Verfahrensgang
OVG für das Land NRW (Urteil vom 09.08.2017; Aktenzeichen 19 A 1735/16) |
VG Minden (Urteil vom 04.07.2016; Aktenzeichen 8 K 656/14) |
Gründe
I
Rz. 1
Der Kläger ist Träger der Freien Waldorfschule G., die als Ersatzschule genehmigt ist. Er beabsichtigt, die Beigeladene als Musiklehrerin zu beschäftigen.
Rz. 2
Die Beigeladene absolvierte von 2008 bis 2013 den von dem Institut für Waldorf-Pädagogik in W./A. gemeinsam mit der Hogeschool Helicon in D. angebotenen Kooperationsstudiengang "Fachlehrer(in) für Musik in den Klassen 1 bis 12 an Waldorfschulen". Die Hogeschool in D., die später von der Hogeschool in L. übernommen wurde, verlieh der Beigeladenen den Abschluss "Docent muziek - Bachelor of Music in Education", das Institut für Waldorf-Pädagogik stellte ihr ein Diplom aus.
Rz. 3
Der Kläger beantragte für die Beigeladene bei der Bezirksregierung De. die Erteilung einer Unterrichtsgenehmigung nach § 102 Abs. 1 Satz 1 SchulG NW als Fachlehrerin für Musik in den Klassen 1 bis 13, hilfsweise die Zulassung zu dem Feststellungsverfahren nach § 5 der Verordnung über die Ersatzschulen (ESchVO NW) vom 5. März 2007 (GV. NRW. S. 130), zuletzt geändert durch die Verordnung vom 31. März 2014 (GV. NRW. S. 249). Das Feststellungsverfahren nach § 5 ESchVO NW knüpft an den Antrag des jeweiligen Schulträgers an. In ihm müssen nach § 5 Abs. 1 Satz 1 ESchVO NW potentielle Lehrkräfte an Ersatzschulen, die nicht über eine Lehramtsbefähigung (§ 102 Abs. 1 Satz 3 SchulG NW) und auch nicht über einen mit abgelegten Prüfungen versehenen, der Vor- und Ausbildung von Lehrkräften an den entsprechenden öffentlichen Schulen im Wert gleichkommenden Werdegang (§ 102 Abs. 2 Satz 1 SchulG NW) verfügen, als Voraussetzung für die Erteilung einer Unterrichtsgenehmigung nachweisen, dass sie sich - in besonderen Ausnahmefällen - auf Grund gleichwertiger freier Leistungen im Sinne des § 102 Abs. 2 Satz 2 SchulG NW in wissenschaftlicher und pädagogischer Hinsicht zur Lehrkraft eignen.
Rz. 4
Die Bezirksregierung De. beschied den Antrag des Klägers abschlägig. Auf die von diesem erhobene Klage verpflichtete das Verwaltungsgericht die Beklagte, die Beigeladene nach § 5 Abs. 2 ESchVO NW zu dem Feststellungsverfahren zuzulassen. Der Kläger könne die Zulassung beanspruchen, weil die Beigeladene nach Durchlaufen des Kooperationsstudiengangs an den genannten Einrichtungen in W. und D. im Sinne von § 5 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. c ESchVO NW eine Hochschulabschlussprüfung in dem Fach Musik - einem Unterrichtsfach in den Sekundarstufen I und II - abgelegt habe. Im Verfahren eingeholte Gutachten hätten erwiesen, dass die Ausbildung der Beigeladenen in materieller Hinsicht einer Musiklehrerausbildung für das öffentliche Schulwesen gleichwertig sei und ihre Abschlussprüfung materiell das Niveau des "Master of Education" bzw. einer "Ersten Staatsprüfung" oder eines Musiklehrerdiploms aufweise. Zur Erlangung der gemäß § 5 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. a ESchVO NW erforderlichen mindestens dreijährigen Unterrichtspraxis könne der Beigeladenen nach § 5 Abs. 6 ESchVO NW eine befristete Unterrichtsgenehmigung erteilt werden. Auch hierzu hat das Verwaltungsgericht die Beklagte verpflichtet.
