Leitsatz (amtlich)
Ein Antrag nach § 4 UIG muss ein Mindestmaß an konkretisierender Eingrenzung aufweisen, damit erkennbar wird, zu welchen Umweltinformationen Zugang gewünscht wird.
Gründe
I
Rz. 1
Am 8. Januar 2017 beantragte der Kläger unter Berufung auf den Anspruch auf Zugang zu Umweltinformationen, ihm eine Übersicht der Titel sämtlicher Akten, die beim Bundesnachrichtendienst zum Thema Umweltschutz vorhanden sind, zu übersenden. Diesen Antrag lehnte der Bundesnachrichtendienst mit Bescheid vom 20. März 2017 ab, da er nicht über eine solche Übersicht verfüge. Aus dem gleichen Grund wies der Bundesnachrichtendienst den Widerspruch des Klägers mit Bescheid vom 9. Juni 2017 zurück. Mit seiner anschließend erhobenen Klage hat der Kläger unter Aufhebung der entgegenstehenden Bescheide die Verpflichtung der Beklagten begehrt, seinem Antrag zu entsprechen. Das Bundesverwaltungsgericht hat die Beteiligten darauf hingewiesen, dass zwar der in den Bescheiden genannte Grund für die Ablehnung des Antrags nicht gegeben sei, dennoch aber der Zugangsanspruch nicht zuerkannt werden könne, weil der Antrag auf Zugang zu Umweltinformationen zu unbestimmt und präzisierungsbedürftig sei. In der mündlichen Verhandlung hat der Bundesnachrichtendienst den Bescheid vom 20. März 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. Juni 2017 aufgehoben. Sodann haben die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt.
II
Rz. 2
1. Nachdem die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, ist das Verfahren, für das gemäß § 50 Abs. 1 Nr. 4 VwGO das Bundesverwaltungsgericht erstinstanzlich zuständig ist, entsprechend § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen.
Rz. 3
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO. Es entspricht unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes billigem Ermessen, die Kosten des erledigten Verfahrens dem Kläger und der Beklagten je zur Hälfte aufzuerlegen. Denn es wäre voraussichtlich nur ein Bescheidungsurteil in Betracht gekommen.
Rz. 4
a) Gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 UIG hat jede Person nach Maßgabe des Umweltinformationsgesetzes Anspruch auf Zugang zu Umweltinformationen, über die eine informationspflichtige Stelle im Sinne des § 2 Abs. 1 UIG verfügt. Nach § 2 Abs. 4 Satz 1 UIG verfügt eine informationspflichtige Stelle über Umweltinformationen, wenn diese bei ihr vorhanden sind oder für sie bereitgehalten werden. Für das Vorhandensein kommt es auf die tatsächliche räumliche Verfügungsbefugnis an (vgl. OVG Münster, Urteil vom 1. März 2011 - 8 A 3358/08 - juris Rn. 112).
Rz. 5
Der Kläger hat Zugang zu den Titeln sämtlicher Akten, die beim Bundesnachrichtendienst zum Thema Umweltschutz vorhanden sind, durch Übersendung einer entsprechenden Übersicht begehrt. Hiervon ausgehend ist die Auffassung der Beklagten in den angefochtenen Bescheiden, der Bundesnachrichtendienst verfüge nicht im Sinne von § 3 Abs. 1 Satz 1 UIG über die begehrte Übersicht, unzutreffend und nicht geeignet, die Ablehnung des Antrags zu tragen. Denn der Bundesnachrichtendienst befindet sich im Besitz der Aktentitel und kann über sie verfügen. Bei der begehrten Übersicht handelt es sich demgegenüber um eine bestimmte Art des Zugangs, die der Kläger gemäß § 3 Abs. 2 Satz 2 UIG beantragen kann. Der Bundesnachrichtendienst hat dementsprechend die begehrten Aktentitel derjenigen Verwaltungsvorgänge, die Umweltinformationen enthalten, gemäß § 3 Abs. 2 Satz 1 UIG in einer Übersicht zusammenzustellen und auf diese Weise dem Kläger zugänglich zu machen, wenn die Tatbestandsvoraussetzungen des Anspruchs auf Zugang zu Umweltinformationen gegeben sind und dem Begehren keine Ablehnungsgründe entgegenstehen.
