Entscheidungsstichwort (Thema)
Personalrat des WDR. ARD-Studio Brüssel. Ortskräfte
Leitsatz (amtlich)
Der Personalrat des WDR ist für die Ortskräfte beim ARD-Studio Brüssel zuständig.
Normenkette
NWPersVG § 5
Verfahrensgang
Tenor
Die Beschwerde des Beteiligten gegen die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde im Beschluss des Fachsenats für Landespersonalvertretungssachen des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 30. Juni 2005 wird zurückgewiesen.
Gründe
Die Beschwerde des Beteiligten gegen die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde durch das Oberverwaltungsgericht gemäß § 79 Abs. 2 Satz 1 NWPersVG i.V.m. § 92a Satz 1 ArbGG hat keinen Erfolg.
1. Die Grundsatzrüge gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1, § 92 Abs. 1 Satz 2 ArbGG greift nicht durch.
In der Beschwerdebegründung wirft der Beteiligte die Frage auf, “ob im ARD-Studio Brüssel eingestellte Ortskräfte dem Beschäftigtenbegriff des § 5 LPVG NW unterfallen und damit dem Antragsteller Beteiligungsrechte nach dem Landespersonalvertretungsgesetz Nordrhein-Westfalen zustehen, soweit die Ortskräfte nicht unmittelbar von dem Beteiligten eingestellt sind.” Sinngemäß will der Beteiligte damit geklärt wissen, ob der Personalrat des WDR, der Antragsteller, für diejenigen Beschäftigten beim ARD-Studio Brüssel zuständig ist, die nicht vom Beteiligten entsandt, sondern am Beschäftigungsort Brüssel angestellt worden sind (Ortskräfte). Diese Rechtsfrage hat keine grundsätzliche Bedeutung. Sie ist mit dem Oberverwaltungsgericht eindeutig zu bejahen, so dass es der Durchführung eines Rechtsbeschwerdeverfahrens nicht bedarf. Der Antragsteller hat die ihm zustehenden Beteiligungsrechte auch für die Ortskräfte beim ARD-Studio Brüssel wahrzunehmen, weil diese Beschäftigte des WDR sind.
a) Zu den Beschäftigten gehören gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 NWPersVG die Angestellten der in § 1 Abs. 1 NWPersVG bezeichneten Anstalten des öffentlichen Rechts. Dazu zählt der unter der Aufsicht des Landes stehende WDR (§ 54 Abs. 1 WDRG). Unter einem Beschäftigten versteht § 5 Abs. 1 Satz 1 NWPersVG denjenigen, der auf der Grundlage eines Beamten- oder Arbeitsverhältnisses in eine Dienststelle eingegliedert ist und dort an der Erfüllung öffentlicher Aufgaben mitwirkt (vgl. Beschluss vom 15. Mai 2002 – BVerwG 6 P 18.01 – Buchholz 251.7 § 10 NWPersVG Nr. 1 S. 2 m.w.N.; ebenso zum Bundespersonalvertretungsgesetz: Beschluss vom 15. Mai 2002 – BVerwG 6 P 8.01 – BVerwGE 116, 242, 244). Die Dienststelle, bei der die Ortskräfte des ARD-Studios Brüssel eingegliedert sind, ist der WDR. Dieser ist ihr Arbeitgeber.
