Verfahrensgang

Schleswig-Holsteinisches OVG (Aktenzeichen 4 L 49/95)

 

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts vom 5. Juni 2001 wird verworfen.

Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

 

Gründe

Die Beschwerde des Klägers ist unzulässig. Sie legt einen Revisionszulassungsgrund im Sinne des § 132 Abs. 2 VwGO nicht den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO entsprechend dar.

Die Beschwerde rügt als Verfahrensmangel eine Verletzung des Anspruchs des Klägers auf Gewährung rechtlichen Gehörs (§ 132 Abs. 2 Nr. 3, § 108 Abs. 2 VwGO, Art. 103 Abs. 1 GG). Sie macht geltend, der Kläger habe sich bereits im erstinstanzlichen Verfahren mit Schriftsatz vom 11. November 1994 zum Nachweis einer Gruppenverfolgung nicht assimilierter Kurden in der Türkei und zum Fehlen einer inländischen Fluchtalternative in der Westtürkei auf Stellungnahmen und Gutachten von amnesty international und auf das Zeugnis des Sachverständigen Dr. R. bezogen. Diese Beweisangebote habe er im Berufungsverfahren wiederholt. Das Berufungsgericht sei deshalb gehalten gewesen, diese Beweise zu erheben, und hätte sie nicht dadurch ersetzen dürfen, dass es in vorangegangenen Verfahren eine feste Überzeugung zur Frage der Gruppenverfolgung und der inländischen Fluchtalternative von Kurden in der Türkei gewonnen habe und diese kurzer Hand der Entscheidung im Falle des Klägers zu Grunde gelegt habe.

Mit diesem Vorbringen ist der behauptete Verfahrensmangel nicht schlüssig aufgezeigt. Eine Verletzung des Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs bei der Behandlung der Beweisanträge würde voraussetzen, dass das Berufungsgericht die Beweisanträge entweder überhaupt nicht berücksichtigt hat oder sie aus Gründen abgelehnt hat, die im Prozessrecht keine Stütze finden. Dies legt die Beschwerde nicht dar. Sie gibt selbst an, dass das Berufungsgericht in seiner Anhörungsmitteilung nach § 130 a VwGO vom 19. April 2001 auf seine in einem vorangegangenen Grundsatzverfahren gewonnene Überzeugung zur Gruppenverfolgung von Kurden in der Türkei und zum Bestehen einer inländischen Fluchtalternative hingewiesen habe. Tatsächlich hat das Berufungsgericht mit diesem Schreiben u.a. sein Grundsatzurteil vom 24. November 1998 – OVG 4 L 1895 – einschließlich der darin verwerteten, im Einzelnen bezeichneten Erkenntnisquellen in das Verfahren eingeführt und dem anwaltlich vertretenen Kläger ein Exemplar dieser Entscheidung übersandt. Damit hat es die in jenem Verfahren beigezogenen bzw. neu eingeholten Auskünfte und Gutachten sachverständiger Stellen, zu denen auch mehrere Gutachten des Sachverständigen R. und Stellungnahmen von amnesty international zu den genannten Beweisthemen aus den Jahren 1994 bis 1997 gehörten, zum Gegenstand des vorliegenden Verfahrens gemacht und der Sache nach dem Antrag des Klägers auf weitere Aufklärung durch Einholung oder Beiziehung von Sachverständigengutachten zu den genannten Fragen entsprochen. Entgegen der Ansicht der Beschwerde ist diese Art der Verwertung von in anderen Verfahren eingeholten Auskünften und Gutachten im Wege des Urkundenbeweises verfahrensrechtlich nicht zu beanstanden und verstößt insbesondere nicht gegen den Anspruch des Klägers auf Gewährung rechtlichen Gehörs. Dies ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts gerade zu asylrechtlichen Streitverfahren seit langem geklärt (vgl. etwa Beschluss vom 31. Juli 1985 – BVerwG 9 B 71.85 – Buchholz 310 § 98 VwGO Nr. 28 sowie jüngst Urteil vom 12. Juli 2001 – BVerwG 1 C 5.01 –; zur Zulässigkeit einer derartigen Beweiserhebung im Falle einer Entscheidung nach § 130 a VwGO Beschluss vom 31. Januar 1996 – BVerwG 9 B 417.95 – Buchholz 310 § 130 a VwGO Nr. 15). Es wäre deshalb Sache des anwaltlich vertretenen Klägers gewesen, sich auf die Anhörungsmitteilung vom 19. April 2001 hin zu den beigezogenen Auskünften und Sachverständigengutachten zu äußern und, sofern er diese für unzureichend hielt, weitergehende Beweisanträge zu stellen. Dies hat er indes nicht getan. Auf die durch die Beweiserhebung im Wege des Urkundenbeweises überholten früheren Beweisanträge brauchte das Berufungsgericht in den Entscheidungsgründen bei dieser Sachlage nicht mehr einzugehen. Ebenso wenig ist es im Übrigen verfahrensrechtlich zu beanstanden, dass das Berufungsgericht zur Begründung seiner Entscheidung auf die eingehenden Ausführungen zur Verfolgungssituation von Kurden in der Türkei und zum Bestehen einer inländischen Fluchtalternative in dem dem Prozessbevollmächtigten des Klägers bekannten Grundsatzurteil Bezug genommen hat (vgl. hierzu etwa Beschlüsse vom 2. Oktober 1998 – BVerwG 5 B 94.98 – ≪juris≫, vom 3. April 1990 – BVerwG 9 CB 5.90 – Buchholz 310 § 117 VwGO Nr. 31 und vom 27. Mai 1988 – BVerwG 9 CB 18.88 – Buchholz 402.25 § 32 AsylVfG Nr. 6). Ob dagegen die allgemeine Bezugnahme auf die seit dem genannten Grundsatzurteil „zur Gerichtsdokumentation gelangten Erkenntnismittel” in der Anhörungsmitteilung vom 19. April 2001 den Anforderungen an die genaue Bezeichnung und damit an die ordnungsgemäße Einführung dieser weiteren Erkenntnisquellen genügte, erscheint fraglich (vgl. hierzu BVerfG, Kammerbeschluss vom 30. April 1996 – 2 BvR 1671/95 – AuAS 1996, 249). Dies bedarf indes hier keiner abschließenden Erörterung, weil die Beschwerde insoweit keine substantiierte Verfahrensrüge erhoben hat.

Mit der weiteren Rüge der Beschwerde, ein wirksamer Bescheid des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge liege wegen Fehlens einer ordnungsgemäßen Unterschrift des Entscheiders nicht vor, wird ein Revisionszulassungsgrund im Sinne des § 132 Abs. 2 VwGO auch nicht ansatzweise aufgezeigt. Insoweit sieht der Senat von einer weiteren Begründung ab (§ 133 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 VwGO).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83 b Abs. 1 AsylVfG nicht erhoben. Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 83 b Abs. 2 AsylVfG.

 

Unterschriften

Dr. Paetow, Beck, Dr. Eichberger

 

Fundstellen

Dokument-Index HI643119

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