Tenor
Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage der Antragsteller gegen den Planfeststellungsbeschluss des Antragsgegners vom 19. Februar 2003 wird abgelehnt.
Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens als Gesamtschuldner.
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 5 000 € festgesetzt.
Tatbestand
I.
Die Antragsteller begehren die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Anfechtungsklage gegen den Planfeststellungsbeschluss des Antragsgegners vom 19. Februar 2003 für den Neubau der Bundestrasse B 2 n, Ortsumgehung Michendorf. Mit dem Vorhaben wird die B 2 aus der Ortsdurchfahrt Michendorf nach Osten verlegt. Die rund 4,6 km lange Ortsumgehung zweigt im Süden von Michendorf unmittelbar nördlich der BAB 10 von der B 2 (alt) nach Osten ab, sieht dort einen neuen Anschluss an die BAB 10 vor und führt dann in einem Bogen unter Verknüpfung mit der L 73 und L 77 östlich um das Siedlungsgebiet von Michendorf. Die B 2 n wird nach Unterquerung der zum Berliner Außenring und nach Berlin-Wannsee führenden Bahnlinien im Norden von Michendorf wieder an die B 2 (alt) angeschlossen.
Die Antragsteller sind nach ihrem unbestrittenen Vortrag in Erbengemeinschaft Eigentümer der Flurstücke Nr. 156/8 und 156/3 der Flur 1 auf der Gemarkung Langerwisch. Das Grundstück Flurstück Nr. 156/3 mit einer Fläche von 748 m(2), das von den Antragstellern zu 1 und 2 bewohnt wird, ist mit einem Wohngebäude und jedenfalls einer Garage bebaut. Das Grundstück Flurstück Nr. 156/8 mit einer Fläche von 18 146 m(2) ist ausweislich des Grunderwerbsverzeichnisses – GEV – teilweise Wald- und im Übrigen Ackerfläche. Beide Grundstücke liegen unmittelbar nördlich der L 77 im Kreuzungsbereich mit der östlich daran vorbeiführenden B 2 n. Von dem Wohngrundstück Flurstück Nr. 156/3 werden durch das Vorhaben 68 m(2) vorübergehend in Anspruch genommen. Von dem Grundstück Flurstück Nr. 156/8 sind 5 096 m(2) zum Erwerb und ca. 8 000 m(2) als dauernd zu beschränkende Fläche vorgesehen; weiter werden etwa 360 m(2) des Grundstücks vorübergehend in Anspruch genommen (GEV Nr. 3.52 und Nr. 3.55).
Die Antragsteller stellen die Planrechtfertigung für das Vorhaben in Frage, rügen eine fehlerhafte Variantenauswahl bereits auf den der Planfeststellung vorangegangenen Planungsstufen und beanstanden, dass das Vorhaben mit den Belangen von Natur und Landschaft nicht vereinbar sei. Ihr Wohngrundstück werde durch das Straßenbauvorhaben einer unzumutbaren Lärmbelastung ausgesetzt. Außerdem sei die Zufahrt zu einer ihrer Garagen nicht sichergestellt.
Entscheidungsgründe
II.
Der Antrag ist zulässig. Der angegriffene Planfeststellungsbeschluss betrifft ein Vorhaben nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 VerkPBG. Die hiergegen von den Antragstellern erhobene Klage entfaltet daher keine aufschiebende Wirkung (§ 5 Abs. 2 Satz 1 VerkPBG). Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet im ersten und letzten Rechtszug über sämtliche Streitigkeiten gegen einen solchen Planfeststellungsbeschluss (§ 5 Abs. 1 VerkPBG) und ist folglich auch nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO als Gericht der Hauptsache für die Entscheidung über den beantragten vorläufigen Rechtsschutz zuständig.
Der Antrag ist jedoch unbegründet.