b) Die Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland (ARD) scheidet dagegen als Arbeitgeberin der Ortskräfte offensichtlich aus. In Rechtsprechung und Literatur herrscht Einigkeit darüber, dass die ARD keine eigene Rechtspersönlichkeit besitzt (vgl. OLG München, Urteil vom 10. April 1992 – 21 U 1849/92 – NJW-RR 1992, 1444, 1445; Hartstein/Ring/Keile/Dörr/Stettner, Rundfunkstaatsvertrag, B 5 Rn. 66 vor § 11 RFtV; Hesse, Rundfunkrecht, 3. Auflage 2003, S. 201; Springer, Die Reform der ARD, 2000, S. 47). Ob der Zusammenschluss als Gesellschaft des bürgerlichen Rechts oder als nicht rechtsfähige öffentlich-rechtliche Verbandseinheit oder anders zu charakterisieren ist (vgl. dazu im Einzelnen Steinwärder, Die Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland, 1998, S. 297 ff.), kann auf sich beruhen. Jedenfalls geben weder die normativen Grundlagen für den Zusammenschluss (ARD-Staatsvertrag, Satzung der ARD) noch die diesbezüglichen Verwaltungsvereinbarungen (vgl. namentlich ARD-Fernsehvertrag, Verwaltungsvereinbarung “ARD aktuell”) auch nur ansatzweise zu erkennen, dass die Landesrundfunkanstalten ihre Personalhoheit ganz oder teilweise an die ARD delegiert haben. Es bleibt daher dabei, dass die Landesrundfunkanstalten jeweils Arbeitgeber der Beschäftigten in den von ihnen verantworteten Arbeitsbereichen der ARD sind. Da der WDR im Rahmen der Arbeitsteilung innerhalb der ARD das Studio Brüssel betreut, ist er Arbeitgeber aller dort beschäftigten Arbeitnehmer einschließlich der hier in Rede stehenden Ortskräfte. Im Anlassfall, der zur Einleitung des vorliegenden Verfahrens führte, ist dies sogar durch die Aufmachung des Arbeitsvertrages und des Schriftverkehrs deutlich geworden, wie das Oberverwaltungsgericht überzeugend ausgeführt hat.
c) Scheidet die ARD als Arbeitgeber aus, so gilt dies erst recht für den Leiter des ARD-Studios Brüssel. Dieser ist leitender Angestellter des WDR und vertritt diesen in den Personalangelegenheiten nachgeordneter Dienstkräfte (§ 32 WDR-Satzung).
d) Das ARD-Studio Brüssel kann auch nicht etwa als Dienststelle angesehen werden, in welche die Ortskräfte eingegliedert sind. Dies verbietet § 1 Abs. 2 Halbsatz 2 NWPersVG. Danach bildet eine der Aufsicht des Landes unterstehende Anstalt des öffentlichen Rechts jeweils eine einzige Dienststelle. Ob Untergliederungen der Anstalt den materiellen Dienststellenbegriff erfüllen, ist anders als bei den in § 1 Abs. 2 Halbsatz 1 NWPersVG genannten Einheiten, insbesondere den staatlichen Stellen, nicht erheblich (vgl. LTDrucks 3/589 S. 41 zu § 7; Cecior/Vallendar/Lechtermann/Klein, Das Personalvertretungsrecht in Nordrhein-Westfalen, § 1 Rn. 23 und 42). Das ARD-Studio Brüssel ist demnach personalvertretungsrechtlich ein unselbständiger Teil der Dienststelle WDR. Dies steht überdies in Einklang mit der rundfunkrechtlichen Regelung (§ 2 Abs. 2 WDRG i.V.m. § 2 Abs. 2 WDR-Satzung).
e) Schon deswegen wirft die Anwendung des nordrhein-westfälischen Personalvertretungsgesetzes auf die Ortskräfte des ARD-Studios Brüssel unter dem Gesichtspunkt des Territorialitätsprinzips keine Bedenken auf. Ob der im Betriebsverfassungsrecht geltende Grundsatz, wonach für Betriebe deutscher Unternehmen im Ausland das Betriebsverfassungsgesetz nicht gilt, auf das Personalvertretungsrecht mit seiner Dienststellenverfassung überhaupt übertragen werden kann oder ob dort nicht vielmehr umgekehrt der Grundsatz gilt, dass auf deutsche Dienststellen im Ausland deutsches Personalvertretungsrecht anzuwenden ist (vgl. § 91 BPersVG und Art. 87 BayPersVG) kann daher auf sich beruhen. Fremde Staatsangehörigkeit, Wohnsitz im Ausland und Vereinbarung ausländischen Rechts für das Arbeitsverhältnis hindern jedenfalls die Anwendung deutschen Personalvertretungsrechts nicht (vgl. für den Bereich des Betriebsverfassungsrechts: BAG, Beschluss vom 25. April 1978 – 6 ABR 2/77 – BAGE 30, 266, 269; Beschluss vom 10. September 1985 – 1 ABR 28/83 – AP Nr. 3 zu § 117 BetrVG 1972 Bl. 347; Beschluss vom 22. März 2000 – 7 ABR 34/98 – BAGE 94, 144, 150 f.). Wegen des binnenrechtlichen Charakters der personalvertretungsrechtlichen Beziehungen ist eine Kollision mit der ausländischen Rechtsordnung regelmäßig nicht zu erwarten. Bei der Beurteilung der individualrechtlichen Verhältnisse sind die ausländischen Gerichte frei, darüber zu befinden, welche Schlüsse sie aus der Beteiligung oder Nichtbeteiligung der nach deutschem Recht gebildeten Personalvertretungen ziehen.