Rz. 5
Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberverwaltungsgericht das erstinstanzliche Urteil geändert und die Klage abgewiesen. Was die Erteilung einer befristeten Unterrichtsgenehmigung nach § 5 Abs. 6 ESchVO NW anbelange, sei die Klage wegen Wegfalls des Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig geworden, weil die Beigeladene inzwischen von August 2014 bis Juli 2017 an der Freien Waldorfschule J. als Elternzeitvertretung beschäftigt gewesen sei und damit die für eine Zulassung zum Feststellungsverfahren erforderliche Unterrichtspraxis erlangt habe. Einen Anspruch auf Zulassung der Beigeladenen zum Feststellungsverfahren habe der Kläger nicht. Die Beigeladene erfülle den Regel-Zulassungstatbestand des § 5 Abs. 2 ESchVO NW nicht. Der Begriff der Hochschulabschlussprüfung in der in Betracht kommenden Variante des § 5 Abs. 2 Nr. Buchst. c ESchVO NW sei, wie sich aus ihrem systematischen Zusammenhang mit § 5 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b und a ESchVO NW aber auch aus ihrem Zweck ergebe, auf universitäre Abschlüsse beschränkt. Einen solchen Abschluss stelle der Grad eines "Bachelor of Music in Education", den die Beigeladene an der einer deutschen Fachhochschule vergleichbaren Hogeschool in D. erworben habe, nicht dar. Gleiches gelte, worüber zwischen den Beteiligten kein Streit bestehe, für das Diplom, das das Institut für Waldorf-Pädagogik in W./A. der Beigeladenen verliehen habe. Auch der keinen universitären Abschluss voraussetzende Ausnahme-Zulassungstatbestand des § 5 Abs. 5 ESchVO NW könne auf die Beigeladene nicht angewandt werden, weil es dieser an einer mindestens vierjährigen außerschulischen Berufserfahrung im Sinne von § 5 Abs. 5 Nr. 2 ESchVO NW fehle, die zu einer mindestens zweijährigen Unterrichtspraxis nach § 5 Abs. 5 Nr. 3 ESchVO NW hinzukommen müsse. Es sei nicht ersichtlich, dass das Erfordernis einer außerschulischen Berufserfahrung für Bewerber, die über keinen Universitätsabschluss verfügten, gegen höherrangiges Recht verstoße. Es könne durch die Erwägung sachlich gerechtfertigt sein, bestimmte Bewerber von dem alternativen Zugang zum Feststellungsverfahren auszuschließen. Wenn man aber von einem Verstoß gegen höherrangiges Recht ausgehe, sei § 5 Abs. 5 ESchVO NW entweder im Ganzen unwirksam oder gelte ohne das Merkmal des außerschulischen Charakters der geforderten Berufserfahrung fort. Im ersten Fall fehle es überhaupt an einer wirksamen Anspruchsgrundlage dafür, ohne Universitätsabschluss zum Feststellungsverfahren zugelassen zu werden. Im zweiten Fall verbleibe es dabei, dass der Beigeladenen eine hinreichend lange Berufserfahrung fehle.
Rz. 6
Das Oberverwaltungsgericht hat die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen. Der Kläger erstrebt mit seiner Beschwerde die Zulassung der Revision.
II
Rz. 7
Die auf die Revisionszulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO sowie der Divergenz nach § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.
Rz. 8
1. Die Revision ist nicht wegen einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen. Eine solche Bedeutung kommt einer Rechtssache nur zu, wenn für die angefochtene Entscheidung der Vorinstanz eine konkrete, fallübergreifende und bislang höchstrichterlich ungeklärte Rechtsfrage des revisiblen Rechts von Bedeutung war, deren Klärung im Revisionsverfahren zu erwarten und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zur Weiterentwicklung des Rechts geboten ist. Aus der gemäß § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO für die Entscheidung des Senats allein maßgeblichen Beschwerdebegründung des Klägers ergibt sich nicht, dass diese Voraussetzungen hier erfüllt sind.