Dies folgt allerdings nicht etwa schon daraus, dass die Klage, deren aufschiebende Wirkung die Antragsteller angeordnet wissen wollen, jedenfalls von den Antragstellern zu 2 und 3 verspätet erhoben worden wäre. Denn der Planfeststellungsbeschluss gilt auch ihnen gegenüber erst mit dem Ende der öffentlichen Auslegung im Amt Michendorf am 17. März 2003 gemäß § 74 Abs. 5 Satz 3 BbgVwVfG als zugestellt. Die Zustellung des Planfeststellungsbeschlusses an die Bevollmächtigten der Antragsteller am 27. Februar 2003 (Ordner P/952) erfolgte, worauf sie zutreffend hinweisen, ausweislich der Zustellungsverfügung des Antragsgegners (Ordner P/1096) nur in deren Funktion als Vertreter anderer Verfahrensbeteiligter. Die bei Gericht am 28. März 2003 eingegangene Klage der Antragsteller zu 2 und 3 ist daher rechtzeitig erhoben.
Das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des Planfeststellungsbeschlusses überwiegt das Interesse der Antragsteller an der Beibehaltung des bisherigen Zustandes bis zur endgültigen Entscheidung in der Hauptsache hier jedoch deshalb, weil die auf Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses gerichtete Klage nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes allein möglichen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage voraussichtlich keinen Erfolg haben wird. Nach dem gegenwärtigen Kenntnisstand des Gerichts verstößt der Planfeststellungsbeschluss gegen keine Rechtsvorschriften, deren Verletzung die Antragsteller mit der Folge einer Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses oder der Notwendigkeit eines ergänzenden Verfahrens gemäß § 17 Abs. 6c Satz 2 FStrG geltend machen können. Unter diesen Umständen besteht kein hinreichender Anlass dafür, von der im Gesetz (§ 5 Abs. 2 Satz 1 VerkPBG) vorgesehenen Regel der sofortigen Vollziehbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses abzusehen.
1. Die Rüge der Antragsteller, dass die Planfeststellungsunterlagen nicht ordnungsgemäß ausgelegt worden seien und dass insbesondere dem Antragsteller zu 1 die Unterlagen zum Lärmschutzwall im Planänderungsverfahren nicht bekannt gemacht worden seien, lassen auch nicht ansatzweise die konkrete Möglichkeit einer anderen Entscheidung im Planfeststellungsverfahren bei Vermeidung der behaupteten Verfahrensmängel erkennen (zu diesem Maßstab vgl. BVerwG, Urteil vom 31. Januar 2002 – BVerwG 4 A 15.01 – DVBl 2002, 990 = Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 168, S. 93 f.; Urteil vom 14. November 2002 – BVerwG 4 A 15.02 – DVBl 2003, 534). Im Übrigen weist der Antragsgegner zu Recht darauf hin, dass der Antragsteller zu 1 und der Rechtsvorgänger der Antragsteller ungeachtet des beanstandeten Verfahrens nicht gehindert waren, fristgerecht substantiierte Einwendungen gegen das Vorhaben zu erheben.
2. Die Antragsteller beanstanden mit umfangreicher Begründung, dass dem Vorhaben die erforderliche Planrechtfertigung fehle und die Planfeststellungsbehörde es versäumt habe, ernsthaft die so genannte “Null-Variante” in Erwägung zu ziehen. Sie machen Ermittlungs- und Abwägungsmängel bei der Variantenauswahl – insbesondere auf den dem Planfeststellungsverfahren vorangegangenen Verfahrensstufen – geltend und rügen, dass das Vorhaben mit zwingenden Vorgaben des Raumordnungsrechts nicht vereinbar sei. Auch verstoße es in zahlreichen Punkten gegen Bestimmungen des Natur- und Landschaftsschutzes.
