Verfahrensgang
Hessischer VGH (Urteil vom 13.03.2014; Aktenzeichen 4 C 2148/11.N) |
Tenor
Der Antrag auf Aussetzung des Beschwerdeverfahrens wird abgelehnt.
Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird abgelehnt.
Die Beschwerde der Antragsteller gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 13. März 2014 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Antragsteller zu 1 und 2 zu 1/2 als Gesamtschuldner und die Antragsteller zu 3 und 5 zu je 1/4.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 30 000 EUR festgesetzt.
Gründe
1. Die Voraussetzungen der beantragten Aussetzung des Beschwerdeverfahrens gemäß § 94 VwGO liegen nicht vor.
Die Antragsteller stützen ihren verschiedentlich wiederholten Aussetzungsantrag im Wesentlichen darauf, dass die abschließende gerichtliche Klärung der Zulässigkeit des gegen den Bebauungsplan gerichteten Bürgerbegehrens für das Beschwerdeverfahren vorgreiflich sei. Diese Annahme geht fehl. Die im Normenkontrollverfahren zu prüfende Wirksamkeit des angegriffenen Bebauungsplans hängt nicht davon ab, ob ein gegen den Bebauungsplan gerichtetes Bürgerbegehren zulässig ist. Ungeachtet der Möglichkeit, gegen die Bekanntmachung des Bebauungsplans während des laufenden Bürgerbegehrens gerichtlichen Eilrechtsschutz zu beantragen und ungeachtet etwaiger gegenteiliger landesrechtlicher Vorschriften ist das zuständige Gemeindeorgan durch ein zulässiges Bürgerbegehren jedenfalls nach bundesrechtlichen Maßstäben nicht gehindert, den vom Gemeinderat beschlossenen Bebauungsplan gemäß § 10 Abs. 3 Satz 1 und 4 BauGB durch ortsübliche Bekanntmachung in Kraft zu setzen. Die Aussetzung dient auch nicht dazu, nicht in Anspruch genommenen vorläufigen Rechtsschutz zu ersetzen.
Erst recht hängt die im Beschwerdeverfahren zu treffende Entscheidung, ob die Revision aus den Gründen des § 132 Abs. 2 VwGO zuzulassen ist, nicht von der Zulässigkeit eines Bürgerbegehrens ab. Es besteht auch kein Grund, das Verfahren – wie beantragt – auszusetzen, um dem Bundesverfassungsgericht den Erlass einer einstweiligen Anordnung zu ermöglichen.
2. Wiedereinsetzung in die Beschwerdebegründungsfrist ist den Antragstellern nicht zu gewähren. In der Beschwerdeentscheidung können deshalb nur Zulassungsgründe berücksichtigt werden, die die Antragsteller bis zum regulären Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist am 22. Mai 2014 vorgetragen haben. Späterer Vortrag kann nur als Erläuterung der fristgerecht geltend gemachten Zulassungsgründe berücksichtigt werden. Hierauf wurden die Antragsteller bereits mit Schreiben des Berichterstatters vom 8. Oktober 2014 hingewiesen.
a) Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision ist gemäß § 133 Abs. 3 Satz 1 VwGO innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Diese Ausschlussfrist (vgl. z.B. BVerwG, Beschluss vom 28. März 2001 – 8 B 52.01 – Buchholz 310 § 133 ≪n.F.≫ VwGO Nr. 61) hat vorliegend mit der Zustellung des angegriffenen Urteils an den Bevollmächtigten der Antragsteller am 22. März 2014 zu laufen begonnen. Sie endete deshalb gemäß § 57 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 222 ZPO i.V.m. § 188 Abs. 2 Alt. 1 BGB mit Ablauf des 22. Mai 2014.
