Verfahrensgang
Tenor
Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 23. August 2002 wird zurückgewiesen.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 49 000 € festgesetzt.
Gründe
Die auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 VwGO gestützte Beschwerde bleibt ohne Erfolg. Der Beschwerdebegründung lassen sich Gründe für eine Zulassung der Revision nicht entnehmen.
Das Normenkontrollurteil hat die 2. Änderung des Bebauungsplans Nr. 3 “Gewerbegebiet Eching-Ost” (künftig: Bebauungsplan) mit zwei selbständig tragenden Begründungen für nichtig erklärt: Der Bebauungsplan sei nicht erforderlich (§ 1 Abs. 3 BauGB) und leide zudem an einem – beachtlichen – Abwägungsfehler (§ 1 Abs. 6, § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB). Wie auch die Antragsgegnerin nicht verkennt, kann in einem derartigen Fall die Beschwerde nur Erfolg haben, wenn für beide Begründungen die Zulassungsvoraussetzungen erfüllt sind. Wie im Folgenden ausgeführt wird, fehlt es für den auf einen Verstoß gegen § 1 Abs. 3 BauGB gestützten Begründungsteil an Zulassungsgründen. Den auf den zweiten Begründungsteil (Planungsalternative) bezogenen Rügen braucht der Senat deshalb nicht weiter nachzugehen.
1. Die gerügten Verfahrensfehler (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) sind nicht gegeben.
1.1 Zu Unrecht meint die Beschwerde, das Normenkontrollurteil werde von widersprüchlichen Tatsachenfeststellungen getragen (Beschwerdebegründung S. 8 bis 16).
Die Beschwerde bezieht sich zunächst auf folgende Würdigung im angefochtenen Urteil: Der wahre Wille der Antragsgegnerin sei – anders als von ihr im Prozess behauptet – allein darauf gerichtet gewesen, den Anschluss an die BAB A 92 mit Zubringer zum Gewerbegebiet Eching-Ost sowie Verbindung zur St 2053 zu verwirklichen; die Festschreibung der Bau- und Nutzungsrechte sei demgegenüber nicht als Mittel zur Ordnung der der städtebaulichen Entwicklung gewollt gewesen. Die Antragsgegnerin meint, mit der Ablehnung ihres Antrags auf Berichtigung des Tatbestands (§ 119 VwGO) durch den Beschluss vom 25. September 2002 habe das Normenkontrollgericht eine dieser Würdigung widersprechende Tatsachenfeststellung getroffen. Es habe nämlich den Berichtigungsantrag, der auf Aufnahme des abweichenden Vorbringens der Antragsgegnerin zu ihrem Planungswillen gerichtet gewesen sei, mit der Begründung abgelehnt, es handle sich nicht um einen Antrag auf Berichtigung, sondern auf Ergänzung des Tatbestandes. Wenn die Beschwerde daraus den Schluss zieht, damit sei der Inhalt des Vorbringens der Antragsgegnerin als richtig festgestellt worden, so irrt sie. Das Normenkontrollgericht hat es vielmehr lediglich abgelehnt, über den im Normenkontrollurteil (UA S. 6 und 7) entsprechend § 117 Abs. 3 VwGO in gedrängter Form – und inhaltlich zutreffend – wiedergegebenen Vortrag der Antragsgegnerin hinaus weitere Einzelheiten der Antragserwiderung in den Tatbestand aufzunehmen.
Von weiteren Ausführungen sieht der Senat gemäß § 133 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 VwGO ab.
1.2 Dem Normenkontrollurteil liegt entgegen der Behauptung der Beschwerde kein aktenwidrig angenommener Sachverhalt zugrunde (Beschwerdebegründung S. 27 bis 42).
Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kann eine Verletzung des Grundsatzes der freien Beweiswürdigung (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) ausnahmsweise nicht (nur) ein materiellrechtlicher, sondern (auch) ein verfahrensrechtlicher, einer Rüge nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zugänglicher Verstoß sein, wenn ein Gericht bei Bildung seiner Überzeugung entscheidungstragend von einem zweifelsfrei unrichtigen oder unvollständigen Sachverhalt ausgeht (BVerwGE 68, 338; 85, 155). Einen solchen Fall hat die Beschwerde indes nicht dargetan.
