Verfahrensgang
Bayerischer VGH (Urteil vom 19.01.2023; Aktenzeichen 8 N 22.287) |
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 19. Januar 2023 wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 7 500 € festgesetzt.
Gründe
I
Rz. 1
Der Antragsteller wendet sich gegen eine Verordnung über die Festlegung einer Veränderungssperre, die der Sicherung der geplanten Neufestsetzung eines Wasserschutzgebietes für die öffentliche Wasserversorgung der beigeladenen Gemeinde dient. Er ist Eigentümer von im Geltungsbereich der Verordnung liegenden Grundstücken.
Rz. 2
Der Verwaltungsgerichtshof hat den Normenkontrollantrag abgelehnt und die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Antragstellers.
II
Rz. 3
Die auf die Zulassungsgründe nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 3 VwGO gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.
Rz. 4
1. Die Rechtssache hat nicht die vom Antragsteller geltend gemachte rechtsgrundsätzliche Bedeutung.
Rz. 5
Grundsätzlich bedeutsam im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ist eine Rechtssache dann, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung einer bisher höchstrichterlich ungeklärten, in ihrer Bedeutung über den der Beschwerde zugrundeliegenden Einzelfall hinausgehenden, klärungsbedürftigen und entscheidungserheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts (§ 137 Abs. 1 VwGO) zu erwarten ist. In der Beschwerdebegründung muss gemäß § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO dargelegt werden, dass und inwiefern diese Voraussetzungen vorliegen (stRspr, vgl. BVerwG, Beschluss vom 28. Juli 2022 - 7 B 15.21 - NVwZ 2022, 1634 Rn. 7). Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt.
Rz. 6
a) Der Antragsteller misst der Frage grundsätzliche Bedeutung bei,
wie der Begriff der "öffentlichen Wasserversorgung" im Sinne des Wasserhaushaltsgesetzes zu definieren ist, insbesondere im Hinblick auf den Anschluss und die Versorgung von Gewerbe- und Industriebetrieben und deren (erheblichen) Wasserbedarf für Produktionsmittel.
Rz. 7
Diese Fragestellung rechtfertigt die Zulassung der Revision nicht. Die hierin zusammengefassten Teilfragen sind schon zu unbestimmt formuliert. Sie sind für eine Vielzahl gedachter Fallgestaltungen im Anwendungsbereich des Wasserhaushaltsgesetzes (WHG) einer - jeweils differenzierten - Antwort zugänglich und könnten deshalb nur im Stil eines Kommentars oder Lehrbuchs beantwortet werden. Das ist jedoch nicht das Ziel eines Revisionsverfahrens (stRspr, vgl. nur BVerwG, Beschluss vom 30. Dezember 2021 - 7 BN 2.21 - juris Rn. 21 m. w. N.).
Rz. 8
Abgesehen davon ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt, dass der Begriff der öffentlichen Wasserversorgung im Sinne der § 50 Abs. 1, § 51 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WHG die Deckung des Bedarfs der Allgemeinheit an Trink- und Brauchwasser meint (vgl. BVerwG, Beschluss vom 22. Oktober 2021 - 7 BN 1.20 - juris Rn. 15). Das Wohl der Allgemeinheit, das es nach § 51 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WHG erfordert, Gewässer im Interesse der derzeit bestehenden oder künftigen öffentlichen Wasserversorgung vor nachteiligen Einwirkungen zu schützen, beschränkt sich nicht auf die Versorgung der Bevölkerung, sondern umfasst auch die industrielle und gewerbliche Wasserversorgung (vgl. BVerwG, Beschluss vom 30. Dezember 2021 - 7 BN 2.21 - juris Rn. 9).
Rz. 9
b) Der Antragsteller möchte ferner grundsätzlich geklärt wissen,
ob der Begriff des Allgemeinwohls in § 86 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WHG weit zu verstehen ist, insbesondere indem das öffentliche Interesse auch die Versorgung eines Unternehmens mit dem Produktionsmittel Wasser umfasst, dessen Umfang den Bedarf der Gemeinde um ein Vielfaches übersteigt.
Rz. 10
Diese Frage führt ebenfalls nicht zur Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache. Sie lässt sich im entscheidungserheblichen Umfang mithilfe der üblichen Regeln sachgerechter Auslegung und auf der Grundlage der zuvor zitierten Rechtsprechung ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens beantworten.
