Verfahrensgang
Hessischer VGH (Beschluss vom 13.05.2008; Aktenzeichen 10 UE 483/07) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Beschluss des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 13. Mai 2008 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 36 800 € festgesetzt.
Gründe
Der Kläger wendet sich gegen die Rücknahme zweier Bewilligungsbescheide. Das beklagte Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle hatte dem Kläger einen Zuschuss zu den Kosten der beabsichtigten Errichtung einer Solarkollektoranlage bewilligt. Grundlage der Bewilligung waren die Richtlinien des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zur Förderung von Maßnahmen zur Nutzung erneuerbarer Energien vom 26. November 2003 (BAnz S. 25513). Das beklagte Bundesamt nahm die Bewilligungsbescheide zurück, weil der Kläger sog. Absorbermatten eingebaut habe, deren Installation die Voraussetzungen der Bewilligung nicht erfüllten.
Das Verwaltungsgericht hat den Rücknahmebescheid aufgehoben und das beklagte Bundesamt verurteilt, den bewilligten Betrag von 36 800 € an den Kläger zu zahlen. Auf die Berufung des beklagten Bundesamtes hat der Verwaltungsgerichtshof durch den angefochtenen Beschluss die Klage abgewiesen. Er hat die Revision gegen seinen Beschluss nicht zugelassen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Klägers.
Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Soweit der Kläger Gründe für eine Zulassung der Revision benannt hat oder sich seinen Ausführungen entnehmen lässt, welche Zulassungsgründe er sinngemäß geltend machen möchte, liegen diese Gründe nicht vor.
1. Der angefochtene Beschluss leidet nicht an dem behaupteten Verfahrensfehler einer Verletzung des rechtlichen Gehörs.
Der Kläger will diesen Vorwurf möglicherweise daraus herleiten, dass das Oberverwaltungsgericht über die Berufung ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss entschieden hat, obwohl er – der Kläger – auf eine mündliche Verhandlung nicht verzichtet hat.
Das Oberverwaltungsgericht hat indes von der Möglichkeit des § 130a VwGO Gebrauch gemacht. Nach dieser Vorschrift kann das Oberverwaltungsgericht über die Berufung durch Beschluss entscheiden, wenn es sie einstimmig für begründet oder einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Anders als nach § 101 Abs. 2 VwGO kommt es für eine Entscheidung über die Berufung durch Beschluss nicht auf das Einverständnis der Beteiligten mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung an. Die Anhörung der Beteiligten reicht aus. Sie hat hier stattgefunden.
Der Kläger hat nicht dargelegt, dass der Verwaltungsgerichtshof ihm durch die konkrete Gestaltung des Berufungsverfahrens die Möglichkeit abgeschnitten hat, in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht alles vorzutragen, was aus seiner Sicht bei der Entscheidung im schriftlichen Verfahren zu berücksichtigen war. Er rügt in diesem Zusammenhang zwar, der Verwaltungsgerichtshof habe tatsächliches Vorbringen nicht zur Kenntnis genommen oder bei seiner Entscheidung nicht in Erwägung gezogen. Er hat jedoch nicht konkret dargelegt, welches tatsächliche entscheidungserhebliche Vorbringen er meint. Er stellt lediglich die insbesondere im rechtlichen Ansatz unterschiedlichen Auffassungen des Verwaltungsgerichts und des Verwaltungsgerichtshof gegenüber, zitiert aus Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu ähnlichen Fallgestaltungen und lässt seine Ausführungen in die Anmerkung einmünden, es hätte eine Grundsatzentscheidung des Bundesverwaltungsgerichts herbeigeführt werden können, insbesondere zu den Voraussetzungen, unter denen eine Verwaltungspraxis über Art. 3 Abs. 1 GG in Verbindung mit der Selbstbindung der Verwaltung gegenüber dem Bürger rechtserheblich wird.
2. Der Kläger hat in diesem Zusammenhang auch nicht sinngemäß eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen, welche die Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO rechtfertigen könnte.