1.2.1 Die Beschwerde knüpft an die Ausführungen im Normenkontrollurteil an, die erschließungsverbessernden Festsetzungen der 3. Änderung des Bebauungsplans hätten, wären sie bereits mit der 2. Änderung getroffen worden, “nach den Erkenntnissen der Antragsgegnerin nicht nur den befürchteten Verkehrskollaps verhindert, sondern die vollständige Beseitigung der nicht ausgenutzten Baurechte überflüssig gemacht” (UA S. 14). Was die Beschwerde hierzu unter Berufung auf die gutachtlichen Äußerungen von Prof. Dr. K.… vorträgt, stellt der Sache nach lediglich eine vom Normenkontrollurteil abweichende tatsächliche und rechtliche Würdigung des Sachverhalts dar, erschöpft sich also in einer – im Rahmen des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO unbeachtlichen – Urteilskritik. Von einer aktenwidrig gewonnenen Überzeugung kann keine Rede sein.
Aus diesen Gründen greift auch die Rüge, das Normenkontrollurteil habe in diesem Zusammenhang gegen die Pflicht zur Begründung (§ 108 Abs. 1 Satz 2 VwGO) verstoßen, nicht durch (Abschnitt VI 1 und 3 der Beschwerdebegründung, S. 98 bis 104 und S. 106 f.).
Von weiteren Ausführungen sieht der Senat gemäß § 133 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 VwGO ab.
1.2.2 Auch die zweite Rüge, mit der die Beschwerde einen Verstoß gegen § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO geltend macht (Beschwerdebegründung S. 40 bis 42), kann nicht zur Zulassung der Revision wegen eines Verfahrensmangels führen.
Allerdings ist der Beschwerde zuzugeben, dass die im Zusammenhang mit den unbebauten Grundstücken stehenden Ausführungen im Normenkontrollurteil (UA S. 14/15) missverständlich sind. Sie könnten einerseits so verstanden werden wie sie die Beschwerde versteht, nämlich in dem Sinne, dass die 2. Änderung des Bebauungsplans für die noch unbebauten, bisher für eine bauliche Nutzung vorgesehenen Grundstücke keinerlei Festsetzungen trifft. Dies wäre in der Tat aktenwidrig. Andererseits lässt der Wortlaut der Ausführungen auch die Deutung zu, dass die dort festgesetzten Grünflächen nicht als “positive planerische Entscheidung”, sondern lediglich als Negativplanung im Sinne der Freihaltung dieser Flächen von einer – bisher bestehenden – baulichen Nutzbarkeit anzusehen seien. Ein derartiges Verständnis bringt das Normenkontrollgericht in seinem den Berichtigungsantrag ablehnenden Beschluss vom 25. September 2002 zum Ausdruck, wenn es dort heißt, die betreffenden Ausführungen seien das Ergebnis einer rechtlichen Würdigung.
Angesichts dieser Mehrdeutigkeit der Ausführungen kann jedenfalls nicht von einer zweifelsfrei bestehenden Aktenwidrigkeit ausgegangen werden, die allein einen Verstoß gegen den Überzeugungsgrundsatz begründen könnte. Abgesehen davon würde selbst bei Annahme einer aktenwidrigen Feststellung die Rüge keinen Erfolg haben können, weil das Normenkontrollurteil auf diesem – unterstellten – Verfahrensmangel nicht beruhen würde. Denn die fraglichen Erwägungen betreffen einen von vielen Gesichtspunkten, die der Verwaltungsgerichtshof zur Begründung seiner Ansicht herangezogen hat, der wahre Planungswille der Antragsgegnerin sei ein anderer als der behauptete. Es spricht nichts dafür, dass das Gericht zu einer anderen Würdigung gelangt wäre, wenn die Ausführungen zu den unbebauten Grundstücken unterblieben wären.
1.3 Die Revision ist nicht wegen des behaupteten Aufklärungsmangels (§ 86 Abs. 1 VwGO) zuzulassen (Beschwerdebegründung S. 43 bis 62).
