Verfahrensgang
VG Schwerin (Urteil vom 20.02.2003; Aktenzeichen 3 A 3335/96) |
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Schwerin vom 20. Februar 2003 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 200 000 € festgesetzt.
Gründe
Die Klägerin beansprucht die Rückübertragung von Grundstücken nach den Vorschriften des Gesetzes zur Regelung offener Vermögensfragen – VermG –. Das Verwaltungsgericht hat ihre Klage insoweit abgewiesen, weil die Vermögenswerte auf besatzungshoheitlicher Grundlage enteignet worden seien und daher nach § 1 Abs. 8 Buchst. a VermG der Anwendungsbereich dieses Gesetzes nicht eröffnet sei.
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil bleibt ohne Erfolg. Es liegt weder der geltend gemachte Verfahrensmangel i.S. des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO vor, noch weist die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO auf. Schließlich lässt sich dem Beschwerdevorbringen der Klägerin auch keine Abweichung des angegriffenen Urteils von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nach § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO entnehmen.
1. Die Klägerin rügt, das anstelle einer Verkündung zugestellte Urteil sei i.S. des § 138 Nr. 6 VwGO nicht mit Gründen versehen, weil es erst am 25. Juli 2003 und daher mehr als fünf Monate nach der mündlichen Verhandlung vom 22. Februar 2003 zugestellt worden sei; damit leide es an demselben Fehler wie ein später als fünf Monate nach seiner Verkündung zur Geschäftsstelle gelangtes Urteil. Die Rüge ist nicht berechtigt. Zwar trifft es zu, dass ein bei seiner Verkündung noch nicht vollständig abgefasstes Urteil als nicht mit Gründen versehen gilt, wenn Tatbestand und Entscheidungsgründe nicht binnen fünf Monaten nach Verkündung schriftlich niedergelegt, von den Richtern besonders unterschrieben und der Geschäftsstelle übergeben worden sind (GmS-OGB, Beschluss vom 27. April 1993 – GmS-OGB 1/92 – BVerwGE 92, 367), und dasselbe in den Fällen des § 116 Abs. 2 VwGO anzunehmen ist, in denen das Urteil anstelle der Verkündung zugestellt wird (Beschluss vom 20. September 1993 – BVerwG 6 B 18.93 – Buchholz 310 § 116 VwGO Nr. 21). Maßgeblich für die Berechnung der Frist ist aber auch dann allein der Zeitpunkt der Übergabe des vollständigen Urteils an die Geschäftsstelle und nicht das Datum der Zustellung. In diesem Sinne hat auch der 8. Senat des Bundesverwaltungsgerichts, auf dessen Beschluss vom 18. August 1999 – BVerwG 8 B 124.99 – (Buchholz 310 § 138 Ziff. 6 VwGO Nr. 37) sich die Klägerin für ihre Auffassung beruft, inzwischen seine Rechtsprechung korrigiert (vgl. Beschluss vom 11. Juni 2001 – BVerwG 8 B 17.01 – Buchholz 310 § 116 VwGO Nr. 26).
2. Die Klägerin bezeichnet auch keine Rechtsfrage, die es rechtfertigen könnte, die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen. Nach Auffassung der Klägerin ist eine Enteignung auf der Grundlage des SMAD-Befehls Nr. 124, bei der der Zugriffsgegenstand allein objektbezogen und ohne Rücksicht auf eine Belastung des Eigentümers ausgewählt worden ist, ein Machtmissbrauch, der über so genannte Exzess- und Willkürhandlungen hinausgeht und daher den Zurechnungszusammenhang zur Besatzungsmacht unterbricht. Die Auseinandersetzung mit dieser Rechtsauffassung erfordert keine Durchführung eines Revisionsverfahrens; denn auf der Grundlage der bisherigen durch das Verwaltungsgericht wiedergegebenen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts liegt es auf der Hand, dass Art oder Maß der Willkür der handelnden Behörde allein keinen entscheidenden Einfluss auf die Verantwortung der die oberste Hoheitsgewalt ausübenden Besatzungsmacht für die Enteignungsmaßnahme hat, sondern das geschehene Unrecht dieser nur dann nicht zuzurechnen ist, wenn einem generellen oder im Einzelfall ausgesprochenen Verbot zuwidergehandelt worden ist.
3. Schließlich ist auch nicht erkennbar, dass die angegriffene Entscheidung des Verwaltungsgerichts von dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 10. Dezember 1998 – BVerwG 7 C 34.97 – (Buchholz 428 § 1 VermG Nr. 166) abweicht. Die Klägerin arbeitet keine einander widersprechenden Rechtssätze heraus; sie beruft sich lediglich auf eine fehlerhafte Anwendung der von ihr herangezogenen Rechtsprechung durch das Verwaltungsgericht. Mit der Rüge solcher Subsumtionsfehler werden die Voraussetzungen einer Divergenz im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO nicht dargetan. Unabhängig davon liegen aber auch keine rechtlich vergleichbaren Sachverhalte vor. Während es in der damaligen Entscheidung des Senats um die Frage ging, ob der Zugriff auf das Eigentum an einem Landgut auch Grundstücke desselben Eigentümers erfasste, die keinen wirtschaftlichen Bezug zu dem Gut aufwiesen, geht es hier allein um den gezielten Zugriff auf ein städtisches Villengrundstück.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO; die Streitwertfestsetzung beruht auf § 14 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 i.V.m § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG.
Unterschriften
Sailer, Gödel, Kley
Fundstellen