Rz. 11
Nach § 86 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WHG können zur Sicherung von Planungen für dem Wohl der Allgemeinheit dienende Vorhaben u. a. der Wassergewinnung Planungsgebiete festgelegt werden, auf deren Flächen wesentlich wertsteigernde oder die Durchführung des geplanten Vorhabens erheblich erschwerende Veränderungen nicht vorgenommen werden dürfen (Veränderungssperre). Das Allgemeininteresse an der öffentlichen Wasserversorgung, also an der Deckung des Bedarfs der Allgemeinheit an Trink- und Brauchwasser, bildet den rechtfertigenden Grund einer Wasserschutzgebietsfestsetzung (vgl. BVerwG, Beschluss vom 22. Oktober 2021 - 7 BN 1.20 - juris Rn. 15). Dies gilt ebenso für die - nach § 86 Abs. 3 WHG zeitlich befristete - Sicherung einer hierauf gerichteten Planung. Wie bereits ausgeführt, umfasst die öffentliche Wasserversorgung auch eine gewerbliche und industrielle Wasserversorgung (vgl. BVerwG, Beschluss vom 30. Dezember 2021 - 7 BN 2.21 - juris Rn. 9). Gewerbe und Industrie gehören danach ebenso wie sonstige Verbraucher im Gemeindegebiet zur "Allgemeinheit" der von der öffentlichen Wasserversorgung belieferten Endverbraucher. In diesem Sinne ist, wovon der Verwaltungsgerichtshof zutreffend ausgeht, der Begriff des Allgemeinwohls in § 86 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WHG weit zu verstehen.
Rz. 12
Auch ein Großabnehmer, wie hier die A. GmbH, gehört zur Allgemeinheit der von der öffentlichen Wasserversorgung belieferten Endverbraucher. Dem Gesetz lässt sich, wovon die Vorinstanz zu Recht ausgeht, nicht entnehmen, dass der unternehmerische Bedarf an Wasser für Produktionszwecke kein Gegenstand der öffentlichen Wasserversorgung ist. Rechtlich ist es unerheblich, welchen Zwecken die Verwendung des Wassers beim jeweiligen Endverbraucher, sei es ein privater Haushalt oder ein Unternehmen, letztlich dient. Nach allem ist auch kein sachlicher Grund dafür ersichtlich, weshalb die Deckung des Bedarfs an Trink- und Brauchwasser nicht im Allgemeininteresse liegen sollte, wenn die von einem Großabnehmer benötigte Trinkwassermenge den Bedarf der sonstigen Verbraucher im Gemeindegebiet weit übersteigt. Maßgeblich ist die Zweckrichtung des Vorhabens nach § 86 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WHG (vgl. Czychowski/Reinhardt, WHG, 13. Aufl. 2023, § 86 Rn. 15; Schenk, in: Siedler/Zeitler/Dahme/Knopp, WHG, Stand Februar 2022, § 86 Rn. 17). Allein ein deutliches Übersteigen des Wasserbedarfs eines Abnehmers gegenüber den anderen führt nicht zu einer Zweckänderung des Vorhabens der Wassergewinnung. Für die Festlegung einer Obergrenze fehlt es zudem an aus dem Gesetz ableitbaren Kriterien.
Rz. 13
c) Die vom Antragsteller aufgeworfene Frage,
ob die Entscheidung einer Gemeinde, für industrielle Anlagen notwendiges Wasser bereitzustellen, um den Verbleib eines expandierenden ortsansässigen Unternehmens im Gemeindegebiet zu ermöglichen, durch das Selbstverwaltungsrecht aus Art. 28 Abs. 2 GG geschützt sein kann, wenn der Wasserbedarf den der Gemeinde um ein Vielfaches übersteigt,
rechtfertigt die Zulassung der Revision nicht, weil es nach der angegriffenen Entscheidung auf sie nicht entscheidungserheblich ankäme.
Rz. 14
Ist die Entscheidung der Vorinstanz - wie hier zur Auslegung des Begriffs des Allgemeinwohls in § 86 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WHG - auf mehrere selbständig tragende Begründungen gestützt worden, kann die Revision nur zugelassen werden, wenn hinsichtlich jeder dieser Begründungen ein Revisionszulassungsgrund aufgezeigt wird und vorliegt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. Oktober 2022 - 7 B 19.21 - NVwZ-RR 2023, 95 Rn. 11). Der Antragsteller vermochte mit seiner Beschwerdebegründung indes hinsichtlich der weiteren tragenden einfachgesetzlichen Erwägungen des Verwaltungsgerichtshofs - wie oben zu 1. a) und b) ausgeführt - keinen Revisionszulassungsgrund darzulegen.