Der Einwand der Antragsteller, ihrem Bevollmächtigten sei am 22. März 2014 kein vollständiges Urteil zugestellt worden, weil die tragenden Erwägungen (des angegriffenen Urteils) im Wesentlichen durch Verweis auf bis dahin nicht veröffentlichte Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofs begründet worden seien, mit der Folge, dass die Beschwerdebegründungsfrist in diesem Zeitpunkt nicht zu laufen begonnen habe, greift nicht durch. Diesem Einwand liegt ein Missverständnis des in § 133 Abs. 3 Satz 1 VwGO verwendeten Begriffs der „Zustellung des vollständigen Urteils” zugrunde. Die nach § 56 Abs. 1 VwGO vorgeschriebene Zustellung gerichtlicher Entscheidungen hat den Zweck, den Verfahrensbeteiligten bzw. ihren Bevollmächtigten die Kenntnisnahme des Inhalts der Entscheidung zu ermöglichen und zugleich den Nachweis des Zugangs zu sichern (vgl. z.B. Meissner/Schenk, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand März 2014, § 56 Rn. 8 f. m.w.N.). Gemäß diesem Zweck liegt eine „Zustellung des vollständigen Urteils” im Sinne des § 133 Abs. 3 Satz 1 VwGO dann vor, wenn die gerichtliche Entscheidung, so wie sie getroffen wurde, vollständig übermittelt worden ist und die Verfahrensbeteiligten oder ihre Bevollmächtigten vom Inhalt der Entscheidung vollständig Kenntnis nehmen können. Unvollständig ist eine Zustellung dagegen etwa dann, wenn nicht alle Seiten einer gerichtlichen Entscheidung in der zugestellten Ausfertigung enthalten sind. Dementsprechend liegt der Einwand der Antragsteller, die ihnen unstreitig vollständig zugestellte Entscheidung sei inhaltlich unzureichend, weil in der Begründung auf nicht veröffentlichte Entscheidungen Bezug genommen worden sei, neben der Sache. Denn Mindestanforderungen an den Inhalt zugestellter gerichtlicher Entscheidungen normiert § 133 Abs. 3 Satz 1 VwGO nicht.
Soweit die Antragsteller außerdem geltend machen, der Nichtabhilfebeschluss des Verwaltungsgerichtshofs sei unvollständig und nicht mit einer Rechtsmittelbelehrung versehen, und hieraus folgern, dass die Frist zur Geltendmachung der Beschwerdegründe deshalb gemäß § 58 Abs. 2 VwGO ein Jahr ab Zustellung betrage, geht dieser Vortrag ebenfalls fehl. Maßgeblich für den Lauf der Beschwerdebegründungsfrist ist, wie sich bereits dem Wortlaut des § 133 Abs. 3 Satz 1 VwGO unschwer entnehmen lässt, das angegriffene Urteil. Dessen Rechtsmittelbelehrung ist vorliegend weder unterblieben noch war sie unrichtig. Auf den Nichtabhilfebeschluss des Verwaltungsgerichtshofs vom 24. Juni 2014 kommt es nicht an.
b) Gründe, aus denen sich ergibt, dass ihr Bevollmächtigter ohne Verschulden gehindert war, die Beschwerdebegründungsfrist einzuhalten, haben die Antragsteller nicht glaubhaft gemacht (§ 60 Abs. 2 Satz 2 VwGO). Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bleibt deshalb ohne Erfolg.
Mit Schriftsatz vom 22. Mai 2014 haben die Antragsteller die zeitweise Arbeitsunfähigkeit ihres Bevollmächtigten während der Beschwerdebegründungsfrist vortragen lassen. Diesen Vortrag haben sie mit Schriftsatz vom 7. Juli 2014 dahingehend konkretisiert, dass ihr Bevollmächtigter wegen einer durch einen Fahrradunfall verursachten Rippenprellung und einer anschließenden Erkältung „für mindestens eine gute Woche arbeitsunfähig erkrankt” gewesen sei. Das hierzu vorgelegte ärztliche Attest bestätigt Arbeitsunfähigkeit „seit 02.05.14 – voraussichtlich arbeitsunfähig bis einschließlich 09.05.14 – festgestellt am 05.05.14”. Gründe dafür, warum die erst mit Ablauf des 22. Mai 2014 endende Beschwerdebegründungsfrist ohne Verschulden nicht habe eingehalten werden können, sind damit nicht dargetan.