Rz. 6
b) Gleichwohl hätte der Verpflichtungsklage zum Zeitpunkt des Vorliegens der übereinstimmenden Erledigungserklärung nicht vollumfänglich stattgegeben werden können. Die Sache ist nach dem bisherigen Sach- und Streitstand noch nicht spruchreif, da sich der für den Anspruch erforderliche Antrag des Klägers auf Zugang zu Umweltinformationen bisher als zu unbestimmt erweist:
Rz. 7
Der Anspruch auf Zugang zu Umweltinformationen setzt einen Antrag voraus, der gemäß § 4 Abs. 2 Satz 1 UIG erkennen lässt, zu welchen Umweltinformationen im Sinne von § 2 Abs. 3 UIG der Zugang gewünscht wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. März 1999 - 7 C 21.98 - BVerwGE 108, 369 ≪371≫). Die an den Antrag zu stellenden Anforderungen finden ihre Grenze dort, wo der Antragsteller mangels Kenntnis nicht in der Lage ist, die begehrten Informationen durch die Benennung von Unterlagen zu konkretisieren (vgl. BVerwG, Urteile vom 25. März 1999 - 7 C 21.98 - BVerwGE 108, 369 ≪371≫ zu § 5 Abs. 1 UIG a.F. und vom 18. Oktober 2005 - 7 C 5.04 - Buchholz 406.252 § 2 UIG Nr. 1 Rn. 17; OVG Münster, Beschluss vom 27. Juni 2007 - 8 B 920/07 - NVwZ 2007, 1212 ≪1212≫; Götze, in: Götze/Engel, UIG, 2017, § 4 UIG Rn. 9; Reidt/Schiller, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand Februar 2019, § 4 UIG Rn. 5a). Aus diesem Grund sind an die Bestimmtheit des Antrags keine hohen Anforderungen zu stellen (Gassner, Umweltinformationsgesetz ≪UIG≫, 2006, § 4 Anm. 2.1; Reidt/Schiller, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand Februar 2019, § 4 UIG Rn. 5a). Der Annahme hinreichender Bestimmtheit des Antrags steht daher nach allgemeiner Auffassung nicht entgegen, dass der Antragsteller nicht die begehrten Umweltinformationen im Einzelnen, sondern nur die Verwaltungsvorgänge bezeichnen kann, auf die sich sein Zugangsbegehren bezieht (vgl. OVG Münster, Beschlüsse vom 27. Juni 2007 - 8 B 920/07 - NVwZ 2007, 1212 ≪1212≫ und vom 13. März 2019 - 15 A 769/18 - juris Rn. 11, 13; Götze, in: Götze/Engel, UIG, 2017, § 4 UIG Rn. 9; s. auch BVerwG, Urteil vom 25. März 1999 - 7 C 21.98 - BVerwGE 108, 369 ≪371≫). Es reicht aus, wenn der Antragsteller seinen Antrag in einem ersten Schritt darauf richtet, davon Kenntnis zu erlangen, dass und welche Informationen vorliegen, von deren Inhalt er sodann in einem zweiten Schritt im Wege der Akteneinsicht oder Auskunftserteilung Kenntnis erlangen kann. Für den ersten Schritt genügt es, wenn der Antragsteller dafür die Verwaltungsvorgänge bezeichnet, auf die sein Zugangsbegehren gerichtet ist. Dies gilt entsprechend im gerichtlichen Verfahren für die Bestimmtheit des Klageziels gemäß § 82 Abs. 1 Satz 1 und 2 VwGO bei auf § 3 Abs. 1 UIG gestützten Klagen (vgl. dazu BVerwG, Urteile vom 25. März 1999 - 7 C 21.98 - BVerwGE 108, 369 ≪371≫ zu § 5 Abs. 1 UIG a.F., vom 18. Oktober 2005 - 7 C 5.04 - Buchholz 406.252 § 2 UIG Nr. 1 und vom 23. Februar 2017 - 7 C 31.15 [ECLI:DE:BVerwG:2017:230217U7C31.15.0] - Buchholz 406.252 § 2 UIG Nr. 3 Rn. 26).