Wie der Kläger selbst ausführt, ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bereits geklärt, dass ermessenslenkende Verwaltungsvorschriften keiner eigenständigen richterlichen Auslegung wie Rechtsnormen unterliegen; maßgeblich für die Selbstbindung der Verwaltung (Art. 3 Abs. 1 GG) ist – insbesondere bei unklarem und daher auslegungsbedürftigem Wortlaut – die tatsächliche Handhabung der Verwaltungsvorschriften in der Verwaltungspraxis zur maßgeblichen Zeit (Urteil vom 17. Januar 1996 – BVerwG 11 C 5.95 – NJW 1996, 1766). Hiervon ist der Verwaltungsgerichtshof ausgegangen. Nach seinen tatsächlichen Feststellungen sah mithin die tatsächliche Verwaltungspraxis des beklagten Bundesamtes eine Förderung von Absorbermatten nicht vor.
Da maßgeblich auf die bekanntgemachten Richtlinien in ihrer tatsächlichen Handhabung abzustellen ist, ist neben der Bekanntmachung der Richtlinien eine Bekanntgabe der Verwaltungspraxis nicht zu verlangen, wie es dem Kläger offenbar vorschwebt. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist zudem bereits geklärt, dass es in der Regel unerheblich ist, ob dem Interessenten an einer Bewilligung von Förderungsmitteln die Vergabepraxis vorher bekannt gegeben war und wie er sich hierauf einstellten konnte (Urteil vom 7. Mai 1981 – BVerwG 2 C 5.79 – DVBl 1982, 195, 197). Erörterungsbedarf könnte insoweit allenfalls für die Fälle bestehen, in denen die Verwaltung ihre bisherige Praxis und damit die Handhabung der ermessenslenkenden Verwaltungsvorschrift für die Zukunft ändert (vgl. hierzu Urteil vom 8. April 1997 – BVerwG 3 C 6.95 – BVerwGE 104, 220 = Buchholz 451.55 Subventionsrecht Nr. 102). Um einen solchen Fall handelt es sich hier aber nicht. Der Verwaltungsgerichtshof hat vielmehr in tatsächlicher Hinsicht festgestellt, die spätere ausdrückliche Änderung der Richtlinien und des Antragsformulars stellten keine Änderung der Verwaltungspraxis, sondern nur die schriftliche Fixierung der schon früher (von Anfang an) gehandhabten Praxis dar.
3. Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang als Verfahrensfehler rügt, der Verwaltungsgerichtshof habe seine Pflicht verletzt, den Sachverhalt von Amts wegen aufzuklären, ist der behauptete Verfahrensfehler nicht ordnungsgemäß dargelegt.
Der Kläger bezieht sich insoweit nur auf eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 2. November 2007 – BVerwG 3 B 58.07 – (NVwZ 2008, 230). Behauptet die Behörde eine dem Prozessgegner nachteilige Verwaltungspraxis, die nicht Gegenstand dessen eigener Wahrnehmung gewesen ist, darf nach dieser Entscheidung das Verwaltungsgericht diese Behauptung jedenfalls dann nicht ungeprüft zur Grundlage seiner Entscheidung machen, wenn der Prozessgegner die Verwaltungspraxis anzweifelt und dafür nachvollziehbare Gründe benennt.
Der Kläger hat nicht dargelegt, dass in dem hier zu beurteilenden Fall vergleichbare Gründe vorlagen, die auch hier zur Annahme eines Verfahrensfehlers führen müssten. Insbesondere hat der Verwaltungsgerichtshof die vom beklagten Bundesamt behauptete Verwaltungspraxis nicht ungeprüft zur Grundlage seiner Entscheidung gemacht. Er ist nämlich davon ausgegangen, dass ihm diese Verwaltungspraxis aus eigener Kenntnis bekannt war, die er in früheren Verfahren gewonnen hat. Die vom Kläger zitierten Ausführungen des Berichterstatters erster Instanz bezogen sich nicht auf die vom Verwaltungsgerichtshof zugrunde gelegte Verwaltungspraxis, Absorbermatten grundsätzlich nicht zu fördern.
4. Im Übrigen haben die Ausführungen des Klägers mit den benannten Verfahrensfehlern nichts zu tun und lassen sich auch sonst nicht einem erkennbar gemeinten Zulassungsgrund zuordnen. Eine auf die Einzelheiten eingehende Auseinandersetzung mit diesen unstrukturierten Darlegungen wäre nicht geeignet, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist. Der Senat sieht deshalb gemäß § 133 Abs. 5 Satz 2 VwGO von einer weiteren Begründung ab.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 152 Abs. 2 VwGO, die Festsetzung des Streitwerts auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3, § 52 Abs. 3 VwGO.
Unterschriften
Sailer, Krauß, Neumann
Fundstellen