Die Antragsteller berufen sich außerdem auf eine hohe Arbeitsbelastung ihres Bevollmächtigten. Arbeitsüberlastung ist indes regelmäßig kein Wiedereinsetzungsgrund (vgl. z.B. VGH München, Beschluss vom 29. September 1997 – 8 ZS 97.2401 – BayVBl 1998, 544). Wenn ein Rechtsanwalt eine Prozessvertretung übernimmt, ist die Wahrung der prozessualen Fristen eine seiner wesentlichen Aufgaben, der er seine besondere Sorgfalt widmen muss. Ist ihm dies nicht möglich, muss er die Übernahme des Mandats ablehnen oder es an einen vertretungsbereiten Rechtsanwalt weiterleiten. Zum Ausschluss des Verschuldens wegen Arbeitsüberlastung des Prozessbevollmächtigten bedarf es deshalb stets des Hinzutretens besonderer Umstände, die ebenfalls darzulegen und glaubhaft zu machen sind. Hierzu gehört auch der Vortrag, dass der Bevollmächtigte alles seinerseits Mögliche getan hat, um die Fristversäumung trotz der Arbeitsüberlastung zu vermeiden (siehe etwa Kopp/Schenke, VwGO, 20. Aufl. 2014, § 60 Rn. 20). Daran fehlt es hier.
Schließlich sind auch die mit Schriftsätzen vom 23. Juni und vom 7. Juli 2014 behaupteten technischen Probleme beim Kopieren von Dokumenten aus einer Rechtsprechungs-Datenbank, die nach Angaben der Antragsteller zum vollständigen Absturz und zur Unbrauchbarkeit der Schriftsatz-Datei geführt haben sollen, nicht geeignet, das mangelnde Verschulden ihres Bevollmächtigten an der Fristversäumnis darzutun. Von einem Bevollmächtigten sind gebräuchliche organisatorisch-technische Vorkehrungen zu erwarten, die beim Einsatz elektronischer Datenverarbeitungssysteme insbesondere eine regelmäßige und funktionierende Datensicherung gewährleisten. Das gilt umso mehr, wenn sich eine Frist ihrem Ende nähert und der Bevollmächtigte deshalb Möglichkeiten einer Fristversäumung in Betracht zu ziehen hat, die zu einem früheren Zeitpunkt weniger naheliegen oder doch leichter vermeidbar sind (vgl. z.B. Bier, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand März 2014, § 60 Rn. 40). Entsprechende Vorkehrungen vorausgesetzt kann ein aufgrund technischer Probleme auftretender Datenverlust allenfalls einen kurzen Zeitraum seit der letzten Datensicherung betreffen. Mit dem Vortrag, die Datei sei offenbar schon zuvor nicht mehr korrekt zwischengespeichert worden, räumen die Antragsteller insoweit defizitäre Vorkehrungen ihres Bevollmächtigten ein.
Abzulehnen sind ferner die in den Schriftsätzen der Antragsteller wiederholt anklingenden Anträge auf Wiedereinsetzung in die Wiedereinsetzungsfrist des § 60 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 VwGO. Der Vortrag der Antragsteller lässt bereits eine Angabe von Tatsachen vermissen, aus denen sich ergibt, wann die angeblich unverschuldeten Hindernisse weggefallen sind (zu diesem Erfordernis BVerwG, Beschluss vom 22. August 1984 – 9 B 10609/83 – Buchholz 310 § 60 VwGO Nr. 142). Es fehlen auch tragfähige Angaben dazu, warum es dem Bevollmächtigen der Antragsteller ohne Verschulden unmöglich gewesen sein soll, innerhalb der mit dem Wegfall der Hindernisse in Lauf gesetzten Monatsfrist nach § 60 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 VwGO die für die Zulassung der Revision sprechenden Gründe abschließend vorzutragen.
3. Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision bleibt ohne Erfolg.
Innerhalb der – mit Ablauf des 22. Mai 2014 endenden – Beschwerdefrist ist beim Verwaltungsgerichtshof allein der am 22. Mai 2014 per Fax übermittelte Schriftsatz der Antragsteller vom selben Tag eingegangen. In diesem Schriftsatz stützt sich die Beschwerde auf sämtliche Zulassungsgründe nach § 132 Abs. 2 VwGO. Die vorgetragenen Gründe rechtfertigen nicht die Zulassung der Revision.
a) Die Revision ist nicht wegen der behaupteten Abweichung des angegriffenen Urteils von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) zuzulassen.
