese Folgerungen gerichtete negative Feststellungsklage hat das Verwaltungsgericht abgewiesen. Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung gegen dieses Urteil zurückgewiesen und dazu ausgeführt: Der Kläger habe keinen Anspruch auf die Feststellung, dass er die Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 1/2005 bei den von ihm durchgeführten Hundetransporten nicht zu beachten habe. Der Ausschlusstatbestand des Art. 1 Abs. 5 VO (EG) Nr. 1/2005 liege nicht vor, da die Transporte in Verbindung mit einer wirtschaftlichen Tätigkeit stünden. Der Begriff der wirtschaftlichen Tätigkeit sei hier nicht anders auszulegen, als im Beihilfenrecht. Daher reiche es aus, Güter oder Dienstleistungen auf einem bestimmten Markt anzubieten. Jedenfalls genüge, dass es zu einem Austausch von Geld, Gütern oder Dienstleistungen komme.
Diese Voraussetzungen seien erfüllt, denn der Kläger gebe die nach Deutschland verbrachten Hunde gegen Entgelt ab und konkurriere dabei mit anderen Tierschutzorganisationen sowie Züchtern und Händlern auf einem Markt. Dabei sei unerheblich, dass der Kläger kein Eigentum an den Hunden übertrage. Es komme auch nicht darauf an, dass der Kläger als Verein gemeinnützige Ziele verfolge und keine Gewinnerzielung beabsichtige. Das bestätige der Erwägungsgrund 12 VO (EG) Nr. 1/2005.
Ebenso wenig könne der Kläger die Feststellung beanspruchen, dass die Anzeige- und Registrierungspflicht des § 4 BmTierSSchV keine Anwendung finde. Diese Vorschrift sei richtlinienkonform auszulegen und setze daher keine Gewinnerzielungsabsicht voraus. Im Übrigen spreche alles dafür, dass der Kläger zumindest mit einem Teil seiner Tiertransporte einen Gewinn erziele und erzielen wolle.
Der Kläger hat gegen dieses Urteil Revision eingelegt.
2. Die Binnenmarkt-Tierseuchenschutzverordnung dient der Umsetzung verschiedener Rechtsakte der Europäischen Union. Mit der hier in Rede stehenden Anzeige- und Registrierungspflicht des § 4 BmTierSSchV wird insbesondere Art. 12 Satz 1 Buchst. a RL 90/425/EWG umgesetzt; er gebietet den Mitgliedstaaten, dafür Sorge zu tragen, dass alle Unternehmer, die den innergemeinschaftlichen Handel mit Tieren betreiben, gehalten sind, sich auf Verlangen der zuständigen Behörde vorab in einem öffentlichen Verzeichnis registrieren zu lassen.
§ 4 BmTierSSchV lautet:
„Wer gewerbsmäßig
- Tiere oder in Anlage 1 genannte Waren innergemeinschaftlich verbringen oder einführen oder
- Hausklauentiere im Rahmen des innergemeinschaftlichen Verbringens oder der Einfuhr transportieren
will, hat dies vor Aufnahme der Tätigkeit der zuständigen Behörde anzuzeigen. Dies gilt nicht für Betriebe, die einer Zulassung nach § 15 Abs. 1 oder 3 oder § 14 der Fischseuchen-Verordnung bedürfen, und Betriebe, die wegen einer Tätigkeit nach Satz 1 in einem anderen Mitgliedstaat registriert oder zugelassen worden sind. Die zuständige Behörde erfasst die angezeigten Betriebe unter Erteilung einer Registriernummer in einem Register.
Entscheidungsgründe
II
Die Revision wirft Fragen zur Auslegung des Unionsrechts auf, die die Einholung einer Vorabentscheidung des Europäischen Gerichtshofs erfordern.
1. Der Ausgang des Verfahrens hängt zum einen davon ab, ob die Verordnung (EG) Nr. 1/2005 für Transporte von Hunden aus Ungarn nach Deutschland, wie sie von dem Kläger durchgeführt werden, anzuwenden ist. Der Geltungsbereich der Verordnung wird in Art. 1 VO (EG) Nr. 1/2005 bestimmt. Unzweifelhaft handelt es sich um Transporte lebender Wirbeltiere innerhalb der Gemeinschaft (Art. 1 Abs. 1 Halbs. 1 VO ≪EG≫ Nr. 1/2005). Entscheidend ist daher, ob die Anwendung der Verordnung nach Art. 1 Abs. 5 Alt. 1 ausgeschlossen ist, wonach sie nicht gilt, wenn der Transport von Tieren nicht in Verbindung mit einer wirtschaftlichen Tätigkeit durchgeführt wird.
