Verfahrensgang

VGH Baden-Württemberg (Gerichtsbescheid vom 18.09.2018; Aktenzeichen 5 S 687/18)

 

Gründe

Rz. 1

Der Kläger wendet sich gegen einen Gerichtsbescheid, mit dem der Verwaltungsgerichtshof einen Antrag des Klägers auf Ergänzung eines Urteils kostenpflichtig abgewiesen hat.

Rz. 2

Mit diesem Urteil hatte der Verwaltungsgerichtshof die Klage auf Ergänzung des Planfeststellungsbeschlusses des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 19. August 2013 um weitere Lärmschutzvorkehrungen zugunsten des Klägers abgewiesen. Der Planfeststellungsbeschluss gestattet der Beigeladenen die Errichtung einer Betriebswerkstatt der Strohgäubahn auf dem Flurgrundstück Nr.... in K. Der Kläger ist Eigentümer eines östlich benachbarten Grundstücks (Flurstück Nr....), auf dem sich eine von ihm genutzte Wohnung befindet. Der Verwaltungsgerichtshof hat die auf Planergänzung gerichtete Klage - nach Zurückverweisung der Sache durch das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG, Beschluss vom 22. Juli 2016 - 3 B 31.16 - juris) - mit Urteil vom 23. November 2017 erneut abgewiesen. Daraufhin hat der Kläger wegen eines nach seiner Auffassung unbeschieden gebliebenen schriftsätzlichen Beweisantrags Anträge auf Tatbestandsberichtigung und Urteilsergänzung gestellt. Den Antrag auf Urteilsergänzung hat der Verwaltungsgerichtshof durch Gerichtsbescheid vom 18. September 2018 als unzulässig abgewiesen. Urteilsergänzung erfordere nach § 120 VwGO, dass ein Antrag oder die Kostenfolge übergangen worden sei. Beweisanträge seien hingegen bloße Angriffs- und Verteidigungsmittel zur Begründung eines prozessualen Anspruchs.

Rz. 3

Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Gerichtsbescheid des Verwaltungsgerichtshofs (§ 84 Abs. 2 Nr. 4 VwGO) ist unbegründet.

Rz. 4

1. Die Sache hat keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.

Rz. 5

Die Beschwerde will geklärt wissen,

"ob zum einen das Urteilsergänzungsverfahren zum Hauptsacheverfahren gehört und zum anderen, ob die Ergänzung eines unvollständigen Urteils zusätzliche Gerichtskosten und außergerichtliche Kosten begründen kann".

Rz. 6

Damit sind keine Rechtsfragen des revisiblen Rechts aufgeworfen, die die Durchführung eines Revisionsverfahrens rechtfertigen könnten. Sie zielen letztlich auf die Richtigkeit der Kostenbelastung auf der Grundlage der Sachentscheidung des Verwaltungsgerichtshofs. Die Kostenentscheidung ist in einem Rechtsmittelverfahren nicht unabhängig von der Sachentscheidung angreifbar (§ 158 Abs. 1 VwGO). In Bezug auf die Sachentscheidung erhebt die Beschwerde aber keine Grundsatzrüge. Die weitere Frage, ob das "Urteilsergänzungsverfahren zum Hauptsacheverfahren gehört", hat demgegenüber keine selbstständige Bedeutung, sondern soll die Rechtsansicht des Klägers zur Kostenentscheidung stützen. Ihre Entscheidungserheblichkeit wird von der Beschwerde auch nicht in der gebotenen Weise dargelegt. Den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO genügt es nicht, eine Frage in den Raum zu stellen. Es macht die formulierten Fragen daher auch nicht grundsätzlich klärungsbedürftig, wenn der Verwaltungsgerichtshof München (Beschluss vom 25. Mai 2009 - 6 C 07.2206 - juris) zu den von der Beschwerde aufgeworfenen Fragen anderer Ansicht sein sollte als der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg.

Rz. 7

Nur abrundend ist darauf hinzuweisen, dass es zur Klärung der gestellten Fragen keines Revisionsverfahrens bedürfte. Es folgt aus der Natur der Sache, dass die Ergänzung eines Urteils grundsätzlich in derselben Form zu erfolgen hat, nämlich durch ein weiteres Urteil oder, soweit die Voraussetzungen dafür vorliegen, durch Gerichtsbescheid (vgl. nur Rennert, in: Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 120 Rn. 7; Kilian/Hissnauer, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 120 Rn. 23; Lambiris, in: Posser/Wolff, BeckOK VwGO, Stand 1. April 2019, § 120 Rn. 12). Unmittelbar aus § 161 Abs. 1 VwGO ergibt sich, dass das Gericht in seinem Urteil über die Kosten zu entscheiden hat, die gemäß §§ 154 ff. VwGO zu verteilen sind. Das versteht sich schon deshalb von selbst, weil der Kläger mit seinem Ergänzungsantrag in Abrede stellt, dass das Ausgangsverfahren in der Sache oder im Kostenpunkt vollständig erledigt ist.

