Entscheidungsstichwort (Thema)
Revisibilität der Bereichsausnahme für Forschung und Lehre bei Ansprüchen auf Informationszugang
Normenkette
GG Art. 5 Abs. 3; BW § 2 Abs. 3 Nr. 2 InfFrG
Verfahrensgang
VGH Baden-Württemberg (Urteil vom 25.10.2023; Aktenzeichen 10 S 314/23) |
VG Karlsruhe (Urteil vom 18.01.2022; Aktenzeichen 11 K 1571/20) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 25. Oktober 2023 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, die dieser selbst trägt.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 5 000 € festgesetzt.
Gründe
I
Rz. 1
Der Kläger begehrt von der beklagten Universität Informationen betreffend das Verfahren zur Bestellung des Beigeladenen zum Honorarprofessor, konkret im Wesentlichen die Einsicht in die hierbei erstellten Gutachten und die Namhaftmachung der Gutachter. Das Verwaltungsgericht hat der Klage im Hinblick auf die Namhaftmachung der Gutachter stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Auf die vom Verwaltungsgerichtshof zugelassene Berufung der Beklagten hat dieser die Klage insgesamt abgewiesen. Dem Informationsanspruch des Klägers stehe die Bereichsausnahme des baden-württembergischen Informationsfreiheitsgesetzes für Hochschulen im Bereich von Forschung und Lehre entgegen. Insoweit sei von dem verfassungsrechtlichen Begriffsverständnis der Wissenschaftsfreiheit auszugehen. Dieser unterfielen die Verfahren zur personellen Ergänzung der Universität unmittelbar. Die landesrechtliche Bereichsausnahme gelte umfassend. Für eine einschränkende Auslegung, die Einzelinformationen zu dem Bereich der Forschung und Lehre zuzurechnenden Angelegenheiten isoliert betrachte und mangels eigenständiger Wissenschaftsrelevanz aus der Bereichsausnahme ausklammere, lasse das Landesrecht keinen Raum. Deswegen unterfalle auch die - im Berufungsverfahren allein streitgegenständliche - Namhaftmachung der Gutachter dieser Bereichsausnahme. Der Verwaltungsgerichtshof hat die Revision nicht zugelassen. Hiergegen wendet sich die Beschwerde des Klägers.
II
Rz. 2
Die auf sämtliche Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.
Rz. 3
1. Die Rechtssache hat nicht die ihr von der Beschwerde beigemessene grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Grundsätzlich bedeutsam ist eine Rechtssache dann, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung einer bisher höchstrichterlich ungeklärten, in ihrer Bedeutung über den der Beschwerde zugrundeliegenden Einzelfall hinausgehenden, klärungsbedürftigen und entscheidungserheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts (§ 137 Abs. 1 VwGO) zu erwarten ist. In der Beschwerdebegründung muss gemäß § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO dargelegt werden, dass und inwiefern diese Voraussetzungen vorliegen (stRspr, vgl. BVerwG, Beschluss vom 7. Oktober 2022 - 7 B 6.22 - juris Rn. 5). Daran fehlt es hier.
Rz. 4
Die Beschwerde befasst sich in weiten Teilen im Stile einer Revisionsschrift mit der Frage, ob der Verwaltungsgerichtshof die Klage zu Recht abgewiesen hat.
Rz. 5
Soweit der Beschwerdeschrift bei großzügiger Auslegung einzelne Rechtsfragen zu entnehmen sind, ist deren grundsätzliche Bedeutung jeweils nicht hinreichend dargelegt. Im Einzelnen:
Rz. 6
a) Die Beschwerde hält zunächst im Zusammenhang stehend die folgenden Fragen für rechtsgrundsätzlich:
"Inwieweit ist die Bereichsausnahme in § 2 Abs. 3 Nr. 2 LIFG BW, 'soweit Forschung, Kunst, Lehre, Leistungsbeurteilungen und Prüfungen betroffen sind', voll kongruent mit dem sachlichen Schutzbereich des Art. 5 Abs. 3 GG?"
und
"Muss die Bereichsausnahme im Sinne einer praktischen Konkordanz unter Berücksichtigung der grundrechtlich geschützten Informationsinteressen der Allgemeinheit teleologisch eingeschränkt ausgelegt werden?"