Rz. 9
a) Der Kläger sieht zunächst die Frage, wie der Begriff der Hochschulabschlussprüfung in § 5 Abs. 2 (Nr. 1 Buchst. c) ESchVO NW auszulegen ist, als grundsätzlich bedeutsam an (I., 1. der Beschwerdebegründung vom 7. November 2017).
Rz. 10
Diese Fragestellung kann nicht zur Zulassung der Grundsatzrevision führen, weil sie einer Klärung in einem Revisionsverfahren nicht zugänglich ist. Der in Rede stehende Begriff des Hochschulabschlusses ist Bestandteil des nach § 137 Abs. 1 VwGO nicht revisiblen Landesrechts. Das Oberverwaltungsgericht hat sein Verständnis des Begriffs als eines universitären Abschlusses allein auf der Grundlage einer Auslegung des Landesrechts gewonnen. Hieran ist der Senat gemäß § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 560 ZPO gebunden.
Rz. 11
b) Eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache meint der Kläger weiterhin durch den Verweis auf eine aus Art. 7 Abs. 4 GG folgende Verfassungswidrigkeit der landesrechtlichen Normen des § 5 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. c und des § 5 Abs. 5 ESchVO NW in ihrer Anwendung durch das Oberverwaltungsgericht darzutun (I., 2. und 3. der Beschwerdebegründung vom 7. November 2017).
Rz. 12
Der von dem Oberverwaltungsgericht vorgenommenen Interpretation des von § 5 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. c ESchVO NW geforderten Hochschulabschlusses als universitärer Abschluss stehe entgegen, dass in Bezug auf die Ausbildung von Lehrkräften an Ersatzschulen nach Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG nur eine Gleichwertigkeit, nicht aber, worauf das Normverständnis des Oberverwaltungsgerichts hinauslaufe, eine Gleichartigkeit mit der Ausbildung der Lehrkräfte an staatlichen Schulen verlangt werden dürfe. Die Vorschrift des § 5 Abs. 5 Nr. 2 ESchVO NW dehne das in Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG in Bezug auf die Ausbildung der Lehrkräfte an Ersatzschulen abschließend geregelte Erfordernis der gleichwertigen Ausbildung in unzulässiger Weise aus. Bereits von § 5 Abs. 5 Nr. 1 ESchVO NW werde eine andere wissenschaftlich und pädagogisch als gleichwertig zu qualifizierende Ausbildung bzw. die Erbringung gleichwertiger Leistungen durch wissenschaftliche oder künstlerische Studien gefordert. Zwar könne der in § 5 Abs. 5 Nr. 3 ESchVO NW darüber hinaus verlangte Nachweis einer mindestens zweijährigen Unterrichtspraxis im Rahmen von Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG noch als zulässig angesehen werden. Jenseits dieses Rahmens liege jedoch die durch § 5 Abs. 5 Nr. 2 ESchVO NW vorgesehene Voraussetzung einer mindestens vierjährigen außerschulische Berufserfahrung. Dies führe zur Unwirksamkeit des § 5 Abs. 5 ESchVO NW und habe zur Folge, dass die Beigeladene unter direkter Anwendung von Art. 7 Abs. 4 GG und § 102 SchulG NW zum Feststellungsverfahren zuzulassen sei.