Die Beschwerde wirft dem Normenkontrollgericht einen Verstoß gegen die Pflicht zur Sachaufklärung vor, weil es sich aufdrängende Ermittlungen zu der Frage unterlassen habe, aus welchen Gründen die Antragsgegnerin die in der 3. Änderung des Bebauungsplans festgesetzten Maßnahmen nicht bereits im Verfahren zur 2. Änderung des Bebauungsplans verfolgt habe (Beschwerdebegründung S. 47 i.V.m. S. 62). Damit wird ein Aufklärungsmangel nicht ausreichend dargelegt (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO). Hierzu hätte substantiiert vorgebracht werden müssen, hinsichtlich welcher tatsächlichen Umstände Aufklärungsbedarf bestanden hat, welche für geeignet und erforderlich gehaltenen Aufklärungsmaßnahmen hierfür in Betracht gekommen wären und welche tatsächlichen Feststellungen bei Durchführung der unterbliebenen Sachverhaltsaufklärung voraussichtlich getroffen worden wären.
Diesen Anforderungen wird die Beschwerde nicht gerecht. Die mit der Rüge angesprochene Problematik war Gegenstand der zahlreichen und sehr ausführlichen Schriftsätze im Normenkontrollverfahren und ist auch im Normenkontrollurteil behandelt. Der Hinweis der Beschwerde (Beschwerdebegründung S. 44), der Verwaltungsgerichtshof habe im Laufe des Prozesses zumindest eine entsprechende Frage an die Antragsgegnerin richten müssen, liegt deshalb neben der Sache. Welche sonstigen konkreten Aufklärungsmaßnahmen unterblieben sind, die sich dem Normenkontrollgericht von Amts wegen, d.h. ohne entsprechende Beweisanträge der Antragsgegnerin hätten aufdrängen müssen, legt die Beschwerde nicht dar. Vielmehr wendet sich die Beschwerde der Sache nach auch hier im Gewand einer Aufklärungsrüge gegen die Sachverhaltswürdigung im Normenkontrollurteil.
Von weiteren Ausführungen sieht der Senat gemäß § 133 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 VwGO ab.
1.4 Das Normenkontrollgericht hat nicht gegen die Hinweis- und Erörterungspflicht (§ 86 Abs. 3, § 104 Abs. 1 VwGO) verstoßen (Beschwerdebegründung S. 63 bis 73).
Die Beschwerde sieht einen derartigen Verstoß darin, dass das Normenkontrollgericht die Antragsgegnerin nicht darauf hingewiesen habe, dass es deren Darstellungen in der Begründung des Bebauungsplans und in der Behandlung der Einwendungen im Rahmen der Abwägung nicht glauben wolle. Damit sinnt die Beschwerde dem Tatsachengericht die Pflicht an, den Verfahrensbeteiligten vorab das Ergebnis seiner Würdigung des Sachverhalts und der etwa erhobenen Beweise mitzuteilen. Eine solche Verpflichtung besteht indes nicht (stRspr). Davon abgesehen war die fragliche Würdigung keineswegs unvorhersehbar für die Antragsgegnerin, sondern entsprach im Ergebnis weitgehend dem von den Antragstellern ausführlich vorgetragenen Standpunkt (vgl. zuletzt – nach der Verhandlung vom 27. November 2001 – den Schriftsatz vom 10. Dezember 2001, S. 13). Dass die Beschwerde die vom Verwaltungsgerichtshof gewonnene Überzeugung, welches der wahre Planungswille der Antragsgegnerin gewesen sei, für fehlerhaft hält, führt nicht auf einen Zulassungsgrund nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO.
1.5 Das Normenkontrollgericht hat der Antragsgegnerin nicht das rechtliche Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO) versagt.
Die Beschwerde macht einen Gehörsverstoß mit der Begründung geltend, das Normenkontrollgericht habe den Verfahrensbeteiligten gegenüber nicht zu erkennen gegeben, dass es den Angaben der Antragsgegnerin zu ihrem Planungsziel und Planungswillen nicht glauben werde; das Normenkontrollurteil sei deshalb eine Überraschungsentscheidung (Beschwerdebegründung S. 75 bis 83). Diese Behauptung geht fehl. Die Frage nach dem “vorgeschobenen” und dem “wahren” Planungswillen war, wie die Beschwerdeerwiderung mit Recht hervorhebt, das zentrale Thema der schriftsätzlichen Auseinandersetzungen zwischen den Verfahrensbeteiligten. Die Antragsgegnerin hatte in jedem Verfahrensstadium die Gelegenheit, hierzu vorzutragen und hat dies auch getan. Dass sich das Normenkontrollgericht letztlich dem Standpunkt der Antragsteller anschließen würde, war eine der beiden Möglichkeiten, mit denen die Antragsgegnerin nach dem Prozessverlauf rechnen musste.
