Verfahrensgang
VGH Baden-Württemberg (Urteil vom 08.07.2009; Aktenzeichen 3 S 1432/07) |
Tenor
Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 8. Juli 2009 wird zurückgewiesen.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 10 000 € festgesetzt.
Gründe
Rz. 1
Die auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg. Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung, die ihr die Antragsgegnerin beimisst.
Rz. 2
1. Die von der Antragsgegnerin aufgeworfene Frage, ob gebietsbezogene absolute Verkaufsflächenbeschränkungen in einem Bebauungsplan für ein Sondergebiet nach § 11 Abs. 3 BauNVO (großflächiger Einzelhandel) jedenfalls dann zulässigerweise festgesetzt werden können, wenn sich die davon betroffenen Grundstücke/das davon betroffene Grundstück in der Hand eines einzigen Eigentümers befinden/befindet, lässt sich verneinen, ohne dass es der Durchführung eines Revisionsverfahrens bedarf. Der Senat hat mit Urteil vom 3. April 2008 – BVerwG 4 CN 3.07 – (BVerwGE 131, 86) entschieden, dass die durch Bebauungsplan erfolgte Festsetzung einer baugebietsbezogenen, vorhabenunabhängigen Verkaufsflächenobergrenze zur Steuerung des Einzelhandels in einem Sondergebiet zur Steuerung des Einzelhandels mangels Rechtsgrundlage unzulässig ist. Sie werde von § 11 BauNVO nicht gedeckt. Eine Kontingentierung der Verkaufsflächen, die auf das Sondergebiet bezogen sei, öffne das Tor für sog. “Windhundrennen” potenzieller Investoren und Bauantragsteller und schließe die Möglichkeit ein, dass Grundeigentümer im Fall der Erschöpfung des Kontingents von der kontingentierten Nutzung ausgeschlossen seien. Dieses Ergebnis widerspreche dem der Baugebietstypologie (§§ 2 bis 9 BauNVO) zugrunde liegenden Regelungsansatz, demzufolge im Geltungsbereich eines Bebauungsplans im Grunde jedes Baugrundstück für jede nach dem Nutzungskatalog der jeweiligen Baugebietsvorschrift zulässige Nutzung in Betracht kommen solle (Urteil vom 3. April 2008 a.a.O. Rn. 17). Eine Ausnahme von dem Verbot einer gebietsbezogenen Verkaufsflächenbegrenzung hat der Senat mit Blick auf das Urteil vom 27. April 1990 – BVerwG 4 C 36.87 – (Buchholz 406.12 § 11 BauNVO Nr. 17) lediglich für den Fall erwogen, dass in dem in Frage stehenden Sondergebiet nur ein einziger Handelsbetrieb zulässig ist (Urteil vom 3. April 2008 a.a.O. Rn. 18).
Rz. 3
Diese Rechtsprechung beansprucht Geltung auch für den Fall, dass das Grundeigentum im Plangebiet zum Zeitpunkt des Beschlusses über den Bebauungsplan in einer Hand liegt. Zwar kann mit den Worten der Antragsgegnerin der Eigentümer nicht mit sich selbst ein Windhundrennen veranstalten (Beschwerdebegründung S. 10). Auf die – wandelbaren – Eigentumsverhältnisse kommt es aber nicht an; denn der Bebauungsplan ist, wie der Verwaltungsgerichtshof zutreffend erkannt hat, “nicht eigentümerbezogen, sondern städtebaulich-bodenrechtlich zu betrachten” (UA S. 15). Der von der Antragsgegnerin konstruierte Widerspruch (Beschwerdebegründung S. 9) zwischen den Senatsurteilen vom 27. April 1990 (a.a.O.) und vom 3. April 2008 (a.a.O.) besteht nicht. Zwar mag sein, dass auch bei der Fallgestaltung, die dem Urteil vom 27. April 1990 zugrunde lag, eine Aufteilung des Grundstücks und ggf. eine Veräußerung an verschiedene Erwerber denkbar gewesen wäre. Das war und ist aber rechtlich ohne Bedeutung. Im Senatsurteil vom 3. April 2008 (a.a.O. Rn. 18) heißt es: “Dem Urteil (vom 27. April 1990) mag zu entnehmen sein, dass eine gebietsbezogene Verkaufsflächenbegrenzung unbedenklich ist, wenn in dem in Rede stehenden Sondergebiet nur ein einziger Handelsbetrieb zulässig ist; denn dann ist die gebietsbezogene mit der vorhabenbezogenen Verkaufsflächenbeschränkung identisch. Nicht beantwortet wird indes die Frage nach der Zulässigkeit einer gebietsbezogenen Verkaufsflächenbeschränkung, die sich auf mehrere Vorhaben im Plangebiet auswirken kann.” Hieran geht die Argumentation der Antragsgegnerin vorbei.
Rz. 4
2. Auch auf die weitere Frage, ob die erste Frage jedenfalls dann zu bejahen ist, wenn es sich um die Überplanung eines vorhandenen Bestands mit dem Ziel handelt, einer raum- und landesplanerischen sowie interkommunalen Fehlentwicklung Einhalt zu gebieten, lässt sich außerhalb eines Revisionsverfahrens antworten. Sie ist zu verneinen. Wenn eine Festsetzung in einem Bebauungsplan nicht auf eine Rechtsgrundlage zurückgeführt werden kann, ist sie unwirksam. Daran ändert sich nichts, wenn für die Festsetzung ein städtebauliches Bedürfnis besteht.
Rz. 5
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO und die Streitwertfestsetzung auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.
Unterschriften
Prof. Dr. Rubel, Dr. Gatz, Petz
Fundstellen
Haufe-Index 2263204 |
BauR 2010, 430 |
IBR 2010, 299 |
ZfBR 2010, 138 |
DVBl. 2010, 124 |
BRS-ID 2010, 9 |
FuBW 2010, 595 |
FuB 2010, 95 |