Rz. 13
Mit diesem Vortrag kann der Kläger die Durchführung eines Revisionsverfahrens gleichfalls nicht erreichen. Wörtlich verstanden, verfehlt die Beschwerdebegründung bereits die Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO. Die Rüge der Nichtbeachtung von Bundesrecht bei der Auslegung und Anwendung von Landesrecht vermag die Zulassung der Grundsatzrevision nur dann zu begründen, wenn die Auslegung einer - gegenüber dem Landesrecht als korrigierender Maßstab angeführten - bundesrechtlichen Norm ihrerseits ungeklärte Fragen von grundsätzlicher Bedeutung aufwirft. Die angeblichen bundesrechtlichen Maßgaben, deren Tragweite und Klärungsbedürftigkeit im Hinblick auf die einschlägigen landesrechtlichen Regelungen sowie die Entscheidungserheblichkeit ihrer Klärung in dem anhängigen Verfahren sind in der Beschwerdebegründung darzulegen (BVerwG, Beschlüsse vom 19. Juli 1995 - 6 NB 1.95 - Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 104 S. 43 und vom 13. August 2013 - 6 B 33.13 - Buchholz 421.10 Schulrecht Nr. 4 Rn. 3). Dies hat der Kläger versäumt.
Rz. 14
Unabhängig hiervon ergibt sich aus der Beschwerdebegründung auch dann keine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache, wenn man unterstellt, der Kläger wolle - sinngemäß - die Maßgaben geklärt wissen, denen landesrechtliche Regelungen über die Ausbildung von Lehrkräften an Ersatzschulen vor dem Hintergrund der bundesverfassungsrechtlichen Gewährleistung der Privatschulfreiheit in Art. 7 Abs. 4 GG genügen müssen. Denn diese Maßgaben sind, soweit hier entscheidungserheblich, in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts geklärt.
Rz. 15
Nach der genannten Rechtsprechung gewährleistet Art. 7 Abs. 4 Satz 1 GG unter Absage an ein staatliches Schulmonopol die Freiheit, Privatschulen zu errichten. Kennzeichnend für die Privatschule ist ein Unterricht eigener Prägung, insbesondere im Hinblick auf die Erziehungsziele, die weltanschauliche Basis, die Lehrmethode und die Lehrinhalte. Das Recht zur Errichtung von Privatschulen als Ersatz für öffentliche Schulen ist jedoch gemäß Art. 7 Abs. 4 Satz 2 GG durch den Vorbehalt staatlicher Genehmigung beschränkt. Die Genehmigung ist nach Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG zu erteilen, wenn die Privatschulen in ihren Lehrzielen und Einrichtungen sowie in der wissenschaftlichen Ausbildung ihrer Lehrkräfte nicht hinter den öffentlichen Schulen zurückstehen und eine Sonderung der Schüler nach den Besitzverhältnissen der Eltern nicht gefördert wird. Ferner darf ein Versagungsgrund im Sinne der in Art. 7 Abs. 4 Satz 4 GG genannten ungenügenden Sicherung der wirtschaftlichen und rechtlichen Stellung der Lehrkräfte nicht bestehen. Die Genehmigungsbedingungen des Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG sichern das Interesse der Allgemeinheit daran, dass private Schulen anstelle öffentlicher Schulen ohne Einbuße an schulischen Standards besucht werden können, die im Bereich des öffentlichen Schulwesens in Bezug auf Lehrerausbildung, Einrichtungen und Lehrziele bestehen. Die staatliche Schulhoheit aus Art. 7 Abs. 1 GG ist im Wirkbereich der Privatschulfreiheit nach Art. 7 Abs. 4 GG zwar abgeschwächt, aber nicht aufgehoben (vgl. zum Ganzen aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts grundlegend: BVerfG, Beschluss vom 14. November 1969 - 1 BvL 24/64 - BVerfGE 27, 195 ≪200 f.≫; zusammenfassend: BVerfG, Kammerbeschluss vom 8. Juni 2011 - 1 BvR 759/08 u.a. [ECLI:DE:BVerfG:2011:rk20110608.1bvr075908] - NVwZ 2011, 1384 Rn. 15 ff.; aus der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts: BVerwG, Beschluss vom 6. April 1990 - 7 B 44.90 - Buchholz 11 Art. 7 Abs. 4 GG Nr. 33 S. 22; Urteile vom 13. Dezember 2000 - 6 C 5.00 - BVerwGE 112, 263 ≪266, 269≫ und vom 30. Januar 2013 - 6 C 6.12 - BVerwGE 145, 333 Rn. 9, 11, 18 f., 27; Beschluss vom 24. Juni 2016 - 6 B 52.15 [ECLI:DE:BVerwG:2016:240616B6B52.15.0] - juris Rn. 10).