Rz. 7
Die erstgenannte Fragestellung zielt auf die Auslegung von nicht revisiblem Landesrecht, die dem Verwaltungsgerichtshof vorbehalten ist (arg. ex § 137 Abs. 1 VwGO). Zwar zählt Art. 5 Abs. 3 GG zum revisiblen Bundesrecht. Die von der Beschwerde aufgeworfene Frage richtet sich jedoch allein auf die Klärung des Inhalts der landesrechtlichen Bereichsausnahme, nicht jedoch des Gewährleistungsgehaltes des bundesrechtlichen Art. 5 Abs. 3 GG. Im Übrigen mangelt es der Frage an der erforderlichen Konkretheit. Ihre Beantwortung erforderte differenzierende Ausführungen zu einer Vielzahl von Fallgestaltungen im Stil eines Kommentars oder Lehrbuchs. Dies ist jedoch nicht Ziel eines Revisionsverfahrens (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 11. Februar 2016 - 4 B 1.16 - NVwZ-RR 2016, 471 Rn. 2 und vom 30. Dezember 2021 - 7 BN 2.21 - juris Rn. 21).
Rz. 8
Entsprechendes gilt auch für die zweite Fragestellung. Auch sie zielt allein auf die Auslegung von Landesrecht. Der Beschwerde fehlt zudem jegliche Konkretisierung, wie eine solche teleologische Reduktion aussehen sollte.
Rz. 9
b) Soweit die Beschwerde auf S. 11 unten Fragen zu den Grenzen des Schutzbereichs des Art. 5 Abs. 3 GG für rechtsgrundsätzlich erachtet, fehlen geordnete Überlegungen dazu, inwieweit diese denkbar weite Fragestellung in dem angestrebten Revisionsverfahren entscheidungsrelevant werden soll. Die "Klärung der Reichweite von Art. 5 Abs. 3 GG" (S. 12 der Beschwerdeschrift) erforderte ebenfalls lehrbuchartige Ausführungen, die im Revisionsverfahren nicht zu leisten sind.
Rz. 10
c) Die für rechtsgrundsätzlich erachtete Rechtsfrage,
"ob im Hinblick auf die konkrete Tätigkeit des Beigeladenen und konkret Betroffenen andere Standards anzuwenden sind als die, die der VGH 'für den Normalfall' der Namensnennung im Falle der Verleihung von Honorarprofessuren angenommen hat",
zielt erkennbar auf die besondere Situation bzw. Tätigkeit des Beigeladenen und kann schon von daher nicht rechtsgrundsätzlich sein. Eine Bedeutung über den Einzelfall hinaus wird von der Beschwerde nicht dargelegt.
Rz. 11
d) Den Ausführungen auf S. 12 ff. sowie auf S. 19 ff. der Beschwerdeschrift zu einem Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG mangelt es an der Formulierung einer für grundsätzlich erachteten Rechtsfrage. Eine solche ergibt sich auch nicht aus dem Sinnzusammenhang der Beschwerde.
Rz. 12
2. Eine Divergenz im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO wird ebenfalls nicht dargelegt. Eine die Revision eröffnende Divergenz ist nur dann im Sinne von § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO hinreichend bezeichnet, wenn die Beschwerde einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden Rechtssatz benennt, mit dem die Vorinstanz einem in der Rechtsprechung (unter anderem) des Bundesverfassungsgerichts oder des Bundesverwaltungsgerichts aufgestellten ebensolchen entscheidungstragenden Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat (BVerwG, Beschluss vom 19. Oktober 2022 - 7 B 19.21 - NVwZ-RR 2023, 95 Rn. 13). Daran fehlt es hier.
Rz. 13
Die Beschwerde benennt in dem von ihr angeführten Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 5. Mai 2022 (10 C 1.21) schon keinen entscheidungstragenden abstrakten Rechtssatz. Sie sieht die von ihr hervorgehobene Aussage, die Wissenschaftsfreiheit des Art. 5 Abs. 3 GG gebiete keine Regelung des Inhalts, dass auch die einzelnen Verfahrensschritte einer wissenschaftlichen Entscheidung Geheimnisschutz genießen müssten, nur inzident in der Entscheidung enthalten. Darüber hinaus hat der Verwaltungsgerichtshof der vermeintlichen Aussage nicht widersprochen. Seiner Entscheidung lässt sich nicht entnehmen, dass er der Auffassung sei, dass Art. 5 Abs. 3 GG einen solchen Geheimnisschutz vorsehe. Vielmehr hat er nur die vom Landesgesetzgeber geschaffene informationsfreiheitsrechtliche Bereichsausnahme weiter ausgelegt, als es den Vorstellungen der Beschwerde entspricht.
