Verfahrensgang
Schleswig-Holsteinisches OVG (Urteil vom 13.02.2008; Aktenzeichen 2 KN 3/06) |
Tenor
Die Beschwerde der Antragsteller gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts vom 13. Februar 2008 wird zurückgewiesen.
Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 10 000 € festgesetzt.
Gründe
Die auf grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.
1. Als grundsätzlich klärungsbedürftig wirft die Beschwerde sinngemäß die Frage auf, ob Entgelte für die zur Erfüllung der öffentlichen Aufgabe der Abfallentsorgung in Anspruch genommenen Leistungen Dritter gebührenfähig sind, wenn diese Leistungen entgegen den vergaberechtlichen Vorgaben des Gemeinschafts- und des Bundesrechts ohne Ausschreibung vergeben wurden. Diese Frage rechtfertigt die Zulassung der Revision nicht. Sie betrifft eine Vorschrift des Landesrechts – hier § 6 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 KAG-SH – und damit eine irrevisible Norm, deren Auslegung und Anwendung vom Revisionsgericht als solche nicht nachgeprüft wird (vgl. § 137 Abs. 1 VwGO). Angriffe gegen die Richtigkeit der Auslegung des irrevisiblen Landesrechts vermitteln der Rechtssache nur dann grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, wenn sie mit der beanstandeten Auslegung zusammenhängende klärungsbedürftige Fragen gerade des Bundesrechts aufzeigen (stRspr; vgl. Beschluss vom 1. März 2007 – BVerwG 10 B 11.07 – Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 1 VwGO Nr. 38 m.w.N.). Dies lässt die Beschwerde vermissen.
Nach § 6 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 KAG-SH gehören zu den “erforderlichen Kosten”, die in die Kalkulation von Benutzungsgebühren eingehen können, auch “Entgelte für die zur Erfüllung der öffentlichen Aufgabe in Anspruch genommenen Leistungen Dritter, soweit die Beauftragung Dritter unter Beachtung der Vorschriften des Vergaberechts erfolgt ist”. Die Vorinstanz hat angenommen, dass die Antragsgegnerin (Aufgabenträgerin) die Aufgabe der Abfallentsorgung und -verwertung ohne die nach den vergaberechtlichen Vorgaben des Gemeinschaftsrechts und des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) notwendige Ausschreibung auf den Kreis Rendsburg-Eckernförde übertragen hat. Eine klärungsbedürftige Frage gerade des Vergaberechts wirft die Beschwerde jedoch nicht auf. Vielmehr erschöpft sich ihr Vorbringen hierzu im Wesentlichen in der Darlegung, dass und weshalb die Vorinstanz zu Recht von einem Vergaberechtsverstoß ausgegangen ist.
Auch hinsichtlich der weiteren Erwägungen der Vorinstanz lässt die Beschwerde keinen Bezug zu revisiblem Recht erkennen. Das Oberverwaltungsgericht hat § 6 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 KAG-SH dahingehend ausgelegt, dass Entgeltzahlungen des Aufgabenträgers an Dritte trotz Missachtung der Ausschreibungspflicht dann gebührenfähig sind, wenn keine kostengünstigere Lösung für die Erfüllung der öffentlichen Aufgabe hätte gefunden werden können. Denn Zweck dieser Vorschrift sei nicht die Sanktionierung von Verstößen gegen das Vergaberecht, sondern der Schutz der Gebührenzahler vor überhöhten Gebühren. Nur eine solche Auslegung sei vereinbar mit dem Entgeltcharakter der Benutzungsgebühr als adäquater Gegenleistung für in Anspruch genommene Leistungen öffentlicher Einrichtungen. Die Beschwerde zeigt nicht auf, dass das landesrechtliche Gebührenrecht in dieser Auslegung durch das Oberverwaltungsgericht klärungsbedürftige Fragen des gemeinschafts- oder bundesrechtlichen Vergaberechts oder der bundesrechtlichen Grundsätze des Gebührenrechts aufwerfen könnte. Der Hinweis der Beschwerde auf eine insoweit “von den Entscheidungen anderer Gerichte” abweichende Rechtsprechung der Vorinstanz führt schon deshalb nicht weiter, weil auch eine divergierende Rechtsprechung von Oberverwaltungsgerichten die grundsätzliche Bedeutung der Sache nur begründen kann, wenn eine Frage des revisiblen Rechts zu klären ist (vgl. etwa Beschluss vom 18. Januar 1988 – BVerwG 4 B 260.87 – juris Rn. 1). Auch soweit die Beschwerde auf einen der Auslegung der Vorinstanz widersprechenden eindeutigen Wortlaut des § 6 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 KAG-SH sowie die Fehlerhaftigkeit der Annahme der “Kostengünstigkeit” der an den Kreis zu zahlenden Entgelte verweist, wird keine klärungsbedürftige und in einem Revisionsverfahren klärungsfähige Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung formuliert.
