Entscheidungsstichwort (Thema)
Entlassung eines Beamten auf Probe wegen mangelnder Bewährung. Zustimmung des Personalrats
Leitsatz (amtlich)
Die gesetzlich vorgeschriebene Zustimmung des Personalrats bei der Entlassung eines Beamten auf Probe bezieht sich nicht auf die verwaltungstechnische Entlassungsverfügung, sondern auf den Vorgang der Entlassung und den ihr zugrundeliegenden Sachverhalt. Wird die Entlassungsverfügung aus formalen Gründen aufgehoben und durch eine neue, auf einen späteren Entlassungszeitpunkt datierte ersetzt, bedarf es bei gleichbleibendem Sachverhalt keiner erneuten Zustimmung.
Normenkette
NBG § 39 Abs. 1 Nr. 2; Nds.PersVG § 72 Abs. 2, § 78 Abs. 1 Nr. 8
Verfahrensgang
OVG für die Länder Niedersachsen und Schleswig-Holstein (Urteil vom 19.04.1988; Aktenzeichen 5 OVG A 179/86) |
VG Hannover (Entscheidung vom 21.08.1986; Aktenzeichen 2 Hi VG A 205/85) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts für die Länder Niedersachsen und Schleswig-Holstein vom 19. April 1988 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 27 200 DM festgesetzt.
Gründe
Die Beschwerde ist unbegründet. Die Rechtssache hat nicht die ihr von der Beschwerde beigemessene grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Grundsätzliche Bedeutung im Sinne dieser Vorschrift kommt einer Rechtssache nur zu, wenn sie eine – vom Beschwerdeführer zu bezeichnende – höchstrichterlich bisher nicht beantwortete Rechtsfrage aufwirft, die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Fortentwicklung des Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf (vgl. u.a. BVerwGE 13, 90 ≪91 f.≫). Das ist hier nicht der Fall.
Die von der Beschwerde als rechtsgrundsätzlich bezeichnete Frage, ob eine personalvertretungsrechtlich erforderliche (erteilte oder fingierte) Zustimmung zur Entlassung verbraucht ist, wenn die mit (erteilter oder fingierter) Zustimmung erlassene Entlassungsverfügung aufgehoben und etliche (hier: etwa viereinhalb) Monate später durch eine weitere Entlassungsverfügung (zu einem anderen Entlassungszeitpunkt) ersetzt werden soll,
ist nicht klärungsbedürftig im vorstehend genannten Sinn. Ihre Beantwortung ergibt sich – wie der Senat in dem vom Berufungsgericht zitierten Beschluß vom 29. Oktober 1982 – BVerwG 2 B 36.80 – (bestätigt für die entsprechende Vorschrift des § 88 Nr. 11 des Personalvertretungsgesetzes für das Land Berlin durch Beschluß vom 23. März 1987 – BVerwG 2 B 129.86 –) im einzelnen dargelegt hat, unmittelbar aus dem Gesetz. Nach § 78. Abs. 1 Nr. 8 des Personalvertretungsgesetzes für das Land Niedersachsen (Nds.PersVG) in der Fassung vom 8. August 1985 (GVBl, S. 262) bestimmt der Personalrat u.a. mit bei der „Entlassung von Beamten auf Probe nach § 39 NBG”. Schon der Wortlaut der Bestimmung zeigt, daß Gegenstand der Zustimmung des Personalrats nicht die verwaltungstechnische Entlassungsverfügung, sondern die Entlassung und der ihr zugrundeliegende Lebenssachverhalt ist. Dementsprechend wird in dem dem Lehrerbezirkspersonalrat zur Beschlußfassung zugeleiteten Schreiben der Bezirksregierung Hannover vom 2. April 1985 festgestellt, daß der Kläger „sich auch in der erneut verlängerten Probezeit nicht bewährt” hat und deshalb mit Wirkung vom 30. Juni 1985 seine „Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Probe (§ 39 Abs. 1 Nr. 2 NBG)” beabsichtigt sei. Nachdem