Verfahrensgang
OVG für das Land NRW (Urteil vom 06.06.1997; Aktenzeichen 9 A 5742/95) |
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 6. Juni 1997 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 2.024,20 DM festgesetzt.
Gründe
Die Beschwerde der Klägerin hat keinen Erfolg. Der Rechtssache komme die allein geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung nicht zu (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).
Grundsätzlich bedeutsam ist eine Rechtssache nur dann, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung einer bisher höchstrichterlich ungeklärten, in ihrer Bedeutung über den der Beschwerde zugrundeliegenden Einzelfall hinausgehenden klärungsbedürftigen Rechtsfrage des revisiblen Rechts (vgl. § 137 Abs. 1 VwGO) zu erwarten ist. Daran fehlt es hier.
1. Die Beschwerde wirft die Frage auf,
„nach welchem Wert die kalkulatorischen Abschreibungen zu ermitteln sind”,
und hält dem Oberverwaltungsgericht vor, es habe mit der Billigung von Abschreibungen nach dem Wiederbeschaffungswert gegen Art. 3 Abs. 1 GG und das Äquivalenzprinzip verstoßen. Damit wird eine klärungsfähige und klärungsbedürftige Frage des Bundesrechts nicht bezeichnet. Wie die Beschwerde selbst zutreffend erkennt, richtet sich die Bestimmung der im Rahmen von Beitrags- und Gebührenkalkulationen berücksichtigungsfähigen Kosten einer öffentlichen Einrichtung entscheidend nach dem jeweiligen landesrechtlichen – und damit irrevisiblen – Kostenbegriff. Dementsprechend verweist die Beschwerde selbst auf abweichende Regelungen in den Kommunalabgabengesetzen anderer Bundesländer. Bloße Angriffe gegen die Richtigkeit der Auslegung des irrevisiblen Landesrechts vermitteln der Rechtssache aber selbst dann keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, wenn sie auch mit (bundes)verfassungsrechtlichen Einwänden begründet werden (stRspr, vgl. Beschluß vom 3. Mai 1995 – BVerwG 1 B 222.93 – Buchholz 451.45 § 113 HwO Nr. 2 S. 1 ≪5≫). Vielmehr müßte die Beschwerde dann im einzelnen und unter Würdigung der hierzu vorliegenden höchstrichterlichen Rechtsprechung darlegen, inwieweit die angeblich verletzten Bundesrechtsnormen – hier der allgemeine Gleichheitssatz gemäß Art. 3 Abs. 1 GG und das Äquivalenzprinzip; nichts anderes gilt für die in anderem Zusammenhang erhobene Rüge der Verletzung des Vorbehalts des Gesetzes – ihrerseits weiteren Klärungsbedarf aufweisen. Dies läßt die Beschwerde vermissen. Soweit sie die Zulässigkeit der Abschreibungen nach dem Wiederbeschaffungswert schon nach Landesrecht mit der Begründung bezweifelt, ein derartiger betriebswirtschaftlicher Grundsatz (vgl. § 6 Abs. 2 Satz 1 KAG) – von dessen Existenz das Oberverwaltungsgericht ausgeht (BU S. 13) – werde „in der betriebswirtschaftlichen Praxis … mittlerweile nicht mehr vertreten”, hätte sie dies vor dem Tatsachengericht substantiiert unter Beweis stellen müssen; im Revisionsverfahren – zumal im Rahmen einer wegen grundsätzlicher Bedeutung erhobenen Nichtzulassungsbeschwerde – kann sie damit nicht gehört werden (vgl. zur Problematik von Abschreibungen zu Wiederbeschaffunskosten u.a.: Schulze, Finanzwirtschaft 1994, 205 ff.; Brüning, KStZ 1994, 201 ff.). Mangels eines durch Bundesrecht vorgegebenen einheitlichen Gebühren- und Beitragsbegriffs (vgl. Beschluß vom 14. Februar 1977 – BVerwG VII B 161.75 – Buchholz 401.9 Beiträge Nr. 9) obliegt es dem Oberverwaltungsgericht zu prüfen, ob das jeweilige Kommunalabgabengesetz mit dem ihm zugrundeliegenden Kostenbegriff wirklich die mit der Zulassung von Abschreibungen nach Wiederbeschaffungswerten zwangsläufig verbundene anteilige Mitfinanzierung künftiger Anlagen und damit eine gewisse Abwendung vom Verursacherprinzip gestattet (vgl. zu dieser Konsequenz Schulze, a.a.O., S. 206).