Rz. 14
Soweit sich die Beschwerde auf von ihr angenommene Abweichungen von Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen und des Verfassungsgerichtshofs Baden-Württemberg bezieht, können diese gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO keine Revisionszulassung stützen. Abweichungen von Entscheidungen von Landesgerichten sind nicht revisibel.
Rz. 15
3. Die Beschwerde bezeichnet auch keinen Verfahrensmangel im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
Rz. 16
a) Zunächst ist kein Aufklärungsmangel dargelegt.
Rz. 17
Eine Aufklärungsrüge erfordert die Darlegung der Möglichkeit des Beruhens der angefochtenen Entscheidung auf dem geltend gemachten Aufklärungsmangel, also dass die unterbliebene Sachverhaltsaufklärung voraussichtlich zu Feststellungen geführt hätte, deren Berücksichtigung nach dem materiellrechtlichen Standpunkt der Vorinstanz zu einer für den Beschwerdeführer günstigeren Entscheidung hätte führen können (BVerwG, Beschluss vom 8. November 2021 - 7 B 2.21 - juris Rn. 12). Darüber hinaus muss dargelegt werden, dass bereits im Berufungsverfahren, insbesondere in der mündlichen Berufungsverhandlung, auf die Sachverhaltsaufklärung, deren Unterlassen nunmehr gerügt wird, hingewirkt worden ist, oder dass sich dem Berufungsgericht die Notwendigkeit der bezeichneten Ermittlungen auch ohne ein solches Hinwirken hätte aufdrängen müssen. Die Aufklärungsrüge ist kein Mittel, um Versäumnisse eines anwaltlich vertretenen Beteiligten in der Tatsacheninstanz zu kompensieren, vor allem wenn er es unterlassen hat, einen Beweisantrag zu stellen (stRspr, vgl. BVerwG, Beschluss vom 29. Juli 2021 - 2 B 7.21 - juris Rn. 19).
Rz. 18
Die Beschwerde sieht einen Aufklärungsmangel darin, dass es der Verwaltungsgerichtshof versäumt habe, Beweis zu erheben zu der Frage, in welcher Weise Entscheidungen zum Lehrkörper einer Universität getroffen werden, insbesondere dazu, dass dies durch Erteilung von Lehraufträgen und nicht durch die Verleihung von Ehrentiteln - als welche sie die Ernennung zum Honorarprofessor bewertet - geschieht. Der Kläger hat indes in der Vorinstanz nicht auf die Beweiserhebung hingewirkt, insbesondere keinen Beweisantrag gestellt. Dem Verwaltungsgerichtshof musste sich die Beweiserhebung auch nicht aufdrängen, da nach seiner materiellrechtlichen Rechtsauffassung Personalentscheidungen in Angelegenheiten der Hochschullehrer der Wissenschaftsfreiheit unterfallen. Vor dem Hintergrund, dass auch der Kläger erstinstanzlich ausgeführt hatte, dass die Bestellung von Honorarprofessorinnen und -professoren eine Personalauswahl darstelle und sich in Verfahren und materiellen Vorgaben an den Einstellungsvoraussetzungen für Professorinnen und Professoren orientiere (S. 3 der Klagebegründung vom 11. Mai 2020), hätte es weiterer Darlegungen bedurft, zu erläutern, warum sich dem Verwaltungsgerichtshof das Gegenteil hätte aufdrängen müssen und warum diese Erkenntnis nach dem Wechsel in die zweite Instanz dem "hochschulrechtlichen Allgemeinwissen" zuzuordnen sein soll.
Rz. 19
Soweit der Kläger zudem meint, die Rolle eines Hochschullehrers, der die Prozessvertreterin der Beklagten in der mündlichen Verhandlung begleitet und dort auch das Wort ergriffen habe, hätte näher untersucht werden müssen, fehlen nachvollziehbare Darlegungen, welche konkreten Tatsachen nach seiner Auffassung zu ermitteln gewesen wären und wie sich diese Tatsachenaufklärung auf das Ergebnis der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs hätte auswirken können.