die Zustimmung des Personalrats zu der beabsichtigten Maßnahme durch das Verstreichenlassen der Frist des § 72 Abs. 2 Satz 3 Nds.PersVG gemäß § 72 Abs. 2 Satz 6 als erteilt galt und die Beklagte – wie das Berufungsgericht in tatsächlicher Hinsicht festgestellt hat – die Entlassungsverfügung vom 17. Mai 1985 „aus formalen Gründen aufgehoben und durch die neue Entlassungsverfügung vom 1. Oktober 1985 ersetzt hat”, in der lediglich der Entlassungszeitpunkt hinausgeschoben wurde, bedurfte es für die Entlassung des Klägers zum 31. Dezember 1985 im Hinblick auf den unverändert gebliebenen Entlassungsgrund mangelnder Bewährung keiner neuen Mitwirkung des Personalrats; zu dieser Maßnahme lag – wie vorstehend ausgeführt – die gesetzlich fingierte Zustimmung des Personalrats bereits vor. Auch soweit der Fall des Klägers in tatsächlicher Hinsicht Unterschiede zu dem vom Senat mit Beschluß vom 29. Oktober 1982 – BVerwG 2 B 36.80 – entschiedenen aufweisen sollte, ist keine Frage von rechtsgrundsätzlicher Bedeutung ersichtlich. Im Grunde wendet sich die Beschwerde insoweit nur gegen die Rechtsanwendung durch das Berufungsgericht. Mit solchen Angriffen kann indes die Nichtzulassungsbeschwerde keinen Erfolg haben. Das gilt selbst dann, wenn das Gericht – wofür hier allerdings keine Anhaltspunkte bestehen – eine Rechtsfrage fehlerhaft entschieden oder eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage überhaupt nicht erkannt haben sollte (vgl. u.a. Beschlüsse vom 3. Oktober 1972 – BVerwG 6 B 57.71 – ≪Buchholz 310 § 132 Nr. 92≫; vom 19. November 1974 – BVerwG 5 B 90.72 – ≪Buchholz 310 § 132 Nr. 125≫ und vom 20. Januar 1978 – BVerwG 6 B 2.78 – ≪Buchholz 310 § 132 Nr. 162≫).
Auch die weitere von der Beschwerde aufgeworfene Frage,
ob es mit den Rechtsgrundsätzen der Rechtssicherheit und der Fürsorge für den Probebeamten zu vereinbaren ist, daß der Dienstherr erst mehrere Wochen nach Verstreichen der höchstzulässigen Probezeit die Entlassung wegen mangelnder Bewährung verfügt, vermag der Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung zu verleihen. Das Bundesverwaltungsgericht hat mehrfach – auch für Fälle der Entlassung wegen mangelnder Bewährung im Sinne des § 39 Abs. 1 Nr. 2 NBG – entschieden, daß der Dienstherr die Frage der Umwandlung des Beamtenverhältnisses auf Probe in ein solches auf Lebenszeit aus Gründen der Fürsorgepflicht nicht ungebührlich lange hinauszögern darf, sondern darüber in angemessener Zeit entscheiden muß (vgl. BVerwGE 26, 228 ≪232≫; 41, 75 ≪78 ff.≫; Beschluß vom 22. September 1986 – BVerwG 2 B 82.86 – ≪Buchholz 232 § 31 Nr. 40 m.w.N.). Ob der Dienstherr das Entlassungsverfahren danach ohne ungebührliche Verzögerung durchgeführt hat, läßt sich indes nicht rechtsgrundsätzlich, sondern nur nach den besonderen Umständen des Einzelfalls beurteilen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Festsetzung des Streitwerts auf § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG. Dabei hat der Senat, entsprechend seiner ständigen Praxis in Streitsachen, die die Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Probe zum Gegenstand haben, pauschalierend den halben Jahresbetrag des Endgrundgehalts als Anhaltspunkt für die Bemessung der Bedeutung der Sache zugrunde gelegt.
Unterschriften
Dr. Franke, Dr. Müller, Dr. Maiwald
Fundstellen
Haufe-Index 1213608 |
ZBR 1989, 178 |