Eine die Revision eröffnende Divergenz ist nur dann im Sinne des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO hinreichend dargetan, wenn die Beschwerde einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz benennt, mit dem die Vorinstanz einem u.a. in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts in Anwendung derselben Rechtsvorschrift aufgestellten, die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts tragenden Rechtssatz widersprochen hat (stRspr, vgl. z.B. BVerwG, Beschluss vom 8. April 2014 – 4 B 5.14 – ZfBR 2014, 494 m.w.N.). Daran fehlt es hier.
aa) Ohne Erfolg wendet sich die Beschwerde gegen die Annahme des Verwaltungsgerichtshofs (UA S. 13), eine die Antragsbefugnis der Antragsteller begründende Beeinträchtigung schutzwürdiger Belange ergebe sich nicht daraus, dass der Bebauungsplan vor Ablauf der in § 8b Abs. 3 Satz 1 HGO normierten Frist für die Einreichung eines Bürgerbegehrens bekannt gemacht worden sei. Die hiergegen erhobene Divergenzrüge ist unschlüssig.
Nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofs besteht eine Antragsbefugnis nur dann, wenn eine schutzwürdige Rechtsposition durch die mit dem Normenkontrollantrag angegriffene Rechtsnorm selbst beeinträchtigt sein könne. Eine derartige Rechtsbeeinträchtigung hat der Verwaltungsgerichtshof im Hinblick darauf, dass der Zeitpunkt oder die Art und Weise der Bekanntmachung zu keiner Beeinträchtigung abwägungsbeachtlicher Belange von Grundeigentümern im Umfeld des Plangebiets führen könnten, verneint. Die Beschwerde meint, diese entscheidungserhebliche Begründung weiche von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ab, wie sie im Beschluss des Senats vom 12. März 1999 – 4 BN 6.99 – (Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 133) zusammengefasst worden sei. Hiernach sei ein Nachteil im Sinne des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO a.F. „durch” die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung eingetreten oder zu erwarten, wenn die vom Antragsteller angeführte Beeinträchtigung subjektiver privater Interessen der angegriffenen Rechtsvorschrift tatsächlich und rechtlich zuzuordnen sei. Die Bekanntmachung eines Bebauungsplans sei notwendiger Teil der Normgebung und eine ordnungsgemäße Bekanntmachung Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit des Bebauungsplans. Insofern sei die Bekanntmachung einem Bebauungsplan auch „tatsächlich und rechtlich zuzuordnen”. Eine amtsund rechtsmissbräuchliche Bekanntgabe könne auch eine Beeinträchtigung demokratischer Teilhaberechte bewirken. Damit zeigt die Beschwerde eine die Zulassung der Revision rechtfertigende Divergenz nicht auf. Das gilt bereits deshalb, weil der von der Beschwerde wiedergegebene Rechtssatz des zitierten Beschlusses zu der bis zum 31. Dezember 1996 geltenden Fassung des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO („Nachteil”) formuliert worden ist. Abgesehen davon zielt der zitierte Rechtssatz ersichtlich auf die Abgrenzung der durch die angegriffene Rechtsnorm selbst eingetretenen oder zu erwartenden Wirkungen von den durch einen anderen selbständigen Akt ausgelösten Wirkungen. Mit der Annahme des Verwaltungsgerichtshofs, zur Feststellung einer die Antragsbefugnis begründenden möglichen Rechtsverletzung sei allein auf den Inhalt des Bebauungsplans und nicht auf dessen Bekanntmachung abzustellen, hat dies nichts zu tun.
Soweit die Beschwerde ihre Auffassung, eine amts- bzw. rechtsmissbräuchliche Bekanntgabe könne auch eine Beeinträchtigung demokratischer Teilhaberechte oder eine Verletzung von Organrechten bewirken, weiter auf den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 15. September 1987 – 7 N 1.87 – (Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 17) stützt, ist die behauptete Divergenz ebenfalls nicht schlüssig dargetan. Denn die zitierte Entscheidung verhält sich ausschließlich zu der Frage, ob ein Normenkontrollantrag gegen die Geschäftsordnung eines kommunalen Vertretungsorgans gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO statthaft ist, betrifft also die Anwendung einer anderen Rechtsvorschrift.
bb) Ohne Erfolg wendet sich die Beschwerde mit der Divergenzrüge ferner dagegen, dass der Verwaltungsgerichtshof (UA S. 14) die Antragsbefugnis der Antragsteller zu 1, 2 und 3 mit der Begründung abgelehnt hat, diese seien durch die zu erwartende planbedingte Verkehrszunahme und den damit einhergehenden Anstieg der Verkehrslärmimmissionen allenfalls in geringem Umfang betroffen.