Rz. 20
Der Kläger ist schließlich der Auffassung, der Verwaltungsgerichtshof hätte weiter aufklären müssen, in welchen tatsächlichen Fällen im wissenschaftlichen Betrieb die Namen der Gutachter benannt würden oder bekannt seien und wo dies und aus welchen Gründen nicht der Fall sei. Auch diese Rüge benennt schon keine konkrete Beweistatsache und genügt damit nicht den Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO. Sie legt zudem nicht ansatzweise dar, welche entscheidungserhebliche rechtliche Folgerung daraus zu ziehen sein könnte, dass die Praxis in anderen akademischen Bereichen - genannt wird etwa die Begabtenförderung - näher beleuchtet würde.
Rz. 21
b) Die Rüge des Klägers, es verstoße gegen die Denkgesetze, dass der Verwaltungsgerichtshof die grundsätzliche Bedeutung zur Zulassung der Berufung bejaht, zur Zulassung der Revision aber verneint habe, geht fehl. Insoweit kann sich eine andere Bewertung der Grundsätzlichkeit schon einfach daraus ergeben, dass der Verwaltungsgerichtshof die Berufung im Hinblick auf die Auslegung von Landesrecht zugelassen hat, das nicht revisibel ist.
Rz. 22
c) Es liegt auch kein Verstoß gegen das Gebot des gesetzlichen Richters gemäß Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG vor. Dieser soll nach der Darstellung des Klägers darauf beruhen, dass im Jahr 2023 der Ehemann einer in der früheren Anwaltskanzlei des Beigeladenen tätigen Rechtsanwältin dem zuständigen Spruchkörper des Verwaltungsgerichtshofs angehörte, ohne jedoch an der angegriffenen Entscheidung beteiligt gewesen zu sein. Dies sei "erst jetzt" bekannt geworden.
Rz. 23
Ausgehend hiervon fehlt es dem Beschwerdevorbringen an hinreichenden Darlegungen, die einen die Besorgnis der Befangenheit begründenden Anschein fehlender Neutralität im Hinblick auf die an der Entscheidung beteiligten Richter untermauern könnten. Auf eine Befangenheit des Ehemanns der genannten Rechtsanwältin kommt es nicht an, weil dieser nicht an der Entscheidung mitgewirkt hat. Die Ausführungen, die entscheidenden Richter könnten bei sozialen Zusammenkünften mit der genannten Rechtsanwältin zusammengetroffen sein und über den Beigeladenen gesprochen haben, sind rein spekulativ. Dass dies - so die Beschwerde - der Üblichkeit in einem Spruchkörper entspreche, kann der Senat aus seiner eigenen, vielfältigen Justizerfahrung heraus verneinen.
Rz. 24
d) Auch mit dem Vorbringen, das Berufungsgericht habe die Entscheidung über die Nichtzulassung der Revision nicht begründet, ist ein Verfahrensmangel im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO nicht dargetan, weil nach dieser Vorschrift nur solche Verfahrensmängel gerügt werden können, die der Entscheidung des Berufungsgerichts zur Sache anhaften (Buchheister, in: Schoch/Schneider, Verwaltungsrecht, 45. EL Januar 2024, § 132 VwGO Rn. 98). Davon abgesehen ist den Gründen des angefochtenen Urteils zu entnehmen, dass das Berufungsgericht die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO geprüft, jedoch keinen der dort genannten Revisionszulassungsgründe für gegeben gehalten hat. Eine weitergehende Begründung seiner Zulassungsentscheidung war nicht erforderlich. Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, dass der Hinweis im Berufungsurteil, die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO seien nicht erfüllt, den Anforderungen an eine Begründung der Entscheidung über die Nichtzulassung der Revision genügt (stRspr, vgl. BVerwG, Beschluss vom 30. Juli 1990 - 7 B 104.90 - NJW 1991, 190).