2. Mit der Gehörsrüge nach § 72 Abs. 2 Nr. 3, § 92 Abs. 1 Satz 2 ArbGG kommt der Beteiligte ebenfalls nicht zum Zuge. Das Oberverwaltungsgericht hat mit seinen Ausführungen auf S. 6 f. seines Beschlusses, wonach der Beteiligte erstmals im Anhörungstermin in der Beschwerdeinstanz geltend gemacht hat, dass Arbeitgeber der Mitarbeiter des ARD-Studios Brüssel nicht der WDR, sondern die ARD sei, den Anspruch des Beteiligten auf rechtliches Gehör nicht verletzt.
a) Auch wenn in Übereinstimmung mit dem Vorbringen des Beteiligten und im Gegensatz zu den Ausführungen des Oberverwaltungsgerichts davon ausgegangen wird, dass der Beteiligte nicht erst im Anhörungstermin, sondern bereits mit seinen schriftsätzlichen Ausführungen in den Vorinstanzen die Arbeitgebereigenschaft des WDR in Zweifel gezogen hat, liegt eine Verletzung rechtlichen Gehörs durch das Oberverwaltungsgericht im Ergebnis nicht vor. Wenn das Beschwerdegericht Vorbringen eines Beteiligten zunächst missversteht, sodann aber aufgrund klarstellender Ausführungen im Anhörungstermin zutreffend einordnet und auf dieser Grundlage rechtlich würdigt, liegt eine Verletzung rechtlichen Gehörs im Ergebnis nicht vor. So liegt es hier. Wie die Wiedergabe des Beteiligtenvorbringens auf S. 4 des angefochtenen Beschlusses zeigt, hat das Oberverwaltungsgericht die Auffassung des Beteiligten, er sei nicht Vertragspartner der Ortskraft, zur Kenntnis genommen. Auf S. 7 des Beschlusses hat es diesen Vortrag gewürdigt. Es hat sich nämlich dort nicht nur mit der Feststellung begnügt, der Beteiligte habe sich bislang nicht auf seine fehlende Arbeitgebereigenschaft berufen, sondern im Einzelnen dazu ausgeführt, warum eine solche Auffassung nicht zutrifft. Angesichts dessen kann keine Rede davon sein, das Oberverwaltungsgericht habe im Zeitpunkt seiner die Instanz abschließenden Entscheidung maßgebliches Vorbringen des Beteiligten nicht zur Kenntnis genommen oder nicht gewürdigt.
b) Selbst wenn eine Gehörsverletzung vorläge, würde dies nicht zur Zulassung der Rechtsbeschwerde führen. Dafür ist nach § 72 Abs. 2 Nr. 3, § 92 Abs. 1 Satz 2 ArbGG zusätzlich erforderlich, dass die Gehörsverletzung entscheidungserheblich ist. Dies ist hier nicht der Fall. Denn auch bei voller Würdigung des Vorbringens des Beteiligten bleibt es dabei, dass der Antragsteller für die Ortskräfte beim ARD-Studio Brüssel zuständig ist, wie oben im Rahmen der Ausführungen zur Grundsatzrüge aufgezeigt wurde.
Unterschriften
Bardenhewer, Büge, Vormeier
Fundstellen