Rz. 15
Die Fragestellung ist auch deshalb nicht entscheidungserheblich, weil der Verwaltungsgerichtshof eine entsprechende Rechtsauffassung in der angegriffenen Entscheidung nicht vertreten hat. Er hat sich vielmehr im Zusammenhang mit dem gemeindlichen Selbstverwaltungsrecht aus Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG mit dem Einwand des Antragstellers auseinander gesetzt, die Beschaffung von Wasser als Produktionsmittel im industriellen Maßstab sei von der kommunalen Aufgabe der öffentlichen Wasserversorgung nicht umfasst, sondern gehöre zum unternehmerischen Risikobereich (UA Rn. 12, 49). Hierbei wendet die Vorinstanz zunächst nicht revisible Vorschriften der Verfassung und der Gemeindeordnung für den Freistaat Bayern an. Dass die Gestaltung der Standortbedingungen für die gewerbliche Entwicklung in ihrem Gemeindegebiet durch Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG geschützt ist, der den Gemeinden das Recht gewährleistet, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln, ist im Übrigen geklärt (vgl. BVerwG, Urteil vom 15. Dezember 1989 - 7 C 6.88 - BVerwGE 84, 236 ≪239≫).
Rz. 16
d) Die Revision ist auch nicht im Hinblick auf die vom Antragsteller formulierte Frage zuzulassen,
ob es sich um eine staatliche Beihilfe nach Art. 107 AEUV handelt, wenn durch die öffentliche Wasserversorgung einem Industrieunternehmen für seinen erheblichen produktionstechnischen Wasserbedarf Trinkwasser zu den allgemeinen Wasserbezugskonditionen zur Verfügung gestellt wird und dadurch dieses Unternehmen vom Bedarf einer Eigenwasserversorgung entlastet wird.
Rz. 17
Der Frage kommt ebenfalls keine grundsätzliche Bedeutung zu, weil sie für die Vorinstanz nicht entscheidungserheblich war. Der Verwaltungsgerichtshof geht nach seinen nicht angegriffenen tatsächlichen Feststellungen davon aus, dass die beigeladene Gemeinde nach ihrer Satzung eine öffentliche Einrichtung zur Wasserversorgung mit Anschluss- und Benutzungszwang der Grundstückseigentümer betreibt (UA Rn. 39). Dies schließt eine Eigenwasserversorgung der dortigen Grundstückseigentümer bzw. der auf dem Grundstück befindlichen Unternehmen aus, sofern die Wasserabgabesatzung keine Ausnahmen vorsieht (vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. Dezember 1997 - 8 B 234.97 - NVwZ 1998, 1080 ≪1081≫). Hierzu fehlt es an Feststellungen durch die Vorinstanz.
Rz. 18
Im Übrigen sind die Voraussetzungen einer staatlichen Beihilfe nach Art. 107 Abs. 1 AEUV in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs geklärt. Es muss sich um eine staatliche Maßnahme oder eine Maßnahme unter Inanspruchnahme staatlicher Mittel handeln, die geeignet sein muss, den Handel zwischen den Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen. Dem Begünstigten muss durch sie ein selektiver Vorteil gewährt werden. Schließlich muss sie den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen (vgl. EuGH, Urteil vom 4. März 2021 - C-362/19 P [ECLI:EU:C:2021:169] Kommission/Fútbol Club Barcelona - Rn. 57 ff. m. w. N.). Weiteren rechtsgrundsätzlichen Klärungsbedarf lässt die Beschwerdebegründung zu diesen Voraussetzungen nicht erkennen.