In tatsächlicher Hinsicht ist nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts davon auszugehen, dass die Hundetransporte in Verbindung mit der entgeltlichen Vermittlung der Tiere auf einem Markt an Dritte stehen. Darüber hinaus ist davon auszugehen, dass der Kläger gemeinnützige Zwecke im Sinne des nationalen Steuerrechts verfolgt. Abschließende Feststellungen dazu, ob und inwieweit bei der Vermittlung der Tiere Gewinne erzielt werden und erzielt werden sollen, hat das Oberverwaltungsgericht nicht getroffen.
Hieraus ergeben sich die als Frage 1 im Beschlusstenor formulierte Frage und deren Varianten. Ist der Begriff einer wirtschaftlichen Tätigkeit im Sinne von Art. 1 Abs. 5 VO (EG) Nr. 1/2005 mit dem Oberverwaltungsgericht dahin auszulegen, dass eine wirtschaftliche Tätigkeit bereits bei einem Angebot auf einem bestimmten Markt oder jedenfalls dann vorliegt, wenn es zu einer entgeltlichen Leistung kommt, so wird die Revision zurückzuweisen sein (Frage 1 Variante a). Liegt eine wirtschaftliche Tätigkeit hingegen erst dann vor, wenn mit der Tätigkeit ein Gewinn (wirtschaftlicher Vorteil) erzielt wird, so ist die Beantwortung von Frage 1 Variante b) dafür erheblich, ob der Revision stattzugeben oder das Verfahren zur weiteren Sachverhaltsaufklärung an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen ist. Dabei dürfte gegebenenfalls die Feststellung eines tatsächlich erzielten Gewinns eine gewichtige indizielle Bedeutung haben, entscheidend aber darauf abzustellen sein, ob mit der Tätigkeit ein Gewinn – neben anderen Zwecken zumindest auch – erstrebt wird.
2. Zum anderen hängt der Ausgang des Verfahrens davon ab, ob der Kläger die von ihm vermittelten Hunde im Sinne von § 4 Satz 1 Nr. 1 BmTierSSchV „gewerbsmäßig” von Ungarn nach Deutschland verbringt.
Der Begriff der gewerbsmäßigen Verbringung knüpft an den Gewerbebegriff an, der in der deutschen Rechtsordnung insbesondere im öffentlichen Wirtschaftsrecht tradiert ist. Auch das deutsche Tierschutzgesetz, das allgemeine Bestimmungen zum Schutz von Leben und Wohlbefinden der Tiere enthält, stellt auf die Gewerbsmäßigkeit ab, indem es von ihr die Erlaubnispflicht bestimmter Tätigkeiten abhängig macht; diese Erlaubnispflicht ist ebenfalls Gegenstand des Revisionsverfahrens, nicht aber Gegenstand des Vorabentscheidungsverfahrens, weil sie nicht unionsrechtlich vorgeprägt ist. Der Gewerbebegriff ist – von einzelnen spezialgesetzlichen Regelungen abgesehen – gesetzlich nicht allgemein definiert; in diesem Sinne ist er offen für eine an der jeweiligen Vorschrift orientierte, gegebenenfalls also auch richtlinienkonforme Auslegung. Allerdings wird nach dem herkömmlichen Begriffsverständnis unter gewerbsmäßiger Betätigung eine Tätigkeit verstanden, die auf gewisse Dauer, selbständig und mit der Absicht der Gewinnerzielung ausgeübt wird. Für das Vorliegen einer Gewinnerzielungsabsicht genügt, wenn zumindest im Nebenzweck erkennbar die Absicht besteht, einen unmittelbaren oder mittelbaren wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, wobei ein nicht nur unerheblicher Gewinn regelmäßig Indiz für eine Gewinnerzielungsabsicht ist. Neben dem Gebot einer richtlinienkonformen Auslegung kommt bei der Auslegung des Begriffs der Gewerbsmäßigkeit auch dem Grundsatz der Rechtssicherheit besondere Bedeutung zu, weil die Verletzung der Anzeige- und Registrierungspflicht als Ordnungswidrigkeit verfolgt wird.
Vor diesem Hintergrund ist für den Streitfall entscheidungserheblich, unter welchen Voraussetzungen von einem innergemeinschaftlich Handel treibenden Unternehmen im Sinne von Art. 12 RL 90/425/EWG auszugehen ist. Dabei erscheint nicht zweifelhaft, dass der Kläger im Sinne dieser Vorschrift innergemeinschaftlich Handel treibt. Denn als Handel definiert Art. 2 Nr. 3 RL 90/425/EWG den Warenaustausch zwischen Mitgliedstaaten im Sinne des Vertrags (nunmehr Art. 28 Abs. 2 AEUV). Anders verhält es sich hinsichtlich des Unternehmensbegriffs, für den nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs eine „wirtschaftliche Tätigkeit” konstitutiv ist. Insoweit stellt sich in gewisser Weise parallel zu Frage 1 die im Beschlusstenor formulierte Frage 2.
