Verfahrensgang
OVG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 15.07.2019; Aktenzeichen 8 C 10121/19) |
Tenor
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem auf die mündliche Verhandlung vom 15. Juli 2019 ergangenen Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Antragstellerin.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 30 000 € festgesetzt.
Gründe
Rz. 1
Die auf die Zulassungsgründe nach § 132 Abs. 2 Nr. 2 und 3 VwGO gestützte Beschwerde bleibt ohne Erfolg.
Rz. 2
I. Die Revision ist nicht wegen Divergenz nach § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zuzulassen.
Rz. 3
Eine die Revision gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO eröffnende Divergenz zu einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts ist nur dann im Sinne des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO hinreichend bezeichnet, wenn die Beschwerde einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz benennt, mit dem die Vorinstanz einem in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aufgestellten, ebensolchen die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts tragenden Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat (stRspr, vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. August 1997 - 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 ≪n.F.≫ VwGO Nr. 26 S. 14). Daran fehlt es.
Rz. 4
1. Eine Abweichung des angegriffenen Urteils von dem Senatsbeschluss vom 24. Februar 2003 - 4 BN 14.03 - (NuR 2004, 310) legt die Beschwerde nicht dar. Das Oberverwaltungsgericht sieht in § 9 Abs. 1 Nr. 15 BauGB die Festsetzungsermächtigung für die Festsetzung einer privaten Grünfläche (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Februar 1973 - 4 C 66.69 - BVerwGE 42, 5 ≪6 f.≫ und Beschluss vom 21. Juli 2011 - 4 BN 10.11 - BRS 78 Nr. 58 Rn. 5). Der Senatsbeschluss vom 24. Februar 2003 (a.a.O.) äußert sich indes weder zu § 9 Abs. 1 Nr. 15 BauGB noch zum Verhältnis dieser Ermächtigung zu der in § 9 Abs. 1 Nr. 10 BauGB eröffneten Befugnis, Flächen und ihre Nutzung festzusetzen, die von Bebauung freizuhalten sind.
Rz. 5
2. Die Beschwerde bezeichnet keine Divergenz zum Senatsurteil vom 23. November 2016 - 4 CN 2.16 - (BVerwGE 156, 336 Rn. 12). Das Oberverwaltungsgericht hat der Prüfung des Abwägungsgebots den Obersatz vorangestellt, den die Beschwerde dem Senatsurteil entnimmt (vgl. UA S. 11). Dass die Vorinstanz daraus nicht die von der Beschwerde für richtig gehaltenen Schlüsse gezogen hat, führt nicht auf eine Divergenz (stRspr, vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. August 1997 - 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 ≪n.F.≫ VwGO Nr. 26 S. 14). Inwieweit das angegriffene Urteil von den Senatsurteilen vom 21. August 1981 - 4 C 57.80 - (BVerwGE 64, 33 ≪39≫) und vom 9. April 2008 - 4 CN 1.07 - (BVerwGE 131, 100) abweichen soll, führt die Beschwerde nicht aus.
Rz. 6
3. Das angegriffene Urteil weicht auch nicht im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO von dem Senatsbeschluss vom 16. Juli 2018 - 4 B 51.17 - (Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 223) ab. Die Beschwerde entnimmt diesem Beschluss, dass eine sich in den Bebauungszusammenhang im Sinne von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB in keiner Weise einpassende Bebauung eines einzelnen Grundstücks ein Fremdkörper sein kann, aber den Bebauungszusammenhang nicht unterbricht. Diesem Rechtssatz hat das Oberverwaltungsgericht nicht widersprochen. Es hat dem Flurstück 233/4 nicht die Zugehörigkeit zum Bebauungszusammenhang mit der Begründung abgesprochen, die dort errichtete Villa sei ein Fremdkörper. Maßgeblich waren vielmehr die Größe des Grundstücks, sein parkähnlicher Charakter und die Entfernung der Villa von der Bebauung anderer Grundstücke ("deutlich abgesetzt") (UA S. 14).
Rz. 7
II. Die Revision ist nicht nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen. Die Beschwerde bezeichnet keinen Verstoß gegen § 55 VwGO i.V.m. § 169 Abs. 1 Satz 1 GVG, auf dem das Urteil nach § 138 Nr. 5 VwGO als beruhend anzusehen wäre.