Rz. 25
e) Ein Verfahrensfehler wird auch nicht dadurch dargelegt, dass der Kläger geltend macht, er hätte gemäß § 58 Abs. 1 VwGO mit der Verlängerung der Berufungserwiderungsfrist auf den unabhängigen Fristlauf für die Einlegung der Anschlussberufung hingewiesen werden müssen. Eine solche Hinweispflicht folgt nicht aus § 58 Abs. 1 VwGO. Die Anschlussberufung ist ein gegenläufiger Sachantrag im Rahmen des von einem anderen Rechtsmittelführer eingelegten Rechtsmittels, mit dem der Rechtsmittelgegner den Rechtsmittelanträgen des Rechtsmittelführers antwortet und die Beschränkung des Rechtsmittelgerichts aus § 128 VwGO beseitigt; sie ist selbst kein Rechtsmittel und auch sonst kein "Rechtsbehelf" im Sinne des § 58 Abs. 1 VwGO. Für eine entsprechende Anwendung des § 58 Abs. 1 VwGO ist weder Anlass noch Raum (BVerwG, Urteil vom 1. März 2012 - 10 C 5.11 - BVerwGE 142, 99 Rn. 20). Anderes ergibt sich hier auch nicht aus dem Gebot des fairen Verfahrens. Die Fristverlängerung für die Erwiderung zur Berufungsbegründung war nur auf diese bezogen und nicht auf die Frist zur Einlegung der Anschlussberufung. Ein entsprechender Hinweis war auch deshalb entbehrlich, weil die Frist zur Einlegung der Anschlussberufung gemäß § 127 Abs. 2 Satz 2, § 57 Abs. 2 VwGO i. V. m. § 224 Abs. 2 Halbs. 2 ZPO nicht verlängerbar ist und somit der Anschein der Verlängerung schon nicht entstehen konnte.
Rz. 26
f) Schließlich ist eine Verletzung des Justizgewährleistungsanspruchs nicht hinreichend dargelegt. Der Kläger sieht diesen letztlich durch die Nichtzulassung der Revision als verletzt an. Dabei übersieht er, dass der Justizgewährleistungsanspruch des Art. 19 Abs. 4 GG keinen Instanzenzug garantiert, sondern nur die Eröffnung des Rechtswegs an sich (stRspr, vgl. BVerfG, Beschluss vom 24. Juni 2014 - 1 BvR 2926/13 - BVerfGE 136, 382 Rn. 32). Das Revisionszulassungsrecht erweitert diesen verfassungsrechtlichen Anspruch über das verfassungsrechtlich gebotene Maß hinaus, jedoch nur in dem durch das Gesetz vorgesehenen Umfang. Ein Anspruch auf die Durchführung eines Revisionsverfahrens in jedem einzelnen Fall wird weder durch das Grundgesetz noch durch das Verwaltungsprozessrecht garantiert.
Rz. 27
Dem Antrag des Klägers in seinem Schriftsatz vom 3. Juli 2024, den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs vom 18. April 2024, der Nichtzulassungsbeschwerde nicht abzuhelfen, aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung über sie zurückzuverweisen, ist nicht zu folgen. Die Entscheidung, der Beschwerde nicht abzuhelfen, ist ihrerseits nicht mit der Beschwerde zum Bundesverwaltungsgericht anfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Gegenstand der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts ist im Beschwerdeverfahren gemäß § 133 VwGO der Ausspruch der Vorinstanz über die Nichtzulassung der Revision im Berufungsurteil, nicht die Entscheidung des Berufungsgerichts über die Nichtabhilfe. Zwar hat das Bundesverwaltungsgericht dafür Sorge zu tragen, dass die Vorinstanz ihrer prozessualen Obliegenheit nachkommt, eine Abhilfeentscheidung zu treffen, bevor es selbst über die Beschwerde entscheidet. Etwaige Besetzungsfehler des Berufungsgerichts oder sonstige Verfahrensmängel vor oder bei Erlass des Nichtabhilfebeschlusses hindern das Bundesverwaltungsgericht als Beschwerdegericht aber nicht daran, über die Nichtzulassungsbeschwerde zu entscheiden (BVerwG, Beschluss vom 7. März 2017 - 6 B 53.16 - NVwZ-RR 2017, 468 Rn. 11).
Rz. 28
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig, weil dieser keinen Antrag gestellt und sich damit keinem eigenen Prozesskostenrisiko ausgesetzt hat (§ 154 Abs. 3, § 162 Abs. 3 VwGO). Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 2 GKG.
Fundstellen
NVwZ 2024, 9 |
ZGI 2024, 226 |