Die Beschwerde meint, der Verwaltungsgerichtshof sei damit vom Beschluss des Senats vom 18. März 1994 – 4 NB 24.93 – (Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 88) abgewichen, wonach dem Anwohner einer Straße, die den Zu- und Abgangsverkehr für ein neu geplantes Baugebiet aufnehmen soll, die Antragsbefugnis gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO nicht deshalb abgesprochen werden könne, weil die Erhöhung des Verkehrslärms geringfügig sei. Auch damit zeigt die Beschwerde eine die Zulassung der Revision rechtfertigende Divergenz nicht auf.
Das gilt wiederum bereits deshalb, weil der von der Beschwerde zitierte Leitsatz zu § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO a.F. („Nachteil”) formuliert worden ist. Überdies war der Rechtssatz für die Entscheidung des Revisionsgerichts nicht tragend, weil das Normenkontrollgericht diese Frage letztlich unentschieden gelassen hatte (BVerwG, Beschluss vom 18. März 1994 – 4 NB 24.93 – Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 88 S. 5). Abgesehen davon hat der Senat in den Gründen des Beschlusses (BVerwG, Beschluss vom 18. März 1994 – 4 NB 24.93 – Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 88 S. 4) klargestellt, dass das Interesse von Anwohnern an der Vermeidung einer Verkehrszunahme auch dann, wenn die damit verbundene Lärmzunahme für das menschliche Ohr kaum wahrnehmbar ist, zum notwendigen Abwägungsmaterial gehören „kann”. Zwangsläufig ist das nicht. Das hat der Senat in dem von der Beschwerde ebenfalls zitierten Urteil vom 18. Juli 2013 – 4 CN 3.12 – (BVerwGE 147, 206 Rn. 27) noch einmal ausdrücklich bestätigt.
cc) Auch die behauptete Divergenz zum Urteil vom 18. Juli 2013 – 4 CN 3.12 – (BVerwGE 147, 206) sowie zu den Beschlüssen vom 24. Mai 2007 – 4 VR 1.07 – (ZfBR 2007, 580), vom 18. Dezember 1990 – 4 N 6.88 – (Buchholz 406.11 § 1 BauGB Nr. 50) und vom 14. Februar 1994 – 4 B 152.93 – (Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 121) ist nicht gegeben. Das gilt für die beiden zuletzt genannten Beschlüsse schon deshalb, weil diese nicht zur Antragsbefugnis nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO n.F. ergangen sind. Im Übrigen hat der Verwaltungsgerichtshof eine „generalisierende Rechtsthese, dass in Randlagen zum Außenbereich zusätzliche Lärmbelastungen auch i.H.v. mehr als 5 dB(A) „regelmäßig hinzunehmen” und deshalb geringfügig bzw. nicht abwägungsrelevant seien”, wie die Beschwerde behauptet (Schriftsatz vom 22. Mai 2014 S. 10), nicht aufgestellt. Das Normenkontrollgericht hat vielmehr die Rechtsauffassung vertreten, dass für die Beurteilung der Frage, ob die Zunahme des Straßenverkehrs und des Verkehrslärms als mehr als nur geringfügig anzusehen ist, eine wertende Gesamtbetrachtung der Umstände des Einzelfalles unter Berücksichtigung der gegebenen Vorbelastung und der Schutzwürdigkeit des Gebiets vorgenommen werden müsse (UA S. 14). Das entspricht der Rechtsprechung des Senats (vgl. BVerwG, Urteil vom 18. Juli 2013 – 4 CN 3.12 – BVerwGE 147, 206 Rn. 27; Beschluss vom 24. Mai 2007 – 4 VR 1.07 – ZfBR 2007, 580 ≪580≫). Sollte der Vorinstanz bei der Anwendung vorgenannten Rechtssatzes ein Rechtsfehler unterlaufen sein oder hieraus nicht die rechtlichen Folgerungen gezogen worden sein, die etwa für die Sachverhalts- und Beweiswürdigung geboten sind, läge darin keine Divergenz (BVerwG, Beschluss vom 14. Februar 2013 – 4 B 44.12 – juris Rn. 9).
dd) Erfolglos macht die Beschwerde schließlich eine Abweichung hinsichtlich des Antragstellers zu 5 geltend, soweit der Verwaltungsgerichtshof (UA S. 11 f.) angenommen hat, dieser sei präkludiert, weil er in der öffentlichen Auslegung persönlich keine Einwendungen erhoben habe und auch nicht in wirksamer Weise durch eine andere Person vertreten worden sei.
