Verfahrensgang
VGH Baden-Württemberg (Aktenzeichen 5 S 823/97) |
Tenor
Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 24. September 1999 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Kläger als Gesamtschuldner.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 200 000 DM festgesetzt.
Gründe
Die auf § 132 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 VwGO gestützte Beschwerde bleibt erfolglos. Das Beschwerdevorbringen rechtfertigt die Zulassung der Revision nicht.
1. Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung, die ihr die Kläger beimessen.
1.1 Die Beschwerde wirft die Frage auf, ob § 5 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Satz 2 BauGB-MaßnahmenG nur anwendbar war, wenn das Wohnbauvorhaben in einem der in § 1 Abs. 2 Nrn. 1 bis 7 BauNVO genannten Baugebieten lag, oder ob es ausreichte, daß das Bauvorhaben im Geltungsbereich eines (qualifizierten) Bebauungsplans lag, der zwar eines der in § 1 Abs. 2 Nrn. 1 bis 7 BauNVO genannten Baugebiete festgesetzt, diese Festsetzung aber nicht für das Baugrundstück getroffen hat. Die Kläger sind der Ansicht, daß § 5 Abs. 1 Satz 1 BauGB-MaßnahmenG auch dann anzuwenden war, wenn das Baugrundstück als Gemeinbedarfsfläche (hier: öffentliche Grünfläche) ausgewiesen war, der Bebauungsplan jedoch an anderer Stelle ein Baugebiet festgesetzt hat, in dem Wohnnutzung allgemein zulässig war.
Die aufgeworfene Frage ist nicht in einem Revisionsverfahren klärungsbedürftig, da § 5 BauGB-MaßnahmenG mit Ablauf des 31. Dezembers 1997 außer Kraft getreten ist und nach § 243 Abs. 1 i.V.m. § 233 Abs. 1 BauGB nur noch für eine Übergangszeit von Bedeutung sein kann. Rechtsfragen, die ausgelaufenes oder auslaufendes Recht betreffen, kommt nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts regelmäßig keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zu; denn das die Zulassung der Revision rechtfertigende Ziel, mit der Revision der Erhaltung der Rechtseinheit oder der Weiterentwicklung des Rechts zu dienen, kann in aller Regel nicht mehr erreicht werden, wenn sich die zu klärende Rechtsfrage im Zusammenhang mit früherem oder auslaufendem Recht oder Übergangsregelungen stellt und ihre Beantwortung deshalb nicht für die Zukunft richtungweisend sein kann (vgl. BVerwG, Beschluß vom 9. Dezember 1994 – BVerwG 11 PKH 28.94 – Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 1 VwGO Nr. 4; Beschluß vom 20. Dezember 1995 – BVerwG 6 B 35.95 – Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 1 VwGO Nr. 9 = NVwZ-RR 1996, 712).
Gründe für eine Ausnahme von dieser Regel liegen hier nicht vor. Daß noch Fälle abzuwickeln sind, in denen das alte Recht von Bedeutung ist, reicht dazu nicht aus. Erforderlich wäre vielmehr, daß sich eine klärungsbedürftige Frage zur Auslegung der außer Kraft getretenen Norm für einen nicht überschaubaren Personenkreis in nicht absehbarer Zukunft weiter stellen kann, wie dies bei Fragen aus dem weiterhin geltenden Recht regelmäßig der Fall ist. Eine derartige Konstellation kann vorliegen, wenn sich bei einer gesetzlichen Bestimmung, die der außer Kraft getretenen Vorschrift nachgefolgt ist, die streitige Frage in gleicher Weise stellen würde, oder wenn die außer Kraft getretene Vorschrift aufgrund einer Übergangsbestimmung ihre Gültigkeit für einen nicht überschaubaren Personenkreis auch für die Zukunft behalten hätte. Letzteres scheidet im Hinblick auf den Regelungsgehalt von § 5 BauGB-MaßnahmenG aus. Die Norm hat auch keine Nachfolgevorschrift im Baugesetzbuch gefunden.