Obgleich die beanstandeten Mängel insoweit keine subjektiven Rechte der Antragsteller betreffen, sind diese nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts grundsätzlich nicht gehindert, auch solche Rechtsverletzungen im Rahmen ihres Anfechtungsbegehrens geltend zu machen, weil das Vorhaben ihre Grundstücke in Anspruch nimmt. Da Art. 14 Abs. 3 Satz 1 GG eine Enteignung nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässt und damit eine dem objektiven Recht nicht entsprechende Enteignung ausschließt, kann auch der Private grundsätzlich eine umfassende gerichtliche Kontrolle eines Planfeststellungsbeschlusses mit enteignungsrechtlicher Vorwirkung für sein Grundstück verlangen, die insbesondere auch eine Überprüfung der Einhaltung des Abwägungsgebots in Bezug auf öffentliche, nicht seinem Schutz dienende Belange umfasst (BVerwG, Urteil vom 21. März 1996 – BVerwG 4 C 26.94 – BVerwGE 100, 388 ≪391≫; Urteil vom 18. März 1983 – BVerwG 4 C 80.79 – BVerwGE 67, 74 ≪76 f.≫).
Bei der in dem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen und nur möglichen summarischen Prüfung spricht indes nichts dafür, dass das Vorhaben in den gerügten Punkten der Planrechtfertigung, Variantenauswahl und Vereinbarkeit mit den Belangen des Natur- und Landschaftsschutzes gegen zwingende Rechtsvorschriften verstößt, oder dass der Planfeststellungsbeschluss an durchgreifenden (vgl. § 17 Abs. 6c FStrG) Abwägungsmängeln leidet. Dies hat der Senat in seinem Beschluss vom 25. September 2003 (BVerwG 9 VR 9.03) im Hinblick auf die auch hier gerügten grundsätzlichen Einwände gegen die Planfeststellung entschieden. Auf die Begründung dieses Beschlusses, der den Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes eines anerkannten Naturschutzvereins gegen denselben Planfeststellungsbeschluss betrifft, verweist der Senat. Der Beschluss wird den Beteiligten zusammen mit der Zustellung dieser Entscheidung übersandt. Entscheidungserhebliche weitergehende Gesichtspunkte, die insoweit über das Vorbringen in jenem Verfahren hinausgehen, können dem Vortrag der Antragsteller nicht entnommen werden.
3. Die Antragsteller greifen den Planfeststellungsbeschluss zusätzlich mit der Begründung an, dass die Planfeststellungsbehörde die Lärmbetroffenheit ihres Wohnanwesens durch das Vorhaben fehlerhaft zu niedrig bewertet habe und zudem bei der an ihrem Haus zu erwartenden Lärmgrenzwertüberschreitung den Vorrang des aktiven Lärmschutzes nach § 41 BImSchG verkannt habe.
Diese Einwände können dem Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage schon deshalb nicht zum Erfolg verhelfen, weil – selbst wenn sie zuträfen – daraus allenfalls ein Anspruch der Antragsteller auf Ergänzung des Planfeststellungsbeschlusses um aktive oder passive Lärmschutzmaßnahmen folgen könnte, nicht aber die Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses. Es spricht nach der Überzeugung des Senats nämlich nichts dafür, und die Antragsteller behaupten es auch selbst nicht, dass die gesamte fachplanerische Abwägung zu Fall käme, wenn sich im Hauptsacheverfahren herausstellen sollte, dass dem Vorhabenträger zusätzliche aktive Schallschutzmaßnahmen zugunsten des Anwesens der Antragsteller auferlegt werden müssten, weil sich die Lärmbelastung höher als im Planfeststellungsbeschluss angenommen erwiese oder weil sich der Planfeststellungsbeschluss insoweit im Hinblick auf die Grenzwertüberschreitungen, die trotz der im Planänderungsverfahren angeordneten Errichtung eines Lärmschutzwalls an der B 2 n für das Wohnhaus der Antragsteller verbleiben, zu Unrecht auf die Zusage passiven Lärmschutzes beschränkt haben sollte. Auf den danach allenfalls zu erwartenden Erfolg eines Planergänzungsanspruches kann die begehrte Anordnung der aufschiebenden Wirkung einer Anfechtungsklage nach § 80 Abs. 5 VwGO jedoch nicht gestützt werden.