2. Die mit Schriftsatz vom 15. August 2008 nachgeschobene Rechtsfrage,
“ob eine Vergabe ohne die vorgeschriebene Ausschreibung erfolgen darf, wenn der Preis der Dienstleistung ausreichend niedrig erscheint, obwohl § 101 Abs. 6 GWB, also eine Vorschrift des revisiblen Rechts, ausdrücklich das offene Verfahren – also die Ausschreibung – vorschreibt und das GWB für diesen Fall etwas anderes nicht gestattet”,
kann bereits deshalb nicht zur Zulassung der Revision führen, weil sie erst nach Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist (§ 133 Abs. 3 Satz 1 VwGO) gestellt worden ist. Im Übrigen verfehlt die Fragestellung den rechtlichen Ansatz der Vorinstanz. Diese hat nicht angenommen, dass bei einer kostengünstigen Aufgabenübertragung an einen Dritten von einer Ausschreibung abgesehen werden kann, sondern dass in einem solchen Fall das an den Dritten zu zahlende Entgelt auch dann gebührenfähig ist, wenn ein Verstoß gegen Vergaberecht vorliegt.
3. Soweit die Beschwerde rügt, die Quersubventionierung der “blauen Tonne” zur Sammlung des verwertbaren Abfalls aus Gebühren für die Restabfalltonne (“graue Tonne”) verstoße entgegen der Auffassung des Oberverwaltungsgerichts gegen den Gleichheitsgrundsatz, erfüllt sie nicht die Anforderungen an die Darlegung des geltend gemachten Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 133 Abs. 3 Satz 3, § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Dazu wäre erforderlich, dass die Beschwerde eine bestimmte, höchstrichterlich noch nicht geklärte und für die Revisionsentscheidung erhebliche Rechtsfrage des revisiblen Rechts formuliert und außerdem angibt, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung bestehen soll (stRspr, vgl. etwa Beschluss vom 19. August 1997 – BVerwG 7 B 261.97 – Buchholz 310 § 133 ≪n.F.≫ VwGO Nr. 26 S. 14). Dem genügt die Beschwerde nicht.
Die Vorinstanz hat eingehend begründet, weshalb es gerechtfertigt sei, dass der nach Abzug der Verwertungserlöse verbleibende (geringe) Teil der Kosten für die Einrichtung der “blauen Tonnen” auch insoweit aus den Gebühren für die Restabfalltonnen gedeckt werde, als Haushalte keine “blauen Tonnen” in Anspruch nähmen, sondern stattdessen von der satzungsrechtlichen Möglichkeit Gebrauch machten, die Abfälle zur Verwertung in die Sammelcontainer im Stadtgebiet zu verbringen. Sie weist darauf hin, dass auch die Sammelcontainer Teil der gebührenpflichtigen Einrichtung der Abfallentsorgung seien. Auch lasse der Gesichtspunkt der Belastungsgleichheit der Gebührenpflichtigen dem Satzungsgeber Raum für eine Verhaltenssteuerung. Hier trage die Gebührenfreiheit der “blauen Tonne” der Erfahrung Rechnung, dass verwertbare Stoffe in geringerem Umfang in den Restabfallbehälter geworfen würden, wenn sie auf dem Hausgrundstück selbst gesammelt werden könnten und nicht in Sammelcontainer verbracht werden müssten. Die Beschwerde zeigt nicht ansatzweise auf, dass sich mit Blick auf diese Erwägungen klärungsbedürftige Rechtsfragen des revisiblen Rechts von grundsätzlicher Bedeutung stellen. Sie erschöpft sich vielmehr mit der nicht weiter begründeten Behauptung einer Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes in der Art eines zugelassenen oder zulassungsfreien Rechtsmittels in Angriffen gegen die Würdigung der Sach- und Rechtslage durch das Oberverwaltungsgericht, ohne ihr Vorbringen auf den geltend gemachten Zulassungsgrund auszurichten. Im Übrigen ist durch die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bereits geklärt, dass Abfallgebühren ohne Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz so gestaltet werden können, dass hierdurch ein Anreiz zur Vermeidung und Verwertung von Abfällen geschaffen wird (vgl. Urteil vom 20. Dezember 2000 – BVerwG 11 C 7.00 – BVerwGE 112, 297 ≪305 f.≫ unter Bezugnahme auf BVerfG, Beschluss vom 6. Februar 1979 – 2 BvL 5/76 – BVerfGE 50, 217 ≪226 f.≫).
4. Die Frage,
“ob das Kostenüberschreitungsverbot lediglich auf das Verhältnis zwischen der Antragsgegnerin und deren Vertragspartner, dem Kreis Rendsburg-Eckernförde, beschränkt ist”,
rechtfertigt die Zulassung der Revision schon deshalb nicht, weil sie auf den Einzelfall bezogen ist und sich demgemäß nicht verallgemeinerungsfähig beantworten lässt. Zudem ist das Kostendeckungsprinzip hier nicht dem Bundesrecht, sondern dem irrevisiblen Landesrecht zu entnehmen (vgl. Beschlüsse vom 28. Juni 2002 – BVerwG 9 BN 13.02 – juris Rn. 4 und vom 1. März 2007 a.a.O).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 159 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 100 ZPO; die Streitwertfestsetzung folgt aus § 39 Abs. 1, § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 2 GKG.
Unterschriften
Dr. Storost, Dr. Christ, Prof. Dr. Korbmacher
Fundstellen