Rz. 8

2. Dem Verwaltungsgerichtshof ist auch kein Verfahrensfehler unterlaufen, auf dem seine Entscheidung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO beruhen kann.

Rz. 9

a) Die Beschwerde rügt, der Verwaltungsgerichtshof habe dem Kläger das rechtliche Gehör versagt und damit einen absoluten Verfahrensfehler begangen (§ 138 Nr. 3 VwGO). Die Gehörsversagung sieht die Beschwerde darin, dass der Verwaltungsgerichtshof "Hinweisen" des Klägers nicht gefolgt sei, dass durch ein Urteilsergänzungsverfahren eine Kostenentscheidung zulasten einer Partei nicht ausgelöst werde. Abgesehen davon, dass auf einem solchen Mangel die Sachentscheidung nicht im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO beruhen könnte, verletzt es den Anspruch auf rechtliches Gehör nicht, wenn ein Gericht der Rechtsauffassung eines Beteiligten nicht folgt. Anhaltspunkte dafür, dass der Verwaltungsgerichtshof die Hinweise des Klägers nicht zur Kenntnis genommen und erwogen hat, zeigt die Beschwerde nicht auf.

Rz. 10

b) Der Verwaltungsgerichtshof hat auch nicht deshalb das rechtliche Gehör verletzt, weil er - gegen Einwände des Klägers hiergegen - ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entschieden hat. Der Kläger ist zur beabsichtigten Entscheidung durch Gerichtsbescheid gehört worden und hat sich geäußert; eine Zustimmung zu dieser Verfahrensweise ist nicht erforderlich (§ 84 Abs. 1 Satz 2 VwGO). Im Übrigen hätte der Kläger seine Forderung nach einer mündlichen Verhandlung durchsetzen, sich also Gehör verschaffen können, indem er diese nach Erlass des Gerichtsbescheides beantragt hätte (§ 84 Abs. 2 Nr. 4 VwGO). Hierüber ist er in der Rechtsmittelbelehrung des Gerichtsbescheides belehrt worden. Verzichtet ein Kläger auf die Möglichkeit eines solchen Antrags, ist er im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren mit der Rüge der Verletzung rechtlichen Gehörs ausgeschlossen (vgl. Bamberger, in: Wysk, VwGO, 2. Aufl. 2016, § 84 Rn. 23 m.w.N.).

Rz. 11

c) Es ist auch keine Verletzung des rechtlichen Gehörs, dass der Verwaltungsgerichtshof im angefochtenen Gerichtsbescheid nicht begründet, warum er im Urteil vom 23. November 2017 den schriftsätzlich angekündigten Beweisantrag nicht ausdrücklich beschieden hatte. Denn für die Entscheidung über den Urteilsergänzungsantrag des Klägers kam es nach der insofern maßgebenden Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtshofs nicht darauf an, ob die Nichtbescheidung gerechtfertigt war.

Rz. 12

d) Der Verwaltungsgerichtshof hat schließlich nicht seine Aufklärungspflicht aus § 86 Abs. 3 VwGO verletzt. Zu Unrecht wirft der Kläger dem Verwaltungsgerichtshof vor, im Urteilsergänzungsverfahren nicht auf einen sachdienlichen - gemeint: zulässigen - Antrag hingewirkt zu haben. Nach dem Vortrag der Beschwerde ist ein solcher Antrag nicht erkennbar; er wird von der Beschwerde auch nicht formuliert. Im Urteilsergänzungsverfahren erstrebte der Kläger ausschließlich die Bescheidung eines im Klageverfahren angekündigten Beweisantrages. Kommt die Nichtbescheidung eines Beweisantrages, wie der Verwaltungsgerichtshof angenommen hat, nicht als übergangener (Sach-)"Antrag" im Sinne des § 120 Abs. 1 VwGO in Betracht, fehlt es an einer Grundlage für einen sachdienlichen Hinweis.

Rz. 13

Von einer weiteren Begründung seines Beschlusses sieht der Senat nach § 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO ab.

Rz. 14

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 und Abs. 3 i.V.m. § 52 Abs. 2 GKG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI13379791

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