Im übrigen dürfte das Berufungsgericht mit guten und – gemessen an Sinn und Zweck der Vorschrift – auf der Hand liegenden Erwägungen zu dem Ergebnis gelangt sein, § 5 Abs. 1 BauGB-MaßnahmenG habe vorausgesetzt, daß das Grundstück, auf dem das Wohnbauvorhaben verwirklicht werden sollte, in einem der in § 1 Abs. 2 Nrn. 1 bis 7 BauNVO genannten Baugebiete liegen mußte. In diesem Sinne dürften auch die in der Beschwerdebegründung (S. 5) genannten Äußerungen aus dem Schrifttum zu verstehen sein (vgl. Soefker, in: Bielenberg, Krautzberger, Soefker, Leitfaden zum BauGB, 4. Aufl. 1994, Rn. 210 d auf S. 695; Schmaltz, in: Schrödter, BauGB, 5. Aufl. 1992, Rn. 4 zu § 5 BauGB-MaßnahmenG; Bönker, DVBl 1993, 134 ≪136, linke Spalte≫).
1.2 Die Beschwerde möchte ferner in einem Revisionsverfahren geklärt wissen, ob es nach § 48 VwVfG und den entsprechenden Bestimmungen der Verwaltungsverfahrensgesetze der Länder zulässig ist, „in einer einheitlichen Entscheidung zugleich (durch Verwaltungsakte) eine Begünstigung auszusprechen und diese umgehend wieder zurückzunehmen”. Die Beschwerde meint, einer Rücknahme „uno actu” stehe § 28 VwVfG entgegen; dem Betroffenen sei Gelegenheit zu geben, sich vor Erlaß des (belastenden) Rücknahmebescheids zur Angelegenheit zu äußern. Die aufgeworfene Frage wäre in einem Revisionsverfahren nicht klärungsbedürftig, weil sie von einem Sachverhalt ausgeht, den das Berufungsgericht nicht festgestellt hat. Nach den – zwischen den Beteiligten auch nicht umstrittenen – Feststellungen der Vorinstanz hat die Beklagte zwar durch Bescheid vom 5. Juli 1996 unter 1. einen „bedingten” positiven Bauvorbescheid erteilt, den sie unter 2. zurückgenommen hat. Mit Bescheid vom 4. September 1996 hat die Beklagte jedoch Nr. 2 des Bescheids vom 5. Juli 1996 aufgehoben und durch einen neuen Rücknahmebescheid ersetzt, weil die Kläger die Verletzung des rechtlichen Gehörs gerügt hatten. Die in der aufgeworfenen Rechtsfrage unterstellte Erteilung und Rücknahme des Bauvorbescheids „uno actu” liegt daher nicht vor.
2. Die mit der Beschwerde erhobenen Divergenzrügen greifen nicht durch. Die Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO sind nicht erfüllt.
2.1 Soweit die Beschwerde rügt, das Berufungsurteil stehe nicht im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Frage, welchen Rechtscharakter die Festsetzung einer Gemeinbedarfsfläche nach § 9 Abs. 1 Nr. 5 BauGB besitze, mißversteht sie die Ausführungen des Berufungsgerichts. Dieses hat entgegen der Beschwerde nicht angenommen, für das Grundstück der Kläger liege kein qualifizierter Bebauungsplan im Sinne von § 30 Abs. 1 BauGB vor, sondern ausgeführt, das von den Klägern geplante Bauvorhaben solle auf Grundstücken ausgeführt werden, die nicht als Baugebiet nach § 1 Abs. 2 Nrn. 1 bis 7 BauNVO ausgewiesen seien (Urteilabschrift S. 18), und im Hinblick darauf die Anwendbarkeit von § 5 Abs. 1 BauGB-MaßnahmenG verneint.
2.2 Die zur Auslegung und Anwendung von § 8 Abs. 2 BauGB erhobene Divergenzrüge bleibt erfolglos, weil die Beschwerde keinen abstrakten Rechtssatz des Berufungsurteils darlegt, der einem im bezeichneten Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 28. Februar 1975 – BVerwG 4 C 74.72 – (BVerwGE 48, 70) aufgestellten ebensolchen Rechtssatz widerspricht. Einen dem vorgenannten Urteil widersprechenden Rechtssatz stellt das Berufungsgericht auch nicht auf. Es legt seiner Entscheidung vielmehr die in diesem Urteil entwickelten Rechtssätze zur Bedeutung von Darstellungen des Flächennutzungsplans zugrunde. In der Sache kritisiert die Beschwerde die Anwendung dieser Grundsätze durch das Berufungsgericht. Angriffe gegen die Sachverhaltswürdigung und Rechtsanwendung im Einzelfall sind jedoch nicht geeignet, eine Divergenzrüge zu begründen.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 159 Satz 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus § 14 Abs. 3, § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG.
Unterschriften
Berkemann, Halama, Rojahn
Fundstellen