Verfahrensgang
OVG für das Land NRW (Beschluss vom 23.04.2004; Aktenzeichen 13a D 39/03) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 23. April 2004 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 4 000 € festgesetzt.
Gründe
Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
a) Sie ist statthaft. Der Fachsenat des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen hat mit dem angefochtenen Beschluss festgestellt, dass die Voraussetzung, unter der es gerechtfertigt ist, dem für den Hauptsacheprozess zuständigen Gericht Akten und Informationen zur Person des Informanten vorzuenthalten (kein leichtfertiges Verhalten des Informanten und kein Handeln wider besseres Wissen), erfüllt ist. Bei einer die Interessenlage des Klägers sowie die Prozesssituation berücksichtigenden sachgerechten Auslegung wendet sich sein Rechtsschutzantrag dagegen, dass der Fachsenat die Berechtigung des Beklagten bestätigt hat, alle bei ihm vorhandenen Unterlagen und Informationen zur Person des Informanten und zu den näheren Umständen seiner Vorsprache bei der ehemaligen Personaldezernentin unter Verschluss zu halten. Mit den Darlegungen, dass die Einschätzung des Fachsenats, der Informant habe nicht wider besseres Wissen und auch nicht leichtfertig gehandelt, durch eine fehlerhafte Beweiswürdigung und eine Verletzung des Amtsermittlungsgrundsatzes zustande gekommen sei, macht die Beschwerde der Sache nach geltend, die Voraussetzung nach § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO, um den Namen des Informanten und Einzelheiten seiner Angaben geheim halten zu können, lägen nicht vor.
b) Die Beschwerde ist aber unbegründet. Der Fachsenat des Oberverwaltungsgerichts ist nach der Vernehmung des Informanten als Zeugen ohne Rechtsfehler zu der richterlichen Überzeugung gelangt, dass der Informant die Information nicht leichtfertig an die Personaldezernentin des Beklagten weitergegeben hat.
Die Bildung der richterlichen Überzeugung nach § 108 Abs. 1 Satz 2 VwGO setzt voraus, dass das Gericht den Sachverhalt nach § 86 Abs. 1 VwGO ausreichend erforscht hat (stRspr, vgl. u.a. Urteile vom 24. Oktober 1986 – BVerwG 6 C 59.84 – BVerwGE 70, 222 ff. und vom 11. April 1989 – BVerwG 9 C 63.87 – Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 208). Dies ist geschehen.
Das Bundesverwaltungsgericht hat in seinem zurückverweisenden Urteil vom 27. Februar 2003 – BVerwG 2 C 10.02 – festgestellt, dass von der leichtfertigen Weitergabe einer Information auszugehen sei, wenn dem Informanten, gemessen an seinen individuellen Fähigkeiten, ein erhöhter Grad an Fahrlässigkeit vorgehalten werden könne. Das Hauptsachegericht ist an diese rechtliche Beurteilung gebunden (§ 144 Abs. 6 VwGO). Daher hatte auch der Fachsenat des Oberverwaltungsgerichts nach § 99 Abs. 2 VwGO von Amts wegen die Tatsachen zu ermitteln, die nach seiner richterlichen Einschätzung die Subsumtion unter den vom Bundesverwaltungsgericht aufgestellten Rechtssatz erlaubten.
Zur Ermittlung dieser Tatsachen hat der Fachsenat den Informanten in nichtöffentlicher Sitzung als Zeugen vernommen. Aus den Fragen des Fachsenats an den Zeugen und dessen Antworten, beides in einer Vernehmungsniederschrift festgehalten, ergibt sich auch für den beschließenden Senat, dass die Beweiswürdigung frei von Rechtsfehlern ist. Die Annahme des Fachsenats des Oberverwaltungsgerichts, der Informant sei eine gereifte, im öffentlichen Leben stehende Persönlichkeit, die nicht leichtfertig gehandelt habe, die sich der persönlichen und beruflichen Folgen bewusst gewesen sei, die die Information der ehemaligen Personaldezernentin des Beklagten für den Kläger nach sich ziehen würde, verstößt nicht gegen Denkgesetze, anerkannte Erfahrungssätze und Auslegungsgrundsätze (stRspr, vgl. u.a. Urteil vom 27. November 1980 – BVerwG 2 C 38.79 – BVerwGE 61, 176 ≪188≫).
Die von der Beschwerde gerügten Widersprüche in der Zeugenaussage des Informanten zur Zeugenaussage der ehemaligen Personalreferentin in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht Minden vom 15. September 1999 (BA I Bl. 88 ff.) treffen zwar im Wesentlichen zu, erfordern jedoch keine weiteren Zeugenvernehmungen. Denn die gerügten Widersprüche beruhen auf bloßen Irrtümern, die für die Beurteilung der Leichtfertigkeit bei der Weitergabe der Information keine Rolle spielen.
Die Aussage der Zeugin Sch. vor dem Verwaltungsgericht Minden, der Informant sei zu dem Gespräch, in dem sie die Information erhalten habe, von einer weiteren Person begleitet worden, beruht auf einer nachvollziehbaren Verwechslung. Die vermeintliche Begleitperson war der Zeugin Sch. sehr gut bekannt und hatte häufig persönlichen Kontakt mit ihr. Dass der Informant die Zeugin Sch. darüber, dass seine Quelle auf keinen Fall vor Gericht aussagen würde, nicht sofort, wie von der Zeugin Sch. vor dem Verwaltungsgericht behauptet, sondern erst später informiert haben soll, lässt sich ebenfalls mit einem nachvollziehbaren Irrtum erklären, der auf die Einschätzung, der Informant habe nicht leichtfertig gehandelt, keinen Einfluss hat. Ein weiterer Widerspruch zwischen der Aussage der Zeugin Sch. und der Aussage des Informanten besteht nicht.
Leichtfertigkeit kann dem Informanten auch nicht deshalb vorgehalten werden, weil er sich vor der Weitergabe der Information nicht ausreichend mit der Seriosität der Quelle beschäftigt hat. In der Vernehmung vor dem Fachsenat des Oberverwaltungsgerichts hat er den Namen, den Beruf und seine Beziehung zu der Quelle angegeben. Aus diesen Angaben hat die Vorinstanz zu Recht den Schluss gezogen, dass es sich um eine langjährige Bekanntschaft handelt und der Informant demzufolge aus der guten persönlichen Kenntnis der Quelle ohne weiteres von deren Seriosität sowie, ohne leichtfertig zu sein, davon ausgehen durfte, dass die Information zutreffen konnte.
Ein zwingender Grund für die Beeidigung des Informanten ist nicht erkennbar.
Der Vorinstanz ist schließlich auch nicht deshalb ein Ermittlungsfehler vorzuhalten, weil sie auf die Vernehmung der Quelle verzichtet hat. Zwar ist richtig, dass diese sich entgegen ihrer bisherigen Ankündigung in einer Zeugenvernehmung doch zur Aussage hätte entschließen können. Diese Möglichkeit kann jedoch auf sich beruhen. Denn es kommt zur Beurteilung der Leichtfertigkeit des Informanten bei der Weitergabe der Information nur darauf an, ob der Informant selbst ohne gesteigerte Fahrlässigkeit von der Seriosität der Quelle und der Information ausgehen durfte.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO; die Streitwertentscheidung ergibt sich aus § 13 Abs. 1 Satz 2 GKG a.F. in Verbindung mit § 72 Nr. 1 GKG.
Unterschriften
Dr. Bardenhewer, Prof. Dawin, Dr. Kugele
Fundstellen