2. Die Rechtssache hat nicht die behauptete grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).
Die Beschwerde erfüllt bereits nicht die Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO an eine ordnungsgemäße Begründung der Grundsatzrüge. Voraussetzung ist nämlich die Formulierung einer bestimmten, höchstrichterlich noch nicht geklärten und für die Revisionsentscheidung erheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts und außerdem die Angabe, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung bestehen soll (BVerwGE 13, 90, stRspr).
Daran fehlt es hier. Sämtliche aufgeworfenen Fragen sind, wie schon aus ihrer Formulierung hervorgeht, so sehr auf die Besonderheiten des Streitfalles zugeschnitten, dass auch nicht ansatzweise deutlich wird, welche noch klärungsbedürftigen Rechtsfragen von allgemeiner Tragweite in dem angestrebten Revisionsverfahren beantwortet werden könnten. So beziehen sich die Fragen Nr. 1 bis 6 (Beschwerdebegründung S. 108 bis 117) zwar auf § 1 Abs. 3 BauGB (Erforderlichkeit der Bauleitplanung) bzw. § 1 Abs. 6 BauGB (Abwägung), lassen aber nicht erkennen, was bei der Auslegung dieser Vorschriften, zu denen eine umfangreiche höchstrichterliche Rechtsprechung vorliegt, noch klärungsbedürftig sein könnte. Vielmehr macht die Beschwerde im Gewand einer Grundsatzrüge lediglich geltend, das Normenkontrollgericht habe im hier zu entscheidenden Fall zu Unrecht die Erforderlichkeit des Bebauungsplans verneint bzw. einen beachtlichen Abwägungsfehler bejaht. Gleiches gilt für die Frage 7 (Beschwerdebegründung S. 117 f.); auch hier rügt die Beschwerde die Rechtsanwendung durch das Normenkontrollgericht, ohne dass das Vorbringen mit der Formulierung einer über den Einzelfall hinausweisenden klärungsbedürftigen Rechtsfrage verbunden wäre.
Von weiteren Ausführungen sieht der Senat gemäß § 133 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 VwGO ab.
3. Schließlich müssen die Divergenzrügen (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) ohne Erfolg bleiben. Auch sie erfüllen nicht die Darlegungserfordernisse des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO.
Eine die Revision eröffnende Abweichung, also ein Widerspruch im abstrakten Rechtssatz, läge nur vor, wenn das Normenkontrollgericht in Anwendung derselben Rechtsvorschrift mit einem seine Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz von einem in der bezeichneten höchstrichterlichen Entscheidung aufgestellten ebensolchen Rechtssatz abgewichen wäre (stRspr). Die Beschwerde verweist auf mehrere Entscheidungen des beschließenden Senats zu § 1 Abs. 3 BauGB, ohne indes darzulegen, dass der Verwaltungsgerichtshof von rechtlichen Grundsätzen ausgegangen wäre, die unvereinbar mit den Maßstäben wären, die der Senat in den genannten (oder anderen) Entscheidungen zur Frage der Erforderlichkeit eines Bebauungsplans aufgestellt hat. Vielmehr hat das Normenkontrollgericht (vgl. UA S. 10) die maßgebende höchstrichterliche Rechtsprechung zu dieser Vorschrift seiner Entscheidung zugrunde gelegt, und zwar nicht nur verbal, sondern auch der Sache nach. Was die Beschwerde hiergegen in Gestalt einer Abweichungsrüge vorbringt, erweist sich als ein Angriff gegen die – für fehlerhaft gehaltene – Anwendung der Grundsätze auf den konkreten Fall. Hiermit könnte sie allenfalls im Rahmen einer zugelassenen Revision gehört werden. Gleiches gilt für die von der Beschwerde herangezogenen Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts zu § 9 Abs. 1 Nr. 15 BauGB.
Auch im Hinblick auf das Vorbringen zu § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO sieht der Senat gemäß § 133 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 VwGO von weiteren Ausführungen ab.
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, die Festsetzung des Streitwerts aus § 14 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3, § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG.
Unterschriften
Dr. Paetow, Dr. Lemmel, Dr. Jannasch
Fundstellen