Verfahrensgang
VG Dresden (Urteil vom 22.01.2008; Aktenzeichen 1 K 532/04) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Dresden vom 22. Januar 2008 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 388 404,43 € festgesetzt.
Gründe
Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die vom Kläger geltend gemachten Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 VwGO liegen nicht vor.
1. Die Divergenzrüge gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO greift nicht durch. Die Beschwerde legt auf S. 15 der Beschwerdeschrift dar:
“Außerdem ist aus dem im Urteil des Ausgangsgerichts als Begründung aufgeführten Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 02.08.2002 (BVerwG 7 B 7.02) ein Abtretungsverbot von Ausgleichsansprüchen weder zu entnehmen noch abzuleiten, so dass insoweit eine Divergenz zwischen der das Urteil des Ausgangsgerichts tragenden Begründung und dem Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 02.08.2002 besteht. Das Urteil beruht auf dieser Abweichung.”
Mit dieser Bemerkung kann die Beschwerde keine zulässige Divergenzrüge begründen. Denn sie hat überhaupt nicht dargelegt, mit welchem das angefochtene Urteil unmittelbar tragenden abstrakten Rechtssatz zu eben einem solchen Rechtssatz in der genannten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts das Verwaltungsgericht abgewichen sein soll. Das Verwaltungsgericht hat vielmehr aus der genannten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts geschlossen, dass der Zweck der Ausgleichsansprüche, nämlich einem werbenden Unternehmen die unternehmerische Existenz zu sichern, im Falle einer Abtretung nicht mehr erreichbar ist.
2. Auch der vom Kläger erhobenen Grundsatzrüge ist kein Erfolg beschieden.
Soweit die Beschwerde (vgl. S. 6 der Beschwerdeschrift) die Frage aufwirft,
“Klärungsbedürftig ist die Rechtsfrage, ob ein Ausgleichsanspruch nach § 6 Abs. 1 Satz 2 und § 6 Abs. 2 VermG entfällt, wenn das zurückübertragene Unternehmen zum Zeitpunkt der Rückübertragung noch werbend tätig war, zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Ausgleichsansprüche nicht mehr werbend tätig war, weil wegen Nichtgewährung der Ausgleichsansprüche angesichts der behördlich geforderten Altlastensanierung eine Fortführung der Tätigkeit des Unternehmens rechtswidrig und wirtschaftlich nicht aufrecht zu erhalten gewesen wäre.”,
so hat diese Frage keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Eine solche grundsätzliche Bedeutung kann einer Rechtssache nur dann zukommen, wenn sie eine über den Einzelfall hinausgehende klärungsfähige und klärungsbedürftige abstrakte Rechtsfrage von fallübergreifendem Gewicht aufwirft, die in einem künftigen Revisionsverfahren zur Wahrung einer einheitlichen Rechtsprechung oder zur Fortentwicklung des Rechts beantwortet werden kann. Dies ist nicht der Fall, da die aufgeworfene Frage ohne weiteres anhand der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts beantwortet werden kann. Aus dem genannten Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 2. August 2002 – BVerwG 7 B 7.02 – (Buchholz 428 § 6 VermG Nr. 50) und dem Urteil vom 17. Dezember 1993 – BVerwG 7 C 5.93 – (BVerwGE 95, 1 ≪6≫) ist zu schließen, dass ein Anspruch auf Ausgleich wesentlicher Verschlechterung der Vermögens- oder Ertragslage gemäß § 6 Abs. 1 Satz 2 VermG nur bei noch werbend tätigen Unternehmen bestehen kann, die gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 VermG als Unternehmen zurückgegeben werden. Entscheidend ist, dass die Überlebensfähigkeit eines derart reprivatisierten Unternehmens unter marktwirtschaftlichen Bedingungen durch den Ausgleich wesentlicher Verschlechterungen der Vermögens- oder Ertragslage und die daraus folgende bessere Kapitalausstattung gesichert werden soll. Selbst im Falle einer Entscheidung über Ausgleichsansprüche nach Rückgabe des Unternehmens aufgrund eines Anpassungsantrages nach § 6 Abs. 8 VermG muss das bereits zurückübertragene Unternehmen nach dem Zweck des § 6 Abs. 1 Satz 2 VermG im Zeitpunkt dieser Anpassung noch werbend tätig sein, denn nur so kann der genannte Zweck, nämlich die Überlebensfähigkeit eines reprivatisierten Unternehmens unter marktwirtschaftlichen Bedingungen zu sichern, überhaupt erfüllt werden. Entgegen der Auffassung der Beschwerde haben diese Ansprüche nichts mit einer Wiedergutmachung zu tun. Sie sollen gerade nicht eine Vermögensbeeinträchtigung des zurückgegebenen Unternehmens nach dessen Entziehung um ihrer selbst Willen ausgleichen (vgl. Beschluss vom 2. August 2002 a.a.O. S. 77). Eine derartige Zweckverfehlung tritt auch dann ein, wenn die Ansprüche – wie im vorliegenden Fall – an den Kläger abgetreten worden sind. Infolge der Abtretung können die Ausgleichsansprüche von vornherein nicht dazu beitragen, einem werbenden Unternehmen die unternehmerische Existenz zu sichern. Auf die von der Beschwerde angesprochene Stilllegung des Unternehmens kommt es in diesem Zusammenhang nicht an.