Die Beschwerde macht geltend, es hätte geprüft werden müssen, ob eine Geltendmachung im Sinne des § 47 Abs. 2a VwGO nicht auch vorliege, wenn Einwendungen von Bürgern unter namentlicher Benennung durch einen Erklärungsboten übermittelt werden. Denn nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 31. Mai 2012 – 3 C 12.11 – (Buchholz 451.55 Subventionsrecht Nr. 113) könnten Anträge auf Subventionen und deren Bewilligung wirksam durch Erklärungs- bzw. Empfangsboten übermittelt werden. Insoweit verfehlt die Beschwerde wiederum die Darlegungsanforderungen, denn sie benennt keinen in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts in Anwendung derselben Rechtsvorschrift – hier: § 47 Abs. 2a VwGO – aufgestellten Rechtssatz. Substantiierte Darlegungen fehlen auch, soweit die Beschwerde darauf hinweist, dass der Senat in seinem Urteil vom 18. November 2010 – 4 CN 3.10 – (BVerwGE 138, 181 Rn. 12) die Anforderungen, die an die Einwendungen zu stellen sind, als gering bezeichnet habe.
b) Die Rechtssache hat auch nicht die grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), die ihr die Beschwerde beimisst.
aa) Die von der Beschwerde – sinngemäß – aufgeworfene Frage,
ob eine Antragsbefugnis nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO für Personen, die nicht unmittelbar von den Rechtsfolgen der angegriffenen Rechtsnorm erfasst werden, aus einer amts- bzw. rechtsmissbräuchlichen Bekanntmachung einer Satzung und einer hierdurch bewirkten Beeinträchtigung von demokratischen Teilhaberechten der betroffenen Organmitglieder und der betroffenen Bürger folgen kann,
rechtfertigt nicht die Zulassung der Revision. Diese Frage wäre in einem Revisionsverfahren nicht entscheidungserheblich. Denn von einer – von der Beschwerde unterstellten – amts- bzw. rechtsmissbräuchlichen Bekanntmachung der Satzung ist der Verwaltungsgerichtshof nicht ausgegangen. Im Übrigen liegt bereits nach dem Wortlaut des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO auf der Hand, dass nur diejenige natürliche oder juristische Person antragsbefugt ist, die geltend macht, „durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung”, im Falle eines Bebauungsplans also in erster Linie durch dessen Festsetzungen (BVerwG, Urteil vom 24. September 1998 – 4 CN 2.98 – BVerwGE 107, 215 ≪217≫) als Inhalt des Bebauungsplans (§ 9 BauGB) und darüber hinaus durch eine fehlerhafte Abwägung des Planinhalts (BVerwG, Urteil vom 16. Juni 2011 – 4 CN 1.10 – BVerwGE 140, 41 Rn. 15) in eigenen Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Bundes- oder landesrechtliche Vorschriften über die ortsübliche Bekanntmachung des Bebauungsplans vermitteln demgegenüber keine die Antragsbefugnis im Normenkontrollverfahren begründende subjektive Rechtsposition im Sinne des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO.