Rz. 8
1. Das Oberverwaltungsgericht hat die mündliche Verhandlung nicht in seinem Gerichtsgebäude, sondern unter Durchführung einer Ortsbesichtigung auf den überplanten Grundstücken durchgeführt. Die Beschwerde rügt als Verstoß gegen § 55 VwGO i.V.m. § 169 Abs. 1 Satz 1 GVG, dass an diesem Ort ein Hinweis auf die mündliche Verhandlung gefehlt habe. Dies führt nicht auf einen Verfahrensfehler. Nach § 55 VwGO i.V.m. § 169 Abs. 1 Satz 1 GVG ist die Verhandlung vor dem erkennenden Gericht einschließlich der Verkündung der Urteile und Beschlüsse öffentlich. Eine Verhandlung ist im Sinne dieser Vorschriften öffentlich, wenn sie in Räumen stattfindet, die während der Dauer der mündlichen Verhandlung jedermann zugänglich sind (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 23. November 1989 - 6 C 29.88 - Buchholz 310 § 133 VwGO Nr. 91 S. 38, vom 15. März 2012 - 4 B 11.12 - BauR 2012, 1097 Rn. 3 und vom 14. Juni 2016 - 4 B 45.15 - juris Rn. 12). § 55 VwGO i.V.m. § 169 Abs. 1 Satz 1 GVG lassen es daher zu, aus Anlass einer Ortsbesichtigung außerhalb des Gerichtsgebäudes mündlich zu verhandeln (vgl. BVerwG, Beschluss vom 22. April 1988 - 4 ER 202.88 - Buchholz 300 § 169 GVG Nr. 5 S. 2). In diesem Fall ist es nicht geboten, die mündliche Verhandlung durch Aushang bekannt zu machen (BVerwG, Beschluss vom 15. März 2012 a.a.O. Rn. 3). Ob es eines Aushangs im Gerichtsgebäude bedurft hätte, kann offenbleiben, weil die Beschwerde das Fehlen einer solchen Bekanntgabe nicht gerügt hat. Sollten sich dem Urteil des OLG Hamm vom 3. April 1974 - 4 Ss 17/74 - (NJW 1974, 1780) weitergehende Anforderungen entnehmen lassen, folgt der Senat dem nicht.
Rz. 9
Soweit die Beschwerde behauptet, mögliche Zuhörer hätten wegen des Fehlens eines Aushangs an der Öffentlichkeit der Verhandlung gezweifelt oder von einer Teilnahme als Zuhörer Abstand genommen, ist im Übrigen weder vorgetragen noch ersichtlich, warum sich etwaige Zweifel nicht durch Nachfrage bei dem Senatsvorsitzenden hätten ausräumen lassen.
Rz. 10
2. Die Beschwerde sieht ferner einen Verstoß gegen § 55 VwGO i.V.m. § 169 Abs. 1 Satz 1 GVG darin, dass das Oberverwaltungsgericht die mündliche Verhandlung nicht an dem in der Ladung angegebenen Treffpunkt "F 39, K.-D." begonnen habe.
Rz. 11
Ein Verfahrensmangel im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO ist nur dann bezeichnet, wenn er sowohl in den (vermeintlich) begründenden Tatsachen als auch in seiner rechtlichen Würdigung substantiiert dargetan wird (BVerwG, Beschluss vom 19. August 1997 - 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 ≪n.F.≫ VwGO Nr. 26 S. 14). Die Beschwerde gibt an, die Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin hätten das Gericht "auf dem H. (Forstweg)", "an einem Waldweg" bzw. "an einem kleinen Parkplatz auf einem Forstweg, der Teil des H. ist", angetroffen. Das Gebäude F. 39 ist das letzte Haus an der Straße "F.", die sich im H. fortsetzt. Die Beschwerde legt nicht substantiiert dar, warum die (behauptete) Abweichung von der Ladung ein Antreffen des Gerichts für die Beteiligten oder die Öffentlichkeit zumindest in beachtlicher Weise erschwert haben könnte. Hierzu hätte aber Anlass bestanden, weil die mündliche Verhandlung bereits kurz vor dem in der Ladung angegebenen Zeitpunkt unter Beteiligung aller Prozessbevollmächtigten sowie von zwei weiteren Personen beginnen konnte.
Rz. 12
3. Angesichts dessen bedarf keiner Entscheidung, ob die Antragstellerin einen Verstoß gegen § 55 VwGO i.V.m. § 169 Abs. 1 Satz 1 GVG rügen kann oder insoweit ein Rügeverlust nach § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 295 Abs. 1 ZPO eingetreten ist (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 4. November 1977 - 4 C 71.77 - Buchholz 303 § 295 ZPO Nr. 1 S. 2 f. und vom 30. November 2004 - 10 B 64.04 - juris Rn. 2).
Rz. 13
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Festsetzung des Streitwerts auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.
Fundstellen
Dokument-Index HI13694095 |