Rz. 19
e) Schließlich kommt auch der vom Antragsteller aufgeworfenen Rechtsfrage,
ob es bei der richterlichen Kontrolle untergesetzlicher Normen neben dem Ergebnis des Rechtssetzungsverfahrens auch auf die (die) Rechtsnorm tragenden Motive desjenigen ankommt, der an ihrem Erlass mitgewirkt hat,
keine grundsätzliche Bedeutung zu, weil sie jedenfalls nicht klärungsbedürftig ist. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der der Verwaltungsgerichtshof gefolgt ist (UA Rn. 63), kommt es bei der richterlichen Kontrolle von (untergesetzlichen) Normen im Grundsatz auf das Ergebnis des Rechtssetzungsverfahrens an, also auf die erlassene Vorschrift in ihrer regelnden Wirkung, und nicht auf die die Rechtsnorm tragenden Motive desjenigen, der an ihrem Erlass mitwirkt. Der Weg zu einer verwaltungsgerichtlichen Überprüfung des Abwägungsvorgangs ist bei untergesetzlichen Normen deshalb nur eröffnet, wenn der Normgeber einer besonders ausgestalteten Bindung an gesetzlich formulierten Abwägungsdirektiven unterliegt. Sind solche nicht vorhanden, kann die Rechtswidrigkeit einer Norm mit Fehlern im Abwägungsvorgang nicht begründet werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 12. Dezember 2018 - 8 CN 1.17 - BVerwGE 164, 64 Rn. 25 und Beschluss vom 20. Dezember 2017 - 4 BN 8.17 - juris Rn. 8). Soweit der Antragsteller darauf hinweist, dass § 28a Abs. 5 des Gesetzes zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz - IfSG) bei bestimmten Rechtsverordnungen, die u. a. notwendige Schutzmaßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung der Coronavirus-Krankheit-2019 bei epidemischer Lage von nationaler Tragweite betreffen, eine Begründungspflicht normiert, lässt sich weder aus dieser speziellen gesetzlichen Regelung noch aus der Begründung des Gesetzentwurfs (vgl. BT-Drs. 19/24334 S. 74) ein Klärungsbedarf herleiten. Eine entsprechende Rechtsvorschrift existiert für die Veränderungssperre im Wasserhaushaltsgesetz nicht. Aus dem Rechtsstaatsgebot folgt - wie dargelegt - kein generelles Begründungserfordernis für Rechtsnormen.
Rz. 20
2. Aus dem Vorbringen des Antragstellers ergibt sich nicht das Vorliegen eines Verfahrensmangels im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO, auf dem das angegriffene Urteil beruhen kann.
Rz. 21
a) Die Rüge des Antragstellers, der Verwaltungsgerichtshof habe gegen den Grundsatz der richterlichen Überzeugungsbildung (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) sowie seine Amtsermittlungspflicht (§ 86 Abs. 1 VwGO) verstoßen, indem er die Voraussetzungen einer Beihilfe nach Art. 107 AEUV nicht vollständig geprüft und insoweit auch den Sachverhalt nicht ausreichend ermittelt habe, greift nicht durch.
Rz. 22
aa) Nach § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO ist es Sache des Tatsachengerichts, sich im Wege der freien Beweiswürdigung eine Überzeugung von dem nach seiner materiell-rechtlichen Rechtsauffassung entscheidungserheblichen Sachverhalt zu bilden. Ein als Verfahrensfehler einzuordnender Verstoß gegen § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann ausnahmsweise gegeben sein, wenn die tatrichterliche Sachverhaltswürdigung auf einem Rechtsirrtum beruht, objektiv willkürlich ist oder allgemeine Sachverhalts- und Beweiswürdigungsgrundsätze, insbesondere gesetzliche Beweisregeln, Natur- oder Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze missachtet (stRspr, vgl. BVerwG, Urteil vom 27. September 2021 - 8 C 31.20 - BVerwGE 173, 282 Rn. 13). Derartiges lässt sich der Beschwerdebegründung nicht entnehmen.
Rz. 23
Nach der materiell-rechtlichen Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs war die Rechtmäßigkeit der gesicherten Planung - der Neufestsetzung des Wasserschutzgebiets für die öffentliche Wasserversorgung - im Normenkontrollverfahren über die Veränderungssperre nach § 86 WHG nicht vollumfänglich zu prüfen (UA Rn. 54). Nach diesem Maßstab konnte die Vorinstanz nicht erkennen, dass die entgeltliche Inanspruchnahme der öffentlichen Wasserversorgung durch die A. GmbH eine staatliche Beihilfe gemäß Art. 107 AEUV darstellt, die nicht unionsrechtskonform ausgestaltet werden kann (UA Rn. 57). Hierbei ist der Verwaltungsgerichtshof von den Regelungen zum Anschluss- und Benutzungszwang und zu den Grund- und Verbrauchsgebühren der Wasserabgabesatzung der Beigeladenen ausgegangen. Dagegen wurden keine durchgreifenden Zulassungsgründe geltend gemacht. Eine etwaige Entlastung der A. GmbH vom Bedarf einer Eigenwasserversorgung war für den Verwaltungsgerichtshof - nach seiner für die Prüfung von Verfahrensfehlern maßgeblichen materiellen Rechtsauffassung - nicht entscheidungserheblich.