bb) Aus diesem Grunde ist auch die weiter aufgeworfene Frage,
ob ein Normenkontrollverfahren entschieden werden kann, bevor zu dem der angefochtenen Norm zugrunde liegenden Rechtsetzungsverfahren ein anhängiger Rechtsbehelf bestandskräftig erledigt (gemeint ist wohl: rechtskräftig entschieden) ist,
nicht entscheidungserheblich. Denn die Antragsbefugnis der Antragsteller lässt sich unabhängig von der seitens der Beschwerde behaupteten fehlerhaften Bekanntgabe des Bebauungsplans verneinen. Im Übrigen bedarf es nicht der Durchführung eines Revisionsverfahrens, um zu klären, dass die Beschwerde zu Unrecht von einer „amts- bzw. rechtsmissbräuchlichen Bekanntgabe” des Bebauungsplans ausgeht. Wie dargelegt, wäre das zuständige Gemeindeorgan ungeachtet der Möglichkeit, gegen die Bekanntmachung des Bebauungsplans während des laufenden Bürgerbegehrens gerichtlichen Eilrechtsschutz zu beantragen, und ungeachtet etwaiger gegenteiliger landesrechtlicher Vorschriften jedenfalls nach bundesrechtlichen Maßstäben auch im Falle eines zulässigen Bürgerbegehrens nicht daran gehindert, den vom Gemeinderat beschlossenen Bebauungsplan ortsüblich bekanntzumachen. Bedeutung und Tragweite des Demokratieprinzips sind insoweit nicht berührt. Das erkennen die Antragsteller wohl letztlich auch selbst an, indem sie einräumen, dass eine Klärung der Beteiligungsrechte der Antragsteller nicht im Normenkontrollverfahren gegen den Bebauungsplan, sondern allein im anhängigen Verfahren über die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens erreicht werden kann.
cc) Rechtsgrundsätzlicher Klärungsbedarf wird schließlich auch nicht aufgezeigt mit den Fragen,
ob pauschal Mischgebietswerte als zulässig zugrunde gelegt werden können, wenn eine Randlage zum Außenbereich besteht, in dem (?) sich nur reine Wohngebietsnutzungen oder allenfalls allgemeine Wohngebietsnutzungen einfügen und/oder auch nur solche Nutzungen planerisch festgesetzt sind,
und ob bei der Bestimmung der zulässigen Belastungen auch abwägend mit zu berücksichtigen ist, ob ein konkreter Bedarf besteht und ob der Vorrang der Innenentwicklung beachtet wurde.
Mit der – missverständlich formulierten – ersten Frage will die Beschwerde (wohl) klären lassen, ob Mischgebietswerte auch dann zugrunde gelegt werden können, wenn reine oder allgemeine Wohnnutzungen die an den Außenbereich angrenzenden Wohnflächen prägen oder für diese Flächen planerisch festgesetzt sind. Diese Frage ist in der Rechtsprechung des Senats (vgl. z.B. BVerwG, Beschluss vom 18. Dezember 1990 – 4 N 6.88 – Buchholz 406.11 § 1 BauGB Nr. 50) geklärt. Eigentümer von Wohngrundstücken am Rande des Außenbereichs können nicht damit rechnen, dass in ihrer Nachbarschaft keine emittierenden Nutzungen oder höchstens ebenfalls nur Wohnnutzungen entstehen. Sie dürfen nur darauf vertrauen, dass keine mit der Wohnnutzung unverträgliche Nutzung entsteht. Das ist nicht der Fall, wenn die Lärmbelastung nicht über das in einem (Dorf-)Mischgebiet zulässige Maß hinausgeht, denn auch diese Gebiete dienen dem Wohnen. Je nach den Umständen des Einzelfalles kann deshalb auch eine Planung zulässig sein, die den Randbereich eines angrenzenden Wohngebiets Lärmauswirkungen aussetzt, welche um 5 dB(A) über den Richtwerten für Wohngebiete liegen.
Die zweite Frage ist unsubstantiiert. Inwiefern Gesichtspunkte der Innenentwicklung bei der Antragsbefugnis rechtlich oder tatsächlich eine Rolle spielen können, legt die Beschwerde nicht einmal im Ansatz dar. Die Frage drängt sich auch sonst, etwa auf der Grundlage der Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs, nicht auf.
c) Die Revision ist auch nicht wegen der erhobenen Verfahrensrügen (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) zuzulassen.
aa) Die Beschwerde macht geltend, die angegriffene Entscheidung beruhe auf einem Verfahrensfehler, soweit der Verwaltungsgerichtshof (über den Normenkontrollantrag) unter Ablehnung der beantragten Aussetzung entschieden habe. Der behauptete Verfahrensfehler liegt nicht vor. Wie dargelegt, hat der Verwaltungsgerichtshof zu Recht darauf abgestellt, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 94 VwGO nicht erfüllt sind, weil die Rechtswirksamkeit (der Bekanntmachung) des angegriffenen Bebauungsplans nicht davon abhängt, ob das Bürgerbegehren gegen den Bebauungsplan als zulässig angesehen wird.
bb) Von vornherein unsubstantiiert ist der Vorwurf einer verfahrensfehlerhaften Überraschungsentscheidung.
