Verfahrensgang
Hessischer VGH (Aktenzeichen 5 UE 2445/98) |
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 29. September 1999 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 67 132,23 DM festgesetzt.
Gründe
Die auf alle Revisionszulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.
1. Als rechtsgrundsätzlich bedeutsam im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO wirft die Beschwerde die Frage auf,
„ob die Ausgleichsfinanzierungsabgabe nach § 92 Abs. 8 HWG die vom Bundesverfassungsgericht an eine Sonderabgabe aufgestellten verfassungsrechtlichen Anforderungen erfüllt und damit verfassungsmäßig ist”.
Diese Frage rechtfertigt die Zulassung der Revision nicht. Sie betrifft zunächst eine Norm des irrevisiblen Landesrechts, deren Auslegung und Anwendung vom Revisionsgericht nicht nachgeprüft wird (vgl. § 137 Abs. 1 VwGO) und eine Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung deswegen nicht begründen kann.
Die aufgeworfene Frage wird auch nicht dadurch zu einer solchen des revisiblen Rechts, daß die Beschwerde die Vereinbarkeit dieser Norm mit – in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts präzisierten – Vorgaben des Bundesverfassungsrechts geklärt wissen will. Die Rüge einer Verletzung von Bundes(verfassungs)recht bei der vorinstanzlichen Auslegung und Anwendung irrevisiblen Landesrechts vermag die Zulassung der Grundsatzrevision nur zu rechtfertigen, wenn die Beschwerde eine klärungsbedürftige Frage gerade des Bundes(verfassungs)rechts darlegt, nicht aber dann, wenn nicht das Bundesrecht, sondern allenfalls das Landesrecht klärungsbedürftig ist (stRspr, vgl. etwa BVerwG, Beschluß vom 7. März 1996 – BVerwG 6 B 11.96 – Buchholz 310 § 137 Abs. 1 VwGO Nr. 7 m.w.N.). Die aufgeworfene Frage und die dazu in der Beschwerdebegründung enthaltenen Ausführungen zeigen die Klärungsbedürftigkeit von Bundesrecht jedoch nicht auf. Die bundesverfassungsrechtlichen Anforderungen, die das Bundesverfassungsgericht für Sonderabgaben formuliert hat, stellt die Beschwerde nicht in Frage; vielmehr legt sie diese Vorgaben ihrer rechtlichen Beurteilung der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs als feststehenden Maßstab zugrunde. Von diesem Ausgangspunkt rügt sie, der Verwaltungsgerichtshof hätte richtigerweise zum Ergebnis gelangen müssen, daß die durch § 92 Abs. 8 HWG geregelte Sonderabgabe die bundesverfassungsgerichtlichen Vorgaben nicht erfüllt. Mit dieser Kritik wendet sich die Beschwerde ausschließlich gegen die Auslegung und Anwendung irrevisiblen Rechts. Denn der Verwaltungsgerichtshof hat seine Erkenntnis, daß die nach der genannten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts für die Verfassungsmäßigkeit von Sonderabgaben maßgeblichen Kriterien der Gruppenhomogenität, der Gruppenverantwortung und der Gruppennützigkeit im Falle der Ausgleichsfinanzierungsumlage nach § 92 Abs. 8 HWG erfüllt sind, allein aus der Auslegung und Anwendung dieser landesrechtlichen Norm gewonnen. Dies mag der Beschwerde klärungsbedürftig erscheinen, kann aber eine Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung nicht begründen.
Darüber hinaus wirft die Beschwerde als grundsätzlich bedeutsam die Frage auf,
„ob Sonderabgaben mit Finanzierungsfunktion, deren Zweck zwar – wie hier das Berufungsgericht meint – auf den Ausgleich von Belastungen oder Vorteilen innerhalb eines bestimmten Wirtschaftszweiges ausgerichtet ist (sogenannte Ausgleichsfinanzierungsabgaben), aber bei denen zum einen grundsätzlich die Möglichkeit der Abwälzung auf die Preise besteht, und darüber hinaus insbesondere bei Trägern der Daseinsvorsorgeaufgaben dienenden Ver- und Entsorgungsleistungen, wie hier der öffentlichen Wasserversorgung, aufgrund des Wirtschaftlichkeitsgrundsatzes und des Kostendeckungsprinzips (nach den Regelungen der Gemeindeordnungen, der Eigenbetriebsgesetze und der Kommunalabgabengesetze) die Verpflichtung besteht, die Sonderabgabe auf die für die Aufgabenerfüllung erhobenen Entgelte bzw. Gebühren gegenüber den Verbrauchern abzuwälzen, die Allgemeinheit der Verbraucher belastet und damit gegen die Grundsätze der Gruppenhomogenität verstößt”.
Auch diese Frage rechtfertigt die Zulassung der Revision nicht, denn sie würde sich in einem Revisionsverfahren mangels Klärungsfähigkeit nicht stellen. Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Urteil dargelegt, daß die für Träger der Daseinsvorsorge bestehende landesrechtliche Verpflichtung zu wirtschaftlichem und kostendeckendem Betrieb die Art und Weise der kommunalen Wirtschaftsführung und Gebührenkalkulation betrifft, jedoch keine Regelung über die Ansetzung oder Nichtansetzung einer Umlage in der Wassergebühren- oder -preiskalkulation vorgibt. Die in der aufgeworfenen Rechtsfrage unterstellte „Verpflichtung” zur Abwälzung der Sonderabgabe auf die Verbraucher besteht danach nicht. An diese Auslegung landesrechtlicher Vorschriften wäre das Revisionsgericht gemäß § 173 VwGO i.V.m. § 562 ZPO gebunden. Ein Verstoß gegen Bundesrecht, der diese Bindung ausnahmsweise entfallen lassen könnte (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Oktober 1997 – BVerwG 2 C 30.96 – Buchholz 271 Landesbeihilferecht Nr. 21 m.w.N.), wird hinsichtlich dieser Auslegung von der Beschwerde nicht geltend gemacht und ist auch nicht ersichtlich.
