Verfahrensgang
VG Berlin (Urteil vom 18.07.2002; Aktenzeichen 31 A 45.02) |
Tenor
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 18. Juli 2002 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen.
Der Wert des Streitgegenstands wird für das Beschwerdeverfahren auf 500 000 € festgesetzt.
Gründe
Die Klägerin begehrt die Auskehr des Erlöses aus der Veräußerung des Grundstücks D.…straße 84 in Berlin-Prenzlauer Berg und die Feststellung ihrer Entschädigungsberechtigung für das Grundstück G.… Straße 12 in Berlin-Friedrichshain. Die Grundstücke wurden von den Behörden der DDR unter Berufung auf die Aufbauverordnung (G.… Straße) und das Baulandgesetz (D.…straße) enteignet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen, weil die Klägerin die vermögensrechtlichen Ansprüche nicht innerhalb der Frist des § 30a Abs. 1 Satz 1 VermG angemeldet habe und darüber hinaus der Aufforderung des Amtes zur Regelung offener Vermögensfragen, nähere Angaben zu den Grundstücken zu machen, nicht innerhalb der gesetzten Frist nachgekommen sei. Die Revision hat das Verwaltungsgericht nicht zugelassen.
Die gegen die Nichtzulassung der Revision gerichtete Beschwerde ist nicht begründet. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor. Der Rechtssache kommt nicht die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zu.
Die Klägerin möchte der Sache nach geklärt wissen, ob die Vorschriften der §§ 30a und 31 Abs. 1b VermG auch für Ansprüche auf Erlösauskehr gelten. Diese Frage lässt sich ohne weiteres anhand der gesetzlichen Vorschriften beantworten, ohne dass es zu ihrer Klärung der Durchführung eines Revisionsverfahrens bedarf. Nach § 30a Abs. 1 Satz 4 VermG finden die in den Sätzen 1 bis 3 bestimmten Fristen keine Anwendung auf Ansprüche, die an die Stelle eines rechtzeitig angemeldeten Anspruchs treten oder getreten sind. Diese Vorschrift gilt auch für Ansprüche auf Auskehr des Erlöses nach § 3 Abs. 4 Satz 3 VermG. Die Ausnahme von den Fristen des § 30a Abs. 1 VermG und damit auch von der Ausschlussfrist des Satzes 1 hat zur Voraussetzung, dass der Anspruch auf Rückübertragung des Vermögensgegenstandes innerhalb der Frist des § 30a Abs. 1 Satz 1 VermG und demgemäß rechtzeitig angemeldet worden ist. Ist dies nicht der Fall, gelten auch für die Anmeldung des Surrogatanspruchs die Fristen des § 30a Abs. 1 Satz 1 bis 3 VermG (Wasmuth, in: RVI, § 30a VermG Rn. 16 f. und 20).
In der Regelung des § 30a Abs. 1 Satz 4 kommt zum Ausdruck, dass es sich bei dem Anspruch auf Auskehr des Verkaufserlöses nicht um einen neuen Anspruch, sondern lediglich um das Surrogat für den Anspruch auf Rückübertragung des Vermögensgegenstandes handelt, das insoweit das rechtliche Schicksal dieses Anspruchs teilt. Hieraus folgt, dass die Zurückweisung des Antrages auf Rückübertragung des Vermögenswertes nach § 31 Abs. 1b Satz 3 VermG auch den Surrogatanspruch auf Auskehr des Erlöses umfasst. Auch dieser Anspruch entfällt mit der Zurückweisung des Antrages auf Rückübertragung des Vermögensgegenstandes; er kann, falls die Veräußerung erst zu einem späteren Zeitpunkt erfolgt, nicht mehr entstehen.