Die Beschwerde macht geltend, dass die entscheidungstragenden tatsächlichen Erwägungen des Verwaltungsgerichtshofs zur allenfalls geringfügigen Betroffenheit der Antragsteller durch eine planbedingte Verkehrslärmzunahme weder „konkret Gegenstand der Erörterung in der mündlichen Verhandlung” noch „Gegenstand zuvor erfolgter Darlegungen der Antragsgegnerin” gewesen seien. Insoweit sei zur Wahrung des Anspruchs auf rechtliches Gehör und auf ein faires Verfahren ein gezielter Hinweis vor bzw. spätestens in der mündlichen Verhandlung geboten gewesen. Denn dann wären hierzu konkrete Einwendungen vorgetragen worden. Insoweit gibt die Beschwerde (in dem nach Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist eingegangenen Fax vom 23. Juni 2014) ergänzend an, dass das Baugebiet der Ansiedlung von Familien mit besserem Einkommen dienen solle; dem entspreche es nicht, nur von 2,7 Bewohnern pro Wohneinheit auszugehen. Zudem sei auch nicht behauptet worden, dass sogleich 130 Fahrzeuge vorhanden seien; es sei lediglich vertreten worden, dass mehr als 75, nämlich 100 Fahrzeuge zugrunde zu legen seien. Mit diesem Vortrag verfehlt die Beschwerde die Darlegungsanforderungen an eine zulässige Verfahrensrüge. Weder legt die Beschwerde dar noch ist aus sonstigen Umständen ersichtlich, warum ein gewissenhafter und sachkundiger Prozessbeteiligter vorliegend nicht hätte erkennen können, dass es für die Frage der Antragsbefugnis unter Lärmschutzgesichtspunkten auf die konkrete planbedingte Lärmmehrbelastung der Antragsteller ankommt (vgl. hierzu z.B. BVerwG, Beschluss vom 11. Mai 1999 – 9 B 1076.98 – juris).
4. Der Senat ist weder durch die seitens der Antragsteller angekündigten weiteren Stellungnahmen noch durch die erneut und wiederholt beantragte Akteneinsicht noch durch die „Gegenvorstellung” gegen die mit Schreiben des Berichterstatters mitgeteilte Absicht, über die Beschwerde nach dem 24. Oktober 2014 umgehend zu entscheiden, an einer Entscheidung gehindert.
Mit Schreiben vom 8. Oktober 2014 hatte der Berichterstatter die Antragsteller darauf hingewiesen, dass die vorgetragenen Gründe nach vorläufiger Prüfung eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht rechtfertigen mit der Folge, dass in der Beschwerdeentscheidung nur diejenigen Zulassungsgründe berücksichtigt werden könnten, die die Antragsteller bis einschließlich 22. Mai 2014 vorgetragen haben, und dass deshalb weder die beantragte Akteneinsicht noch die Einräumung einer weiteren Äußerungsfrist zielführend erscheine. Ungeachtet dessen wurde den Antragstellern bis 24. Oktober 2014 Gelegenheit zur abschließenden Stellungnahme sowie zur Akteneinsicht gegeben. Von der Möglichkeit zur Akteneinsicht haben die Antragsteller keinen Gebrauch gemacht. Eine nach Fristablauf wiederholt erbetene Übersendung der Akten war deshalb nicht veranlasst, desgleichen nicht eine „geräumigere” Frist zu weiteren Stellungnahmen; die „Gegenvorstellung” gegen die Fristsetzung geht fehl. Es besteht auch kein rechtlicher Grund für die beantragte Beiziehung von Behördenakten oder für die erbetenen richterlichen Hinweise zu unterschiedlichen Themen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 159 Satz 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung stützt sich auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.
Unterschriften
Prof. Dr. Rubel, Petz, Dr. Decker
Fundstellen