Es bleibt – sofern es überhaupt entscheidungserheblich darauf ankommt – daher dem Hauptsacheverfahren vorbehalten zu klären, ob die Planfeststellungsbehörde, wie die Antragsteller nach wie vor behaupten, in der maßgeblichen schalltechnischen Untersuchung den Zuschlag “K” für erhöhte Störwirkungen von durch Lichtzeichen geregelten Kreuzungen nach Tabelle D der Anlage 1 zur Verkehrslärmschutzverordnung (16. BImSchV) tatsächlich zu Unrecht vor dem Anwesen der Antragsteller unberücksichtigt gelassen hat und ob der maßgebende LKW-Anteil von der Planfeststellungsbehörde abweichend von der Tabelle A der Anlage 1 zur Verkehrslärmschutzverordnung mit einem niedrigeren Prozentsatz unter Berufung auf die Verkehrsprognose 2015 für die Bundesverkehrswegeplanung in Ansatz gebracht werden durfte. Entsprechendes gilt für die Frage, ob das Lärmschutzkonzept des Planfeststellungsbeschlusses den Vorgaben des § 41 BImSchG genügt (vgl. dazu etwa BVerwG, Urteil vom 15. März 2000 – BVerwG 11 A 42.97 – BVerwGE 110, 370 ≪380 ff.≫). Die von den Antragstellern ebenfalls in Frage gestellte Berücksichtigung eines Korrekturwerts von D≪StrO≫- 2 dB(A) für die Streckenteile der B 2 n, bei denen nach der Unterlage 6 zum Planfeststellungsbeschluss und der Erläuterung auf S. 10 der schalltechnischen Untersuchung zum Planfeststellungsentwurf (Unterlage 11) ein “Splittmastixasphalt 0/11 ohne Absplittung” eingesetzt werden soll, dürfte sich im Hauptsacheverfahren nach Maßgabe der Fußnote zur Tabelle B der Anlage 1 zur 16. BImSchV aller Voraussicht nach als rechtens erweisen (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 11. Januar 2001 – BVerwG 4 A 13.99 – NVwZ 2001, 1154 = Buchholz 406.25 § 43 BImSchG Nr. 16, S. 20 ff.; Urteil vom 23. November 2001 – BVerwG 4 A 46.99 – Buchholz 406.25 § 43 BImSchG Nr. 19, S. 45 und Beschluss vom 3. Mai 2002 – BVerwG 4 B 2.02 – juris).
4. Der Antrag kann schließlich auch im Hinblick auf die Zufahrt zu der zweiten auf dem Anwesen der Antragsteller befindlichen Garage keinen Erfolg haben. Diese Garage ist im Deckblatt zum Grunderwerbsplan (Unterlage 14.2 Blatt Nr. 3) mit einer Zufahrt ohne Flächeninanspruchnahme dargestellt. Außerdem hat, worauf der Antragsgegner zutreffend hinweist, der Vertreter des Vorhabenträgers im Erörterungstermin vom 31. Januar 2002 gegenüber den Antragstellern erklärt, dass die zweite Garage auf dem Grundstück durch die Baumaßnahme nicht beeinträchtigt werde. Dies vermögen die Antragsteller nicht mit Erfolg in Zweifel zu ziehen, wenn sie nunmehr in ihrer Replik vom 12. September 2003 vortragen, die fragliche Garage stehe in Wahrheit auf dem angrenzenden Grundstück Flurstück Nr. 156/8. Denn die daran anknüpfende Schlussfolgerung, die Garage liege im direkten Trassenbereich, weshalb sie voraussichtlich abgerissen werden müsse, wird ohne nähere Substantiierung nicht glaubhaft gemacht.
5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, § 159 Satz 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 13 Abs. 1 Satz 1, § 20 Abs. 3 GKG.
Unterschriften
Dr. Storost, Vallendar, Dr. Eichberger
Fundstellen