Rz. 16
Das Oberverwaltungsgericht hat die Bestimmungen in § 5 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. c und Abs. 5 ESchVO NW als einfachgesetzliche Konkretisierungen des in Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG enthaltenen Gleichwertigkeitspostulats in Bezug auf die wissenschaftliche Ausbildung der Lehrkräfte an Ersatzschulen verstanden. Es hat die Vorschrift des § 5 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. c ESchVO NW rechtssystematisch vergleichend in den Kontext der landesrechtlichen Bestimmungen über universitäre Studienabschlüsse als Zugangsvoraussetzung für Lehrämter an öffentlichen Schulen eingeordnet (UA S. 9 ff.). Die von § 5 Abs. 5 Nr. 2 ESchVO NW geforderte außerschulische Berufspraxis hat es in Bezug zu dem Ausnahmecharakter eines Berufszugangs ohne universitären Abschluss gesetzt und deshalb den direkten Zugriff auf die grundrechtliche Gewährleistung des Art. 7 Abs. 4 GG, den der Kläger in der Begründung seiner Beschwerde befürwortet, nicht vorgenommen (UA S. 16 f.). Hieraus tritt eine Überschreitung des Regelungsrahmens, den Art. 7 Abs. 4 GG für das Landesrecht setzt, nicht hervor (in diesem Sinn zu entsprechenden Regelungen des früheren nordrhein-westfälischen Landesschulrechts bereits: BVerwG, Beschluss vom 13. April 1988 - 7 B 135.87 - Buchholz 11 Art. 7 Abs. 4 GG Nr. 29 S. 14 f.).
Rz. 17
c) Der Kläger meint schließlich, eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ergebe sich daraus, dass in einem durchzuführenden Revisionsverfahren eine Vorabentscheidung des Europäischen Gerichtshofs nach Art. 267 Abs. 3 AEUV einzuholen sein werde (I., 4. der Beschwerdebegründung vom 7. November 2017).
Rz. 18
Der Kläger beruft sich auf Art. 11 Buchst. e und Art. 13 der Richtlinie 2005/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. September 2005 über die Anerkennung von Berufsqualifikationen (ABl. L 255 S. 22), geändert durch die Richtlinie 2013/55/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. November 2013 (ABl. L 354 S. 132) sowie auf die durch Art. 45 AEUV gewährleistete Freizügigkeit der Arbeitnehmer. Er macht geltend, die Beigeladene müsse auf Grund des von ihr absolvierten Kombinationsstudiengangs und des ihr von der Hogeschool in D. verliehenen Bachelorgrads jedenfalls zu dem Feststellungsverfahren nach § 5 ESchVO NW zugelassen werden. Entgegen der Annahme des Oberverwaltungsgerichts seien die Hogeschools in den Niederlanden nicht durchweg den deutschen Fachhochschulen gleichzusetzen. Sie hätten teilweise auch das Niveau deutscher Universitäten. Eine Musiklehrerausbildung an einer niederländischen Hogeschool sei zumindest einer Ausbildung an einer deutschen Musikhochschule, die zu dem Beruf des Musiklehrers führe, gleichzustellen. Mit dem "Bachelor of Music in Education" erwerbe man in den Niederlanden die Unterrichtsbefähigung für die Grundschule sowie für die gesamte sekundäre, mittlere und höhere berufliche Bildung in Musik.
Rz. 19
Auch diese an das Unionsrecht anknüpfenden Darlegungen des Klägers können die Zulassung der Revision wegen einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache nicht rechtfertigen. Dies folgt bereits aus dem Umstand, dass der Kläger eine Rechtsfrage zur Auslegung des Unionsrechts, zu der in einem Revisionsverfahren nach Art. 267 Abs. 3 AEUV eine Vorabentscheidung des Europäischen Gerichtshofs einzuholen wäre, nicht formuliert.