3. Die Fragen bedürfen der Beantwortung durch den Europäischen Gerichtshof, denn die richtige Auslegung der genannten unionsrechtlichen Bestimmungen ist durch seine Rechtsprechung nicht hinreichend geklärt und auch nicht so offenkundig, dass für vernünftige Zweifel keinerlei Raum bleibt.
a) Die Verordnung (EG) Nr. 1/2005 enthält keine eigene Definition des Begriffs einer wirtschaftlichen Tätigkeit.
Das Kriterium der wirtschaftlichen Tätigkeit zur Abgrenzung des Anwendungsbereichs der Verordnung wurde erst im Laufe der Beratungen des Vorschlags der Kommission (Mitteilung vom 16. Juli 2003, KOM ≪2003≫ 425 endg.) in die Verordnung eingefügt. Es ersetzte den Begriff der „kommerziellen Zwecke”, über den der Geltungsbereich der Verordnung zunächst definiert werden sollte. Der Verordnungsentwurf knüpfte damit an die Richtlinie 91/628/EWG über den Schutz von Tieren beim Transport (ABl Nr. L 340 S. 17) an, die von der Verordnung abgelöst wurde. Die Richtlinie galt zunächst grundsätzlich für alle Transporte, nahm hiervon aber unter anderem Reisende aus, die Heimtiere ohne „kommerzielle Absicht” mitführten (Art. 1 Abs. 2 Buchst. a RL 91/628/EWG); mit der Änderungsrichtlinie 95/29/EG (ABl Nr. L 148 S. 52) sind alle Tiertransporte ohne „kommerziellen Zweck” vom Anwendungsbereich der Richtlinie ausgenommen worden.
Trotz der Abkehr von dem Abgrenzungskriterium der kommerziellen Zwecke wurde in die Verordnung (EG) Nr. 1/2005 ein neuer Erwägungsgrund 12 aufgenommen, der Transporte zu kommerziellen Zwecken näher beschreibt. Danach beschränkt sich ein solcher Transport nicht auf Fälle, in denen unmittelbar ein Austausch von Geld, Gütern oder Dienstleistungen erfolgt; er schließt insbesondere auch Fälle ein, in denen direkt oder indirekt ein Gewinn entsteht beziehungsweise angestrebt wird.
Die Vorinstanzen haben hieraus den Schluss gezogen, dass es für das Vorliegen einer wirtschaftlichen Tätigkeit auf eine Gewinnerzielungsabsicht nicht ankomme. Das erscheint naheliegend, da das Wort „insbesondere” deutlich macht, dass sich der Begriff der kommerziellen Zwecke nicht auf die genannten Fälle einer Gewinnerzielungsabsicht beschränkt. Andererseits ist nicht zu übersehen, dass dieser Hinweis die Aussage zu Transporten erweitert, bei denen ein unmittelbarer Leistungsaustausch erfolgt. In diesen Fällen steht dem Transport eine geldwerte Leistung gegenüber (do ut des). Das sind typischerweise Geschäfte, mit denen eine Gewinnerzielungsabsicht verbunden ist, Geschäfte, die jedenfalls nicht von ideellen Motiven getragen werden.
Wenig klar ist in diesem Zusammenhang auch die Aussage in Erwägungsgrund 21 der Verordnung. Nach der Mitteilung der Kommission reagierte der Verordnungsentwurf auf Missstände auf bestimmten Märkten, die namentlich den Transport von Schlachtvieh betreffen; er zielte dabei unter anderem auch auf eine Verschärfung der Vorschriften zum Transport von Pferden (KOM ≪2003≫ 425 endg., S. 5, 8). Im Laufe der Beratungen wurden Sonderregelungen für Transporte „registrierter Equiden” und dazu Erwägungsgrund 21 eingefügt. Dieser stellt fest, dass registrierte Equiden oft zu „nichtkommerziellen Zwecken” transportiert würden. Genannt sind in diesem Zusammenhang Transporte zu Wettkämpfen und zu Zuchtzwecken. Allerdings zieht die Verordnung nicht die Konsequenz, diese Transporte allgemein von der Geltung der Verordnung auszunehmen, sondern nimmt sie von bestimmten Vorschriften aus.
b) Findet ein in die Rechtsordnung der Union bereits eingeführter Begriff Verwendung, so ist dessen gewöhnliche Auslegung maßgeblich, wenn sich aus dem konkreten Zusammenhang und dem Regelungszweck keine Anhaltspunkte für eine abweichende Auslegung ergeben (vgl. EuGH, Urteil vom 20. November 2001 – Rs. C-268/99, Jany u.a. – Slg. 2001, I-8657 Rn. 32, 37 f.).