Als klärungsbedürftig sieht die Klägerin ferner die Frage an, unter welchen Voraussetzungen die Behörde eine Frist nach § 31 Abs. 1b Satz 1 VermG zur Präzisierung der Angaben über den Vermögensgegenstand setzen darf. Diese Frage führt ebenfalls nicht zur Zulassung der Revision, weil sie ohne weiteres anhand des Gesetzes beantwortet werden kann. § 31 Abs. 1b Satz 1 VermG verpflichtet die Behörde zur Aufforderung an den Antragsteller, wenn nicht festzustellen ist, welcher Vermögenswert Gegenstand des Antrags ist. Die Mitwirkungspflicht des Antragstellers, die bereits § 31 Abs. 1 Satz 1 VermG bestimmt, konkretisiert das Gesetz in Abs. 1b Satz 1 der Vorschrift dahin, dass es “Pflicht” des Antragstellers ist, nähere Angaben zum Vermögensgegenstand zu machen. Die Aufnahme des § 31 Abs. 1b in das Vermögensgesetz ist durch das Zweite Vermögensrechtsänderungsgesetz erfolgt, das eine Beschleunigung der Restitutionsverfahren zum Ziel hatte. In der – fristgebundenen – Aufforderung an den Antragsteller hat der Gesetzgeber die Möglichkeit gesehen, unklare Anmeldungen in kürzester Frist zu vervollständigen und dann über sie zu entscheiden (vgl. BTDrucks 12/2944, S. 55). Die Präzisierung der Anträge soll im Interesse der Beschleunigung der Restitutionsverfahren nicht durch unter Umständen aufwendige und langwierige Ermittlungen der Behörde, sondern durch denjenigen erfolgen, von dem regelmäßig erwartet werden kann, dass er als Antragsteller über nähere Informationen zu den beanspruchten Vermögenswerten verfügt. Der Bundesrat hat in seiner Stellungnahme zu dem Regierungsentwurf eines Zweiten Vermögensrechtsänderungsgesetzes – bezogen auf die Zurückweisung des Restitutionsantrags – von einer Einschränkung des Amtsermittlungsprinzips gesprochen (BTDrucks 12/2695, S. 15). Hierfür lässt sich auch der Zusammenhang mit der Änderung der Grundstücksverkehrsverordnung durch das Zweite Vermögensrechtsänderungsgesetz anführen. Im Interesse eines funktionierenden Grundstücksmarktes sollte die Behörde ermächtigt werden, bei unpräzisen Anträgen nach dem Vermögensgesetz möglichst bald die Voraussetzungen für die Erteilung einer Genehmigung nach der Grundstücksverkehrsverordnung zu schaffen und damit die Verkehrsfähigkeit der Grundstücke zu erleichtern (BTDrucks 12/2480, S. 55). Nach dem Regelungszweck des § 31 Abs. 1b VermG setzt eine Ermittlungstätigkeit der Behörde erst ein, wenn der Gegenstand zwar ungenau (z.B. wegen einer alten Straßenbezeichnung oder einer lediglich allgemeinen Umschreibung der Lage des Grundstücks) bezeichnet war, aber von der Behörde ohne weiteres bestimmbar war. Unter welchen Voraussetzungen dies der Fall ist, ist eine Sache des Einzelfalles und einer grundsätzlichen Klärung nicht zugänglich.
Im vorliegenden Fall bezeichnet die Klägerin selbst es als “unstreitig, dass die Belegenheitsangaben … so unpräzise und unvollständig waren, dass darauf allein keine Ermittlungen der Behörde gestützt werden konnten”. Sie meint allerdings, dass die Benennung des Alteigentümers die Behörde vor einer fristgebundenen Aufforderung gegenüber der Klägerin zu Ermittlungen hätte veranlassen müssen, welche Grundstücke Gegenstand des Antrags der Klägerin sind. Diese Auffassung ist nach den vorstehenden Ausführungen unzutreffend. Die Angabe des Alteigentümers reicht zur Bestimmung des beanspruchten Vermögensgegenstandes regelmäßig nicht aus. Im vorliegenden Fall hat das Landesamt zur Regelung offener Vermögensfragen in dem Widerspruchsbescheid vom 15. Januar 1998 darauf hingewiesen, dass die der Behörde zur Verfügung stehende elektronische Datenverarbeitung nicht über ein “Grundstückssuchsystem” für die Berliner Stadtbezirke verfüge, das ohne nähere Angaben zu Belegenheit des Grundstücks (Straßennamen, Hausnummer oder vollständige Flurbezeichnung) in der Lage sei, das betreffende Grundstück ausfindig zu machen. Ebenso seien die Grundbuchämter und die Abteilungen Bau- und Wohnungswesen der Bezirksämter von Berlin nur anhand konkreter Grundstücksbezeichnungen zu Auskünften in der Lage.
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat gemäß § 133 Abs. 5 Satz 3 VwGO ab.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 und § 162 Abs. 3 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus § 14 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 i.V.m. § 13 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3, § 73 Abs. 1 Satz 2 GKG.
Unterschriften
Gödel, Kley, Herbert
Fundstellen