2. Grundsätzliche Bedeutung erlangt die aufgeworfene Frage auch nicht dadurch, daß – wie die Beschwerde vorträgt – in den Kommunalabgabengesetzen anderer Länder die Abschreibung nach Wiederbeschaffungswerten verboten sei. Bundesrecht gebietet – wie erwähnt – keine einheitliche Gebühren- und Beitragsbemessungsregelung. Denn es gibt keinen allgemeinen einheitlichen bundesrechtlichen Begriff der Gebühren und Beiträge, an den die Landesgesetzgebung gebunden wäre (Beschluß vom 14. Februar 1977, a.a.O.); vielmehr sind sowohl der Kosten- als auch der Vorteilsbegriff von der landesrechtlichen Ausgestaltung abhängig (vgl. Urteil vom 1. September 1995 – BVerwG 8 C 16.94 – Buchholz 401.9 Beiträge Nr. 35 S. 1 ≪2≫). Der Anspruch auf Gleichbehandlung gilt im übrigen von vornherein nur innerhalb der Grenzen der Rechtsetzungsgewalt der jeweiligen Gebietskörperschaft (BVerfGE 10, 354 ≪371≫; 16, 6 ≪24≫; 21, 54 ≪68≫), so daß der Vergleich mit den gesetzlichen Regelungen anderer Länder schon deshalb keinen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG begründen kann, auch wenn die Klägerin – wie sie geltend macht – nahe an der Grenze zu einem Bundesland mit einem ihrer Ansicht nach günstigeren Kostenbegriff wohnt.
3. Die Beschwerde zeigt auch im Zusammenhang mit der von ihr angegriffenen Auslegung des § 6 Abs. 2 KAG keinen Klärungsbedarf hinsichtlich des revisiblen Rechts auf. Die vom Bundesrecht vorgegebenen Grenzen der Gesetzesauslegung sind – soweit dies abstrakt und generell möglich ist – höchstrichterlich geklärt (vgl. u.a. BVerfGE 1, 299 ≪312≫; 11, 126 ≪130≫; 22, 28 ≪37≫; 78, 20 ≪24≫); das zieht auch die Beschwerde nicht in Zweifel. Ob das Oberverwaltungsgericht – wie die Klägerin meint – diese Grenzen zulässiger Gesetzesauslegung im Einzelfall verletzt hat, betrifft allenfalls die inhaltliche Richtigkeit des Berufungsurteils und wirft lediglich eine gegebenenfalls weiter klärungsbedürftige Frage des Landesrechts auf. Die Rüge, das Tatsachengericht habe das materielle Recht inkonsequent und unlogisch ausgelegt, kann zwar im Rahmen einer zugelassenen Revision für die Nachprüfung der Anwendung des sachlichen Rechts erheblich sein (Beschluß vom 8. Juli 1988 – BVerwG 4 B 100.88 – Buchholz 310 § 96 VwGO Nr. 34 S. 3 ≪4≫). Sie kann aber – wie auch die sonstige Rüge, das Berufungsurteils sei sachlichrechtlich falsch – für sich allein einer Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung vermitteln. Die in dieser Weise begründete Rüge kann im vorliegenden Fall – da es hier nicht um Beweiswürdigungsfragen, sondern um die logisch schlüssige Auslegung von Rechtsnormen und ihre Anwendung geht – grundsätzlich auch nicht die Zulassung der Revision wegen eines Verfahrensmangels gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO rechtfertigen (Beschluß vom 8. Juli 1988 a.a.O.), so daß sich die Prüfung erübrigt, ob das als Grundsatzrüge geltend gemachte Vorbringen der Klägerin in diese Richtung auslegungs- oder umdeutungsfähig wäre.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf den §§ 13, 14 GKG.
Unterschriften
Dr. Kleinvogel, Sailer, Golze
Fundstellen