Rz. 20
Unabhängig hiervon kommt es nach den unionsrechtlichen Bestimmungen, die der Kläger durch das angefochtene Urteil verletzt sieht und auf die sich ein Vorabentscheidungsersuchen beziehen müsste, für die Anerkennung eines Ausbildungsnachweises, den ein anderer Mitgliedstaat ausgestellt hat, jedenfalls im Ausgangspunkt darauf an, ob der Nachweis in dem besagten Mitgliedstaat den Zugang zu dem fraglichen Beruf eröffnet. Hierzu bedarf es tatsächlicher Feststellungen im Hinblick auf das Ausbildungssystem in dem betreffenden Mitgliedstaat. Das Oberverwaltungsgericht hat festgestellt, dass das niederländische Bildungswesen eine der deutschen Hochschullandschaft vergleichbare Zweiteilung in einen mehr wissenschaftlichen und einen mehr praktisch orientierten Hochschulzweig aufweist, wobei die "Universiteit" der deutschen Universität und die "Hogeschool" der deutschen Fachhochschule entspricht und demzufolge auch die Hogeschool in D., die der Beigeladenen einen Bachelorgrad verliehen hat, einer deutschen Fachhochschule gleichzusetzen ist (UA S. 13 f.). Da der Kläger diesen Tatsachenfeststellungen lediglich eine abweichende Darstellung entgegengesetzt, sie jedoch nicht mit Verfahrensrügen angegriffen hat, ist der Senat gemäß § 137 Abs. 2 VwGO an sie gebunden. Feststellungen dazu, ob der von der Beigeladenen erreichte Fachhochschul-Bachelorabschluss in den Niederlanden eine Beschäftigung eröffnet, wie sie der Kläger für die Beigeladene erstrebt, hat das Oberverwaltungsgericht nicht getroffen, so dass insoweit schon die erforderliche Tatsachenbasis für eine Zulassung der Grundsatzrevision nicht besteht (vgl. dazu allgemein: BVerwG, Beschlüsse vom 17. März 2000 - 8 B 287.99 - BVerwGE 111, 61 ≪62≫, vom 2. Februar 2011 - 6 B 37.10 - Buchholz 421.2 Hochschulrecht Nr. 173 Rn. 11 und vom 4. Dezember 2017 - 6 B 39.17 [ECLI:DE:BVerwG:2017:041217B6B39.17.0] - juris Rn. 11).
Rz. 21
2. Die Revision ist auch nicht wegen Divergenz gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zuzulassen. Dieser Zulassungsgrund ist erfüllt, wenn die Vorinstanz mit einem ihre Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift einem ebensolchen Rechtssatz, der in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts aufgestellt worden ist, widersprochen hat. Gemäß § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO ist die Abweichung in der Beschwerdebegründung darzulegen.
Rz. 22
Dem Darlegungserfordernis wird die Beschwerdebegründung nicht ansatzweise gerecht. Der Kläger benennt lediglich Urteile des Bundesverfassungsgerichts, des Oberverwaltungsgerichts Münster und des Europäischen Gerichtshofs, denen das angefochtene Urteil seiner Einschätzung nach widerspricht (II., 1. bis 3. der Beschwerdebegründung vom 7. November 2017). Abgesehen davon, dass es sich bei dem Oberverwaltungsgericht Münster und dem Europäischen Gerichtshof nicht um divergenzerhebliche Gerichte handelt, fehlt es überhaupt an einer für eine Divergenzrüge unerlässlichen Gegenüberstellung divergierender Rechtssätze.
Rz. 23
3. Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO. Die Festsetzung des Wertes des Streitgegenstandes beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3, § 52 Abs. 2 GKG.
Fundstellen
Dokument-Index HI11723893 |