Rz. 24
bb) Eine Aufklärungsrüge kann nur Erfolg haben, wenn substantiiert dargetan wird, hinsichtlich welcher konkreter Umstände Aufklärungsbedarf bestanden hat, welche für geeignet und erforderlich gehaltenen Aufklärungsmaßnahmen hierfür in Betracht gekommen wären, welche tatsächlichen Feststellungen bei der vermissten Sachverhaltsaufklärung voraussichtlich getroffen worden wären und inwiefern das unterstellte Ergebnis zu einer dem Antragsteller günstigeren Entscheidung hätte führen können. Zudem muss bereits im Verfahren vor dem Tatsachengericht auf die Vornahme der Sachverhaltsaufklärung, deren Unterbleiben nunmehr beanstandet wird, hingewirkt oder dargelegt werden, dass sich dem Gericht die bezeichneten Ermittlungen auch ohne ein solches Hinwirken von sich aus hätten aufdrängen müssen (stRspr, vgl. BVerwG, Beschluss vom 11. Mai 2023 - 7 B 13.22 - juris Rn. 34 m. w. N.). Dem wird die Beschwerde nicht gerecht. Sie rügt der Sache nach vielmehr nur eine aus ihrer Sicht fehlerhafte Bewertung des in Gestalt der Wasserabgabesatzung vorliegenden (Tatsachen-)Materials zum Anschluss- und Benutzungszwang bei der Lieferung von Trinkwasser durch den Verwaltungsgerichtshof.
Rz. 25
b) Es begründet keinen Verfahrensmangel, wenn ein Obergericht eine unionsrechtliche Frage nicht dem Gerichtshof der Europäischen Union vorlegt und in seinem Urteil auch die Revision nicht zulässt. Art. 267 Abs. 3 AEUV verpflichtet zur Anrufung des Gerichtshofs der Europäischen Union nur für den Fall, dass die Entscheidung mit Rechtsmitteln des innerstaatlichen Rechts nicht weiter angefochten werden kann. Vorliegend ist hiergegen aber die streitgegenständliche Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision statthaft. Die Annahme der Beschwerde, dass der Verwaltungsgerichtshof dem Antragsteller seinen gesetzlichen Richter entzogen hätte (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG), scheidet daher aus (stRspr, vgl. BVerwG, Beschluss vom 4. Januar 2022 - 1 B 100.21 - juris Rn. 14 m. w. N.). Abgesehen davon war die von dem Antragsteller aufgeworfene Frage der Entlastung vom Bedarf der Eigenversorgung als staatliche Beihilfe für die Vorinstanz - wie dargelegt - nicht entscheidungserheblich.
Rz. 26
c) Der Vorwurf, das Gericht habe einen Sachverhalt "aktenwidrig" festgestellt, kann auf eine Verletzung des Überzeugungsgrundsatzes gemäß § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO führen, wenn zwischen den in der angegriffenen Entscheidung getroffenen tatsächlichen Annahmen und dem insoweit unumstrittenen Akteninhalt ein offensichtlicher, keiner weiteren Beweiserhebung bedürftiger, zweifelsfreier Widerspruch vorliegt (BVerwG, Urteil vom 27. Februar 2020 - 7 C 3.19 - NVwZ 2020, 1191 Rn. 28). Einen solchen Widerspruch zeigt die Beschwerde nicht auf. Mit den von ihr für aktenwidrig übergangen gehaltenen Gründen, die sie mit Schriftsatz vom 12. Januar 2022 (S. 6 f.) für die aus ihrer Sicht fehlende Verhältnismäßigkeit der Verordnung vorgetragen hatte, hat sich der Verwaltungsgerichtshof in der angegriffenen Entscheidung auseinander gesetzt (UA Rn. 64). Der Antragsteller rügt in der Sache, dass die Vorinstanz seiner Rechtsauffassung nicht gefolgt ist. Dies vermag einen Verfahrensfehler nicht zu begründen.
Rz. 27
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 i. V. m. § 162 Abs. 3 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 i. V. m. § 52 Abs. 1 GKG.
Fundstellen
Haufe-Index 16198235 |
FSt 2024, 373 |