Verfahrensgang
OVG für das Land NRW (Aktenzeichen 15 A 5592/97) |
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 4. April 2001 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 124 000,04 EUR (= 242 523 DM) festgesetzt.
Gründe
Die auf alle Revisionszulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.
Einen Verfahrensmangel sieht die Beschwerde darin, dass das Oberverwaltungsgericht den sachlichen und personellen Umfang der Rechtskraft des zur Beitragspflicht eines früheren Eigentümers des klägerischen Grundstücks ergangenen verwaltungsgerichtlichen Urteils vom 21. April 1995 falsch beurteilt habe. Diese Rüge vermag einen Revisionszulassungsgrund nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO nicht darzutun. Sie bezeichnet keinen Verfahrensmangel, sondern einen (angeblichen) Fehler bei der Anwendung des materiellen Rechts, der für sich gesehen die Zulassung der Revision nicht begründen kann. Ein Verfahrensmangel im Sinne der genannten Vorschrift ist ein Verstoß gegen eine Vorschrift, die den äußeren Verfahrensablauf, also den Weg zum Urteil und Art und Weise des Urteilserlasses, nicht jedoch dessen Inhalt und den inneren Vorgang der richterlichen Rechtsfindung betrifft (vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 2. November 1995 – BVerwG 9 B 710.94 – Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 266, S. 18). Der Umfang der Rechtskraft des genannten Urteils (§ 121 Nr. 1 VwGO) hat das vom Oberverwaltungsgericht zu beobachtende Verfahren weder beeinflusst noch beeinflussen müssen. Er spielt vielmehr ausschließlich bei der Frage, ob die Beitragspflicht für das klägerische Grundstück bereits im Jahre 1988 entstanden war, eine Rolle, und zwar in der Weise, dass die insoweit vom Oberverwaltungsgericht festzustellende materielle Rechtslage durch den Umfang der Rechtskraft unmittelbar bestimmt wird.
Die von der Beschwerde erhobene Divergenzrüge (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) genügt schon nicht den Anforderungen, die § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO an die hinreichende Bezeichnung dieses Revisionszulassungsgrundes stellt (vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 19. August 1997 – BVerwG 7 B 261.97 – Buchholz 310 § 133 ≪n.F.≫ VwGO Nr. 26). Zwar benennt die Beschwerde ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, von dem das Oberverwaltungsgericht nach ihrer Ansicht abweicht, und gibt einen tragenden Rechtssatz dieses Urteils wieder (BVerwGE 96, 24 ≪26≫). Sie versäumt es jedoch, einen die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz zu bezeichnen, mit dem die Vorinstanz von demjenigen des Bundesverwaltungsgerichts abweicht. Ein solcher Rechtssatz ist auch nicht ersichtlich, da sich das Oberverwaltungsgericht ausdrücklich auf den von der Beschwerde zitierten Rechtssatz bezieht. Wenn die Beschwerde demgegenüber rügt, das Oberverwaltungsgericht habe sich „in Widerspruch zu dieser Entscheidung” gesetzt, weil es den Umfang der Rechtskraft unter Rückgriff auf eine „die Entscheidung tragende Begründung” bestimmt habe, macht sie lediglich geltend, das Oberverwaltungsgericht habe den Rechtssatz des Bundesverwaltungsgerichts falsch angewendet. Das Aufzeigen einer fehlerhaften Anwendung von Rechtssätzen des Bundesverwaltungsgerichts vermag den Zulassungsgrund der Divergenz jedoch ebenso wenig wie den von der Beschwerde insoweit hilfsweise geltend gemachten Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) darzutun (BVerwG, a.a.O. m.w.N.).
Grundsätzliche Bedeutung kommt der Rechtssache auch im Übrigen nicht zu. Die Beschwerde will insoweit geklärt wissen,
ob die Rechtskraftwirkung eines verwaltungsgerichtlichen Urteils sich gemäß § 121 Nr. 1 VwGO auf den Rechtsnachfolger erstrecken kann, wenn die Rechtsfolge vor der mündlichen Verhandlung im verwaltungsgerichtlichen Verfahren eingetreten ist, der Rechtsnachfolger an dem Verfahren aber nicht beteiligt wurde, insbesondere nicht beigeladen wurde, und die gerichtliche Entscheidung sich, wenn man die Rechtskraftwirkung annimmt, unmittelbar nachteilig auf seine Rechte auswirken kann.
Diese Frage rechtfertigt die Zulassung der Revision nicht, weil sie – wie die Beschwerde letztlich auch nicht verkennt – in einem die Frage verneinenden Sinn geklärt ist (BVerwG, Urteil vom 7. September 1984 – BVerwG 4 C 19.83 – Buchholz 406.34 § 2 SchBG Nr. 2; Urteil vom 15. März 1988 – BVerwG 1 C 69.86 – Buchholz 451.29 Schornsteinfeger Nr. 31). Die Rechtsprechung hat – was allerdings schon nicht mehr Gegenstand der aufgeworfenen Frage ist – darüber hinaus verdeutlicht, dass es einer Beiladung nicht allein deswegen bedarf, um überhaupt die Rechtskrafterstreckung auf den Rechtsnachfolger zu bewirken (BVerwG, Beschluss vom 6. Mai 1992 – BVerwG 4 B 139.91 – Buchholz 310 § 65 VwGO Nr. 104). Es besteht entgegen der Auffassung der Beschwerde kein Anlass, diese Rechtsprechung aufzugeben oder zu modifizieren. Er ergibt sich insbesondere nicht aus dem Hinweis der Beschwerde, die Beiladung des Rechtsnachfolgers sei im Falle des Eigentumswechsels während der Rechtshängigkeit im Hinblick auf die Rechtskrafterstreckung wegen des Anspruchs auf rechtliches Gehör (§ 108 Abs. 2 VwGO; Art. 103 Abs. 1 GG) stets geboten. Wegen der vom Oberverwaltungsgericht in Auslegung und Anwendung irrevisiblen Landesrechts festgestellten dinglichen Wirkung des Beitragsbescheides war das von der Klägerin erworbene Grundstück von vornherein mit dem hierzu anhängigen und vom Rechtsvorgänger geführten Verwaltungsprozess und der Möglichkeit einer Rechtskrafterstreckung „belastet”, ohne dass sich allein hieraus ein Beiladungsrecht ergeben hätte. Gegen Risiken aus der Rechtsfolge des § 121 Nr. 1 VwGO konnte sich die Klägerin im Übrigen durch eine entsprechende vertragliche Gestaltung des Veräußerungsvertrages hinreichend absichern.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 13 Abs. 2, §§ 14, 73 Abs. 1 GKG.
Unterschriften
Hien, Dr. Storost, Prof. Dr. Rubel
Fundstellen