Auch die weiterhin aufgeworfene Frage,
“ob ein fälliger Ausgleichsanspruch dann entfällt, wenn dieser vom Gläubiger des Ausgleichsanspruchs nach der Rückübertragung des Unternehmens und nach dessen Stilllegung einem Dritten zur Sicherung einer Darlehensforderung abgetreten wurde”,
wird sich in einem Revisionsverfahren nicht stellen. Sie ergibt sich nämlich nur auf der Grundlage eines Sachverhalts, den das Verwaltungsgericht gerade nicht festgestellt hat, ohne dass insoweit zulässige und begründete Verfahrensrügen geltend gemacht worden sind. Das Verwaltungsgericht hat gerade nicht festgestellt, dass die Abtretung des Ausgleichsanspruchs an den Kläger zur Sicherung einer Darlehensforderung erfolgt ist. Es hat vielmehr nur den rechtlichen Standpunkt eingenommen, dass eine Abtretung von Ausgleichsansprüchen nicht zulässig sei, da dies dem Zweck der Ausgleichsansprüche entgegenstehe, einem werbenden Unternehmen die Existenz zu sichern.
Im Übrigen räumt der Kläger mit der zweiten Fragestellung selbst ein, dass das Unternehmen zum Zeitpunkt der Geltendmachung des Ausgleichsanspruchs seine werbende Tätigkeit bereits beendet hatte. Nach dem genannten Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts ist aber gerade ein Ausgleichsanspruch für ein stillgelegtes Unternehmen ausgeschlossen.
3. Erfolglos bleibt auch die erhobene Verfahrensrüge. Die Beschwerde will das Vorliegen eines Verfahrensmangels, auf dem die Entscheidung beruhen kann damit begründen, dass sie die Rechtsfrage stellt:
“Ist die pauschale Bezugnahme des Gerichts auf die Ausführungen des Beklagten in dessen Bescheid vom 29.01.2004, die sich das Gericht zu eigen macht und deshalb auf eine weitere Darstellung der Entscheidungsgründe verzichtet (§ 117 Abs. 5 VwGO), ein Verfahrensmangel, auf dem die Entscheidung beruhen kann, wenn die Ausführungen des Beklagten in dessen Bescheid vom Kläger bestritten und die Bestreitensgründe unter Beweis gestellt wurden, vom Gericht aber trotz Beweisanträgen des Klägers kein Beweis erhoben wurde”.
Damit will die Beschwerde offenbar eine fehlerhafte Anwendung des § 117 Abs. 5 VwGO dartun, was ihr jedoch nicht gelingt. Denn es handelt sich jedenfalls nicht um einen Verfahrensmangel, auf dem die Entscheidung beruhen kann. Erkennbar werden die Ausführungen des Beklagten im Bescheid vom 29. Januar 2004 nur als ergänzende Begründung vom Verwaltungsgericht herangezogen. Sie sind damit nicht allein entscheidungstragend. Vielmehr hat das Verwaltungsgericht die Ablehnung der Klage auf zwei selbstständige Begründungen gestützt, nämlich auf die mangelnde Abtretbarkeit des Ausgleichsanspruchs und auf das Nichtbestehen des Ausgleichsanspruchs. Nur im Hinblick auf das Nichtbestehen des Ausgleichsanspruchs hat das Verwaltungsgericht auf den Inhalt des Bescheides des Beklagten Bezug genommen.
Soweit die Beschwerde mit der wiedergegebenen letzteren Fragestellung einen Verstoß gegen die Aufklärungspflicht gemäß § 86 Abs. 1 VwGO rügen sollte, so kann sie auch damit nicht durchdringen. Die Beschwerde hätte zumindest darlegen müssen, welcher konkrete Beweis zu erheben war, welches Beweisergebnis zu erwarten gewesen war und inwiefern dies auf der Grundlage der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts entscheidungserheblich gewesen wäre.
Von einer weiteren Begründung des Beschlusses sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, § 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47, 52 GKG.
Unterschriften
Gödel, Dr. Pagenkopf, Dr. Hauser
Fundstellen