Die Richtlinie über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem definiert den Steuerpflichtigen über die wirtschaftliche Tätigkeit und stellt dabei auf die Tätigkeiten typischer Marktsubjekte ab. Ergänzt ist diese Definition „insbesondere” um die Nutzung von Gegenständen zur nachhaltigen Erzielung von Einnahmen, was jedenfalls typischerweise mit einer Gewinnerzielungsabsicht verbunden sein dürfte (Art. 9 RL 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006, ABl Nr. L 347 S. 1; vgl. hierzu auch EuGH, Urteil vom 13. März 2014 – Rs. C-204/13, Malburg – DStR 2014, 592 Rn. 35 f.). Die Verordnung zur Schaffung eines gemeinsamen Rahmens für Unternehmensregister definiert wirtschaftliche Tätigkeit demgegenüber allgemein als Tätigkeit, die im Angebot von Waren oder Dienstleistungen auf einem gegebenen Markt besteht (Art. 3 Abs. 5 Satz 2 VO ≪EG≫ Nr. 177/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Februar 2008, ABl Nr. L 61 S. 6). Das entspricht der Begriffsdefinition des Europäischen Gerichtshofs, der für das Beihilfenrecht in ständiger Rechtsprechung eine wirtschaftliche Tätigkeit dann als gegeben erachtet, wenn Güter oder Dienstleistungen auf einem bestehenden Markt angeboten werden. Unbeschadet dessen hat der Gerichtshof die Feststellung einer wirtschaftlichen Tätigkeit darauf gestützt, dass eine Leistung gegen ein Entgelt mit eigenem finanziellen Risiko erbracht wurde (EuGH, Urteil vom 12. Dezember 2013 – Rs. C-327/12, Soa Nazionale Costruttori – EuZW 2014, 356 Rn. 27, 29).
Stellt man für die Geltung der Verordnung (EG) Nr. 1/2005 alleine darauf ab, dass ein Tiertransport in Verbindung mit einem Angebot am Markt steht und in diesem Sinne für den Wettbewerb bedeutsam ist, so wird der mit der Verordnung geregelte Tierschutz in Einklang mit der Regelungskompetenz der Union weitestgehend wirksam. Ob sich der Geltungsausschluss des Art. 1 Abs. 5 VO (EG) Nr. 1/2005 auf die Fälle beschränkt, in denen der Transport nicht in Verbindung mit einem Angebot am Markt steht, ist damit jedoch noch nicht eindeutig beantwortet. Denkbar ist auch, dass die Verordnung nur dann Geltung beansprucht, wenn der Transport zumindest auch wirtschaftlich motiviert ist, also auf eine Gewinnerzielung angelegt ist, womit eine besondere Gefährdung des Wohlergehens der Tiere verbunden sein kann.
Ist von Letzterem auszugehen, so hat der Senat allerdings keine Zweifel, dass eine wirtschaftliche Tätigkeit nicht schon dadurch ausgeschlossen ist, dass der Kläger allgemein gemeinnützige Zwecke verfolgt. Die Verfolgung gemeinnütziger Zwecke kann ohne Weiteres mit einer wirtschaftlichen Tätigkeit verbunden sein. Das ist insbesondere bei gewöhnlichen Geschäften der Fall, mit deren Gewinn die Verfolgung gemeinnütziger Zwecke finanziert werden soll (vgl. EuGH, Urteil vom 10. Januar 2006 – Rs. C-222/04, Cassa di Risparmio di Firenze u.a. – Slg. I-325, Rn. 120 ff.).
c) Dementsprechend sind auch der Unternehmensbegriff und damit der Begriff der wirtschaftlichen Tätigkeit im Sinne von Art. 12 RL 90/425/EWG zu klären. Dabei geht der Senat davon aus, dass ein Unternehmen, dessen wirtschaftliche Tätigkeit im innergemeinschaftlichen Handel mit Tieren besteht, eine gewisse Dauerhaftigkeit oder Nachhaltigkeit aufweisen muss, wie dies auch für den Gewerbebegriff des nationalen Rechts Voraussetzung ist (vgl. dazu auch Art. 12 Abs. 3 RL 92/65/EWG des Rates vom 13. Juli 1992 ≪ABl Nr. L 268 S. 54≫ sowie Art. 2 Buchst. x VO ≪EG≫ Nr. 1/2005 und diesem vorausgehend Art. 1 Nr. 2 Buchst. b RL 95/29/EG). Darüber hinaus dürfte für die Belange des Tierseuchenschutzes der Umfang des Handels von wesentlicher Bedeutung sein, weniger hingegen die mit ihm verfolgten Zwecke.
Unterschriften
Kley, Liebler, Dr. Wysk, Dr. Kuhlmann, Rothfuß
Fundstellen
Haufe-Index 6987753 |
JZ 2014, 485 |
DVBl. 2014, 3 |
SächsVBl. 2014, 2 |