Ebenfalls nicht klärungsfähig ist die letzte von der Beschwerde als grundsätzlich bedeutsam aufgeworfene Frage,
„ob ≪im Zusammenhang mit dem Erfordernis der Gruppenverantwortung≫ diese Voraussetzung erfüllt ist, das heißt ob die zur Abgabe herangezogenen Unternehmen, hier die Träger der öffentlichen Wasserversorgung (und die Eigentümer und Betreiber von Heilquellenunternehmen) dem Finanzierungszweck der Sonderabgabe, wenn die Abgabe nicht nur dem Ausgleich der unterschiedlich starken Belastungen der einzelnen Unternehmen eines bestimmten Wirtschaftszweiges, dem diese Unternehmen angehören, sondern auch der Finanzierung von Leistungen an Unternehmen eines anderen Wirtschaftszweiges und der Vermeidung von regional stark unterschiedlichen Verbraucherpreisen dient, evident näher stehen als jede sonstige Gruppe oder die Allgemeinheit”.
Nach der aus den bereits dargelegten Gründen das Revisionsgericht bindenden Auslegung des Verwaltungsgerichtshofs besteht das Ziel des Ausgleichs nach § 92 Abs. 8 HWG nicht in der – von der Beschwerde in ihrer Frage unterstellten – Herstellung landeseinheitlicher Wasserpreise, sondern im Schutz möglichst aller Wasservorkommen, auch solcher mit geringer Ergiebigkeit. Auch diese Frage würde sich daher in einem Revisionsverfahren nicht stellen.
2. Soweit die Beschwerde eine Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) des Berufungsurteils von der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu den Voraussetzungen der Sonderabgabe (BVerfGE 55, 274; 67, 256; 91, 186) geltend macht, genügt dieser Vortrag schon nicht den Anforderungen, die § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO an die Bezeichnung eines solchen Zulassungsgrundes stellt. Zwar benennt die Beschwerde Rechtssätze aus diesen Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts. Sie versäumt es indessen, einen diesen widersprechenden Rechtssatz des Verwaltungsgerichtshofs zu formulieren. Ein solcher divergierender Rechtssatz ist auch nicht erkennbar. Der Verwaltungsgerichtshof hat sich vielmehr ausdrücklich auf die von der Beschwerde angeführte Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bezogen und die hierin als maßgeblich angesehenen verfassungsrechtlichen Anforderungen an Sonderabgaben seiner Entscheidung zugrunde gelegt. Die Beschwerde beschränkt dementsprechend ihre Rüge auch darauf, der Verwaltungsgerichtshof habe diese Anforderungen aufgrund einer von der Beschwerde als unzutreffend angesehenen Auslegung des Landesrechts zu Unrecht bejaht. Das Aufzeigen einer fehlerhaften Anwendung von Rechtssätzen der in § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO genannten Gerichte genügt jedoch nicht den Zulässigkeitsanforderungen an eine Divergenzrüge (BVerwG, Beschluß vom 19. August 1997 – BVerwG 7 B 261.97 – Buchholz 310 § 133 ≪n.F.≫ VwGO Nr. 26 m.w.N.).
3. Als Verfahrensmangel (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) rügt die Beschwerde schließlich, der Verwaltungsgerichtshof habe unter Verstoß gegen seine Aufklärungspflicht (§ 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO) und den Überzeugungsgrundsatz (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) den Sachverhalt unvollständig und fehlerhaft ermittelt. Nach ihrer Auffassung hätte der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der Prüfung der Gruppenhomogenität untersuchen müssen, ob der Kreis der nach § 92 Abs. 8 HWG Umlagepflichtigen und der nach § 92 Abs. 2 HWG Auszahlungspflichtigen tatsächlich identisch ist. Ferner hätte der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der Überprüfung der Gruppenhomogenität und der Gruppennützigkeit aufklären müssen, ob die Wasserversorgungsunternehmen die Ausgleichsfinanzierungsumlage auf die Verbraucher umgelegt haben. Auch insoweit fehlt es bereits an einer den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO genügenden Bezeichnung eines Revisionszulassungsgrundes. Denn die Beschwerde verkennt, daß es für die Frage, welche Aufklärungsmaßnahmen ein Gericht durchführen und aufgrund welcher Tatsache es seine Überzeugung zu bilden hat, auf seinen eigenen sachlich-rechtlichen Standpunkt ankommt (stRspr, vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 3. Juli 1992 – BVerwG 8 C 72.90 – Buchholz 310 § 88 VwGO Nr. 19 m.w.N.). Da der Verwaltungsgerichtshof aber bereits aus materiellrechtlichen Gründen zu einer Identität der von § 92 Abs. 2 bzw. Abs. 8 HWG erfaßten Personenkreise gelangt ist und es für die Frage der Abwälzbarkeit der Umlage als maßgeblich angesehen hat, daß keine zwingende Rechtspflicht bestand, brauchte er den von der Beschwerde aufgeworfenen tatsächlichen Fragen mangels Entscheidungserheblichkeit nicht nachzugehen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 13 Abs. 2, § 14 GKG.
Unterschriften
Dr. Storost, Kipp, Prof. Dr. Rubel
Fundstellen