Rz. 8
Demgegenüber erweist sich ein Antrag als zu unbestimmt, wenn er einen Bezug zu den in § 2 Abs. 3 UIG aufgeführten Umweltinformationen nicht hinreichend konkret erkennen lässt (vgl. Reidt/Schiller, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand Februar 2019, § 4 UIG Rn. 5a; Schomerus, in: Schomerus/Schrader/Wegener, UIG, 2. Aufl. 2002, § 5 Rn. 16; Gassner, Umweltinformationsgesetz ≪UIG≫, 2006, § 4 Anm. 2.1). Derartig weit gefasste Anträge können, wenn der Antragsteller auch nach Aufforderung zur Präzisierung gemäß § 4 Abs. 2 Satz 2 UIG daran festhält, nach Maßgabe von § 8 Abs. 2 Nr. 5 UIG abgelehnt werden.
Rz. 9
Gemessen hieran erweist sich der Antrag des Klägers bisher als zu unbestimmt. Der begehrte Zugang zu den Titeln der Akten zum Thema Umweltschutz lässt nicht hinreichend konkret erkennen, zu "welchen" Umweltinformationen im Sinne von § 2 Abs. 3 UIG der Kläger Zugang begehrt. Der Bundesnachrichtendienst ist bei diesem in keiner Weise eingegrenzten "Globalantrag" nicht in der Lage, die Voraussetzungen des Anspruchs und entgegenstehende Ablehnungsgründe zu prüfen; ebenso wenig könnte ein solcher Antrag aufgrund eines Urteils vollstreckt werden. Auch gelingt dem Kläger keine entsprechende Eingrenzung seines Begehrens durch die Bezugnahme auf... des früheren Aktenplans des Bundesnachrichtendienstes. Denn dem Aktenplan ist nicht zu entnehmen, ob und über welche Verwaltungsvorgänge oder Umweltinformationen der Bundesnachrichtendienst unter der dort genannten Gliederung verfügt und ob die unter... angelegten Vorgänge das Informationsbegehren des Klägers abschließend erfüllen.
Rz. 10
c) Ein Informationsbegehren kann jedoch ohne die Durchführung eines auf Präzisierung gerichteten Zwischenverfahrens nicht nach § 8 Abs. 2 Nr. 5 UIG als zu unbestimmt abgelehnt werden. Im Falle eines zu unbestimmten Antrags hat die informationspflichtige Stelle den Antragsteller hierauf gemäß § 4 Abs. 2 Satz 2 UIG hinzuweisen und ihm Gelegenheit zur Präzisierung des Antrags zu geben. Bei der Präzisierung des Antrags muss sie ihn gemäß § 4 Abs. 2 Satz 4 UIG unterstützen. Die Beteiligten haben in diesem Verfahrensstadium kooperativ auf die Stellung eines hinreichend bestimmten Antrags hinzuwirken. Da dieses Verfahren vor einer Ablehnung des Antrags als zu unbestimmt nach § 8 Abs. 2 Nr. 5 UIG durchzuführen ist, wäre im vorliegenden Fall allenfalls ein Bescheidungsurteil in Betracht gekommen, damit die Präzisierung des Antrags mit Unterstützung der informationspflichtigen Stelle zum Abschluss gebracht werden kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Juli 2016 - 7 C 7.14 [ECLI:DE:BVerwG:2016:280716U7C7.14.0] - Buchholz 451.91 Europ. UmweltR Nr. 65 Rn. 30 m.w.N.).
Rz. 11
3. Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus § 52 Abs. 2 GKG.
Fundstellen
Haufe-Index 13215831 |
DÖV 2019, 797 |
JZ 2019, 681 |
NuR 2019, 555 |
VR 2019, 430 |